Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1299
Neuenstein (Hohenlohekreis)

Schloß Neuenstein

Schloß Neuenstein ist eines der größten und mächtigsten Hohenlohe-Schlösser. Es ist auch insofern eines der wichtigsten, als hier das Hohenlohe-Zentralarchiv untergebracht ist. Aber es ist gewiß nicht das authentischste der Hohenlohe-Schlösser. Das Schloß ist eine wuchtige Vierflügelanlage im Stil der Renaissance/Neo-Renaissance um einen rechteckigen Innenhof. Mehrere runde und im oberen Teil polygonale Türme akzentuieren die Fassaden. Der älteste Teil ist der Bergfried mit quadratischem Querschnitt aus mittelalterlicher Zeit an der Nordostecke, der zeigt, daß das heutige Schloß aus einer mittelalterlichen Wasserburg, und zwar der Herren von Stein, den späteren Herren von Neuenstein, hervorging. Um 1300 kam die Burg an die Grafen von Hohenlohe. Der wesentliche Ausbau zum Schloß fand im 16. Jh. statt.

Abb.: Schloß Neuenstein von Südwesten

Hintergrund war die Erbteilung zwischen zwei Brüdern und die Aufteilung der Hohenloher Besitzungen, und Waldenburg und Neuenstein wurden die beiden Hauptorte. Graf Ludwig Kasimir ließ seine Residenz Neuenstein vom Heilbronner Baumeister Balthasar Wolff 1556-1564 ausbauen. Seine Nachfolger widmeten sich dem Innenausbau und der Schloßkirche. Es folgte nach dem Erlöschen der Linie zu Neuenstein eine Phase des Verfalls. Der Obere Teil mit den Giebeln ging verloren. Erst im frühen 20. Jh. restaurierte man das Schloß im Sinne des Historismus, was im Grunde einem Neubau gleichkam. Alle hier abgebildeten Wappensteine stammen aus der Zeit dieser Restaurierung. Das Schloß ist Privateigentum. Das Schloßmuseum kann besichtigt werden.

Abb.: Schloß Neuenstein von Südwesten

An dem Schloß befinden sich viele Wappensteine. Das Bildprogramm ist meistens inhaltlich identisch. Der nachfolgend abgebildete Wappenstein befindet sich am Nordeingang des Schlosses.

Abb.: Wappenstein über dem nördlichen Tor von Schloß Neuenstein

Der Schild der Grafen von Hohenlohe ist geviert: Felder 1 und 4: Stammwappen Hohenlohe, in Silber zwei schwarze, rotgezungte Leoparden (schreitende, im unteren Beispiel hersehende, im oberen Beispiel nicht hersehende Löwen), Felder 2 und 3: Wappen Langenburg: Geteilt, oben in Schwarz ein schreitender goldener Löwe, rot gezungt, golden gekrönt, unten gold-schwarz gerautet. Alle Löwen und Leoparden sind hier einwärts gewendet. Zwei Helme: Helm 1 (rechts): Helmzier ein silberner Phönix mit roten Schwungfedern, sich erhebend. Helmdecken rot-silbern (Stammkleinod Hohenlohe). Helm 2 (links): Helmzier auf dem gekrönten Helm ein wachsender oder vollständiger goldener Löwe, golden gekrönt, rot gezungt, zwischen zwei schwarzen Büffelhörnern. Helmdecken schwarz-golden (Kleinod Langenburg).

Dem eigentlichen Eingang im Norden des Schlosses ist noch einmal ein Torbogen vorgelagert, in dessen Bogenzwickeln befinden sich noch einmal die gleichen Wappenschilde, ohne Oberwappen (nachfolgende Abbildungen).

Abb.: Wappenstein über dem nördlich vorgelagerten Torbogen

Das Wappen der Grafen von Solms ist geviert: Feld 1 und 4: in Gold ein blauer Löwe (Stammwappen Solms), Feld 2 und 3: rot-golden geteilt (Falkenstein und Münzenberg). Die beiden Kleinode des Solmser Wappens sind: Helm 1 (rechts): Kleinod Solms: Sitzend ein blauer Löwe zwischen einem goldenem oder rot-golden geteiltem Flug. Helmdecken blau-golden. Helm 2 (links): Falkenstein-Münzenberg: ein roter flacher Hut mit Hermelinaufschlag, oben mit einer goldenen Kugel und einem natürlichen Pfauenstoß besteckt, im Stulp stecken zwei rot-golden geteilte Fähnchen an goldenem Schaft. Helmdecken rot-golden.

