Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 763
Corvey (bei Höxter, Westfalen)

Corvey: Klosterkirche (1)

Geschichte von Corvey (1)
Kirche und Schloß Corvey bei Höxter haben uralte, karolingische Wurzeln. Karl der Große plante schon eine Klostergründung in dieser Gegend, um im Osten des fränkischen Reiches eine Festung des christlichen Glaubens zu haben. Aber die eigentliche Gründung 815 an einem Ort bei Neuhaus im Sollinggebirge geht auf Karls Sohn Ludwig den Frommen (814-840) zurück. Zuerst hieß das Kloster noch Hethis, nahm aber 823 die Benediktiner-Mönche des Mutterklosters Corbie an der Somme auf, woraus sich der Name Corvey entwickelte. 822 kaufte Ludwig der Fromme das Land, auf dem heute Schloß und Klosterkirche Corvey stehen, so daß das Kloster hier zum zweitenmal an neuem Ort gegründet wurde. 826 wurde Corvey selbständiges Kloster, 833 wurde vom Kaiser die Trennung vom Mutterkloster bestätigt. Dieses Alter sieht man dem heutigen Ensemble nicht auf den ersten Blick an, denn die meisten Gebäude stammen aus der Barockzeit. Nur die Kirche birgt in sich noch einen architektonischen Schatz aus der Frühzeit, das berühmte karolingische Westwerk, das 885 vollendet wurde.

Um 830 begann man mit dem Bau der ersten Klosterkirche, und 14 Jahre später konnte man sie als Stephanuskirche weihen. Es war eine einfache Basilika mit Hauptschiff und zwei Seitenschiffen, im Osten eine Apsis mit Umgang. Der rasante Aufstieg Corveys begann mit der Wallfahrt zu den 836 aus Paris hierhin überführten Reliquien des Hl. Vitus und der Mission des Nordens bis nach Skandinavien. Corvey besaß ferner ein bedeutendes Skriptorium zum Kopieren religiöser Texte und antiker Schriftsteller und hatte bedeutenden Anteil an der westfränkisch-karolingischen Kultur. 873-885 wurde das Westwerk mit Dreiturmanlage errichtet, welches 889 Bühne für den Empfang des Karolingerkönigs Arnulf war.

Für die Ottonen war Corvey noch eine wichtige Station im Rahmen des Reisekönigtums des Hochmittelalters, eine Klosterpfalz. Bis 1203 hatten sich hier mindestens 23 mal die Könige aufgehalten (wie dokumentiert, in Wirklichkeit vermutlich noch öfter). Doch die wirtschaftliche und kulturelle Blüte war nicht von langer Dauer. Unter Kaiser Heinrich II wurde Corvey Reformkloster (Hirsauer Reform). Im 12. Jh. begann der Stern Corveys zu verblassen, ganz im Gegensatz zum Erwerb äußerer Titel - so wurde die Abtei Corvey im 12. Jh. durch Kaiser Konrad III zur Reichsabtei erhoben, und 1220 wurde sie gar Fürstabtei, war also reichsunmittelbar. Das letzte bedeutende architektonische Werk des Frümittelalters war der Umbau des karolingischen Westwerks in eine Zweiturmfassade. Danach ging's berab, wirtschaftlich, kulturell. Unter Abt Franz von Ketteler wurde nochmal eine Konsolidierung versucht, eine benediktinische Erneuerung (Bursfelder Reform). Die Reformationswirren ließen diese Reform als Versuch verbleiben, und der Dreißigjährige Krieg ließ nach seinem Wüten hier eine Ruine zurück.

Eigentlich hätte man nach dem Westfälischen Frieden 1648 keine Wette mehr auf den Fortbestand der Abtei abgeschlossen. Doch Hilfe kam aus Münster: Christoph Bernhard von Galen, der amtierende Münsteraner Fürstbischof setzte sich selbst als Administrator von Corvey ein und rettete dadurch den Fortbestand der alten Abtei. Bis 1667 ließ er die Klosterruinen wiederaufbauen und das Klosterleben wieder in Gang bringen. 1665 wurde das alte Kirchenschiff abgerissen und 1667-1674 im barocken Stil neu erbaut. Er ist es, der das barocke Corvey begann und die Abtei nach langem Niedergang wieder zu einer zweiten Blüte führte. Er und seine beiden Nachfolger Christoph von Bellinghausen und Florenz von dem Velde - deren Wappen wir alle in der ehemaligen Klosterkirche finden - schufen eine weitläufige, schloßartige barocke Anlage. Die weitläufigen Abteigebäude stammen von 1699-1721.

