Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1379
Reichenbach (Lautertal, Odenwald, Landkreis Bergstraße)
Evangelische
Kirche Reichenbach
Reichenbach liegt im Lautertal und ist
Hauptort der gleichnamigen Großgemeinde. Über dem Ort thront
auf einer kleinen Anhöhe die evangelische Kirche, eine barocke
Saalkirche mit beherrschendem, fast 35 m hohem Turm. Das
heraldische Prunkstück ist das Allianzwappen über dem
Kirchenportal, das von einem Neubau unter den Grafen von
Erbach-Schönberg zeugt, den damaligen Landesherren. Reichenbach
wurde 1561 erbachisch; die Reformation wurde aber bereits 1556
unter dem Pfälzer Kurfürst Ottheinrich eingeführt. Die Grafen
von Erbach, die neuen Patronatsherren, hatten ihre Länder
bereits früh reformiert. Die alte Kirche wurde am 7.2.1747
abgebrochen, der Neubau der Kirche erfolgte ab der
Grundsteinlegung am 16.5.1747, der "Knopf" wurde am
12.12.1747 aufgesetzt.
Die Inschrift über dem Portal lautet:
"InaVgVratae Ipso In Anno praetIosae paCIs GVestphaLICae
saCra protestantIbVs stabILIentIs seCVLarI paCIs o Longae! et IaM
aVgVro". Das bedeutet: "Eingeweiht im selben Jahr (am
hundertsten Jahrestag) des kostbaren Westfälischen Friedens, der
den Protestanten das Heilige (den Gottesdienst) sicherte, möge
der Friede lange währen! Das ist jetzt unsere Zuversicht."
So wird die Kirche durch die Inschrift selbst auf 1748 datiert,
denn der Westfälische Friede beendete den Dreißjährigen Krieg
im Jahre 1648. Doch die Kirche ist gleich ein zweites Mal
datiert, denn darin steckt noch ein Chronogramm: "I + V + V
+ I + I + I + C + I + V + L + I + C + C + I + V + I + L + I + I +
C + V + L + I + C + I + L + I + V + V" = "1 + 5 + 5 + 1
+ 1 + 1 + 100 + 1 + 5 + 50 + 1+ 100 + 100 + 1 + 5 + 1 + 50 + 1 +
1 + 100 + 5 + 50 + 1 + 100 + 1 + 50 + 1 + 1000 + 5 + 5" =
ebenfalls 1748.
Auf der heraldisch rechten Seite befindet
sich das Wappen für Georg August Graf zu
Erbach-Schönberg, Herr zu Breuberg (17.6.1691 -
29.3.1758), das um Breuberg vermehrte Erbacher Wappen: Feld 1 und
4: rot-silbern geteilt mit drei (2:1) sechsstrahligen Sternen in
verwechselten Farben (Grafen von Erbach), Feld 2 und 3: in Silber
zwei rote Balken (Herrschaft Breuberg). Die Grafen von
Erbach-Schönberg waren hier von 1732 bis 1806 die Landesherren
und zugleich die Kirchenpatrone.
Das Wappen für Ferdinanda
Henriette zu Stolberg-Gedern (2.10.1699 - 31.1.1750) auf
der heraldisch linken Seite ist viermal gespalten zu fünf
Pfählen:
- Erster Pfahl: im oberen Viertel
geteilt
- ganz oben: in Gold ein
schreitender schwarzer Hirsch (Stammwappen,
Grafschaft Stolberg)
- unten: in Silber zwei rote,
pfahlweise gestellte und in der Mitte nach außen
gekrümmte Fische (Forellen) nebeneinander
(Grafschaft Wernigerode)
- Zweiter Pfahl: dreimal geteilt:
- oben: in Gold ein schwarzer
Löwe (Herrschaft, "Grafschaft" Königstein).
