Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 633
Wappen der
Weser-Renaissance-Schlösser
Das Schloß zu Detmold
Baubeschreibung
und Baugeschichte des Schlosses Detmold
Schloß Detmold ist eine auf
einer weitläufigen, auf drei Seiten von Wassergräben umgebenen
und an den Ecken von Rondellen befestigten Halbinsel gelegene
rechteckige Vierflügelanlage. In der Südostecke ist ein
markanter Turm integriert. In den vier Ecken des rechteckigen
Hofes befindet sich jeweils ein Wendeltreppenturm. Die Anlage ist
hauptsächlich (Nord-, Süd- und Ostflügel) in den Jahren
1550-1557 entstanden, die Planung und Ausführung oblag erst dem
aus Schwaben stammenden Baumeister Jörg Unkair, nach dessen Tod
1553 Cord Tönnis. Der Westflügel wurde später im 17. Jh.
hinzugefügt (1672-73 AD), wodurch die Vierflügelanlage erst
geschlossen wurde; der Baumeister dieser letzten Phase ist Peter
Schmidt aus Horn. Der markante Rundturm ist der aus dem 13. Jh.
stammende und entsprechend umgebaute alte Bergfried der
Vorläuferburg, von dem die beiden oberen der insgesamt sechs
Geschosse aber erst im späten 15. Jh. aufgesetzt worden sind;
von der älteren Anlage wurden auch noch weitere Gebäude-Teile
in der Südost- und Nordwestecke (Teile aus dem 15. Jh.) verbaut,
wie die an diesen Stellen unregelmäßige Grundrißstruktur und
der entsprechende Fassadenverlauf erkennen lassen. Die
unterschiedliche Handschrift und Formensprache beider Architekten
können anhand der Giebel erkannt werden: Die älteren Teile von
Jörg Unkair haben Risalitgiebel mit abgeschrägtem unteren
Giebelgeschoß und einen Halbkreisaufsatz, die nur wenige Jahre
jüngeren von Cord Tönnis haben Zwerchgiebel in Quadertechnik;
die Halbkreisabschlüsse werden durch breite Rahmungen betont.
Figurenkonsolen sind an besonders markanten Stellen zu finden.
Auch die Portale beider Baumeister sind unterschiedlich: Jörg
Unkair verwendet tiefe Profilierungen und Stabwerk, Cord Tönnis
verwendet als hauptsächliches Gestaltungselement bei seinen
Portalen aufgelegte Stäbe, nicht die Unkairschen
Vertiefungen. Von den vier Treppentürmen im Hof sind die
ältesten die beiden östlichen (1550 und 1551 datiert), gefolgt
vom nordwestlichen (ca. 1620-1621, Baumeister Hans Avenhaus),
ganz zum Schluß kam der südwestliche Treppenturm (um 1673).
Bauherr der Umwandlung der mittelalterlichen Burg in ein
repräsentatives Renaissance-Schloß ist Graf Bernhard VIII,
seine Gemahlin ist Katharina von Waldeck.
Ostfassade: Man beachte die reiche Gliederung der Fläche mit vielen Gesimsen, mit Vor- und Rücksprüngen, mit zwei Ausluchten (Auslucht = Standerker, Erker, der bis zum Bodenniveau heruntergeht), links mit 4, rechts mit 3 Geschossen, mit geschweiften Giebeln - vor der Fülle an Gliederung wirkt das rundbogige Hauptportal fast ein wenig nebensächlich und unauffällig. Typisch für Gestaltungen die Verwendung vielfacher Zwerchgiebel (der Name Zwerch soll ursprünglich ausdrücken, daß sie quer zum Verlauf des Daches stehen, im Gegensatz zu den echten Giebeln an den Schmalseiten eines mit Satteldach gedeckten Baus).
Wappendarstellungen
am Schloß Detmold
Ein Teil des Schlosses ist
anläßlich einer Führung für das Publikum zugänglich, der
ganze Südflügel jedoch ist privat. Das Schloß wird auch heute
noch von der Familie der Fürsten zur Lippe bewohnt. Daher ist
leider auch der Schloßhof Privatbereich und kann nicht
besichtigt werden, so schade es um die vielen heraldischen
Darstellungen an Treppenturmportalen, Wänden und Brüstungen
dort ist:
Wappen an der Ostfassade, Schloß Detmold
Das
Wappen an der Ostfassade
Das einzige gut zugängliche
Wappen befindet sich an der Außenfassade rechts vom
Haupteingang, Morgenlicht ist zum Photographieren am besten. Nur
diese Ostfassade ist frei einsehbar, alle anderen Seiten des
Detmolder Schlosses verschwinden hinter der Wallanlage und dem
dichten Baumbestand.
