Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1779
Dagstuhl (Wadern, Landkreis Merzig-Wadern)

Schloß Dagstuhl

Nach den Grafen von Oettingen (siehe voriges Kapitel) übernahmen die Hohenzollern die Herrschaft in Dagstuhl. Das kam durch Maria Antonia Monika Gräfin v. Waldburg-Zeil-Wurzach (6.6.1753-25.10.1814). Sie hatte in erster Ehe am 11.5.1772 in Baldern Joseph Anton Damian Albert Graf zu Oettingen-Baldern (4.3.1720-20.4.1778) als dessen zweite Frau geheiratet. Ihre beiden Söhne starben als Kleinkinder, das waren Franz Ludwig Eberhard v. Oettingen-Baldern (1.12.1773-1774) und Joseph Anton Philipp Karl v. Oettingen-Baldern (23.1.1775-1775), nur ihre Tochter Philippine Caroline v. Oettingen-Baldern (18.5.1776-18.3.1842) erreichte ein heiratsfähiges Alter, und sie ehelichte Rudolf Joseph II. Fürst Colloredo-Mannsfeld (16.4.1772-28.12.1843). Maria Antonia Monika Gräfin v. Waldburg-Zeil-Wurzach brachte den Dagstuhler Besitz also mangels erbberechtigter Söhne an ihren zweiten Mann, denn sie hatte am 12.6.1779 in Dagstuhl Hermann Maria Friedrich Otto Fürst zu Hohenzollern-Hechingen (30.7.1751-2.11.1810) geheiratet. Das Paar hatte fünf Töchter. Die Frage nach einem weiteren Erbgang stellte sich nicht mehr, denn 1792 rückten die Truppen des revolutionären Frankreichs immer näher, und Maria Antonia Monika mußte fliehen, während die französischen Truppen sich des Schlosses bemächtigten. Gräfin Antonia saß erst in Mainz und versuchte von dort aus zu retten, was noch zu retten war, dann zog sie nach Hechingen. Die Revolutionskriege endeten 1801 mit dem Frieden von Lunéville. Der mittlerweile verstaatlichte Besitz wurde erst an eine Eisengießerei verkauft, die die weitläufigen Wälder zur Gewinnung von Brennmaterial abholzte. Danach wurde der gerupfte Besitz an Wilhelm Albert de Lasalle von Louisenthal (2.6.1767-25.9.1845) verkauft, der 1806 mit seiner Familie hierhin übersiedelte und das von Revolutionstruppen benutzte Schloß wieder wohnlich herrichtete. 1815 wurde Dagstuhl landtagsfähiges Rittergut. Die de Lasalle von Louisenthal, ein französisches Geschlecht, das 1743 die Dillinger Hütte pachtete und 1763 den Freiherrenstand erhielt, prägten die Geschichte des Schlosses von 1806 bis 1959, immerhin über 150 Jahre lang. Der Zusatz "von Louisenthal" ergab sich daraus, daß Johann Baptist de Lasalle 1764 das Hofgut Louisenthal bei Püttlingen erworben hatte.

Abb.: Blick von der Kapelle auf den barocken Teil des Schlosses Dagstuhl

Zu den wichtigsten Umbauten des Schlosses in der Zeit unter den de Lasalle von Louisenthal zählt der neugotische Ausbau des Bereiches zwischen dem zweistöckigen Barockschloß und der Kapelle. Er wurde unter Rizza de Lasalle von Louisenthal, geborene Freiin v. Liebieg (20.6.1873-1948) in den Jahren 1905-1906 durchgeführt, in einer Zeit, als sie schon verwitwet war. Das Ehewappen von ihr und ihrem relativ jung verstorbenen Mann Heinrich Albert Johann Theodor de Lasalle von Louisenthal, Enkel des Erwerbers von Dagstuhl, schmückt den Turmbau von 1906.

Abstammung des Ehemannes:

Abb.: Blick auf den Zwischentrakt mit dem Hauptturm von 1906, über dem Portal der beschriebene Wappenstein. Zwei alte gotische Retabeln der Burgkapelle Dagstuhl sind rechts und links der Eingangstür eingemauert, Petrus mit dem Schlüssel und Christophorus mit dem Jesuskind darstellend.

Das Wappen der de Lasalle von Louisenthal zeigt in silbernem Schild einen blauen, mit drei goldenen, rotgezungten Löwenköpfen nach der Figur belegten Schrägrechtsbalken. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre auf dem gekrönten Helm zu blau-goldenen Decken ein goldener, rotgezungter Löwenkopf zwischen zwei dreimal silbern-blau geteilten Büffelhörnern. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Pr Seite: 54 Tafel: 68 und im Band Bay Seite: 44 Tafel: 43 (dort fälschlicherweise als Schräglinksbalken deklariert, aber korrekt abgebildet) und Seite: 92. Andere Quellen zeigen blau-goldene Decken und rot-golden-blau geteilte Büffelhörner (Alexander Weinen, Schloß Dagstuhl - ein historischer Rundgang). Eine dritte Variante bringt Rietstap, die Decken rechts blau-silbern, links blau-golden, das rechte Büffelhorn silbern-blau dreimal geteilt, das linke hingegen gänzlich blau ("d'argent à la bande d'azur, chargée de trois têtes de lion d'or, posées dans le sens de la bande, casque couronné, cimier: une tête de lion d'or, entre deux proboscides, celle à dextre fascée d'argent et d'azur de quatre pièces, celle à senestre d'azur plein, lambrequins à dextre d'argent et d'azur, à senestre d'or et d'azur").

