Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1806
Rheinfelden (Landkreis Lörrach)
Schloß Beuggen (5): Wappensteine aus dem 17. Jh.
Die alte Firmarie (Infirmerie, Krankenstation der Ordensgemeinschaft), auch als ehemaliges Pfarrhaus bezeichnet, ist ein Gebäude zwischen alter Mühle und Altem Schloß an der Ostseite der Anlage in Nähe des Rheinufers. Auch wenn das meiste der Bausubstanz aus späteren Jahrhunderten stammt, geht der erste Bau an dieser Stelle auf das späte 13. Jh. zurück. Der Eigentümer vermachte es dem Orden mit der Auflage, daraus eine Krankenstation zu machen. Einen ersten größeren Umbau erfuhr das Gebäude unter Komtur Georg von Andlau im Jahre 1534. Allerdings war es nur bis 1585 Krankenstation, danach war das Haus bis 1996 Pfarrhaus, daher sein zweiter Name. Heute wird es von der Evangelischen Erwachsenenbildung Hochrhein-Lörrach-Schopfheim genutzt, außerdem hat hier im Obergeschoß der landeskirchliche Beauftragte für Mission und Ökumene im Kirchenkreis Südbaden seinen Sitz. Das Gebäude besitzt auf der dem Schloßhof zugewandten Vorderseite sogar zwei Wappensteine, wobei hier der im Obergeschoß von Interesse ist. Im 17. Jh. wurde der Bau aufgestockt, davon zeugt die hier vorgestellte Wappentafel. Der andere Stein über der Tür ist jünger und wird im nächsten Kapitel beschrieben werden.
Der besagte Wappenstein ist zwischen dem dritten und dem vierten Fenster des Obergeschosses angebracht, von links gezählt, und er ist auf 1666 datiert. Er besteht aus insgesamt drei Vollwappen. Oben in der Mitte zwischen den beiden Ziffernpaaren der Jahreszahl befindet sich das Wappen des Deutschen Ordens, in Silber ein schwarzes Tatzenkreuz, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein silberner Flug, beiderseits belegt mit einem schwarzen Tatzenkreuz.
Darunter befindet sich heraldisch rechts das Wappen des damals amtierenden Landkomturs Philipp Albrecht von Berndorf (Amtszeit 1658-1666). Das Stammwappen der von Berndorf zu Böhl und Steinbach (auch: Berndorffer, Perndorffer, Berndorffer von Berndorf, ein altbayerisches Geschlecht, das später nach Schwaben zog) ist geviert, Feld 1 und 4: in Gold ein schwarzer, aus dem unteren Rand hervorkommender Bär mit goldenem Halsband (Berndorf), Feld 2 und 3: in Silber eine rote, schräglinks liegende Zange (Wappenbild der erloschenen v. Ambrang oder v. Ambranger zu Neuen-Amrang, vgl. Siebmacher Band: BayA1 Seite: 28 Tafel: 2), Helm 1 (rechts): der schwarze Bär wachsend, Decken schwarz-golden, Helm 2 (links): ein Paar silbern-rot übereck geteilte Büffelhörner, außen rechts mit einem roten fünfspitzigen Grat und links mit fünf silbernen Federn besteckt, desgleichen eine Feder in jeder Mündung (Diplom vom 5.8.1530 zu Augsburg). Das Familienwappen wird im Siebmacher Band: BayA1 Seite: 9 Tafel: 6 und in Band: BayA3 Seite: 2 Tafel: 1 beschrieben.
Vom Stammwappen Berndorf sind im Landkomturwappen beide Elemente jeweils nur einmal verwendet worden, der Bär (hier zerstört) wäre in Feld 2, die schräglinks gelegte Zange ist in Feld 3 zu sehen, während die Felder 1 und 4 vom Deutschordenskreuz eingenommen werden. Als Landkomtur führt er drei Helme: Helm 1 (Mitte): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein wachsender schwarzer Bär (v. Berndorf), Helm 2 (rechts): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein silberner, beiderseits mit einem schwarzen Tatzenkreuz belegter Flug (Deutscher Orden), Helm 3 (links): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein Paar silbern-rot übereck geteilte Büffelhörner, außen rechts mit einem roten fünfspitzigen Grat und links mit silbernen Federn besteckt, desgleichen eine Feder in jeder Mündung (v. Ambrang).
