Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 1803
Rheinfelden (Landkreis Lörrach)
Schloß Beuggen (2): Wappensteine des 16. Jh.
Eine zweite größere Ausbauphase erlebte Schloß Beuggen im 16. Jh. Die mittlerweile verteidigungstechnisch überholte Anlage wurde von den zornigen Bauernhaufen im Jahre 1525 gestürmt und ausgeraubt. Ludwig von Reischach, der damalige Komtur, ergriff statt seines Eberkopfschildes das Hasenpanier und flüchtete nach Basel, wo er zum Protestantismus konvertierte. Und, auch dies eine 180-Grad-Wende nach seinem Ordensleben, er heiratete. 1526 wurde er vom Orden abgesetzt, nachdem er sich allen Ernstes vorgestellt hatte, er könnte nach Ende der Unruhen wieder in sein altes Amt zurückkehren, als wäre nichts gewesen, nur ein bißchen protestantisch geworden und nur ein bißchen Familie gegründet. Der katholisch und keusch gebliebene Konvent sah das etwas anders. Nun begann ein längerer Rechtsstreit über Geld - denn eigentlich verlief ein Ordenseintritt von Adligen so, daß sie bei ihrem Eintritt sich quasi durch einen bestimmten Geldbetrag einkauften und anschließend vom Orden von dessen Einnahmen versorgt wurden. Ein Austritt unter Rückabwicklung war eigentlich nicht vorgesehen, und nun ging es darum, daß der Orden schließlich eine Pension zur Kompensation des einbehaltenen väterlichen Erbes des Ludwig von Reischach zahlen mußte. Georg von Andlau wurde sein Nachfolger als Komtur, und auf ihn geht die ausgedehnte Befestigung des Platzes mit Ringmauer, Rundtürmen und Wassergraben zurück.
Abb.: Oberes Tor mit angrenzender Bebauung von Südwesten gesehen
So ein Desaster wie im Bauernkrieg wollte man nicht mehr erleben, und alle Wehranlagen wurden verstärkt. Insgesamt fünf Rundtürme wurden entlang der Ringmauer errichtet, von denen man heute noch einen Stumpf in der Nähe des Westtores aus dem Wasser ragen sehen kann. Zwei weitere Türme waren dort, wo heute die rückwärtigen Bogenöffnungen der ehem. Remise sind. Die ältesten Teile der Befestigung, die wir heute sehen, zeigen daher das Wappen des Komturs Georg von Andlau, insbesondere das westliche neue Tor, das 1534 errichtet wurde (sog. Oberes Tor), heute der Hauptzugang zur Anlage. Die früher hier vorhandene Zugbrücke ist freilich durch eine feste Steinbrücke ersetzt worden. Der Vorgängerbau, auch Säckinger Tor, war ein Tor von 1260, stammte noch aus der allerersten Ausbauphase und war verteidigungstechnisch wirklich nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Also mauerte man den alten Durchgang 1530 zu - die Bossenquader des alten Turmes sind links im Bild noch zu sehen - und machte sich daran, rechts (südlich davon) ein neues, kräftigeres Tor zu errichten. Eine dritte Ausbauphase des Torbaus fand nach dem 30jährigen Krieg statt, dabei kam das Fachwerkobergeschoß auf das ehemals alte Tor (Storkenhaus).
Der außen am Oberen Tor über der äußeren Tordurchfahrt angebrachte Wappenstein ist im unteren Bereich auf 1534 datiert. Zwischen den beiden Vollwappen befindet sich eine Säule, auf deren Kapitell ein Putto einen kleinen Wappenschild mit einem Balken hält, das ist der österreichische rote Schild mit silbernem Balken, weil Beuggen zu Vorderösterreich gehörte. Etwa zeitgleich zur Verlegung des Verwaltungssitzes der Ballei in die Landkommende Altshausen war Beuggen endgültig vorderösterreichisch geworden. Das war aber nicht der Hauptgrund für die Verlegung, obwohl das reichsunmittelbare Altshausen mehr Freiheiten bot, auch waren die wirtschaftlichen Verhältnisse beider Standorte als ähnlich sehr gut zu bewerten, sondern man fürchtete im grenznahen Rheintal eher durchziehende französische Truppen als im Hinterland, die Konflikte zwischen Habsburg, Zürich und den Eidgenossen waren unschön nahe, außerdem besaß der Standort Altshausen seit 1389 die Hohe Gerichtsbarkeit, Beuggen jedoch nicht (bekam sie erst Ende des 18. Jh.). Zwei weitere Putten stehen seitlich auf kleinen Konsolen, und in den beiden Bogenzwickeln der reichverzierten Rahmung sind zwei geflügelte Engelsköpfe zu sehen.