Diese Kombination findet sich ubiquitär am Schloß. Im Innenhof (privat) befindet sich ein analoger Wappenstein mit der Darstellung der Vollwappen über dem Portal zum Treppenturm, ein weiterer ist in der Wand eingelassen (ohne Abb.). Eine besonders üppige Darstellung mit zwei Geharnischten als Schildhaltern befindet sich hoch oben am Giebel der Ostseite des Schlosses (nachfolgende Abbildung).

Abb.: Wappenstein hoch oben an einem Giebel des Ostflügels - ein Phantasieprodukt der Restaurierung.

Auch die Nebengebäude sind wappengeschmückt. Dieses hier (Abb. folgend) ist namentlich Graf Ludwig Kasimir zugeordnet und auf 1564 datiert. Eine weitere Inschrift direkt darunter datiert vom 5.9.1667.

Abb.: Wappenstein auf der Ostseite eines Nebengebäudes im Südosten des Schlosses

Genealogie zu den Wappen:
Schlüsselfigur dieses Schlosses und seiner heraldischen Ikonographie ist Ludwig Kasimir Graf v. Hohenlohe-Waldenburg-Neuenstein (12.1.1517 - 24.8.1568). Er war vermählt mit Anna zu Solms-Lich (oder Solms-Laubach, 12.11.1522 - 9.5.1594, Tochter von Otto I. Graf v. Solms-Laubach und Anna v. Mecklenburg). Wir haben es hier mit einem der beiden Brüder zu tun, die die beiden Hauptlinien des Hauses Hohenlohe begründeten. Ludwig Kasimir saß in Neuenstein, Weikersheim, Künzelsau, Langenburg, Kirchberg und Ingelfingen, und er war Mitherr zu Öhringen. Auf Ludwig Kasimir geht die eine große Hauptlinie des Hauses Hohenlohe zurück, mit den einzelnen Linien zu Neuenstein, Weikersheim und Langenburg, weiterhin zu Öhringen, Ingelfingen und Kirchberg. Sein Bruder Graf Eberhard hingegen herrschte in Waldenburg, Pfedelbach, Schillingsfürst und Bartenstein, Kupferzell, Mainhardt, Sindringen, nur Öhringen teilten sie sich. Auf Eberhard geht die ganze andere Gruppe von Linien zurück, die Linien zu Waldenburg, Schillingsfürst und Pfedelbach, später auch die zu Bartenstein und Jagstberg.

Die Linie zu Neuenstein wurde 1698 nach dem Tod von Wolfgang Julius Graf v. Hohenlohe-Neuenstein (3.8.1622 - 26.12.1698) von der Linie zu Öhringen beerbt, die aber zu Öhringen residierte. Schloß Neuenstein verfiel. Die Linie zu Öhringen wurde wiederum 1805 von der Linie zu Ingelfingen beerbt. Diese sind jedoch gleichfalls Abkömmlinge des Ludwig Kasimir Graf v. Hohenlohe-Waldenburg-Neuenstein, des Begründers der Hauptlinie. Diverse Verlegenheitsnutzungen des Schlosses umfaßten die als Waisenhaus, als Zuchthaus sowie als Altenheim. Erst im frühen 20. Jh. erwachte wieder das Interesse an dem heruntergekommenen Renaissance-Schloß. Hier sollten die Sammlungen des Hauses untergebracht werden, und so entstand eines der ersten privaten Museen. Unter Leitung des umstrittenen Burgenforschers Bodo Ebhardt wurde das Schloß 1906 - 1914 restauriert. Freilich verstand man damals darunter noch nicht die Originaltreue, die wir heute von einer Restaurierung erwarten. So wurde das Schloß kurzerhand um ein ganzes Geschoß aufgestockt und mit verspielten Details in verschwenderischer Fülle ausgestattet. Die vier voluten- und skulpturenbeladenen Giebel des Westtrakts sind z. B. komplett neu. Es entstand ein üppig verziertes Neo-Renaissance-Schloß, das es in dieser Form in der echten Renaissance nie gegeben hatte und das harmonische Proportionen und maßvolles Auftreten hinter sich gelassen hat. Nicht nur hier, sondern auch anderswo wie an der Hochkönigsburg steht der Name Bodo Ebhardts für weit über das jemals Dagewesene und Belegte hinausschießende Restaurierungsphantasie, für das selbstsüchtige Schwelgen in Wunschvorstellungen, nicht für Respekt vor dem Vorhandenen und Orientierung an dem Belegbaren. Nicht umsonst schrieb Otto Piper auf den Kollegen gemünzt das Werk "Wie man nicht restaurieren soll".