- Mitte oben: in Silber drei
rote Sparren, alternativ von Silber und Rot
fünfmal gesparrt (Herrschaft Eppstein)
- Mitte unten: ledig und rot
(obere Hälfte Herrschaft Münzenberg)
- unten: ledig und golden
(untere Hälfte Herrschaft Münzenberg)
- Dritter Pfahl: geteilt, und in der
oberen Hälfte nochmals geteilt
- ganz oben: in Gold ein
blaubewehrter, roter Adler (Grafschaft Rochefort).
- oben: in Gold ein von Silber
und Rot in drei Reihen geschachter Balken (Grafschaft
Mark)
- unten: Von Gold und Rot
siebenmal oder neunmal geteilt (Herrschaft Agimont,
eigentlich Grafschaft Loon/Looz).
- Vierter Pfahl und fünfter Pfahl:
bilden zusammen ein geviertes Wappen mit Herzschild:
- Feld 1 und 4: silbern-rot
geschacht (Grafschaft Hohnstein)
- Feld 2 und 3: in Rot drei
goldene Balken oder siebenmal von Gold und Rot
geteilt, überhöht von einem einwärts
schreitenden goldenen Löwen mit roter Zunge und
ebensolcher Bewehrung (Grafschaft Lauterberg)
- Herzschild: In Silber ein
schwarzer, schreitender Hirsch (Klettenberg)
Die Beschreibung trägt der Verschiebung
der Proportionen durch graphische Bedürfnisse Rechnung und ist
eigentlich heraldisch, historisch und logisch unrichtig. Die
einzelnen Verschiebungen der Proportionen werden im allgemeinen
Artikel über die Stolberger Wappen ausführlich diskutiert.
In der Kirche ist weitere Heraldik zu
finden (ohne Abb.), zum einen befindet sich in einer abgedeckten
Vitrine an der Rückwand ein barockes Altartuch mit gesticktem
Ehewappen Erbach/Stolberg, eine phantastische und von den
genannten Bauherren zur Ausstattung gestiftete Arbeit, auf 1748
wie das Portal datiert und mit den Initialen GAGZEVHZB 1748
FHGZEGGZST versehen für Georg August
Graf zu Erbach-Schönberg
und Herr zu Breuberg
und Ferdinanda Henriette Gräfin
zu Erbach geborene
Gräfin zu Stolberg-Gedern.
Zum anderen befinden sich in der Kirche jüngere Glasfenster zu
beiden Seiten des Altares mit den Wappen von Karl Albrecht
Eberhard Kasimir Georg Friedrich Heinrich August Maximilian Emil Gustav
Ernst Fürst zu Erbach-Schönberg (17.8.1840 -
29.1.1908), Herr zu Breuberg und Wildenstein, 18.8.1903
großherzoglich-hessischer Fürst, und seiner Frau Marie
Caroline Gräfin v. Battenberg (15.7.1852 - 20.6.1923).
Genealogie
der Grafen und Fürsten von Erbach-Schönberg
- Georg III. Graf zu Erbach Herr zu
Breuberg (15.7.1548 - 1605), vereinigt 1569 sämtliche
Erbach'schen Besitzungen, vermählt in erster Ehe mit
Anna Amalia zu Sayn (1551 - 13.7.1571), kinderlos, in
zweiter Ehe mit Anna Gräfin v. Solms-Laubach (31.3.1557
- 8.12.1586), in dritter Ehe mit Dorothea Reuss v. Plauen
(28.10.1566 - 26.10.1591) und in vierter Ehe mit Maria v.
Barby-Mühlingen (8.4.1563 - 1619)
- Georg Albrecht I. Graf zu
Erbach, Herr zu Breuberg (16.12.1597 -
25.11.1647), aus vierter Ehe, 1617 von Korsaren
gefangen und nach Tunis verschleppt,
anschließend losgekauft, 1606 zu Schönberg und
Seeheim, 1623 zu Reichenberg, 1627 zu Fürstenau,
1643 Alleinherrscher der Erbachischen Lande,
vermählt in erster Ehe mit Magdalena v. Nassau
(13.11.1595 - 1633), in zweiter Ehe mit Anna
Dorothea v. Limpurg-Gaildorf (1612 - 23.6.1634)
und in dritter Ehe mit Elisabeth Dorothea zu
Hohenlohe-Schillingsfürst (1617 - 12.11.1655)
- Georg Albrecht II.