Deutscher Orden | von Andlau |
Beide Wappen, nicht farbig gefaßt, haben im Schild das gleiche Motiv. Heraldisch rechts sehen wir das Wappen des Deutschen Ordens, in Silber ein durchgehendes schwarzes Kreuz, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein silberner Flug, beiderseits belegt mit einem durchgehenden schwarzen Kreuz. Heraldisch links dagegen befindet sich das Wappen des Komturs Georg von Andlau, in Gold ein rotes durchgehendes Kreuz, auf dem Helm mit rot-goldenen oder rot-silbernen Decken ein wachsender gekrönter Mannesrumpf in einem Hermelin-Umhängemantel. Die Familie ist Uradel aus dem Elsaß mit Stammhaus bei Bar. 1676 wurde die Familie in den Reichsfreiherrenstand erhoben, was 1773 von Frankreich bestätigt wurde, und 1802 erhielt sie die französische Grafenwürde. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: PrGfN Seite: 29 Tafel: 22, Band: NÖ1 Seite: 9 Tafel: 5, Band: Els Seite: 2 Tafel: 3, Band: Bad Seite: 4 Tafel: 4, ferner im Aschaffenburger Wappenbuch auf Tafel 21 und Seite 68. Für die Tingierung des wachsenden Königsrumpfes wird einerseits golden mit Hermelinverbrämung, woanders von Hermelin und Rot geteilt, andererseits auch gänzlich Hermelin angegeben, wobei die letzte Variante hier auch wegen der überall sichtbaren Hermelinschwänzchen zutrifft, und für die Helmdecken wird neben rot-golden auch rot-silbern in den Quellen gefunden.
Position des oben beschriebenen Wappensteines im Grundrißplan.
Einen ganz ähnlichen, aber im Detail seines Schmuckes leicht verschiedenen Wappenstein finden wir versteckt im Innern der Tordurchfahrt des Storchenturmes. Das ist nicht der Originalstandort; hier wurde der Stein nach Abtrag des ursprünglichen Gebäudes, an dem er sich einst befand, in Sicherheit vor weiterer Verwitterung gebracht. Auch hier sehen wir eine Mittelsäule in der Komposition, aber diesmal rund, nicht flach, und auch hier hält oben ein Putto einen österreichischen Bindenschild. Seitlich sind statt der zuvor beschriebenen flachen Schmuckpaneele Säulen zu sehen, die im oberen Teil gedreht sind, auch hier kniet jeweils oben ein Putto. Die Inhalte der Bogenzwickel sind nicht erhalten. Zwischen den beiden großen Wappen ist ein weiterer Schild mit noch einem durchgehenden Kreuz auf der Mittelsäule befestigt zu sehen, das fehlt im Vergleichsstein am Oberen Tor. Unten läuft eine Inschrift in gotischen Minuskeln entlang des Rahmens, sie gibt die Datierung an: Anno domini m d xx v iii, 1528, die römischen Zahlzeichengruppen sind jeweils durch einen Schnörkel voneinander getrennt. Auch dieser Wappenstein vom Unteren Tor, obwohl nicht mehr am ursprünglichen Anbringungsort, stammt vom Ausbau der Befestigungen unter Komtur Georg von Andlau nach dem Bauernkrieg, und das südliche (untere) Tor war dabei ganz analog zum Oberen Tor ausgebaut worden. Wie dort wurde der alte Durchgang zugemauert, und daneben wurde eine moderne Torburg im Jahr 1528 errichtet. Die Ansätze des Mauerwerks sieht man noch am mittelalterlichen Turm, auch verläuft die heutige Straße auf dem neuen Weg und läßt den alten Turm rechts abseits stehen, dessen Durchgang allerdings später wieder geöffnet wurde. Das einzige materielle Überbleibsel der unteren Torburg des Georg von Andlau ist dieser Wappenstein. Inhaltlich ist das Wappen identisch mit dem zuvor beschriebenen.
Position des oben beschriebenen Wappensteines im Grundrißplan.
