Bernhard
Peter, Gernot Ramsauer und Alex Hoffmann
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1478
Nürnberg (Mittelfranken)
St.
Jakob in Nürnberg (3)
Glasfenster im Ostchor
Abb. links: Das undatierte Medaillon zeigt ein Allianzwappen aus dem Wappen der Paumgartner (silbern-schwarz geteilt, oben grüner Sittich, hier gewendet, unten eine silberne Lilie) und dem der Dichtel (Tichtel). Das Wappen der Dichtel zeigt in silbernem Schild einen eigentlich korrekterweise blauen, hier abweichend ebenfalls silbernen, mit drei goldenen, hier nur fünfstrahligen Sternen belegten Schrägbalken (Schöler Tafel 34). Das hier nicht abgebildete Oberwappen wäre zu blau-silbernen Decken ein wachsender silberner Mannesrumpf mit silbernem Hut, dessen blauer Stulp mit den drei goldenen Sternen belegt ist, oben gekrönt und mit blauen und silbernen Federn besteckt (Siebmacher Band: BayA1 Seite: 10 Tafel: 8). Diese 1647 erloschene Familie, Bürger von Nürnberg, gehörte zum Münchner Patriziat. Später wurde das Wappen mit dem der 1518 ausgestorbenen Marschalk von Stumpfberg geviert und der Name erweitert zu Dichtel von Tutzing, wo sie zu Tutzing am Wurmsee und zu Fuessberg landsässig waren. Diese Kombination paßt zu Hieronymus I. Paumgartner, 1498-1565, der 1526 Sibylla Dichtel geheiratet hatte. Hieronymus war ein Bekannter Luthers und Melanchthons und nahm 1525 an dem vom Nürnberger Rat herbeigeführten Religionsgespräch teil. Beinahe wäre hier ein anderes Wappen zu sehen gewesen: Er sollte sogar erst Katharina von Bora heiraten, die dann aber die Frau Luthers wurde. Stattdessen heiratete Hieronymus Sybilla Dichtel (gest. 1566). Auch diese stammt aus zutiefst der Reformation verbundenem Hause, ihr Vater Bernhard Dichtel wurde 1523 in München wegen seiner religiösen Einstellung noch an Stirn und Wangen gebrandmarkt. Hieronymus wurde Ratsmitglied und leitete das Nürnberger Schul- und Kirchenwesen und vertrat die Stadt in diplomatischen Geschäften. 1544 wurde er vom Raubritter Albrecht von Rosenberg entführt und gefangengesetzt, was zu einer Strafaktion der Nürnberger gegen das Rosenberger Schloß Haltenbergstetten führte. Erst nach 14 Monaten kam Hieronymus frei. Danach machte er weiter im Rat Karriere, wurde 1553 schließlich dritter Oberster Hauptmann, nahm weitere Ämter aber aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr an.
Abb. rechts: Das Medaillon zeigt ein Allianzwappen aus dem Wappenbild der Paumgartner und dem der Oertel. Das Wappen der Familie Oertel ist silbern-rot mit eineinhalb Schrägzinnen schräggeteilt, alternativ zu blasonieren als silbern-rot mit einer Gegenschrägzinne schräggeteilt, alternativ auch als silbern-rot mit zwei gegeneinandergekehrten Schrägzinnen schräggeteilt. Hier ist das Motiv nicht ganz korrekt wiedergegeben, wohl eine Folge späterer Veränderungen oder Reparaturen. Das hier nicht dargestellte Oberwappen wäre zu rot-silbernen Decken ein geschlossener, beiderseits wie der Schild bez. Flug. Das Wappen wird beschrieben im Schöler, Tafel 18, und im Siebmacher Band: BayA1 Seite: 51 Tafel: 50. Die Kombination paßt zu Hieronymus II. Paumgartner, 1538-1602, der 1564 Klara Oertel (gest. 1600) geheiratet hatte. Er ist der einzige Sohn von Hieronymus I. Paumgartner und Sibylla Dichtel. Hieronymus kam 1565 als jüngerer Bürgermeister in den Rat, wurde gleich Rugherr, 1570 Kirchenpfleger, 1575 älterer Bürgermeister, 1584 dritter Oberster Hauptmann und 1586 Zweiter Losunger. Er war 1590-1602 Vorderster Losunger und stand damit als erster seiner Familie an der Spitze des Stadtregimentes.