Das gleiche Wappen findet sich im Innern der Schloßkapelle als Wandmalerei auf der Rückwand unter der Empore wieder, mit der Jahresangabe 1902, anläßlich einer Renovierung dort angebracht.

Abb.: Allianzwappen am Hauptturm von 1906. Eine identische Kombination befindet sich übrigens in der alten Bibliothek (ohne Abb.).

Die Ehefrau Rizza Freiin v. Liebieg entstammte einer böhmischen Industriellen-Familie. Eigentlich kam die Familie aus Schlesien, aus Landeshut, wo Johann Libich als Stammvater lebte. Mit seinem 1676 geborenen Sohn Peter Liebieg, Posamentierer, kam die Familie nach Böhmen und erwarb das Bürgerrecht in Braunau (Broumov). Auf einer kleinen Textilindustrie aufbauend, entwickelte sich ein großes Industrieimperium mit den Schwerpunkten Textil und Hüttenwesen. Die Familienzusammenhänge im Detail:

Abb.: Allianzwappen der de Lasalle von Louisenthal und der Freiherren von Liebieg

Das Wappen der von Liebieg entspricht dem von Johanns Linie (jüngere Linie) und der Verleihung anläßlich der Erhebung in den österreichischen Freiherrenstand am 10.2.1868. Es zeigt einen gevierten Schild, Feld 1 und 4: ledig und blau, Feld 2: in von Gold und Schwarz gespaltenem Feld ein Doppeladler in verwechselten Farben, hier auf der Brust ein Schildchen (hier in verwechselten Farben, vermutlich soll es der österreichische Bindenschild sein), über den Häuptern die Kaiserkrone schwebend, Feld 3: in Schwarz auf natürlichem (grünem, hier abweichend goldenem) Sumpf (Boden) ein silberner Schwan, überhöht von einem goldenen Stern. Das Ganze wird überzogen von einem goldenen Schrägrechtsbalken, darin sechs nach der Figur gelegte, auffliegende naturfarbene Bienen. Die hier nicht dargestellte Helmzier wären auf dem Helm mit rechts blau-goldenen, links schwarz-goldenen Decken sechs goldene Kornähren zwischen einem offenen, rechts golden-blau, links golden-schwarz geteilten Flug.

Eintrag im Rietstap: "Écartelé, aux 1 et 4 d'azur plein, au 2 parti d'or et de sable, à l'aigle ép. de l'un en l'autre, au 3 de sable à un cygne d'argent, becqué et membré de gueules, posé sur une terrasse marécageuse au naturel et surmonté d'une étoile d'or. À la bande d'or, brochante sur les écartelures et chargée de six abeilles volantes au naturel, posées dans le sens de la bande. Casque couronné. Cimier: six épis feuillés d'or, entre un vol coupé, à dextre d'or sur azur, à senestre d'or sur sable. Lambrequins conformes aus émaux du vol." Als Schildhalter gibt Rietstap zwei goldene Löwen an. Die Devise der Familie lautet: "Per laborem ad honorem" - durch Anstrengung zu Ruhm.

Das Wappen wird ferner im Siebmacher Band: Bö Seite: 77 Tafel: 48 unter der Schreibweise "Liebig" geführt, wobei der Text den bienenbelegten Schrägbalken nennt, die Abbildung ihn aber unterschlägt.

Der ältere Zweig der Freiherren von Liebieg, der auf Johanns am 25.5.1883 in den Freiherrenstand erhobenen Neffen Franz d. J. zurückgeht, führt ein etwas anderes Wappen: Unter goldenem, mit drei auffliegenden, natürlichen, balkenweise gelegten Bienen belegtem Schildhaupt geviert, Feld 1: in von Gold und Schwarz geteiltem Feld ein Doppeladler in verwechselten Farben, Feld 2: in Blau ein goldenes Kammrad, Feld 3: in Blau ein grünes Gebirge, überhöht von einem goldenen Stern, Feld 4: in Gold ein schwarzer Löwe. Zwei gekrönte Helme, Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein goldener Flug, belegt mit einem schwarzen Schrägrechtsbalken, Helm 2 (links): auf dem Helm mit blau-goldenen Decken ein wachsender goldener Löwe.