Gehen wir zurück zum Oberen Tor, weil hier das ganze Torgebäude erhalten ist. Dort sehen wir noch mehr Spuren des befestigungsfreudigen Komturs Georg von Andlau, diesen Stein finden wir an der östlichen Rückseite des im Norden des Torweges errichteten Gebäudes über einer kleinen Erdgeschoßtür mit einer einfachen Brettertür in der Sandsteinumfassung, flankiert von zwei weiteren Öffnungen. Nachdem man das alte Tor zugemauert hatte, nutzte man den sich dadurch ergebenden Raum eben anders. 1510 wurde ein runder Treppenturm zur Erschließung des Obergeschosses angebaut, und 1533 baute man hofseitig eine Schmiede an.
Abb.: Oberes Tor mit Torhaus links und Schmiede rechts, vom Schloßhof aus gesehen. Der besprochene Wappenstein befindet sich rechts.
Der Wappenstein ist auf 1533 datiert, und er zeigt zwei zusammengestellte Schilde mit nur wenig Schmuck im oberen Bereich des Steines, wiederum heraldisch rechts das schwarze Kreuz auf silbernem Feld für den Deutschen Orden und gegenüber das rote Kreuz in goldenem Feld für Georg von Andlau. Hier scheint die Kartusche der Datierung für den Künstler weitaus mehr im Vordergrund gestanden zu haben als die Heraldik, denn es wurde im Gegensatz zum Stein außen am Tor auf die Darstellung als Vollwappen verzichtet.
Position des oben beschriebenen Wappensteines im Grundrißplan.
Der vierte Wappenstein dieses Komturs ist im Torweg innen, und der auf 1534 datierte Sturz über einer in einen südlich der Tordurchfahrt angrenzenden Nebenraum führenden Tür zeigt nur zwei die Jahreszahl in der Mitte zwischen beiden Ziffernpaaren unterbrechende, einander zugewandte asymmetrische Wappenschilde in leicht angedeuteter Tartschenform. Hier war der Sitz des Torwächters im südlich an das Tor angrenzenden Torhaus, und so konnte er durch diese Tür schnell im Torweg nach dem Rechten sehen. In dem südlich an das Obere Tor angrenzenden Gebäude war neben der Torwächterwohnung früher auch noch eine Schänke untergebracht.
Wiederum ist heraldisch rechts das schwarze Kreuz auf silbernem Feld für den Deutschen Orden zu sehen und gegenüber das rote Kreuz in goldenem Feld für Georg von Andlau.
Position des oben beschriebenen Wappensteines im Grundrißplan.
Literatur,
Links und Quellen:
Schloßführer: http://www.freunde-schloss-beuggen.de/Dokumente/buch3klein.pdf
Klöster in Baden: Deutschordenskommende Beuggen: http://www.kloester-bw.de/kloster1.php?nr=497
Schloß Beuggen: http://www.schloss-beuggen.de/
Rundgang: http://www.schloss-beuggen.de/rundgang/rundgang.php
Kurze Geschichte von Schloß Beuggen: http://www.freunde-schloss-beuggen.de/Dokumente/KurzgeschichteBeuggens.pdf
Institutionen in Schloß Beuggen: http://www.freunde-schloss-beuggen.de/institutionen.html
Geschichte von Schloß Beuggen: http://www.schloss-beuggen.de/geschichte/geschichte.htm
Freunde Schloß Beuggen e.V. http://www.freunde-schloss-beuggen.de/
Schloß Beuggen: http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Beuggen
Deutschordensballei Schwaben-Elsaß-Burgund: http://de.wikipedia.org/wiki/Deutschordensballei_Schwaben-Elsass-Burgund
Liste der Landkomture: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Landkomture_der_Ballei_Elsass-Burgund
Andlau: Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch,
Veröffentlichung des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg
e. V., Aschaffenburg 1983, Tafel 21 Seite 68
J. Siebmachers Grosses Wappenbuch Band E. Württembergisches
Adels- und Wappenbuch. Im Auftrage des Württembergischen
Altertumsvereins begonnen von Otto v. Alberti, Bauer & Raspe
1975 (Reprint), 1112 Texts. mit 4132 Wappen + 122 S.
Figurenverzeichnis.
Siebmachers Wappenbücher
Scheiblersches Wappenbuch
Wolfgang Willig, Landadel-Schlösser in Baden-Württemberg, eine
kulturhistorische Spurensuche, 1. Auflage 2010, ISBN
978-3-9813887-0-1, S. 420-421
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