Graf v. Erbach-Fürstenau (26.2.1648 -
23.3.1717), zu Schönberg und Seeheim und
1/4 Breuberg, 1678 zu Fürstenau und
Reichenberg, Stammvater der 3 Äste
Erbach-Fürstenau, vermählt mit Anna
Dorothea Christina v.
Hohenlohe-Waldenburg (22.2.1656 -
28.10.1724)
- Georg August
Graf zu Erbach-Schönberg, Herr
zu Breuberg (17.6.1691 -
29.3.1758), vermählt mit
Ferdinanda Henriette zu
Stolberg-Gedern (2.10.1699 -
31.1.1750)
- Georg
Ludwig II. Graf zu
Erbach-Schönberg
(27.1.1723 - 11.2.1777),
kinderlos
- Franz
Carl Graf zu
Erbach-Schönberg, Herr
zu Breuberg (28.7.1724 -
29.9.1788),
niederländischer
Generalmajor, eine
Tochter
- Christian
Graf zu Erbach-Schönberg
(7.10.1728 - 29.5.1799),
Generalfeldwachtmeister,
Kommandeur der Leibwache,
Komtur des Deutschen
Ordens zu Friesack und
Sandhof, Statthalter des
Deutschen Ordens zu
Mergentheim, kinderlos
und unvermählt
- Georg
August Graf zu
Erbach-Schönberg
(9.3.1731 - 8.2.1799),
französischer Brigadier
im Regiment "Royal
Nassau"
- Carl
I. Graf zu
Erbach-Schönberg, Herr
zu Breuberg (10.2.1732 -
29.7.1816), kaiserlicher
Generalfeldzeugmeister,
zwei Töchter
- Casimir
Graf zu Erbach-Schönberg
(27.9.1736 - 27.1.1760),
Hauptmann unter dem
k.u.k.Infanterie-Reg.
"Maguire"
- Gustav
Ernst Graf zu
Erbach-Schönberg,
Herr zu Breuberg
(27.4.1739 - 17.2.1812),
Capitain im Reg. Royal
Deuxponts, preußischer
Generalmajor, vermählt
mit Henriette Christiana
Gräfin zu
Stolberg-Stolberg
(3.8.1753 - 21.1.1816)
- Georg
Ludwig Graf zu
Erbach-Schönberg
(15.1.1786 - 18.4.1803),
unvermählt, kinderlos
- Maximilian
Graf zu
Erbach-Schönberg, Herr
zu Breuberg (7.4.1787 -
1.6.1823), vermählt mit
Ferdinande Sophie
Charlotte Friederike
Gräfin zu
Solms-Rödelheim u.
Assenheim (23.2.1793 -
31.3.1859), eine Tochter
- Carl
Graf zu Erbach-Schönberg
(16.7.1788 - 18.3.1805),
unvermählt, kinderlos
- Emil
Christian Graf zu
Erbach-Schönberg Herr zu
Breuberg (2.12.1789 -
26.5.1829), vermählt in
erster Ehe mit Maria Anna
Gräfin zu
Erbach-Schönberg
(21.1.1787 - 19.8.1825)
und in zweiter Ehe mit
Johanna Henriette
Philippine Prinzessin zu
Hohenlohe-Langenburg
(8.11.1800 - 17.1.1877),
kinderlos
- Gustav
Graf zu Erbach-Schönberg
(18.3.1791 - 18.10.1813),
gefallen, unvermählt,
kinderlos
- Ludewig
III. Graf zu
Erbach-Schönberg,
Herr zu Breuberg
(1.7.1792 - 1863),
großherzoglich-hessischer
Generalleutnant,
vermählt mit Karoline
Alexandrina Friederike v.
