Bernhard Peter
Die Wappen des Hauses Oettingen

Entwicklung des Schildbildes der Grafen und Fürsten von Oettingen
Das Wappen der Grafen, späteren Fürsten von Oettingen hat eine komplexe Entwicklung durchgemacht. Anhand dieser Entwicklung kann man beispielhaft sehen, wie sich aus einem anfangs wenig geordneten Motiv ein Resultat hoher ästhetischer Ordnung herausbildet. Und dennoch hat es das Haus Oettingen geschafft, die Schönheit ihres Stammwappens ohne größere Änderungen zu bewahren.

Insbesondere in der Frühzeit haben wir zum einen noch wolkenförmigen Feh, zum anderen abweichende Anordnungen desselben mit einer relativ großen darstellerischen Breite:

Dann passieren nacheinander mehrere Änderungen, die das charakteristische und unverwechselbare Schildbild der Oettinger erzeugten:

Verschiedene Linien der Grafen und Fürsten von Oettingen
An dieser Stelle sollen zum besseren Verständnis ganz kurz die verschiedenen Linien erwähnt werden:

Teilungen 1418:

Weitere Teilungen 1442 und 1485. Ab 1522 gab es zwei Hauptlinien:

 

Abb.: Zeichnung von Otto Hupp für den Münchener Kalender 1896.

Besondere Darstellungsvarianten:

Abb.: Photo aus dem Mortuarium Eichstätt, Veröffentlichung mit freundlicher Erlaubnis des Herrn Domkapitular Manfred Winter, Summus Custos, als Vertreter des Bischöflichen Ordinariats Eichstätt, vom 07.05.2007, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei. Das Vollwappen in der Mitte folgt Schema D, der einzelne Schild links ebenso, während der Schild optisch rechts einem abweichenden Farbschema folgt. Die Eltern des Probanden sind Wilhelm II. Graf zu Oettingen-Wallerstein (1544 - 14.10.1602) und Johanna v. Hohenzollern (23.6.1543 - 22.2.1604), die vier Großeltern sind Friedrich V. Graf zu Oettingen-Wallerstein (6.11.1516 - 2.2.1579), Euphemia v. Oettingen zu Flochberg (1523 - 16.3.1560), Karl I. Graf v. Hohenzollern (1516 - 8.3.1576) und Anna v. Baden-Durlach (1512 - 1579). Mit dieser Genealogie gibt es sogar zwei Brüder, die beide Domherr in Eichstätt waren: Wolfgang Graf zu Oettingen-Wallerstein (1573 - 5.9.1598) war 1587-1593 Domherr zu Eichstätt, 1590 Student zu Ingolstadt, 1592 Student zu Freiburg, 1593 Domherr zu Bamberg, danach resignierte er. Und sein Bruder Martin v. Oettingen-Spielberg (7.3.1574 - 14.1.1587) war 1585 Domherr zu Eichstätt.

Abb.: Detail einer Grabplatte im Chor der Waldenburger Stadtkirche, an Philipp Heinrich Graf v. Hohenlohe-Waldenburg u. Gleichen (3.6.1591 - 1644), Ehemann von Dorothea Walpurgis v. Hohenlohe-Weikersheim (20.9.1590 - 20.12.1656) erinnernd. Die Gestaltung ist insofern außergewöhnlich, als auch die aufrechten bzw. gestürzten Eisenhüte in der oberen bzw. unteren Zone gespalten werden (Schema K), was einer Darstellung im alten Siebmacher von 1605 ähnelt (Schema L, optimiert). Konkave bzw. konvexe Linien tragen zur weiteren Veränderung des Grundmotivs bei. Veröffentlichung der Innenaufnahme mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Pfarrer Samuel Piringer, an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön.

Entwicklung des Oberwappens der Grafen und Fürsten von Oettingen
Auch das Oberwappen hat sich über verschiedene Formen zum jetzt üblichen Bild verändert, wobei uns ein faszinierendes Stück heraldischer Rechtsgeschichte begegnet:

Die fürstlichen Wappen werden später ohne Helme dargestellt, nur mit Prunkstücken, z. B.