Diese beiden Medaillons, als Pendants rechts und links einer Mittelscheibe (ohne Abb.) angebracht, zeigen jeweils das Wappen der Schlüsselfelder (Schlüsselfelder von Kirchensittenbach), in von Silber und Schwarz geteiltem Schild drei deichselförmig im Dreipaß gestellte Schlüssel an einem gemeinsamen Ring in verwechselten Farben. Fast gleich, die einzigen Unterschiede sind, daß die Form der oben seitlich spitz ausgezogenen Tartsche spiegelbildlich ist und daß der Bart des unteren, senkrecht stehenden Schlüssels gespiegelt ist. Beide Scheiben sind mit dem selben Namen versehen, Wilhelm Schlüsselfelder.
Abb. links: Das Medaillon hat ein Allianzwappen aus den Wappenschilden Schlüsselfelder (in von Silber und Schwarz geteiltem Schild drei deichselförmig im Dreipaß gestellte Schlüssel an einem gemeinsamen Ring in verwechselten Farben) und Stockamer (in Gold ein schwarzer Balken). Das hier nicht dargestellte Oberwappen wäre zu schwarz-goldenen Decken ein natürlicher, radschlagender Pfau (Siebmacher Band: Bg1 Seite: 43 Tafel: 58 und Band: BayA1 Seite: 55 Tafel: 55). Ein Hans Stockamer erscheint zuerst in Nürnberg, gest. 1523. Dessen Sohn Leonhard Stockamer, gest. 1550, war Geheimschreiber und Sekretär der Kaiser Karl V. und Maximilian I. Ein Diplom vom 10.3.1524 erhebt ihn in den Reichsadelsstand. Hans II. und Alexander Stockamer, die beiden Söhne von Leonhard, bekamen am 10.11.1578 eine Adelsbestätigung und wurden in den erbländischen Ritterstand erhoben. Hans II. gründete die österreichische Linie des Geschlechtes, die später gräflich wurde, während sein Bruder Alexander die Nürnberger Linie fortführte, die aber ausstarb. Diese Kombination paßt zu Willibald I. Schlüsselfelder, 1533-1589, der 1559 Anna Stockamer geheiratet hatte. Für Anna war es die zweite Ehe, sie hatte in erster Ehe Georg Hoffmann, einen Nürnberger Kaufmann, geheiratet. Willibald wurde 1559 als jüngerer Bürgermeister in den Rat gewählt und wurde 1561 Landpfleger, 1569 älterer Bürgermeister, stieg weiter auf und war 1586-1589 Vorderster Losunger, und er war es, der das Nassauer Haus, den Sitz der späteren Schlüsselfelder Familienstiftung, 1581 erwarb. Willibald war der Sohn von Wilhelm Schlüsselfelder und Magdalena Imhoff. Genau die gleiche Kombination begegnet uns übrigens in einem Glasfenster der Herrschaftsempore in der Bartholomäuskirche von Kirchensittenbach wieder.
Abb. rechts: Das Medaillon hat ein Allianzwappen aus den Wappenschilden Schlüsselfelder und Imhoff (in Rot ein goldener See-Löwe mit einem über dem Kopf schwingenden Fischschwanz, auf dem linken Vorderbein stehend, das rechte vorwärts streckend). Diese Kombination paßt zu Wilhelm Schlüsselfelder, 1483-1549, der 1518 Magdalena Imhoff, 1501-1545, geheiratet hatte. Wilhelm war der Sohn von Anton Schlüsselfelder und Barbara Landauer, und Magdalena war die Tochter von Sebastian I. Imhoff. Magdalena war in dieser Ehe eigentlich dauerschwanger, denn beide hatten zusammen 22 Kinder in 23 Jahren, zur Hälfte jeweils Jungen und Mädchen. Wilhelm Schlüsselfelder wurde Ratsmitglied (wobei der Name seines Schwiegervaters sicher hilfreich war) und 1536 reichsstädtischer Baumeister, 1541 Rugherr und 1545 Vormundherr.
Abb. links: Das Medaillon hat ein Allianzwappen aus den Wappenschilden Schlüsselfelder (in von Silber und Schwarz geteiltem Schild drei deichselförmig im Dreipaß gestellte Schlüssel an einem gemeinsamen Ring in verwechselten Farben) und Tucher (geteilt, oben von Silber und Schwarz fünfmal schräggeteilt, unten in Gold ein schwarzer Mohrenkopf). Diese Kombination paßt zu Karl I. Schlüsselfelder, 1560-1610, der 1583 Katharina Tucher (1560-1629) geheiratet hatte, die Tochter von Adam Tucher. Karl war der Sohn von Willibald Schlüsselfelder und Anna Stockamer. Er wurde 1584 Genannter des Größeren Rates, 1585 Schöffe, 1588 jüngerer Bürgermeister, doch dann stockte seine Karriere, nicht zuletzt wegen Diskrepanzen mit dem Rat und dem Vormundamt wurde er ein Jahr vor seinem Tod 1609 als Alter Genannter zurückgestuft.