Gronsfeld-Diepenbrock u.
Impel
- Karl
Albrecht Eberhard Kasimir
Georg Friedrich Heinrich
August Maximilian Emil
Gustav Ernst Fürst zu
Erbach-Schönberg
(17.8.1840 - 29.1.1908),
Herr zu Breuberg und
Wildenstein, 18.8.1903
großherzoglich-hessischer
Fürst, vermählt mit
Marie Caroline Gräfin v.
Battenberg (15.7.1852 -
20.6.1923)
- Alexander
Ludwig Alfred Eberhard
Fürst zu
Erbach-Schönberg
(12.9.1872 - 18.10.1944),
vermählt mit Luise
Elisabeth Hermine Erika
Pauline Prinzessin zu
Waldeck u. Pyrmont
(6.9.1873 - 23.11.1961)
- Georg-Ludwig
Friedrich Viktor
Karl-Eduard Franz-Joseph
Fürst zu
Erbach-Schönberg
(1.1.1903 - 27.1.1971),
vermählt mit Marie
Margarethe Deringer
(12.12.1903 - 22.12.1967)
- Ludewig
Wilhelm-Ernst Andreas
Georg-Wilhelm Joachim
Fürst zu
Erbach-Schönberg
(17.10.1926 -), vermählt
mit Rosemarie Moshage
(22.9.1927 -)
- Burckhard
Alexander Maynolf
Wittekind Erbprinz zu
Erbach-Schönberg
(7.4.1951 -)
- Dietrich
Wilhelm Prinz zu
Erbach-Schönberg
(27.3.1954 -)
- Uta
Edda Marie Jutta
Annemarie Prinzessin zu
Erbach-Schönberg
(1.8.1955 -)
- Patricia
Jutta Anja Ilse
Prinzessin zu
Erbach-Schönberg
(15.12.1967 -)
- Maynolf
Wilhelm Viktor Richard
Josias Ludwig-Christian
Waldemar Prinz zu
Erbach-Schönberg
(13.5.1936 -), vermählt
mit Solveig Schlegel
(25.5.1949 -)
- Wilhelm
Ernst Heinrich Alfred
Prinz zu
Erbach-Schönberg
(4.1.1904 - 1946/1947),
gestorben in russischer
Kriegsgefangenschaft
- Maximilian
zu Erbach-Schönberg
(1878 - 25.3.1892)
- Victor
Sergius Heinrich Bruno
Karl Prinz zu
Erbach-Schönberg
(26.9.1880 - 27.4.1967)
- Marie
Elisabeth (Edda) Donata
Prinzessin zu
Erbach-Schönberg
(7.7.1883 - 12.3.1966)
- Marie
Gräfin zu
Erbach-Schönberg
(25.1.1839 - 10.2.1927)
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers
Wappenbücher
Peter W. Sattler, Helga Bartmann:
Erbach im Odenwald: Wappen erzählen Geschichte. Aus der
Geschichte von Stadt und Grafschaft Erbach, Band 7, Herausgeber:
Magistrat der Kreisstadt Erbach im Odenwald und Historischer
Verein für die Kreisstadt und ehemalige Grafschaft Erbach e.V.,
ISBN 3-9801518-2-4
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf
CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die
deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H.
Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Hans-Jörg Geißler, Evang. Kirche Reichenbach, Verlag Schnell
& Steiner GmbH Regensburg, 1. Auflage 2006,
Schnell-Kunstführer Nr. 2645, ISBN 978-3-7954-6646-6
Wappen der Grafen von Erbach
Wappen des gräflichen und fürstlichen Hauses
Stolberg
Das Feld für
Münzenberg und seine Verbreitung in deutschen Adelswappen
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