Heraldisch rechts ist das Wappen der Grafen zur Lippe, wie es ab 1528 geführt wurde und bis 1687 beibehalten wurde. Ab 1528 nannten sich die Herren zur Lippe "Grafen zur Lippe". Der Anspruch gründet sich auf den 1323 stattgefundenen Erwerb von Teilen der Grafschaft Swalenberg (Schwalenberg) sowie die im Jahre 1405 erhaltene Grafschaft Sternberg (die Linie der Grafen von Sternberg erlosch 1418, die Besitztümer fielen an Lippe), die Swalenberger Besitztümer wurden 1356 komplettiert, bis auf ein Viertel des Besitzes, das an Paderborn kam. Die Linie Neu-Schwalenberg ist 1362 erloschen. Im gräflichen Wappen erscheint das Schildbild von Swalenberg, nicht aber das von Sternberg, und Swalenberg auch vorerst nicht als Helmzier, das kam erst später gleichzeitig mit der Sternberger Helmzier. Das gräfliche Wappen ist also geviert:
Dazu wird nur der Lippe'sche Helm geführt: Zwischen einem offenen, silbernen oder später auch roten oder rechts silbernen und links roten Flug eine rote Rose mit goldenem Samen und Kelchblättern (Stammkleinod zur Lippe), Helmdecken rot-silbern. Hinsichtlich der Tingierung des Fluges und der Verteilung von Rot und Silber sind mehrere Varianten möglich.
Heraldisch links ist das Wappen der Ehefrau aus dem Hause Waldeck, einem alten Grafengeschlecht, das seit 1712 reichsfürstlich wurde und 1806 sogar souverän. Das gräfliche Stammwappen zeigt in Gold einen achtstrahligen schwarzen Stern. Helmzier ein goldener Flug, beiderseits belegt mit einem achtstrahligen schwarzen Stern. Helmdecken schwarz-golden.
Blick auf die Ostfassade des Detmolder Schlosses: Charakteristisch ist der hohe, im Kern mittelalterliche Bergfried mit seinen 6 Geschossen (davon die beiden oberen jünger als die vier unteren aus dem 13. Jh.) und dem hohen Helm. Von den beiden Helmgeschossen trägt das untere kleine Giebel im Stile der Renaissance mit reichem Beschlagwerk. Die Fenster der unteren vier Etagen wurden natürlich erst im Zuge des Ausbaus während der Renaissance gebrochen.
Rose
und Stern
Rose und Stern sind ubiquitär
im Schloß zu finden. Die Rose ist eindeutig Lippe zuzuordnen,
doch der Stern ist ohne Farbgebung mehrdeutig: Zum einen kann er
ebenfalls für Lippe stehen, dabei aber für die Herrschaft
Sternberg, zum andern kann er für Waldeck und damit für die
Frau des Bauherrn stehen. Sternberg, Waldeck und Swalenberg sind
übrigens eng miteinander verwandt (siehe dazu: Monographien, die
Entwicklung des Wappens zur Lippe). Die Farben sind freilich
jeweils anders. Hier zwei Beispiele von flächigen
Gestaltungselementen der Ostseite, rechts von der linken Auslucht
angebracht.
Herren,
Grafen und Fürsten zur Lippe
Edelherr Bernhard II, reg. ca.
1167-1196, vermählt mit Heilwig von Are. Bernhard war ein
Gefolgsmann von Heinrich dem Löwen. Begründer des
Lippeschen Besitzes. Städtegründungen: Lippstatt, Lemgo.
Überließ 1196 seinem ältesten Sohn die Herrschaft und wurde
Mönch, Teilnahme am Kreuzzug, Abt von Dünamünde, Bischof von
Selonien (Selburg).
Edelherr Hermann II, reg. ca. 1196-1229, vermählt mit Oda von Tecklenburg
Edelherr Bernhard III, reg. 1229-1265, vermählt mit Sophie von Arnsberg. Städtegründungen: Horn, Blomberg, Detmold.