Abb. rechts: Das Medaillon hat ein Allianzwappen aus den Wappenschilden Schlüsselfelder und Landauer (rot mit einer silbernen Spitze und drei (2:1) gestürzten Lindenblättern in verwechselten Farben). Diese Kombination paßt zu Anton Schlüsselfelder, gest. 1493, der 1464 Barbara Landauer geheiratet hatte. Anton Schlüsselfelder war ein vielseitig engagierter Kaufmann und Montanindustrieller. Er handelte europaweit mit Tuchen, Wolle, Leder und Fellen, und er betrieb Silberbergbau im Erzgebirge, Bergbau in Goldkronach und war im Mansfelder Saigerhandel aktiv. 1481 stiftete er ein Fenster in der Lorenzkirche. Und er und seine Frau begegnen uns in Nürnberg wieder am Schreyer-Landauer-Epitaph an der Sebalduskirche, wobei ihrer beider Wappenbilder in geviertem Schild kombiniert sind.
Zusammen bilden diese vier Medaillons vier aufeinanderfolgende Generationen der Schlüsselfelder ab. Stilistisch sind die vier Medaillons jedoch aus einem Guß mit gleichen Schildformen und gleichen Umrandungen, so daß eine gleichzeitige Entstehung zu Ehren der Vorfahren angenommen werden kann.
Abb. links: Das Medaillon zeigt ein Vollwappen der Fürleger, in Blau zwei aufrechte, gegeneinander gebogene silberne Fische (Barben), welche in den Mäulern jeweils eine goldene Schnur halten, an der eine halbe gestürzte goldene Lilie hängt (Schöler S. 47, Tafel 58, Siebmacher Band: BayA1 Seite: 38 Tafel: 36). Auf dem Helm mit blau-goldenen Decken ein blauer Flug, beiderseits mit dem Schildbild belegt. Der Beischild für die Ehefrau zeigt das gewendete Wappenbild der Baldinger (in rot-blau schräglinksgeteiltem Schild ein aufspringender silberner Windhund mit goldenem Halsband, Schöler Tafel 86, Siebmacher Band: Bay Seite: 68 Tafel: 74, Band: Wü Seite: 14 Tafel: 18, Band: Bg7 Seite: 1 Tafel: 1), ohne Oberwappen.
Abb. rechts: Das Medaillon zeigt das vermehrte Vollwappen der Fürleger. Am 18.11.1625 erhielten Bartholomäus, Paul, Konrad und Johann Ignaz Fürleger den rittermäßigen Adelsstand und eine Wappenvermehrung, wobei aus der Lilie in Feld 1 ein Kreuz wurde, in Feld 4 jedoch eine Lilie blieb, und in den Feldern 2 und 3 des nun vermehrten Wappens in Gold ein gestürztes schwarzes Adlerbein, in den goldenen Krallen ein rotes Herz emporhaltend. Dieses Motiv erscheint nun in der Helmzier zusätzlich zwischen dem angestammten Flug, auf dem aber auch rechts die Lilie zum Kreuz geworden ist (Siebmacher Band: BayA2 Seite: 46 Tafel: 29). Die vollständige Blasonierung lautet: Geviert, Feld 1: in Blau zwei aufrechte, gegeneinander gebogene silberne Fische (Barben), welche in den Mäulern jeweils eine goldene Schnur halten, an der ein gestürztes goldenes Kreuz hängt, Feld 2 und 3: in Gold ein gestürztes schwarzes Adlerbein, in den goldenen Krallen ein rotes Herz emporhaltend, Feld 4: in Blau zwei aufrechte, gegeneinander gebogene silberne Fische (Barben), welche in den Mäulern jeweils eine goldene Schnur halten, an der eine halbe gestürzte goldene Lilie hängt. Auf dem gekrönten Helm mit blau-silbernen Decken ein gestürztes schwarzes Adlerbein, in den goldenen Krallen ein rotes Herz emporhaltend, zwischen einem blauen Flug, rechts mit dem Motiv aus Feld 1, links mit dem aus Feld 4 belegt. Man kann zwei Beischilde für die Ehefrauen erkennen, heraldisch rechts in golden-schwarz geteiltem Schild ein schräggestellter roter Fisch (Hinweise willkommen), gegenüber silbern-blau geteilt, oben ein Kleeblatt, unten drei (2:1) silberne Sterne (Filzhoffer, Siebmacher Band: Bg1 Seite: 23 Tafel: 25, dort Kleeblatt als grün angegeben).
