Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 769
Corvey (bei
Höxter, Westfalen)
Corvey: Vorplatz vor der Klosterkirche
Platte
1
Vor dem Westwerk der
ehemaligen Klosterkirche Corvey sind seitlich ein paar Grabsteine
in die Wand eingemauert, die heraldisch interessant sind:
Hier das Wappen des Henricus von dem Velde (gest. 1680), in Silber ein blauer Sparren, auf gekröntem Helm zwei silberne Hände, jeweils mit einem blauen Sparren belegt. Helmdecken blau-silbern. Das zentrale Vollwappen ist umgeben von vier Wappenschilden der Familien von dem Velde, Spee, Revelers, Horst, z. T stark verwittert.
Platte 2
Dieser Stein datiert von 1711
und ist für "Domicella Angela Dorot(h)ea von und zu (de et
in) Amelunxen", die am 16.2.1711 im Alter von 47 Jahren
verstarb.
Das Wappen von Amelunxen zeigt in Rot zwei Pfähle von silbern-blauem pfahlförmigen Eisenhutfeh. Aus dieser Blasonierung ist alternativ geworden: In Rot zwei silberne Pfähle, jeder mit blauen Eisenhütlein belegt. Nichts, was ein Kundiger anders darstellen würde. Doch jetzt können wir sehen, was der Unverstand einer späteren Zeit daraus gemacht hat! Hier finden sich zwei Stapel von Stahlhelmen! Schlimmer kann man gar nicht illustrieren, was in der heraldischen Verfallszeit geschah: Eisenhutfeh sind stilisierte Felle des Eichhörnchens, eine Sorte von Pelzwerk, die in ihrer charakteristischen Form stilisiert wurden und in der Zeit, als man kein reales Fell mehr auf dem Schild anbrachte, zur heraldischen Graphik wurden und aufgrund ihrer Form, die Eisenhüten jener Zeit ähnelte, so genannt wurde. Und hier zu Beginn des 18. Jh. hatte man komplett vergessen, was das einmal war - und die ganze Ignoranz eines dekadenten Zeitalters schlägt zu und bildet Stahlhelme ab!
Die Helmzier auf gekröntem Helm zeigt sieben rote Fähnlein, jedes mit zwei silbernen Pfählen. Variation: Fähnchen ganz rot oder wie das Schildbild. Helmdecken rot-silbern.
Im Siebmacher findet sich noch ein geviertes Wappen, 1 und 4 wie beschrieben, 2 und 3 rot mit drei silbernen Pfählen. Helmzier die Fähnlein zwischen rot-silbern geschachten Büffelhörnern. Decken rot-silbern.
Die von Amelunxen sind ein uraltes Geschlecht, das schon 1088 mit der Erwähnung eines Ministerialen von Amelunx bezeugt ist und aus dem gleichnamigen Ort in Westfalen stammt. Im 12. Jh. wurden Familienmitglieder als Raubritter bekannt. 1696 verkaufte die Familie das Stammschloß an die Wolf-Metternich (Paderborner Fürstbischof). Amelunxen ist heute Ortsteil der Stadt Beverungen und liegt im Kreis Höxter. Die Familie von Amelunxen blüht auch heute noch.
Die Ahnenprobe enthält vier weitere Wappenschilde:
Das Wappen der Herren von der Asseburg zeigt in Gold einen liegenden schwarzen Wolf, rot gezungt. Helmzier eine goldene, mit einer silbernen, ovalen Scheibe belegte und oben mit Pfauenfedern besteckte Säule, Helmdecken schwarz-golden.
Die Herren von Asseburg sind eine uralte niedersächsische Familie und werden erstmals 1089 als Ministerialen des Markgrafen Ekbert von Braunschweig erwähnt; sie kommen von der gleichnamigen Burg in der Asse bei Wolfenbüttel, die sie nach ihrem Aufstieg in die Reichsministerialität als Ganerbenburg nach 1218 errichteten. 1258 mußte die Stammburg an den Herzog von Braunschweig übergeben werden. Ende des 15. Jh. wurde die riesige Anlage zerstört. Am Ende des 13. Jh. teilte sich die Familie: Der westfälische Zweig erheiratete die Güter der Edelherren von Brakel und die Hinnenburg bei Paderborn. Der ostfälische Zweig hatte ab 1437 die Herrschaft Falkenstein im Unterharz als Lehen. Aus der Familie entstammt ein Fürstbischof des Bistums Paderborn, Wilhelm Anton Ignaz Freiherr von Asseburg zu Hinnenburg.