Edelherr Bernhard IV, reg. 1265-1275, vermählt mit Agnes von Kleve
Edelherr Simon I, reg. 1275-1344, vermählt mit Adelheid von Waldeck. Zu dieser Zeit größte territoriale Ausdehnung des Besitzes, Erwerb von Holzminden 1288 und Varenholz 1323. 1323 Erwerb von Teilen der Grafschaft Schwalenberg.
Edelherr Otto, reg. 1344-1360, und Bernhard V, reg. 1344-1365 (temporäre Teilung unter den Brüdern, Bernhard stirbt ohne Erben.)
Edelherr Simon III, reg. 1360-1410, vermählt mit Ermgard von Hoya. 1405 fällt die Grafschaft Sternberg an das Haus Lippe. Der Rest der Grafschaft Schwalenberg kommt an das Haus Lippe.
Edelherr Bernhard VI, reg. 1410-1415, vermählt mit 1.) Margarete von Waldeck und 2.) Elisabeth von Moers
Edelherr Simon IV, reg. 1415-1429, vermählt mit Margarete von Braunschweig-Grubenhagen
Edelherr Bernhard VII, reg. 1429-1511, vermählt mit Anna von Holstein-Schaumburg. Zahlreiche Fehden unter seiner Herrschaft, insbesondere die sog. Soester Fehde, ein Streit zwischen der Stadt Soest und dem Erzbistum Köln, wo Bernhard auf Soester Seite teilnahm. Die Lippeschen Länder wurden von Söldnern des Erzbischofs verwüstet.
Graf Simon V, reg. 1511-1536, vermählt mit 1.) Walburga von Bronkhorst und 2.) Magdalena von Mansfeld. Ab 1528 nannten sich die Herren zur Lippe Grafen zur Lippe. Der Anspruch gründet sich auf den 1323 getätigten Erwerb von Teilen der Grafschaft Schwalenberg sowie die im Jahre 1405 erhaltene Grafschaft Sternberg. 1538 wird in Lippe die Lehre Luthers eingeführt.
Graf Bernhard VIII, reg. 1536-1563, vermählt mit Katharina von Waldeck. Das sind die Erbauer des Renaissance-Schlosses Detmold.
Graf Simon VI, geb. 1554, reg. 1563-1613, vermählt mit 1.) Ermgard von Rietberg und 2.) Elisabeth von Holstein-Schaumburg. Graf Simon war eine bedeutende Herrscherpersönlichkeit der Renaissance. Er residierte auf Schloß Brake. Unter seiner Herrschaft erlebte Lippe eine Blüte, wirtschaftlich und kulturell.
Graf Simon VII, reg. 1613-1627, vermählt mit 1.) Anna Katharina von Nassau-Wiesbaden und 2.) Maria Magdalena von Waldeck. Simon verlegte den Regierungssitz wieder von Brake nach Detmold zurück. Seitdem blieb Detmold Residenz. Sein jüngster Bruder gründete die Seitenlinie Lippe-Alverdissen, die später zu Schaumburg-Lippe wurde und in Bückeburg selbständig regierte. Jobst Hermann, ein weiterer Sohn von Simon VI, gründet die Linie der Grafen zur Lippe-Biesterfeld, die 1905 Fürsten zur Lippe werden.
Graf Simon Ludwig, reg. 1627-1636, vermählt mit Elisabeth von Waldeck
Graf Simon Philipp, reg. 1636-1650
Graf Johann Bernhard, reg. 1650-1652
Graf Hermann Adolf, reg. 1652-1666, vermählt mit 1.) Ernestine von Isenburg-Birstein und 2.) Amalie zur Lippe-Brake
Graf Simon Heinrich, reg. 1666-1697, vermählt mit Amalie zu Dohna
Graf Friedrich Adolf, geb. 1667, reg. 1697-1718, vermählt mit 1.) Johanna Elisabeth von Nassau und 2.) Amalie von Solms. Absolutistischer Herrscher.