Genealogie der Linie Oettingen-Baldern und Oettingen-Baldern-Katzenstein:

Abb. links: Wappen der Linie der Grafen von Oettingen-Baldern-Katzenstein an der Wallfahrtskirche St. Maria in Zöbingen.
Abb. rechts: Wappen für Joseph Anton Damian Albert Graf zu Oettingen-Baldern (4.3.1720 - 20.4.1778) an der Schloßkapelle Dagstuhl

Genealogie der Grafen und Fürsten von Oettingen-Oettingen:

Abb.: Wappen der Linie der Grafen von Oettingen-Oettingen an der Harburg (linke Abb. äußeres Tor, rechte Abb. Kastenhaus)

Abb.: Wappen der Linie der Grafen von Oettingen-Oettingen an der Harburg (linke Abb.: Amtspflegerhaus, rechte Abb. Zehentstadel).

Abb.: Wappen an Schloß Künzelsau für Magdalena Sophie v. Oettingen-Oettingen (17.2.1654 - 13.2.1691), Gemahlin von Johann Ludwig Graf v. Hohenlohe-Künzelsau (1.6.1625 - 15.8.1689).

Sonderform des Wappens der Linie Oettingen-Spielberg
Aufgrund der Heirat mit einer Erbtochter der von Schwendi wurde deren Wappen als Herzschild übernommen. Der Schild zeigt vier Reihen mit golden-rotem Eisenhutfeh und einem blauen Herzschild, über allem ein silberner Leistenschragen. Doch der blaue, unter dem Schragen liegende Herzschild wird hier völlig überdeckt von einem ganz anderen, auf dem Schragen liegenden Herzschild. Jener trägt das Wappenbild der von Schwendi, in Blau ein goldener Balken, oben von vier, unten von drei silbernen Rauten begleitet (in blau-silbern gerautetem Schild ein goldener Balken). Das ist eine sehr seltene Variante des Oettinger Wappens, das nur in der Linie Spielberg auftritt. Das Wappen Schwendi wird beschrieben im Siebmacher Band: WüA Seite: 138 Tafel: 76, weiterhin ist es im Scheiblerschen Wappenbuch auf Folio 154 abgebildet.

Bildbeispiel: Außen an den Wirtschaftsgebäuden des Schlosses Königseggwald ist der Schild von Maria Friderica Rosalia Carolina Prinzessin zu Oettingen-Spielberg zu sehen, Tochter von Franz Albrecht Fürst zu Oettingen-Spielberg (10.11.1663-6.2.1737) und Johanna Margarethe Freiin von Schwendi (27.6.1672-25.4.1727). Letztere war die Erbin von Schwendi, Achstetten usw. Weil die von Schwendi mit dem Johanna Margarethes Bruder Marquard von Schwendi (16.6.1671-1689) im Mannesstamm ausstarben und die von Oettingen-Spielberg die Herrschaft Schwendi erbten, wurde das Wappen als Herzschild übernommen. Der Bruder von Maria Friderica Rosalia Carolina, Anton Ernst Joseph Ignaz Fürst zu Oettingen-Spielberg (12.2.1712-23.5.1768) wurde Herr von Schwendi, danach dessen Nachkommen. Die von Oettingen-Spielberg barockisierten im Ort Schwendi 1724 die durch Marquard von Schwendi 1561 erbaute Pfarrkirche St. Stephanus, in der sich Epitaphien der erloschenen Familie befinden.

Im Oktober 1820 wurde die Herrschaft Schwendi von den Fürsten von Oettingen-Spielberg an die Freiherren von Süßkind verkauft, die sich ab 1901 Freiherren von Süßkind-Schwendi nannten und seit 1821 das Wappensymbol der Herren von Schwendi in den Feldern 1 und 4 in ihrem vermehrten Wappen hatten. Johann Gottlieb Süßkind aus einem württembergischen Bürgergeschlecht war mit Aktienspekulationen in Augsburg zu einem der reichsten Männer Europas geworden und hatte in Landgüter investiert.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Fürsten A1.3.3.A, Die Fürsten des HRR, M-Z, und Fürsten M 1.3.1., Die mediatisierten Fürstengeschlechter in Deutschland.
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H. Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Otto Hupp, Münchener Kalender 1896, Verlagsanstalt München und Regensburg 1896

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