Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3127
Hagnau am Bodensee (Bodenseekreis)

Der Schussenrieder Hof in Hagnau (Hauptstraße 24)

Der Schussenrieder Hof (Hauptstraße 24) steht im Gegensatz zu den anderen ehemaligen Klosterhöfen im Oberdorf, direkt an der Bundesstraße und der Einmündung der Riedlegasse in diese, in Randlage mit weitläufigen Weinbergen dahinter. Dieser Klosterhof hat eine U-förmige Grundstruktur; der Hof öffnet sich nach Osten zwischen den beiden gewaltigen Giebelfassaden. Weit ausladende Schnecken geben den Giebeln ein barockes Gepräge. Der verbindende Mittelflügel besitzt zum Hof hin ein Zwerchhaus. Die Flügel bringen es auf eine Länge von ca. 25 m, und durch den hohen Keller-Unterbau des südlichen Flügels zur Hauptstraße hin wirkt der zweistöckige Hof extrem wuchtig. Durch das nach hinten ansteigende Gelände wirkt der parallelstehende Flügel bei gleicher Traufhöhe erheblich weniger beeindruckend, und hier fehlt das Kellergeschoß, bzw. das dortige Erdgeschoß entspricht dem ersten Wohngeschoß des Straßenflügels. Dieser Klosterhof wurde ca. 1730-1742 von der Prämonstratenserabtei Schussenried errichtet. Diese Abtei war im Gegensatz zu anderen geistlichen Dorfherren nie an der eigentlichen Dorfherrschaft beteiligt, hatte aber ertragreichen Grundbesitz. Seit der Säkularisation ist das Gebäude in Privatbesitz. 1961 erfolgte eine Instandsetzung.

Das Bauherr ist der damals amtierende Schussenrieder Abt Siardus I. Frick (lebte 13.5.1679-8.2.1750, amtierte 1733-1750). Siardus Frick stammte aus Mengen (Landkreis Sigmaringen) und war der Sohn von Ratsherr Johannes Frick und Maria Dilger. Sein Taufname war Michael Frick, und er besuchte zunächst die Schule in Mengen. Nach seinem am 24.11.1697 erfolgten Klostereintritt bei den Prämonstratensern in Schussenried, wobei er den Klosternamen Siardus annahm, legte er 1699 die Profeß ab. Er studierte Theologie und feierte 1704 seine Primiz. Unter Abt Tiberius Mangold kam er die ersten sechs Jahre im Kloster nicht weit, erst unter Abt Innozenz Schmid wurde er gefördert. 1711 wurde er Küchenmeister (Culinarius), 1712 wurde er Verwalter der vom Kloster eingenommenen Naturalien-Abgaben und der Lagerspeicher (Granarius) und 1715 wurde er als Kellerer Verwalter der Klosterwirtschaft (Cellarius). Unter Abt Didakus Ströbele war er zunächst 1720-1722 Pfarrvikar in Otterswang (Landkreis Biberach) und danach 1722-1732 Pfarrvikar in Attenweiler (Landkreis Biberach).

Nach der mehr oder weniger erzwungenen Abdankung von Abt Didacus Ströbele wählte der Klosterkonvent ihn am 21.1.1733 zum 20. Abt. Er schaffte es, sich gegen den Generalvikar der schwäbischen Zirkarie, Hermann Vogler, Abt von Rot, durchzusetzen. Letzterer war die treibende Kraft für die forcierte Abdankung des Amtsvorgängers gewesen. Siardus Frick emanzipierte sich erfolgreich und erreichte beim Ordensgeneral, daß dem Generalvikar, der auch gegen Frick selbst zu intrigieren versuchte wegen angeblich zu harter Führung, auf Lebenszeit weitere Einmischungen in die Schussenrieder Angelegenheiten untersagt wurden. Das war ein Sieg auf der ganzen Linie für Frick. Er wurde ein Bauabt, der bis 1735 die Wallfahrtskirche Steinhausen vollendete, im selben Jahr das Gnadenbild in die neue Kirche überführte und 1744-1748 die Barockisierung der Klosterkirche Schussenried vorantrieb. In den zum Kloster gehörenden Besitzungen und Patronatskirchen ließ er mehrere Pfarrkirchen, Pfarrhöfe und Amtshöfe errichten, in Zusammenarbeit mit dem Baumeister Jakob Emele. Danach ging er im Alter von 69 Jahren an sein größtes Bauvorhaben, den Bau einer völlig neuen Klosteranlage in Schussenried selbst. Dazu stand ihm der Baumeister Dominikus Zimmermann zur Seite, der schon die Kirche in Steinhausen entworfen hatte. Er starb aber schon im übernächsten Jahr, so daß er noch nicht einmal den ersten Spatenstich zu seinem Lieblingsprojekt erleben konnte. Erst sein Nachfolger führte den Neubau aus. Weiterhin war dieser Abt für seine Liebe zu didaktischem Theater bekannt, zu Passionsspielen, Maskeraden, Fastnachtsspielen etc. Siardus Frick starb im Alter von 70 Jahren und wurde in der Kapitelskirche Schussenried bestattet.