Gruß aus Paderborn und Münster: Fürstenberg-Wappen
Im Inneren der Klosterkirche befinden sich Wappen der Paderborner und Münsteraner Fürstbischöfe sowie der Corveyer Fürstäbte. Insgesamt gibt es fünf herausragende Darstellungen von Wappen: Hochaltar, linker Seitenaltar, rechter Seitenaltar, Orgelgehäuse und an der Nordwand. Zwei davon zeigen unterschiedliche Entwicklungsstufen des Wappens von Ferdinand von Fürstenberg:

Hier an einem Seitenaltar finden wir ein Wappen des Fürstbischofs von Paderborn Ferdinand von Fürstenberg, das neben Paderborn auch Pyrmont zeigt. Nach dem Aussterben der Grafen von Gleichen 1631 ist die Grafschaft Pyrmont als Lehen heimgefallen. Sie ging durch einen vorher 1625 geschlossenen Erbvertrag an die Grafen Christian und Wolrad von Waldeck. Dies führte zu einem langanhaltenden Streit mit dem Bistum Paderborn, aber 1668 entschied das Reichskammergericht endgültig zugunsten der Grafen. Ihren Anspruch bekräftigten die Paderborner mit der Aufnahme des Ankerkreuzes in ihr Wappen, denn zuvor hatten sie nur das Paderborner Kreuz geführt. Dabei gibt es neben der bekannten silbern-roten auch eine rot-goldene Variante des Pyrmonter Ankerkreuzes wie hier. Aufbau des Wappens:

Zu diesem Wappen gehören vier Helme:

Hinter dem Schild sind schräggekreuzt Schwert (heraldisch links) und Krummstab (heraldisch rechts) als Zeichen weltlicher und geistlicher Herrschaft.

Hier ein weiteres Wappen des selben Fürstbischofs am anderen Seitenaltar, aber etwas später und mit mehr Feldern. Ferdinand von Fürstenberg war zu dieser Zeit bereits zweimaliger Fürstbischof, von Paderborn (1661-1683) und von Münster (1678-1683). Als solcher führte er sein drittes Amtswappen:

Dabei gehören Borckelo und das Burggrafentum Stromberg zum Fürstbistum Münster, während Pyrmont als Anspruch dem Fürstbistum Paderborn zuzuordnen ist. Auf die Helme mit zugehörigen Helmzierden wird hier verzichtet, stattdessen wird das Wappen von einem Fürstenhut überhöht.

Hinter dem Schild sind schräggekreuzt Schwert (heraldisch links) und Krummstab (heraldisch rechts) als Zeichen weltlicher und geistlicher Herrschaft.

Abb.: Blick in den Innenraum der ehem. Klosterkirche Corvey. Die beschriebenen Wappen befinden sich auf den beiden großen Seitenaltären, jeweils im Gebälk über dem Altarbild.

Ferdinand von Fürstenberg war der Nachfolger von Christoph Bernhard von Galen auf dem Münsteraner Bischofsstuhl. Schon in dessen Amtszeit wurde er dessen Koadjutor, deshalb findet sich auch hier schon sein Wappen ohne den Münsteraner Inhalt. Christoph Bernhard von Galen war selbst noch Administrator von Corvey, aber ab 1678 gab es unter seinem Nachfolger von Fürstenberg erstmals wieder einen eigenen Fürstabt von Corvey, Christoph von Bellinghausen.

