Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 496
Schloß
Thurnau in Thurnau (Oberfranken)
Schloß Thurnau - Teil (2): Wappen am äußeren Schneckenturm der Kemenate:
Gegen Ende des 16. Jh. baut Hans Georg von Giech die alten Kemenate um. Er stockt sie um 3 Stockwerke auf insgesamt 33 m Höhe auf, er baut ihnen einen neuen Südgiebel im Stile der Renaissance vor und er läßt den Gebetserker erbauen. In den Jahren 1583 (innen, hohe Schnecke, hintere Schnecke) und 1591 (außen, vordere Schnecke) werden den Kemenaten neue Treppenhäuser verpaßt, zu unbequem sind die alten Treppen im Innern geworden, die beiden Schneckentürme entstehen.
Abb.: Blick auf den Schneckenturm, der außen an das Kemenatengebäude angebaut ist, links im Kontext der linke von den beiden Türmen, rechts mit Blick auf das Portal. Zwischen erstem und zweitem Fenster geht der gedeckte hölzerne Gang ab, der hinter dem Torhaus entlangführt und es den Bewohnern gestattete, ungesehen und unbeeinträchtigt von Wind und Wetter in die Wohngebäude des oberen Schloßhofes (Hans-Georgen-Bau) zu gelangen.
Die Inschrift unter dem Wappen lautet: "DER EDLE VND ERNVEST HANS GEORG VON GIECH / BLANDINA SEIN EHEFRAW TVGENTLICH / LIESEN ERBAWEN DIESEN SCHNECKEN GAHR / O HERR IREN EIN VND AVS GANG BEWAHR / ANNO 1591" signiert mit IE rechts und Steinmetzzeichen links von der rechteckigen Schriftkartusche, unten ein Kopf, rechts und links ein Löwenkopf mit Ring im Maul, darüber die das Gebälk tragenden Vorlagen, oben als menschliche Figuren geformt, unten jeweils zwei Wappenschilde zeigend. Über dem abschließenden Balkensins tummeln sich zwei Tritonen.
Eine Merkwürdigkeit: Das optisch linke Wappen ist mit bei den Giech üblicher und korrekter Felderverteilung wiedergegeben, obwohl es gewendet werden könnte, das optisch rechte Wappen ist dagegen komplett gewendet, nicht nur die Felder sind ausgetauscht, sondern auch die Helmzieren wechseln ihren Platz, obwohl es bei dieser Position keinen offensichtlichen Grund gibt - noch ein ungelöstes Rätsel. Wollte der Künstler das optisch links Wappen wenden, das optisch rechte nicht, und ist mit so viel Scheren und Schwänen durcheinandergekommen?
Wappen der Herren von Giech in Form des vermehrten Wappens von 1482. Das Wappen ist geviert:
Dazu zwei Helmzieren:
Das heraldisch rechte, optisch linke Wappen Giech zeigt unter der den Abschlußbalken mit dem Kopf stützenden und mit verschränkten Armen dargestellten bärtigen Hermenfigur die Ahnenwappen Giech (siehe oben) und Künsberg (in Blau eine silberne eingebogene Spitze). Die drei Familien waren offensichtlich sehr eng miteinander verwandt.
Das heraldisch linke, optisch rechte Wappen Giech zeigt unter der den Abschlußbalken mit dem Kopf stützenden und mit verschränkten Armen dargestellten bärtigen Hermenfigur die Ahnenwappen Giech (Blasonierung siehe oben, aber Plätze vertauscht) und Schaumberg (geviert, Feld 1 und 4: vermehrtes Wappen von Sonneberg, rechts: In Rot ein silberner Sparren, links: In Gold eine schwarze Schafschere, Feld 2 und 3: Von Silber, Rot und Blau halbgespalten und geteilt, Stammwappen von Schaumberg).
Die Herren, Reichsfreiherren und
Reichsgrafen von Giech
Die ursprüngliche
Herkunft der Giech liegt im Ungewissen. Sie gehören zum
"turniergenossenen", also turnierfähigen Uradel
Frankens und sind Ministerialen des Hochstifts Bamberg und /oder
der Andechs-Meranier. Ihre ersten urkundlichen Nennungen liegen
in der ersten Hälfte des 12. Jh. Zu ihrem Besitz gehörte die an
anderer Stelle beschriebene Giechburg, zwar namengebend, doch
nicht ihre Stammburg. Der allererste Giech hieß Eberhard, wird
nur mit seinem Vornamen 1137 erwähnt und 1147 als de Giecheburg
bezeichnet, er stammt wohl von Schönbrunn (de Sonnenbrunn).
1149 ist er Ministeriale der Andechs-Meranier. Generell ist
umstritten, ob die Giech edelfreier Herkunft waren. Schon 1142
wurde die strategisch wichtige Bergfestung Giechburg an die
Bischöfe von Bamberg vermacht, tatsächlich aber kam sie erst
1260 zuerst in die Hände der Truhendinger, 1390 schließlich
auch de facto an das Hochstift. Die Herren von Giech behielten
aber andere Güter in der Umgebung und spielten eine Rolle in der
fränkischen Reichsritterschaft, Ritterkanton Gebürg. Die große
Wende in der Familiengeschichte war die Heirat von Hans Georg von
Giech mit Barbara von Förtsch. Diese Dame brachte als Erbtochter
nicht nur Thurnau, sondern auch ausgedehnten weiteren Landbesitz
in die Ehe. Selbst wenn mit den Künsberg geteilt wurde, war der
Zuwachs an Wirtschaftskraft und Herrschaft beträchtlich.