Abb.: Torbau im Südosten des Schlosses, Südseite

Ein weiteres Wappen finden wir am separaten Torbau der Schloßanlage im Südosten des eigentlichen Schlosses. Inhaltlich werden im Schild die beiden Leoparden dargestellt, das Stammwappen. Von besonderem Interesse ist jedoch die Helmzier. Die bekannteste Hohenlohe-Helmzier ist der wachsende Phönix, und sie wird auch am häufigsten in historischen Darstellungen gefunden. Ein alternatives, relativ altes Hohenloher Kleinod, 1258-1347 von den Herren von Hohenlohe geführt, sind mit Kleestengeln besteckte Büffelhörner, wie sie hier am Torbau dargestellt werden. Ursprünglich waren das wohl grüne Lindenzweige. Bei dem Phönix hingegen, den wir auf allen anderen Darstellungen finden, handelt es sich eigentlich um ein später als die Büffelhörner mit den Kleestengeln auftretendes Kleinod, zuerst auf einem Siegel von 1360 bekannt (Gerlach), ab 1370 wird der Phönix von allen Familienmitgliedern geführt. Diese Darstellung am Tor ist freilich ein Werk des Historismus, aber dennoch hochinteressant, weil man sich hier bewußt der älteren Helmzier entsann. Das Torhaus ist übrigens eine komplette Neuschöpfung der "Restaurierung" nach Abriß des damals noch bestehenden echten, historischen Torhauses.

Abb.: Wappenstein am Torbau, Südseite

Das Kleinod mit den Büffelhörnern und Kleestengeln wird übrigens in den Wappen der gefürsteten Linien seit 1744 "wiederbelebt", d. h. es kommen beide Kleinode nebeneinander zum Einsatz, der Phönix und die Büffelhörner, und als das ältere Kleinod für die vermehrten Helmgalerien wiederentdeckt wurde, wurden aus den Lindenzweigen goldene Spieße, an denen Rauten hängen.

Dieser Wappenstein befindet sich über dem parkseitigen Portal auf der Südseite des Schlosses, von jenseits des Sees photographiert. Das Portal führt auf die große Terrasse im Süden der Vierflügelanlage. Die beiden Kartuschen enthalten das Hohenlohische (Hohenlohe geviert mit Langenburg) und das Pfälzer Wappen (Pfalz geviert mit Wittelsbach, Herzschild Veldenz). Ein Löwe in der Mitte hält beide Schilde. Darüber erhebt sich aus einer großen Krone und einem Flammenmeer der Phönix. Eine passende Ehe ist die zwischen Kraft VII. Graf v. Hohenlohe-Neuenstein-Weikersheim (14.11.1582-11.10.1641) und Sophia Pfalzgräfin bei Rhein zu Zweibrücken-Birkenfeld (29.3.1593-16.11.1676).

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher.
Schloß Neuenstein:
http://www.schloss-neuenstein.de/
Hohenlohe-Zentralarchiv:
http://www.landesarchiv-bw.de/web/47260
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Carlheinz Gräter, Jörg Lusin, Schlösser in Hohenlohe, Geschichte und Geschichten, Silberburg Verlag Tübingen, 1. Auflage 2005, ISBN 978-3-87407-685-2
Wilhelm Gradmann, Burgen und Schlösser in Hohenlohe, Stuttgart 1982
Constantin zu Hohenlohe-Langenburg, Schloß Neuenstein und sein Museum, Heft Nr.155, DKV Deutscher Kunstverlag, 5. Auflage, München 2001.
Gerhard Taddey, Bodo Ebhardt und die Restaurierung von Schloß Neuenstein. In: Harald Siebenmorgen (Hrsg.): Hofkunst in Hohenlohe. Thorbecke, Sigmaringen 1996, ISBN 3-7995-7645-2
Schloß Neuenstein:
http://www.burgen-web.de/site78mai.htm - http://www.burgenstrasse.de/showpage.php?SiteID=20&lang=1&sel=u&sid=18 - http://www.schloesser-magazin.de/de/schloss-neuenstein/Startseite/339618.html
Wolfgang Willig, Landadel-Schlösser in Baden-Württemberg, eine kulturhistorische Spurensuche, 1. Auflage 2010, ISBN 978-3-9813887-0-1, S. 358

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