Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1082
Wächtersbach (Main-Kinzig-Kreis, Hessen)

Wächtersbach - Teil (1): Schloß

Geschichte und Baugeschichte
Schloß Wächtersbach liegt am Rande der historischen Altstadt des gleichnamigen Ortes. Das Bild ist widersprüchlich: Einerseits ist der große dreigeschossige Vierflügelbau mit seiner von Efeu überwucherten Fassade einfach romantisch und idyllisch inmitten des weitläufigen Schloßparks. Andererseits ist das Schloß, einst Sitz einer eigenen Linie der Grafen von Isenburg, die 1865 Fürsten zu Ysenburg und Büdingen wurden, seit über 30 Jahren unbewohnt, und so sieht es auch bei näherem Hinsehen aus: Geborstene Fensterscheiben, mit Folie verspannte Fensteröffnungen, häßliche Graffiti, Vernachlässigung. Das Efeu sprengt die Ritzen der verputzen Bruchsteinmauern, bereitet der Feuchtigkeit den Weg und verdeckt die baugeschichtlich interessanten Details, auch das Allianzwappen an der Frontseite ist durch das wuchernde Efeu erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Ein Jammer ist der heutige Zustand, denn das Anwesen ist von historischer Bedeutung, seine Anfänge hatte das Schloß als Jagdsitz und Sicherungsburg in der Stauferzeit, um den Büdinger Reichsforst für den Kaiser zu sichern.

Burg und Siedlung werden erstmals 1236 erwähnt. Wie die Burg Büdingen war auch Wächtersbach ein Reichslehen. Es gelangte 1458 in den Besitz der Grafen von Isenburg. Als 1529 die Isenburger Lande zwischen Ronneburger und Birsteiner Linie geteilt wurden, wurde Wächtersbach der Ronneburger Linie zugeschlagen (Graf Anton) und anschließend als Renaissance-Residenz ausgebaut, mit großen Ähnlichkeiten der Details zu den Ausbauten in Büdingen und auf der Ronneburg.

Von der ehemaligen mittelalterlichen Burg ist nicht mehr viel zu erkennen. Die einstige Wasserburg wurde im 2. Viertel des 16. Jh. und dann noch einmal im 17. Jh. umgebaut. Der aus dem Mittelalter stammende Bergfried wurde erst bei einem größeren Umbau 1816 abgerissen, ebenfalls zu Beginn des 19. Jh. wurden auch die bislang bestehenden Wassergräben eingeebnet, so daß das ehemalige Wasserschloß übergangslos in den neu angelegten Park eingebettet wurde. Durch den erwähnten Umbau entstand die geschlossene Vierflügelanlage, wie wir sie heute sehen, mit zwei runden Türmen mit welschen Hauben an der südwestlichen und der südöstlichen Ecke, einem turmartig vorspringenden überkuppelten Eingangs-Vorbau auf der Westseite und einem polygonalen Treppenturm von 1875 im Innenhof. Alle Türme sind gleichhoch wie das dreistöckige Mauerwerk, so daß die Dachkante geschlossen umläuft. Die Fenster unterschiedlicher Größe, wie sie sich uns heute zeigen, wurden zumeist im 18. und 19. Jh. gebrochen. 1939 wurde das Schloß nach einem Brand der Dächer in den zerstörten Bereichen wiederhergestellt. Auch heute noch ist das Schloß, obgleich unbewohnt und vernachlässigt, Eigentum der Fürsten zu Ysenburg-Büdingen.

Eingangsturm und Wappen
Im Norden hat das Schloß einen mittig vorspringenden Erker mit Blendmaßwerk aus dem 16. Jh. Markant springt im Westen der runde Turm in der Mitte der Fassade hervor, atypisch für ein Renaissance-Schloß, und in der Tat ist der Turm ein Mischmasch aus verschiedenen Epochen. Das Allianzwappen über dem Schloßeingang von 1939 datiert aus dem 16. Jh. Ursprünglich war hier wohl ein Renaissance-Erker, dessen Allianzwappen hier für eine neu geschaffene Balkonbrüstung beim Umbau des Eingangs im frühen 20. Jh. wiederverwendet wurde.

An der Balkonbrüstung, einer ehemaligen Erkerbrüstung, befindet sich ein von Efeu überwuchertes und nur teilweise zu sehendes Allianzwappen Isenburg / Wied. Es ist das gleiche Bauherrenpaar, das uns an der Ronneburg und am Schloß Büdingen begegnet. Zur Linken befindet sich der Wappenschild des Anton Graf v. Isenburg-Kelsterbach (2.8.1501 - 25.10.1560), in Silber zwei schwarze Balken. Die hier verdeckte Helmzier zeigt einen mit goldenen gestürzten Lindenblättern (Herzchen) bestreuten schwarzen Flug. Die Helmdecken wären schwarz-silbern tingiert.