Graf Simon Adolf, reg. 1718-1734, vermählt mit Johannette Wilhelmine von Nassau-Idstein
Graf Simon August, reg. 1734-1782, vermählt mit 1.) Polyxena Luise von Nassau-Weilburg und 2.) Marie Leopoldine von Anhalt-Dessau, sowie 3.) Kasimire von Anhalt-Dessau und schließlich 4. (!!!) Christine von Solms-Braunfels (deren Wappen ist ubiquitär im Innern des Schlosses)
Fürst Leopold I, geb. 1767, reg. 1782-1802, vermählt mit Pauline von Anhalt-Bernburg. Ab 1789 waren die Grafen zur Lippe Fürsten. Fürstin Pauline ist es zu verdanken, daß Lippe seine Selbständigkeit in napoleonischer Zeit beibehalten konnte. Dazu trat sie dem Rheinbund bei und schloß Bündnisverträge mit Preußen, Österreich und Rußland. Sie ist eine der bedeutendsten Figuren der Familie, nicht nur durch ihre kluge und erfolgreiche Politik, sondern auch durch ihr soziales Engagement und ihre Fortschrittlichkeit.
Fürst Leopold II, geb. 1796, 1802-1820 Regentschaft seiner Mutter, reg. 1820-1851, vermählt mit Emilie von Schwarzburg-Sondershausen (deren Ehewappen findet sich in farblich gefaßtem Metall an der Balkongeländerbrüstung). Erbauer des ersten Hoftheaters 1825. Verfassung 1836.
Fürst Leopold III, geb. 1821, reg. 1851-1875, vermählt mit Elisabeth von Schwarzburg-Rudolstadt, ohne Nachkommen
Fürst Woldemar, reg. 1875-1895, vermählt mit Sophie von Baden, ohne Nachkommen
Fürst Alexander, ohne Nachkommen, wegen Krankheit nicht regierungsfähig, Lippischer Thronfolgestreit 1895, Regentschaft 1895-1897 durch Adolf von Schaumburg-Lippe und 1897-1904 durch Ernst zur Lippe-Biesterfeld, vermählt mit Karoline von Wartensleben, hier fand ein Wechsel der Linie statt, letztgenanntes Ehepaar ist Begründer des heutigen Hauses Lippe.
Fürst Leopold IV, geb. 1871, reg. 1905-1918, vermählt mit 1.) Bertha von Hessen-Philippsthal-Barchfeld und 2.) Anna von Ysenburg-Büdingen, dankte 1918 ab. Lippe wird erst Freistaat und verlor erst 1933 die staatliche Selbständigkeit. Gründer der Fürst-Leopold-Akademie 1916. Der Fürstentitel geht verloren - 1950 schreibt ein Namensfeststellungsbeschluß des NRW-Innenministeriums die Namensform Prinz zur Lippe vor.
Dr. Armin Prinz zur Lippe, geb. 1924 (Sohn von Anna von Ysenburg-Büdingen), vermählt mit Dr. Marie Elisabeth Traute Becker, heutiger Chef des Hauses zur Lippe
Stephan Leopold Prinz zur Lippe, geb. 1959, vermählt mit Maria Gräfin zu Solms-Laubach
Bernhard Leopold Prinz zur Lippe, geb. 1995
Literatur
und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher (im
Band Fürsten sind sehr viele Ungereimtheiten)
G. Ulrich Großmann, Renaissance entlang der Weser, Du Mont
Buchverlag Köln, 1989, ISBN 3-7701-2226-7
G. Ulrich Großmann, Schloß Detmold, Reihe: Burgen, Schlösser
und Wehrbauten in Mitteleuropa, hrsg. von der
Wartburg-Gesellschaft, Band 13, Schnell & Steiner Verlag
Regensburg 2002, ISBN 3-7954-1481-4
Hartmut Platte: Das Haus Lippe in Vergangenheit und Gegenwart,
Börde-Verlag Werl 2006, ISBN 3-980-6221-4-2
Hugo Gerard Ströhl, Deutsche Wappenrolle, Reprint von 1897,
Komet Verlag Köln, ISBN 3-89836-545-X
Meiner Mutter Ursula Peter große Anerkennung exquisiter
Vorarbeit
Schloß - Schmerimenhaus - Schloßtor zur Langen Straße und Marstall
Die Entwicklung des Wappens der
Herren, Grafen und Fürsten zur Lippe
Die Wappen der Grafen und Fürsten
von Waldeck-Pyrmont
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