Das Wappen setzt sich zusammen aus zwei Kartuschen. In der ersten, heraldisch rechten Kartusche sehen wir das Klosterwappen, in Silber ein roter, gekrönter und doppelschwänziger Löwe, hier aus Courtoisie einwärts gewendet. Das persönliche Wappen des Schussenrieder Abtes Siardus I. Frick in der heraldisch linken Kartusche ist geteilt, oben in Gold aus der Teilungslinie wachsend ein schwarzer Adler, den Kopf nach rechts gewendet, unten in Blau ein schreitender goldener doppelschwänziger Löwe, der mit der rechten Vorderpranke einen gestürzten Pfeil hält. Auf der linken Kartusche ruht die Mitra des infulierten Abtes, hinter der rechten Kartusche ragt der Krummstab hervor. Es gibt weitere Wappen dieses Abtes innen in der Wallfahrtskirche Steinhausen, im Fresko über der Orgel in der Pfarrkirche St. Magnus (ehemalige Klosterkirche) Schussenried, an der ehemaligen Zehntscheune (heute Wohnhaus) in Winterstettendorf (Waldseerstraße 7), am Rathaus Eberhardzell, sowie auf seinem Epitaph im ehemaligen Kreuzgang Schussenried.

Liste der Äbte von Schussenried:
Abt, hier mit Wappen vertretener Abt, sonstige Wappenfundstellen

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/place/Hagnau+am+Bodensee/@47.6766212,9.3191339,20z -  https://www.google.de/maps/@47.6766147,9.3191616,58m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Siard Frick auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Siard_Frick
Pius Bieri: Abt Siard Frick, im Projekt "Süddeutscher Barock":
https://www.sueddeutscher-barock.ch/In-Bauherr/s-z/Schussenried_Frick.html
Paul Beck: Zum siebenhundertjährigen Jubiläum des Prämonstratenser-Reichsstifts Schussenried. Separatabdruck aus dem „Deutschen Volksblatt“. Stuttgart 1883, Nachdruck in: Paul Beck und Bernhard Rueß: Beiträge zur Geschichte Schussenrieds, Federseeverlag, Bad Buchau 1981, S. 595-704
Alfons Kasper: Das Prämonstratenser-Stift Schussenried, Teil 1 und 2, Schussenried 1960
Karl Kaufmann: Die Äbte des Prämonstratenser-Reichsstifts Schussenried 1404-1803, Schussenried 1985
Hagnau auf Leo-BW:
https://www.leo-bw.de/detail-gis/-/Detail/details/ORT/labw_ortslexikon/17922/Hagnau+am+Bodensee - https://www.leo-bw.de/web/guest/detail-gis/-/Detail/details/ORT/labw_ortslexikon/17923/Hagnau+am+Bodensee+FN
Webseite von Hagnau zu historischen Gebäuden:
https://www.gemeinde-hagnau.de/de/Entdecken/Historische-Gebaeude-Denkmaeler
Webseite von Hagnau zu den Klosterhöfen:
https://www.gemeinde-hagnau.de/de/Entdecken/Historische-Gebaeude-Denkmaeler/Klosterhoefe

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