Heraldisch links ist das Wappen des örtlichen Komturs Johann Hartmann von Roggenbach, der dem oben genannten von Berndorf schon ein Jahr nach Herstellung dieses Steines als Landkomtur nachfolgte (Amtszeit 1667-1683). Hier war er aber noch örtlicher Komtur, und auf ihn bezieht sich die Inschrift: "I(OHANN). H(ARTMANN). V(ON). R(OGGENBACH). T(EVTONICI). O(RDINIS). R(ITTER). C(OMTVR). Z(V). B(EUGGEN)." Sein Wappenschild ist rot-schwarz-silbern halbgespalten und geteilt, auf dem Helm mit rechts rot-silbernen, links schwarz-silbernen Decken ein Paar Büffelhörner, das rechte schwarz-silbern gespalten, das linke rot-silbern gespalten. Das Wappen der breisgauischen Familie wird beschrieben im Siebmacher Band: Bad Seite: 12 Tafel: 9 und Band: Els Seite: 19 Tafel: 22 sowie in Band: PrGfN Seite: 19 Tafel: 14. Je nach Linie kann es zu Varianten in der Farbabfolge kommen. Weil oben drüber noch einmal separat das Deutschordenswappen zu sehen ist, entfällt hier das Unterlegen der Schilde mit dem Ordensschild.
Position des oben beschriebenen Wappensteines im Grundrißplan.
Der gleiche Komtur kann noch einmal mit seinem Wappen gefunden werden, und zwar in der Nähe des Oberen Tores, auf der hofseitigen Außenwand des südlich an das eigentliche Tor angrenzenden Gebäudes mit Satteldach und Zinnenabschluß (Torhaus mit Torwächterwohnung). Der betreffende Wappenstein befindet sich zwischen den Fenstern des Erdgeschosses und denen des ersten Obergeschosses. Der Stein ist auf 1663 datiert und trägt die abgekürzte Inschrift: "I(OHANN). H(ARTMANN). V(ON). R(OGGENBACH). T(EVTONICI). O(RDINIS). C(OMTVR). Z(V). B(EUGGEN)." Er stammt aus einer Zeit der Ausbesserungen der Anlage nach dem 30jährigen Krieg.
Die Komposition besteht aus zwei separaten Schilden ohne Oberwappen, heraldisch rechts ist das schwarze Deutschordenskreuz auf silbernem Grund zu sehen, heraldisch links ist der Wappenschild des örtlichen Komturs Johann Hartmann von Roggenbach, rot-schwarz-silbern halbgespalten und geteilt. Die Schilde stellen ovale, etwas nach innen geneigte Kartuschen dar, deren Ränder zipfelförmig oben nach innen und unten nach außen gebogen sind, eine stilistische Tendenz, die sich im darauffolgenden Jahrhundert noch wesentlich verstärken wird, wie das nächste Kapitel zeigen wird.
Position des oben beschriebenen Wappensteines im Grundrißplan.
Ein nächster Wappenstein aus dem 17. Jh. ist an der Giebelseite eines kleinen Wohnhauses mit an dieser Seite sehr schräg geschnittenem Grundriß unterhalb der Fensterbrüstung des Dachgeschosses zu sehen. Der auf 1630 datierte Stein ist von geringer künstlerischer Qualität. Er gehört zu dem örtlichen Komtur Heinrich Schenk von Castell. Das Familienwappen zeigt in Silber ein rotes, hier zehnendiges Hirschgeweih an der angeschnittenen Hirnschale (also mit Grind). Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu rot-silbernen Decken ein rotes Hirschgeweih. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Bad Seite: 37 Tafel: 23, das vermehrte Wappen in Band: Bay Seite: 21 Tafel: 15. Dieser Schild des Familienwappens wird unterlegt von einem Deutschordensschild mit dem schwarzen Kreuz auf silbernem Feld.