Zur Rechten der Wappenschild der Elisabeth v. Wied-Runkel (nach 1505 - 24.7.1542), in mehrfach gold-rot schräg geteiltem Feld ein natürlicher Pfau (der Pfau und die Teilungen waren früher wie hier rechtsgerichtet und wurden später gewendet). Die hier vom Efeu verdeckte Helmzier ist ein natürlicher Pfau; die Helmdecken wären rot-golden tingiert.

Genealogie
Beginnen wir die Genealogie mit Graf Ludwig II: Er hatte drei Söhne, Philipp, der Erstgeborene, Diether und Johann. In seinem Testament sprach Ludwig II die Grafschaft Isenburg seinem Ältesten zu, mit der Auflage der standesgemäßen Versorgung seiner beiden jüngeren Brüder. Natürlich ergab sich darüber ein Streit, der erst 1517, 6 Jahre nach dem Tod des Vaters, durch Aufteilung in einem Erbbrüdervertrag beigelegt wurde. Diether, der Zweitgeborene, wohnte und starb in Wächtersbach, er starb kinderlos und begründete keine eigene Linie. Johann, der jüngste Sohn, begründete die Linie zu Birstein, von der auch die Linie zu Offenbach abstammt. Philipp aber, der Älteste, begründete die Linie zu Ronneburg alias Kelsterbach, die 1517-1601 währen sollte.

Rentkammer
Westlich des Schlosses steht die ehemalige gräflich- bzw. fürstlich-isenburgische Rentkammer von 1735-1736. Es ist ein langgestrecktes Gebäude, dessen Mitte und Eingang mit einem zierlichen Uhrtürmchen betont wird, im Gegensatz zum Schloß sehr gepflegt. Das Mansarddach mit vielen Dachgauben ist etwas eigentümlich mit einer Ziegelbedeckung im oberen Teil und einer Schieferverkleidung im steileren unteren Teil.

Genealogie der Linie Isenburg-Wächtersbach (1)
Die Wasserburg, erst der Ronneburger Linie zugehörig, dann im Erbgang an die Hauptlinie zurückgefallen, wurde 1685 bei einer Erbteilung Sitz einer eigenständigen Linie. Abstammung des Ehemannes auf dem Allianzwappen an der Rentkammer:

Abstammung der Ehefrau auf dem Allianzwappen an der Rentkammer:

Am 16.3.1725 kam es zu einer Gebietsvergrößerung durch Ererbung von Gebieten der erloschenen Marienborner Linie.

Das Allianzwappen an der Rentkammer
Über dem Hauptportal der Rentkammer befindet sich ein Allianzwappen, zwei einander leicht zugeneigte Ovalschilde mit reichlich Rocaille-Ornamenten außen herum ohne Oberwappen unter einer Krone.

Wappen über dem Portal der Rentkammer. Die Inschrift unter dem Wappen besagt: "FERDINANDUS MAXIMILIANUS PRO TEMPORE COMES REGENS HOC AEDIFICIUM FUNDAMENTO IN ANNIS 1735 ET 1736 EREXIT". Der heraldisch rechte Wappenschild des Ehemannes Ferdinand Maximilian II. Graf zu Ysenburg-Büdingen in Wächtersbach (12.1.1692 - 21.4.1755) zeigt in Silber zwei schwarze Balken. Der Wappenschild der Ehefrau Ernestina Wilhelmina zu Stolberg-Gedern (29.1.1695 - 7.5.1759) wird weiter unten im Detail besprochen.

Genealogie der Linie Isenburg-Wächtersbach (2)
Die Nachkommen des Paares an der Rentkammer:

Der Graf Adolf II. erlebte am 12.7.1806 die Mediatisierung und wurde dabei seinem Verwandten, dem Fürsten Carl zu Ysenburg-Birstein, standesrechtlich untergeordnet. Die Linie Wächtersbach erlangte am 17.8.1865 den kurhessischen Fürstenstand und besteht noch heute, vertreten durch Casimir-Alexander Lucian Friedrich Peter Franz Ferdinand Benedikt Wittekind Prinz zu Ysenburg u. Büdingen in Wächtersbach (geb. 30.12.1967), Sohn von Wolfgang Ernst Ferdinand Heinrich Franz Karl Georg Wilhelm 4. Fürst zu Ysenburg u. Büdingen in Wächtersbach (geb. 20.6.1936) und Leonille Elisabeth Valerie Viktoria Barbara Margarete zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg (geb. 6.7.1941).

