Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1778
Dagstuhl (Wadern, Landkreis Merzig-Wadern)

Schloßkapelle Dagstuhl

Dagstuhl besitzt eine mittelalterliche Burg auf dem Bergrücken, die um 1290 von den Edelherren von Saarbrücken errichtet wurde und mit Boemund von Saarbrücken, trierischer Amtmann auf der Grimburg, den ersten Burgherrn erhielt. Die Burg diente der Stärkung trierischer Interessen, insbesondere in Bezug auf die auf benachbartem Hügel liegende Schwarzenburg, deren Besitzer Trier Unannehmlichkeiten bereitete. Strategisch war das Primstal von Bedeutung, weil hier eine Handelsstraße von Trier nach Straßburg verlief, die schon zu Römerzeiten bestand. Die Burgherren auf Burg Dagstuhl starben im 14. Jh. im Mannesstamm aus, und die Burg wurde Ganerbenburg, aufgeteilt zwischen den vier Familien, in die die Erbtöchter geheiratet hatten: von Fleckenstein, von Criechingen, de Raville (von Rollingen) und von Brucken. Durch Erbschaften zersplitterte der Besitz weiter, bis schließlich 12 Familien Anteile hatten. Die nächste Familie, die in Dagstuhl eine Rolle spielte, waren die von Soetern, die bereits einer der Anteilseigner waren. Philipp Christoph von Soetern (1567-1652), Bischof von Speyer, späterer Erzbischof und Kurfürst von Trier, kaufte ab 1616 alle Anteile an Dagstuhl auf. Er wollte ein zusammenhängendes Herrschaftsgebiet schaffen, um sie am 6.5.1634 zu einem Fideikommiß zu vereinen, der 1635 Philipp Franz von Soetern übertragen wurde. Daß dabei kurtrierische Lehnsgüter von Dagstuhl und Schwarzenburg stillschweigend Eingang in den Fideikommiß fanden, war ein Rechtsbruch, der zu Auseinandersetzungen mit dem Domkapitel führte. Über Philipp Franz von Soeterns Tochter Maria Sidonia kam Dagstuhl an die Grafen von Oettingen. Kraft Anton Wilhelm Graf v. Oettingen, Sohn von Maria Sidonia, übernahm die Burg 1698 nach dem Tod seines Großvaters Philipp Franz von Soetern, und nach aufwendiger Klärung der komplizierten Rechtsverhältnisse begann die Glanzzeit für Dagstuhl. Die alte Burg wurde 1717 abgetragen. Unter dieser Familie wurden zuerst 1758 die alten Verwaltungsgebäude in Wadern ausgebaut (heute Teil des Rathauses), 1759 das Oettinger Schlößchen in Wadern erbaut (heute Heimatmuseum) und schließlich in Dagstuhl Schloß und Schloßkapelle errichtet. Erst errichtete man ab 1760 das Herrenhaus, zuerst noch mit nur sieben Fensterachsen, dann erbaute man 1763 die barocke Kapelle. Das Herrenhaus wurde 1774/75 um vier zusätzliche Achsen erweitert, und aus Symmetriegründen baute man ein zweites Portal ein. Zwischen Kapelle und Schloß errichtete man einen Verbindungsbau mit Sälen, so daß insgesamt eine rechtwinklige Anlage entstand.

Joseph Anton Damian Albert Graf zu Oettingen-Baldern (4.3.1720 - 20.4.1778) sorgte für einen erheblichen Aufschwung der Herrschaft. Durch seine Bautätigkeit gab er Wadern und Dagstuhl das Gesicht einer Residenz. Er legte den Marktplatz an und sorgte dafür, daß Wadern Marktrechte bekam, was zusammen mit seinen Bauaufträgen den wirtschaftlichen Aufschwung beflügelte. Mit dem Ausbau des Wegenetzes wurde die Infrastruktur modernisiert, eine Tuchindustrie angesiedelt. Die Motivation seiner Untertanen stärkte er durch die Möglichkeit zu eigenem Landbesitz (Stockbauernschaft). Die öffentliche Fürsorge für seine Herrschaft in Hinblick auf Schulwesen, Sicherheit und Sauberkeit war vorbildlich für seine Zeit. Doch seine Regierungszeit vor Ort, in der er so viel bewegte, währte wenige Jahre, von 1758/1763 bis 1778. Sein Wappen ist außen über dem Portal der Schloßkapelle zu sehen, das über eine zwölfstufige Freitreppe erreicht wird, als Allianzwappen mit dem seiner ersten Frau.

Heraldisch rechts ist das Wappen des Ehemannes zu sehen, Joseph Anton Damian Albert Graf zu Oettingen-Baldern (4.3.1720 - 20.4.1778). Zu dieser Zeit unterschied sich das Wappen der Linie Baldern von den Wappen der anderen Oettinger Linien durch den Herzschild Soetern, in Gold ein roter Doppelhaken (Wolfsangel). Notger Wilhelm Graf v. Oettingen-Katzenstein (24.12.1650 - 1693) hatte zur Frau Maria Sidonia v. Soetern, Freiin v. Dagstuhl (gest. 23.9.1691, Tochter von Philipp Franz v. Soetern, Freiherr v. Dagstuhl, gest. 1698, und Magdalena Isabella Diana Gräfin v. Kronberg u. Hohengeroldseck). Maria Sidonia hatte zwei Schwestern und einen Bruder, Maximilian Emanuel Freiherr v. Soetern, der 1729 unvermählt und kinderlos verstarb. Somit fielen Dagstuhl und das Wappen Soetern an diese Oettinger Linie. Zum Überblick die Genealogie der Linie Oettingen-Baldern und Oettingen-Baldern-Katzenstein:

Das Wappen der Grafen von Oettingen-Baldern zeigt in Eisenhutfeh aus in vier Reihen angeordneten aufrechten roten und gestürzten goldenen Eisenhüten einen blauen Mittelschild, alles überdeckt von einem silbernen Schragen, darüber ein goldener Herzschild mit rotem Doppelhaken (Wolfsangel). Der hier zusätzlich aufgemalte blaue Bord ist zuviel. Auf Notger Wilhelm Graf v. Oettingen-Katzenstein, der den Herzschild Soetern und die Herrschaft Dagstuhl erheiratete, folgten sein Sohn und zwei Enkel. Mit Franz Friedrich Wilhelm Notger Joseph Graf v. Oettingen-Baldern-Katzenstein (8.9.1725 - 14.1.1798) erlosch diese Oettinger Seitenlinie, und das Erbe ging an die fürstliche Linie Oettingen-Wallerstein, und auch der Herzschild Soetern. Neben dem ovalen Schild ist der typische Schildhalter der Oettinger zu sehen, eine widersehende, eigentlich goldene Bracke, deren eigentlich rote Ohren mit einem eigentlich silbernen Schragen belegt sind, hier mit farblichen Unregelmäßigkeiten.

Seine Ehefrau Elisabeth Rudolphina Ernestina Prinzessin v. Schwarzburg-Sondershausen (9.1.1731-24.6.1771) entstammt einer Seitenlinie des fürstlichen Hauses Schwarzburg-Sondershausen, wie folgende Genealogie zeigt:

Das heraldisch linke Wappen für die Ehefrau ist das fürstliche Wappen für Schwarzburg-Sondershausen in maximal vermehrter Form. Zwei Diplome vom 3.9.1697 für Schwarzburg-Sondershausen und vom 2.6.1710 für Schwarzburg-Rudolstadt beschreiben das fürstliche Wappen: Der Hauptschild bekommt im Vergleich zum vorher gebräuchlichen Wappen einen zusätzlichen Herzschild zwischen den beiden Herzschilden auf der vorderen und hinteren Hälfte. Kaiserliche Gnadenzeichen treten neu hinzu. Einige farbliche Abweichungen am Objekt deuten darauf hin, daß als Tingierungsvorlage das Diplom von 1710 für Schwarzburg-Rudolstadt gedient hat.

Das gleiche Allianzwappen findet sich im Innern der Schloßkapelle am Altarsockel wieder.

Abb.: oberer Teil des Wappenmantels mit Ranghut

Das Paar, dessen Wappen hier beschrieben wurde, war kinderlos. Nach dem Tod seiner ersten Frau Elisabeth Rudolphina Ernestina Prinzessin v. Schwarzburg-Sondershausen (9.1.1731-24.6.1771), vermählte sich Joseph Anton Damian Albert Graf zu Oettingen-Baldern (4.3.1720 - 20.4.1778) erneut, diesmal am 11.5.1772 in Baldern mit Maria Antonia Monika Gräfin v. Waldburg-Zeil-Wurzach (6.6.1753-25.10.1814). Sie hatten drei Kinder, Franz Ludwig Eberhard v. Oettingen-Baldern (1.12.1773-1774), Joseph Anton Philipp Karl v. Oettingen-Baldern (23.1.1775-1775), beide Prinzen starben als Kleinkinder, und die beim Tod des Vaters noch minderjährige Philippine Caroline v. Oettingen-Baldern (18.5.1776-18.3.1842), für die die Mutter die Regentschaft führte. Diese Mutter vermählte sich aber sofort erneut, nun am 12.6.1779 in Dagstuhl mit Hermann Maria Friedrich Otto Fürst zu Hohenzollern-Hechingen (30.7.1751-2.11.1810). Dagstuhl löste sich aus dem Besitz der Oettinger und kam an die Hohenzollern. Die Hofhaltung wurde verkleinert, und eigentlich wurde das Schloß mehr als Jagdschloß benutzt.

Literatur, Links und Quellen:
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Siebmachers Wappenbücher
Rietstap/Rolland
G. Molz, Schloß und Burgruine Dagstuhl, Familienkundliche Blätter, Westdeutsche Gesellschaft für Familienkunde Trier, 6. Ausgabe, Jahrgang 3 /1972, online:
http://www.genealogienetz.de/vereine/wgff/trier/Veroeffentlichungen/FamBlaetter/1972-Heft9a.pdf (Gesamtverzeichnis: http://www.genealogienetz.de/vereine/wgff/trier/Veroeffentlichungen/FamBlaetter/)
Alexander Weinen, Schloß Dagstuhl - ein historischer Rundgang, 2007, online: http://www.dagstuhl.de/fileadmin/redaktion/Geschichte/HistorischerRundgang-Deu.pdf
Hinweistafeln vor Ort
Wappen Schwarzburg: Hugo Gerard Ströhl, Deutsche Wappenrolle, Reprint von 1897, Komet Verlag Köln, ISBN 3-89836-545-X
Christa Hirschler und Ulrich Hahnemann: Das Fürstliche Haus Schwarzburg-Sondershausen, Deutsche Fürstenhäuser Heft 10, Börde-Verlag Werl 2004, ISBN 3-980 9107-0-9
http://www.stadt-wadern.de/tourismus/sehenswuerdigk/schloss-dagstuhl.html
http://www.dagstuhl.de/ - http://www.dagstuhl.de/ueber-dagstuhl/geschichte/ - http://www.schlossdagstuhl.de/index.php?id=schloss_im_wandel - http://www.schlossdagstuhl.de/index.php?id=graf_joseph_anton

Schloß Dagstuhl

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