Eintrag im Rietstap: "Écartelé, aux 1 parti d'or et de sable, à l'aigle ép. de l'un en l'autre, au 2 d'azur à une roue à dents d'or, au 3 d'azur à un massif de montagnes de sinople, surmonté d'une étoile d'or, au 4 d'or au lion de sable. Au chef de l'écu d'or, brochant sur l'écartelé et chargé de trois abeilles au naturel. Deux casques couronnés. Cimiers: 1.) un vol cont. d'or, chaque aile chargée d'une bande de sable, lambrequins d'or et de sable, 2.) un lion issant d'or, lambrequins d'or et d'azur." Als Schildhalter gibt Rietstap rechts einen schwarzen Löwen an, links einen goldenen. Die Devise ist die gleiche wie beim jüngeren freiherrlichen Familienzweig.

Abb.: Gartenanlagen vor Schloß Dagstuhl mit achteckigem Brunnenbecken mit zentraler Säule, auf dem Rasen ein Löwe vom 1898 abgerissenen Viehmarktbrunnen in Trier, der einst vier davon besaß. Typisch sind die lässig überkreuzten Vorderpranken.

Der letzte Schloßbesitzer war der Sohn der beiden, die hier am Hauptturm durch ihr Wappen repräsentiert sind: Theodor Stephan Josef Heinrich de Lasalle von Louisenthal (1897-1959), doch dieser blieb unvermählt und kinderlos. Seine Mutter hatte zum zweiten Mal geheiratet und lebte bei ihrem zweiten Mann, Freiherr Max von Vietinghoff-Scheel. Sie war 1948 auf Schloß Ehreshoven bei Köln verstorben. Nach Theodors Tod ging das Schloß in das Eigentum der Franziskus-Schwestern über, die aus dem Schloß ein 1961 eröffnetes Altenheim machten, das 1976 durch einen dreigeschossigen Anbau erweitert wurde. Zwanzig Jahre später wurde das Altenheim von den Waldbreitbacher Franziskanernonnen übernommen, die das Schloß aber nur wenige Jahre später abstoßen mußten. Seit 1989 ist das Bundesland Saarland Eigentümer des Anwesens. Die Franziskus-Schwestern führen die karitative Arbeit in Wadern in einem Neubau neben dem dortigen Krankenhaus fort. Die Regierungen der beiden Bundesländer Rheinland-Pfalz und Saarland richteten hier ein 1990 eröffnetes Begegnungs- und Forschungszentrum für Informatik ein. Seitdem ist das historische Anwesen der Forschung und Wissenschaft gewidmet, und moderne Zweckbauten im Tal, die ab 1993 errichtet wurden, ergänzen die historische Bausubstanz mit Bibliothek, Hörsälen und Gästezimmern zu einem Forschungscampus.

Literatur, Links und Quellen:
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Siebmachers Wappenbücher
Rietstap/Rolland
G. Molz, Schloß und Burgruine Dagstuhl, Familienkundliche Blätter, Westdeutsche Gesellschaft für Familienkunde Trier, 6. Ausgabe, Jahrgang 3 /1972, online:
http://www.genealogienetz.de/vereine/wgff/trier/Veroeffentlichungen/FamBlaetter/1972-Heft9a.pdf (Gesamtverzeichnis: http://www.genealogienetz.de/vereine/wgff/trier/Veroeffentlichungen/FamBlaetter/)
Alexander Weinen, Schloß Dagstuhl - ein historischer Rundgang, 2007, online: http://www.dagstuhl.de/fileadmin/redaktion/Geschichte/HistorischerRundgang-Deu.pdf
Hinweistafeln vor Ort
Abstammung Lasalle und v. Liebieg:
http://www.ortsfamilienbuecher.de/famreport.php?ofb=hochwald&lang=de&modus=&ID=I010271&nachname=V.LOUISENTHAL
http://www.ortsfamilienbuecher.de/famreport.php?ofb=hochwald&ID=I011346&nachname=VON%20LIEBIG&lang=de
http://www.ortsfamilienbuecher.de/famreport.php?ofb=hochwald&ID=I010257&nachname=VON%20LOUISENTHAL&lang=de
von Liebieg: Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Freiherrlichen Häuser 1885 bis 1939
von Liebieg: GHdA, Freiherrliche Häuser, Band 16 (1957);
Hanns Jäger von Sunstenau, zur Geschichte der Ritter und Freiherren von Liebieg (in: Zeitschrift "Adler" 1978, S. 261-266)
Liebieg-Biographien:
http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016332/images/index.html?seite=508 - http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016332/images/index.html?seite=509 etc. - http://www.biographien.ac.at/oebl_5/198.pdf - http://www.biographien.ac.at/oebl_5/199.pdf - http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Liebieg,_Johann_Freiherr_von - http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Liebieg - http://de.wikipedia.org/wiki/Liebieg
Liebig:
http://www.coresno.com/adelslexikon/2883-lex.html
http://www.stadt-wadern.de/tourismus/sehenswuerdigk/schloss-dagstuhl.html
http://www.dagstuhl.de/ - http://www.dagstuhl.de/ueber-dagstuhl/geschichte/ - http://www.schlossdagstuhl.de/index.php?id=schloss_im_wandel

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