Das Wappen der Linie Stolberg-Gedern
Der vorliegende Wappenschild ist viermal gespalten zu fünf Pfählen:

Warum das so ist und warum das eigentlich heraldisch nicht korrekt ist, wird im folgenden erläutert.

Die Entwicklung des Stolberger Wappens
Die Grafen von Stolberg sind ein uraltes gräfliches Geschlecht aus dem Harz, welches in einer Linie 1742 den Reichsfürstenrang erreichte, welche aber wieder erloschen ist. In anderen Linien hingegen blüht die Familie fort. 1548 teilte sich das Haus Stolberg auf in eine rheinische Linie und eine Harzer Linie. Die rheinische Linie erlosch 1631. Die Harzer Linie teilte sich 1645 in die beiden Hauptlinien zu Wernigerode und zu Stolberg, von denen weitere Linien abzweigten: Es gab die Linien Stolberg-Gedern (nach Gedern bei Büdingen, ab 1677 zu Gedern, 1742 Reichsfürsten, 1804 ausgestorben und von Stolberg-Wernigerode beerbt), Stolberg-Ortenberg (Grafen und Fürsten, nach Ortenberg bei Büdingen, 1806 in Hessen-Darmstadt mediatisiert), Stolberg-Rossla (Grafen und Fürsten, nach Rossla bei Sangershausen benannt, 1706 von der Linie zu Stolberg abgezweigt), Stolberg-Stolberg (Grafen, 1645 abgezweigt) und Stolberg-Wernigerode (Grafen, 1645 entstanden durch Teilung der Harzer Linie).

1. Wappen: Stammwappen Stolberg:

2. Wappen: Wernigerode kommt ins Wappen:
Das Geschlecht der Grafen von Wernigerode gehörte zu den ältesten im Harz. Schon 1121 wird es erwähnt, als die Grafen ihren Sitz von Haymar/Haimar bei Hildesheim auf die Burg Wernigerode an einer wichtigen Straßenkreuzung im Harz verlegten. Die Grafen hatten neben ihren Grafschaftsrechten auch die Verwaltung des Reichsforstes im Nordostharz inne. 1343 erlangten sie die Grafschaftsrechte um Wernigerode von den Grafen von Regenstein. Weiterhin hatten sie die Vogteirechte der Klöster Ilsenburg und Drübeck inne. Lehnsherr von Wernigerode war ab 1268 der Markgraf von Brandenburg, ab 1381 das Erzstift Magdeburg, 1449 wieder Brandenburg. Mit dem Tode des kinderlosen Grafen Heinrich von Wernigerode am 3. Juni 1429 erlosch das Grafengeschlecht. Wernigerode kam durch Erbverbrüderung zwischen beiden Häusern (Erbvertrag) in den Besitz der Grafen zu Stolberg. Graf Botho wird dadurch "Graf und Herr zu Stolberg und Wernigerode". Stolberger und Wernigeroder Wappen wurden damals vereinigt. Nach Anfall der Grafschaft Wernigerode in der Mitte des 15. Jh. führen die Grafen von Stolberg ihr Wappen geviert:

Helmzier:

Bereits Albrecht Georg (1519-1587) und dessen direkte Vorfahren im Jahre 1431 führten den Schild geviert von Stolberg und Wernigerode, und darauf den Stammhelm. Graf Christoph zu Stolberg, Dompropst zu Halberstadt (1523-1581) führte dazu als Herzschild das Wappen der Dompropstei Halberstadt, in Blau einen goldenen Adler.

Keine Wernigeroder Helmzier?
Die alte Helmzier der Grafen von Wernigerode war übrigens eine rote Forelle balkenweise vor einem grünen (natürlichen) Pfauenstoß, bzw. nach einer anderen Darstellung eine rote Forelle balkenweise vor einem mit einem grünen (natürlichen) Pfauenstoß besetzten hohen Hut oder Schaft. Decken rot-silbern. Diese Helmzier wurde erstaunlicherweise nicht mit in das Stolbergsche Wappen aufgenommen. Grünenberg bildet eine Version mit zwei Helmen ab, von denen der zweite zwar Wernigerode repräsentieren soll, aber unrichtig ist:

Zwei Helme (nach Grünenberg, Wappencodex Tafel 24 Nr. 3):

Besondere Varianten
Daneben wurden noch Sonderformen des Stolbergschen Wappens überliefert:

3. Wappen vom 17.5.1548: Königstein kommt ins Wappen
Die Grafen von Königstein starben 1535 aus. Die Grafen von Stolberg waren an der Königsteiner Erbschaft beteiligt, was sich durch folgende Genealogie ergab: 1418 kamen die Herren von Eppstein an Königstein (Erbschaft von den Falkensteinern). 1433 hatten sich die Herren von Eppstein in die Linien Eppstein-Münzenberg und Eppstein Königstein aufgespalten. 1505 wurde ihnen der Grafentitel zugestanden. Die Herren von Eppstein-Münzenberg waren schon 1522 mit Gottfried XII im Mannesstamm ausgestorben. Das Geschlecht der Grafen von Eppstein-Königstein erlosch 1535. Das Erbe fiel an Stolberg und 1581 an Mainz, andere Teile an Hessen.

Über das neue, vermehrte Wappen erhielten die Grafen von Stolberg am 17.5.1548 in Augsburg einen bestätigenden Wappenbrief. Das Wappen ist aus sechs Feldern aufgebaut, der Schild ist geteilt und zweimal gespalten.

Dazu werden drei Helme geführt:

Variante
Eine etwas andere Anordnung der Felder bei ansonsten identischen Inhalten zeigt das Wappen auf einem Siegel von Graf Heinrich zu Stolberg, Königstein, Rutzfort (=Rochefort), Wernigerode, Herr zu Epstein, Müntzenberg, Breuberg und Agimont (1509-1572):

Die drei Helme zeigen die gleichen Kleinode wie oben beschrieben.

4. Wappen der Grafen von Stolberg-Königstein-Wertheim
Graf Ludwig v. Stolberg führte in der zweiten Hälfte des 16. Jh. ein etwas abweichendes Wappen, das die Grafschaft Wertheim, die er erworben hatte, mit repräsentiert. 1556 stirbt das Grafengeschlecht von Wertheim aus. Ihm folgt Ludwig Graf zu Stolberg-Königstein, der seinerseits nur wenige Jahre später, nämlich 1598, von einem seiner Schwiegersöhne, Graf Ludwig von Löwenstein, abgelöst wird. Das Feld Wertheim war also nicht bleibend im Stolberger Wappen. Wappen nach Erwerb der Grafschaft Wertheim:

Bei Spener ist der Stolberger Hirsch als Feld 5 abgebildet, bei Siebmacher als echter Herzschild. An der Burg zu Wertheim ist es ebenfalls ein echter Herzschild, so daß die historische Evidenz den Herzschild belegt.

Die drei Helme zeigen:

5. Wappen nach dem Erwerb von Hohnstein:
Das Wappen wird gespalten, vorne das Wappen Stolberg-Königstein von 1548, also wieder ohne Wertheim, hinten das Wappen Hohnstein. Heraldisch korrekt ist folglich eine mittige Spaltung. Um das Erbe der Grafen von Hohnstein wurde lange zwischen den Häusern Stolberg und Schwarzburg gestritten. Ergebnis war eine salomonische Lösung von Kaiser Rudolf II aus dem Jahr 1597, in der er beiden Häusern das Hohnsteinsche Wappen zubilligte. Deshalb finden wir die gleichen Elemente im schwarzburgischen Wappen wieder (siehe dort). Korrekter Aufbau wäre:

Gespalten:

Dazu werden drei Helme geführt:

Der Helm Klettenberg ist nicht vertreten, auch nicht in einer Kombination, er besäße ein Hirschgeweih, schwarz, silbern oder schwarz-silbern, und schwarz-silberne Decken.

Das Diplom vom 18.4.1597 und die erste Verzerrung:
Tatsächlich wird der heraldisch logische und korrekte Aufbau im Wappen von 1597 verzerrt: Bei der Kombination verschieben sich in der vorderen Hälfte die Proportionen bei den üblichen Darstellungen, so daß die Teilung des Schildes im oberen Drittel stattfindet und die zugrundeliegende Geometrie ein zwölffeldriger Schild ist, dessen Felder 4, 7 und 10 zu einem hochrechteckigen Feld vereinigt werden, in dem die Wernigeroder Fische zu liegen kommen. Desgleichen werden die Plätze 8 und 11 für Münzenberg und die Plätze 9 und 12 für Agimont genommen. Wernigerode, Münzenberg und Agimont werden also auf Kosten der übrigen Felder auf unheraldische Weise vergrößert. Aufbau nach dem Diplom von 1597:

Gespalten:

Dazu werden drei Helme geführt:

Auch diese Anordnung ist heraldisch unlogisch und fragwürdig, denn dem Stammhelm Stolberg gebührt eigentlich der Ehrenplatz in der Mitte, wie er ihn auch bislang innehatte, und es gibt überhaupt keinen heraldischen oder logischen Grund, warum er jetzt dem Kombinationshelm Eppstein-Hohnstein weichen muß und an den rechten Rand auf die zweite Position gedrängt wird. Dabei war Hohnstein übrigens nie in faktischem Besitz der Grafen von Stolberg.