Position der Wappen im Grundriß

Lebensdaten des Fürstbischofs Ferdinand von Fürstenberg
geboren am 26.10.1626 auf Schloß Bilstein im Sauerland als Sohn von Friedrich von Fürstenberg, kurkölnischer Landdroste, und Anna Maria von Kerpen
1644-1646 Studien an der Jesuitenhochschule in Paderborn (Philosophie)
ab 1646 Münster
ab 1648 Studien in Köln (Jura)
1649 Domherr in Paderborn
Weitere Kanonikate: Dom zu Münster, das Priorat in Madonna di Campiglio bei Trient, Propstei zum Hl. Kreuz in Hildesheim.
1650 Weihe zum Subdiakon
1652-1661 Aufenthalt in Rom, Ernennung zum Vorsteher der Akademie "Umoristi", Ernennung zu einem Geheimen Kammerherren des Papstes Alexander VII., Provisor der deutschen Nationalkirche St. Maria dell'Anima, Kämmerer der Erzbruderschaft am Campo Santo Teutonico.
1659 Priesterweihe
1660 päpstlicher Legat
20.4.1661 Wahl zum Fürstbischof von Paderborn
19.7.1667 Wahl zum Koadjutor des Münsteraner Bischofs Christoph Bernhard von Galen
1669 Erscheinen seines Werkes Monumenta Paderbornensia
1678 Wahl zum Fürstbischof von Münster
1678 Restitution der im Norden Deutschlands durch Galen besetzten Gebiete und Rückgabe an Schweden, namentlich der Herzogtümer Bremen und Verden
gestorben 26.6.1683 in Paderborn, begraben in der Paderborner Franziskanerkirche
Ferdinand von Fürstenberg gilt als einer der herausragendsten Persönlichkeiten der Paderborner Geschichte, als Bischof, als Reformpolitiker, als Historiker, als Literat und Dichter, und vor allem als Mäzen, der durch seine Aufträge stilbildend wirkte (sog. Fürstenberger Barock). Viele der repräsentativen Gebäude der Stadt tragen sein Wappen. Seine Regierungszeit war eine Zeit des Aufschwungs, der politischen Stabilität und wirtschaftlichen Blüte.

Zur Übersicht: Die Bischöfe und Fürstbischöfe von Paderborn (Ausschnitt)
Wilhelm I. von Berg, Fürstbischof 1400–1414
Dietrich III. von Moers, Fürstbischof 1414–1463
Simon III. zur Lippe, Fürstbischof 1463–1498
Hermann I. von Hessen, Fürstbischof 1498–1508
Erich von Braunschweig-Grubenhagen, Fürstbischof 1508–1532
Hermann II. von Wied, Fürstbischof 1532–1547
Rembert von Kerssenbrock, Fürstbischof 1547–1568
Johann II. von Hoya, Fürstbischof 1568–1574
Salentin von Isenburg, Fürstbischof 1574–1577
Heinrich IV. von Sachsen-Lauenburg, Fürstbischof 1577–1585
Dietrich IV. von Fürstenberg, Fürstbischof 1585–1618
Ferdinand I. von Bayern, Fürstbischof 1618–1650
Dietrich Adolf von der Reck, Fürstbischof 1650–1661
Ferdinand II. von Fürstenberg, Fürstbischof 1661–1683
Hermann Werner von Wolff-Metternich zur Gracht, Fürstbischof 1683–1704
Franz Arnold von Wolff-Metternich zur Gracht, Fürstbischof 1704–1718
Clemens August I. von Bayern, Fürstbischof 1719–1761
Wilhelm Anton von der Asseburg, Fürstbischof 1763–1782
Friedrich Wilhelm von Westphalen, Fürstbischof 1782–1789
Franz Egon von Fürstenberg, Fürstbischof 1789–1802, Bischof 1802-1825
Friedrich Klemens von Ledebur-Wicheln, Bischof 1825–1841
Richard Dammers, Bischof 1841–1844
Franz Drepper, Bischof 1845–1855
Konrad Martin, Bischof 1856–1879, 1875 abgesetzt

Literatur, Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher
Schloß Corvey
http://www.schloss-corvey.de/ - http://www.schloss-corvey.de/frm_index.php
Die Wappen der Hochstifte, Bistümer und Diözesanbischöfe im Heiligen Römischen Reich 1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, erstellt von Clemens Brodkorb, Reinhard Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell & Steiner Verlag 2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Günter Tiggesbäumker, Das Herzogliche Haus Ratibor und Corvey, Börde-Verlag Werl 2004, Deutsche Fürstenhäuser Heft 5, 3. Auflage, ISBN 3-9807740-0-7
http://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal/Internet/input_felder/seite1_westf_bild.php?urlID=321
http://www.eab-paderborn.de/aus_ferdi.htm
http://www.bautz.de/bbkl/f/fuerstenberg_f1.shtml
weitere Literatur unter
http://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal/Internet/input_felder/seite2_westf_bild.php?urlID2=125

Corvey (Westfalen): Klosterkirche (1) - Klosterkirche (2) - Wirtschaftsgebäude - Schloß - Ostportal - Toreinfahrt - Kirchvorplatz

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Veröffentlichung der Photos aus dem Innenraum der Kirche mit freundlicher Genehmigung vom 19.12.2007 von Pfarrdechant Andreas Kurte, katholisches Pfarramt St. Stephanus und Vitus Corvey, Marktstraße 21, 37671 Höxter. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön!

© Copyright Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2008
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