Das Wappen von Wrisberg zeigt in Silber auf einem grünen Dreiberg (hier nicht zu erkennen) stehend einen schwarzen (oder roten oder natürlichen) Vogel (oder Fasan). Helmzier zwei Fasanenfedern. Helmdecken im Siebmacher rot-silbern/rot golden bzw. rot (?)-silbern angegeben (Band PrE S. 186 T. 161). Allgemein uneindeutige Farbangaben im Siebmacher.
Das Wappen von Lützow zeigt in Gold eine schräggelegte, schwarze Leiter (Sturmleiter, Feuerleiter) mit hier fünf Sprossen. Die Anzahl der Sprossen ist 3-5, meistens 4. Heute wird die Leiter meist mit 4 Sprossen geführt. In ältester Zeit war die Leiter gerade wie hier abgebildet, später wurde sie auch mit oben hakenförmig umgebogenen Enden dargestellt, um sie z.B. an einer Mauerkrone einzuhängen. Helmzier hier ein Pfauenstoß hinter einer roten Zinnenmauer. Die rote Zinnenmauer ist eine spätere Zutat, die die Sturmleiter sinngemäß und funktional ergänzen soll, wie auch die ebenfalls vorkommenden beiden Lilien eine spätere Zutat sind, die den Pfauenstoß in anderen Darstellungen außen begleiten. 1926 hat sich die Familie von Lützow bemüht, ihr Wappen wieder einer ursprünglichen Form zuzuführen und von späteren Zutaten zu befreien: Die Leiter ist gerade, hat vier Sprossen, und die Helmzier sind drei aus der Helmkrone wachsende, natürliche Pfauenfedern. Helmdecken schwarz-golden.
Zum Wappen von Amelunxen siehe obigen Kommentar, der hier gleichermaßen gilt.
Objekt 3:
Im Park vor dem Kirchvorplatz
etwas verborgen befindet sich eine Statue auf hohem, allseitig
offenen Unterbau, der an den Bogenscheiteln Wappensteine hat.
Hier finden wir ein auf 1746 datiertes Wappen des Kaspar II von Böselager-Hohneburg (Fürstabt 17371758). Es ist geviert, Feld 1 und 4: Geteilt von Rot und Gold (Fürstabtei Corvey), Feld 2 und 3: Gold mit 2 blauen, schräggekreuzten Schaufeln mit roten Stielen. Über allem der Fürstenhut, hinter dem Schild Krummstab und Schwert. Das goldene Feld ist damasziert, das rote Feld weist schon die korrekte Schraffur auf. Die Helmzier der Familie von Böselager waren drei golden, blau und golden tingierte Lilienstäbe. Die Helmdecken wären blau-golden.
Position der Wappen im Grundriß
Literatur,
Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher
Schloß Corvey http://www.schloss-corvey.de/ - http://www.schloss-corvey.de/frm_index.php
Die Wappen der Hochstifte,
Bistümer und Diözesanbischöfe im Heiligen Römischen Reich
1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, erstellt von Clemens Brodkorb,
Reinhard Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell & Steiner
Verlag 2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Günter Tiggesbäumker, Das Herzogliche Haus Ratibor und Corvey,
Börde-Verlag Werl 2004, Deutsche Fürstenhäuser Heft 5, 3.
Auflage, ISBN 3-9807740-0-7
Familie von Lützow http://www.vonluetzow.de und ihr Wappen http://www.vonluetzow.de/familie/53668799ab0f92532.html - Lützowsches Familienblatt 1. Jahrgang, Nr. 1,
Juli 1922
Corvey (Westfalen): Klosterkirche (1) - Klosterkirche (2) - Wirtschaftsgebäude - Schloß - Ostportal - Toreinfahrt - Kirchvorplatz
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