Vielfach wird das Wappen aber noch weiter verzerrt dargestellt, mit einer Spaltlinie im linken Drittel oder so. Deshalb wird das Wappen auch als auf 4 Spaltungen zu fünf Pfählen beruhend beschrieben, wie im folgenden erläutert wird.

6. Wappen, Diplom vom 18.2.1742, Fürsten zu Stolberg-Gedern, weitere Verschiebung der Platzaufteilung und zweite Verzerrung:
Der Wappenschild entspricht dem Diplom von 1597 mit entsprechender Verschiebung der Feldgrenzen wie im folgenden beschrieben, wodurch die heraldischen Fehler zementiert und weiter verschlimmert wurden, Wegfall der Helme, Schildhalter zwei goldene Löwen, Wappenmantel und Fürstenhut.

Daraus hat sich im Laufe der Zeit folgende, heraldisch und logisch unrichtige Beschreibungsweise entwickelt, die nicht der historischen Entwicklung Rechnung trägt, sondern der Verschiebung der Proportionen durch graphische Bedürfnisse:

Viermal gespalten zu fünf Pfählen:

Die Elemente der Stolbergschen "Hälfte" werden also verbreitert, hinten wird das Hohnsteinsche Wappen zusammengequetscht. Diese Betrachtungsweise, egal ob darstellerisch oder beschreibend, illustriert den Verlust des Verständnisses der Herkunft der einzelnen Bestandteile und der einem Wappen innewohnenden Logik. Eigentlich ist diese Aufteilung heraldisch unbillig. Korrekter ist der Aufbau gemäß der Logik in der allerersten Beschreibung. Man findet jedoch meist Darstellungen, die der zweiten Beschreibung entsprechen.

Dieser Wappenschild wird später von den gräflichen Linien mit rotem, hermelingefütterten Wappenmantel geführt. Im Grunde war dieses Diplom von 1742 die Quelle allen Übels, denn die gräflichen Linien ahmten nun diese unbillige Felderaufteilung nach (s.o.), obwohl sie streng genommen die korrektere Aufteilung nach dem Diplom von 1597 führen müßten, denn nur der fürstlichen Linie war die verzerrte Aufteilung verliehen worden. Schlimm genug, aber nun verließen auch die gräflichen Linien das Konzept der mittigen Spaltung.

Diese Aufteilung wird aber nicht erst seit 1742 benutzt, wie das Beispiel von 1735/36 an der Rentkammer Wächtersbach belegt. Vielmehr trägt das Diplom einer bereits stattgefundenen Entwicklung Rechnung.

Seitens der Linie Wernigerode wurde übrigens das im Reichsgrafendiplom 1597 verliehene, heraldisch richtigere Wappen durch gräflichen Erlaß aus dem Jahre 1875 restituiert!

7. Wappen natürlicher Kinder:
Einen Ausnahmefall stellt das Wappen der natürlichen Kinder von Wolfgang Ernst Graf zu Stolberg-Stolberg dar. Die Kinder dieser Verbindung trugen den Namen "von Stolberg". Da die Söhne unverheiratet starben, hatte das Wappen keine lange Funktion.

Das Wappen war gemäß einem zeitgenössischen Siegel geteilt, oben in Gold ein aus der Teilung wachsender schwarzer Hirsch, unten in Silber balkenweise eine rote Forelle. Das Wappen war also zweifach gemindert, zum einen wurde der Hirsch halbiert, zum andern wurde nur eine der beiden Forellen abgebildet. Die Helmzier war ein grüner (natürlicher) Pfauenstoß auf gekröntem Helm. Decken rechts schwarz-golden, links rot-silbern.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere die Bände Grafen und Hoher Adel (Fürsten)
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Hessische Residenzen der Renaissance:
http://forschung.gnm.de/ressourcen/schloesser/XML/148_Waechtersbach_Schloss.xml
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H. Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1

Wächtersbach (2): Personendenkmale

Haus Isenburg und Isenburg-Büdingen - Haus Stolberg
Das gräfliche und fürstliche Haus Wied und seine Wappen
Das Feld für Münzenberg und seine Verbreitung in deutschen Adelswappen

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