Abb. links: Das auf 1570 datierte Medaillon zeigt ein Vollwappen Bernbeck (in Silber drei (2:1) schwarze, rotgezungte Bärenköpfe, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein wachsender schwarzer Bär, Schöler Tafel 85, Siebmacher Band: Bg1 Seite: 45 Tafel: 62, Band: BayA3 Seite: 162 Tafel: 112, Siebmacher III, 127 und V, 275) und einen Beischild (in Gold ein schwarzes Pentagramm (Drudenfuß), unbekannt, Hinweise willkommen). Die Familie Bernbeck stammt eigentlich aus Windsheim, war aber auch zu Nürnberg ansässig; 1538 wird z. B. ein Philipp Bernbeck als Handelsmann zu Nürnberg erwähnt. Eine namentliche Zuordnung des Medaillons kann noch nicht getroffen werden.
Abb. rechts: Das Medaillon zeigt ein Allianzwappen aus dem Wappen Paumgartner und Trautskirchner. Das Wappen der Paumgartner ist von Silber und Schwarz geteilt, oben ein grüner Sittich (hier gewendet), unten eine silberne Lilie. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu schwarz-silbernen Decken eine silberne Lilie, auf der der grüne Sittich sitzt. Das Wappen der Trautskirchner (Trautskirchen, Trautskircher zu Kapfelberg) zeigt in Gold einen oberhalben schwarzen Eber mit silbernen Hauern, der von hinten mit einem silbernen Schwert durchbohrt ist (Schöler Tafel 102). Das hier nicht dargestellte Oberwappen wäre auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken das Schildbild wachsend zwischen einem goldenen Flug (Siebmacher Band: BayA1 Seite: 187 Tafel: 190, Band: BayA3 Seite: 113 Tafel: 75, Wernigeroder Wappenbuch). Die Nürnberger Familie hatte Lehen von Eichstätt angenommen und wurde landsässig, sie ist Ende des 16. Jh. erloschen. Kapfelberg liegt bei Kelheim.
Literatur,
Links und Quellen:
Evangelisch-lutherische
Kirchengemeinde St. Jakob: http://www.st-jakob-nbg.de/
Geschichte der Jakobskirche: http://www.jakobskirche-nuernberg.de/index.php?.....=73
Kunstwerke in St. Jakob: http://www.jakobskirche-nuernberg.de/index.php?.....id=37
Veröffentlichung der Bilder aus dem Innenraum von St. Jakob in
Nürnberg mit freundlicher Genehmigung von Frau Ursula Prankel, wofür ihr an dieser Stelle ganz herzlich
gedankt sei.
Nürnberg - Geschichte einer europäischen Stadt, unter
Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter herausgegeben von Gerhard
Pfeiffer, Verlag C.H. Beck, 1971.
Robert Leyh, St. Jakob - Nürnberg, Schnell, Kunstführer Nr.
1699, Verlag Schnell & Steiner GmbH, 4. Auflage 2006, ISBN
3-7954-5408-5
Kurt Pilz, Die St. Jakobskirche in Nürnberg, Nürnberg 1964
Siebmachers Wappenbücher,
insbesondere der Band Bayern
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag
Degener / Bauer Raspe, Neustadt an der Aisch, 3. Aufl. 1999,
Nachdruck 2002, ISBN 3-87947-112-6
Peter Fleischmann, Rat und Patriziat in Nürnberg. Nürnberger
Forschungen, Einzelarbeiten zur Nürnberger Geschichte,
herausgegeben vom Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg.
Bände 31/1, 31/2, 21/3 (Stammbäume) und 31/4. VDS
Verlagsdruckerei Schmidt, Neustadt an der Aisch. ISBN
978-3-87191-333-4.
Über Hieronymus Paumgartner vgl.: Wolfgang Mährle, Academia
Norica: Wissenschaft und Bildung an der Nürnberger Hohen Schule
in Altdorf, Steiner Verlag 2000.
St. Jakob (1), Totenschilde - St. Jakob (2), Aufschwörschilde - St. Jakob (3), Glasfenster im Ostchor - St. Jakob (4), Glasfenster im Ostchor - St. Jakob (5), Glasfenster im Ostchor
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