Position des oben beschriebenen Wappensteines im Grundrißplan.
Ein weiteres Wappen vom Ende des 17. Jh. befindet sich am nördlich des Schlosses am Rheinufer gelegenen Teehaus über dem Rundbogen (ohne Abb.). Das kleine Bauwerk ist einer der wenigen Überreste eines einst hier angelegten barocken Gartens. Der Stein ist auf 1694 datiert und zeigt das Wappen des Komturs Johann Franz Freiherr von Reinach. Die Inschrift lautet: "JOH(ANN) FRANZ FREIHERR VO(N) REYNACH COMENTHVR ZV BÜCKEN (=BEVGGEN) 1694". Das Wappen hat dort einen mit einem tatzenendigen Kreuz gevierten Hauptschild mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Gold einwärts ein roter Löwe, doppelschwänzig, mit einem blauen Kopf bzw. mit einer blauen Kapuze über dem Kopf, Feld 2 und 3: fünfmal schräggeteilt, die Farben sind Rot und Gold, gekrönter Herzschild: in Silber unter einem silbernen Schildchen mit durchgehendem Kreuz Schwert und Lanze schräggekreuzt, daran hängend Karpfen und Drossel (Siebmacher Band: Bad Seite: 70 Tafel: 42, Band: Bay Seite: 53 Tafel: 55, Band: Els Seite: 18 Tafel: 22, nach Lit. in Feld 2 und 3 in Gold je zwei rote Schrägbalken).
Literatur,
Links und Quellen:
Schloßführer: http://www.freunde-schloss-beuggen.de/Dokumente/buch3klein.pdf
Klöster in Baden: Deutschordenskommende Beuggen: http://www.kloester-bw.de/kloster1.php?nr=497
Schloß Beuggen: http://www.schloss-beuggen.de/
Rundgang: http://www.schloss-beuggen.de/rundgang/rundgang.php
Kurze Geschichte von Schloß Beuggen: http://www.freunde-schloss-beuggen.de/Dokumente/KurzgeschichteBeuggens.pdf
Institutionen in Schloß Beuggen: http://www.freunde-schloss-beuggen.de/institutionen.html
Geschichte von Schloß Beuggen: http://www.schloss-beuggen.de/geschichte/geschichte.htm
Wolfgang Willig, Landadel-Schlösser in Baden-Württemberg, eine
kulturhistorische Spurensuche, 1. Auflage 2010, ISBN
978-3-9813887-0-1, S. 420-421
Freunde Schloß Beuggen e.V. http://www.freunde-schloss-beuggen.de/
Schloß Beuggen: http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Beuggen
Deutschordensballei Schwaben-Elsaß-Burgund: http://de.wikipedia.org/wiki/Deutschordensballei_Schwaben-Elsass-Burgund
Liste der Landkomture: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Landkomture_der_Ballei_Elsass-Burgund
J. Siebmachers Grosses Wappenbuch Band E. Württembergisches
Adels- und Wappenbuch. Im Auftrage des Württembergischen
Altertumsvereins begonnen von Otto v. Alberti, Bauer & Raspe
1975 (Reprint), 1112 Texts. mit 4132 Wappen + 122 S.
Figurenverzeichnis.
Siebmachers Wappenbücher
Scheiblersches Wappenbuch
Schloß Beuggen (1): Wappensteine aus dem 15. Jh. - Schloß Beuggen (2): Wappensteine aus dem 16. Jh. - Schloß Beuggen (3): Wappenstele aus dem 16. Jh. - Schloß Beuggen (4): Wappensteine aus dem frühen 17. Jh. - Schloß Beuggen (6): Wappensteine aus dem 18. Jh. - Schloß Beuggen (7): Wappendarstellungen in der Kirche
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