Wichtige Besitzungen außer Thurnau lagen im Bereich Scheßlitz,
Oberbrunn, Wiesentfels, Bamberg, Lichtenfels und Staffelstein.
1680 wurden die von Giech in den Reichsfreiherrenstand erhoben,
1695 in den Reichsgrafenstand. Sie fanden 1726 Aufnahme in das
fränkische Reichsgrafenkollegium. Nach der Erbschaft der Grafen
von Wolfstein (1740, Heirat von Karl Maximilian von Giech
(17.9.1695-11.2.1747 oder 1748) mit Henrietta Gräfin von
Wolfstein (3.11.1707-30.7.1749)) und dem käuflichen Erwerb des
künsbergschen Anteils an Thurnau (1731) waren die Giechs auf dem
Höhepunkt ihrer Bedeutung, ihrer Macht, ihres Besitzes und ihres
Ansehens. Steil abwärts ging es 1796 durch die gewaltsame
Mediatisierung (unten mehr). Da waren der Verbleib im
Reichsgrafenkollegium und die Anerkennung als herrschaftliches
Haus im Jahre 1861 ein geringer Trost. Im Jahre 1938 erlosch das
Geschlecht im Mannesstamm, der letzte seines Stammes war Franz
Friedrich Karl Lothar Reichsgraf von Giech (12.11.1883-19.5.1938,
vermählt 1924 mit Mathilde Elisabeth Dorothea Siebentritt
(8.12.1886-10.10.1956). Seine Schwester, Gräfin Karoline von Giech (19.1.1881-2.2.1968)
heiratete1905 Freiherr Wilhelm Hiller von Gaertringen
(23.2.1866-30.10.1933), und an diese ging das Schloß Thurnau
nach dem Tod des letzten Giech, bevor es an die Stiftung kam.
Die Entwicklung des Wappens der Giech
Einfach ist es nicht, ein
Wappen systematisch zu beschreiben, das in sehr vielen
Variationen und Kombinationen vorkommt. Das Stammwappen ist
jedenfalls:
in Silber zwei aufrecht gestellte rote Schafscheren nebeneinander.
Und schon bei der Helmzier geht es los: Wir finden nacheinander:
Das vermehrte Wappen von 1482 (Veit von Giech hatte diese Wappenvermehrung bei Friedrich III erlangt) vereinigt die beiden letztgenannten Helmzieren und nimmt den Schwan in das nun gevierte Wappen auf, den ein Teil der Giech vorher als Kleinod hatte. In der Form ist es eines der am häufigsten anzutreffenden Giech-Wappen.
Dazu zwei Helme:
Das Wappen von 1690 nach der Erhebung der Giechs in den Reichsfreiherrenstand ist geviert mit Herzschild:
Das reichsfreiherrliche Wappen hat jetzt drei Helme:
Die nächste Änderung kommt bei der Erhebung in den Reichsgrafenstand 1695: Der Schild ist einmal geteilt und dreimal gespalten mit geviertem Herzschild, der für sich dem ersten vermehrten Wappen entspricht:
Zu diesem reichsgräflichen Wappen gehören nun vier Helme, Helmdecken rechts blau-golden, links rot-silbern.
Daneben finden sich aber auch noch andere Anordnungen der zur Verfügung stehenden Einzelelemente nach Belieben der verwendenden Familienmitglieder. Beispiel: Schild zweimal geteilt und zweimal gespalten, kein Herzschild:
Dazu die oben erwähnten vier Helme:
Literatur
und Quellen:
Schloßgeschichte: http://www.landschaftsmuseum.de/Seiten/Heimatpf/Schloss-Geschichte.htm
Thurnau: http://www.thurnau.de/
Thurnau: http://de.wikipedia.org/wiki/Thurnau
Schloß Thurnau: http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Thurnau
Lebschée: http://www.landschaftsmuseum.de/Seiten/Heimatpf/Thurnau-Lebschee.htm
FIMT: http://www.fimt.uni-bayreuth.de/de/about_us/schloss_thurnau/index.html
Giech: http://de.wikipedia.org/wiki/Giech_(Adelsgeschlecht)
Uta von Pezold, Die Herrschaft Thurnau im 18. Jahrhundert;
Plassenburg, Band 27, Kulmbach 1968
Thurnau 1239-1989, Festschrift, herausgegeben 1989 anläßlich
der 850-Jahrfeier des Marktes Thurnau
Uta von Pezold, Thurnau, ein kleiner Führer durch seine
Geschichte, Thurnau 1987
Siebmachers Wappenbücher
Genealogien: http://worldroots.com
Eugen Schöler, Historische
Familienwappen in Franken, Verlag Degener 3. Aufl. 1999
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und
Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag -
Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher
Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4
Ein herzliches Dankeschön an
Frau Uta von Pezold für wertvolle Hinweise
Thurnau (Oberfranken): Schloß, Teil (1a): Bauzustand und Wappenübersicht - Schloß, Teil (1b): Torhaus - Schloß, Teil (2): Vordere Schnecke - Schloß, Teil (3): Hohe Schnecke - Schloß, Teil (4): Außenmauer - Schloß, Teil (5): Gebetserker - Schloß, Teil (6a): Lapidarium - Schloß, Teil (6b): Lapidarium - Schloß, Teil (7): Zwingermauer - Museum - St. Laurentius, Teil (1): Chorbogen - St. Laurentius, Teil (2): Herrschaftsstand Giech - St. Laurentius, Teil (3): Herrschaftsstand Künsberg - St. Laurentius, Teil (4): Epitaph Giech/Förtsch
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