Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3008
Wolframs-Eschenbach (Landkreis Ansbach)

Die Stadtbefestigung von Wolframs-Eschenbach

Wolframs-Eschenbach wird noch größtenteils von der historischen Stadtmauer in Form eines doppelten Mauerrings umgeben, die einen Umfang von knapp 1 km hat. Insbesondere die Mauerzüge im Westen (280 m) und im Süden (290 m) sind gut erhalten. Die Bruchsteinmauer wurde um 1332-1360 begonnen. Nur teilweise läuft innen eine Straße an der Mauer entlang, der größte Teil ist innen mit bis an die Mauer reichenden Häusern bebaut. Die Türme und bis zum Grabenniveau begehbaren Bastionen sind größtenteils viereckig, bis auf zwei runde Halbschalentürme im Nordwesten und bis auf den Hungerturm (Deutschordensstraße 18) von 1527 und den Bürgerturm (Deutschordensstraße 6) vom ersten Drittel des 16. Jh., beide mit rechteckigen Maulscharten und beide späte Hinzufügungen zur bestehenden Mauer. Am besten ist die Wehrhaftigkeit an der Westseite der Stadt heute noch zu erkennen, mit dem tiefen Graben, mit der äußeren Mauer und dahinter der hohen inneren Mauer und dem Zwinger dazwischen. Hier kann man sehen, daß die äußere Mauer knapp 8 m hoch ist, wobei der Graben früher noch 2 m tiefer war, und dahinter bringt es die innere Mauer noch einmal auf etwas über 6 m, eine beeindruckende und vor allem für den Landesherrn teure Befestigung. Nur im Nordosten, wo das Tal des Eschenbachs ein natürliches Hindernis darstellte, verzichtete man auf die äußere Mauer und Bastionen. Die Stadtbefestigung wurde 1980 renoviert. Es gibt zwei Stadttore, das Obere Tor in der Mitte der Westseite (Hauptstraße 1) und das Untere Tor im Südosten am Übergang von der weitgehend gerade verlaufenden Südseite in die östliche Ausrundung am östlichen Weiher (Heumarkt 12). Beide Tore werden durch die leicht gewellt verlaufende Hauptstraße miteinander verbunden und haben so einen Abstand von 300 m zueinander.

Das Obere Tor ist ein mehrgeschossiger Rechteckturm mit spitzbogiger Durchfahrt und Zeltdach mit Zwiebellaterne. Auf der Feldseite des Torturms befinden sich in halber Höhe zwei Wappenschilde nebeneinander, heraldisch rechts das Wappen der von Bickenbach, in Rot zwei aus silbernen Rauten gebildete Schrägbalken bzw. zwei schrägrechts gestellte Reihen silberner Rauten, wobei sich die Rauten an den Spitzen berühren. Das steht für Philipp von Bickenbach (-29.7.1375), Sohn des Konrad III. von Bickenbach (-2,6,1354) und dessen Frau Jutta, der als Komtur von Mergentheim 1354-1355 am Italienfeldzug von Kaiser Karl IV. teilgenommen hatte und 1358-1361 Landkomtur von Franken war. Er war 1361 Taufpate eines kaiserlichen Sohnes. Er amtierte 1361-1375 als Deutschmeister. Daraus ergibt sich eine Datierung des Turms auf den Zeitraum 1358-1375. Der andere Schild heraldisch links zeigt einfach das Deutschordenskreuz, in Silber ein schwarzes durchgehendes Kreuz. Die Anbringung dieses Wappenpaares ist ganz ähnlich an den Tortürmen in Rothenburg ob der Tauber und in Dinkelsbühl zu sehen. Das leicht vorkragende Obergeschoß und die Laterne wurden nach 1769 aufgesetzt, als die Schäden eines Brandes repariert wurden. Insgesamt ist der Turm 29,30 m hoch.

Diesem Torturm wurde 1463 (Datierung vorhanden) eine rechteckige Barbekane vorgebaut. Dieses Vorwerk ist der künstlerisch wertvollste Teil der Stadtbefestigung. Innen führt an der Nordwand eine Steintreppe zum Wehrgang hoch. Die in der Mitte der rechteckigen Anlage befindliche Toröffnung mit Zugbrückenanschlagsfalz war ursprünglich spitzbogig,  Seitlich der Wagendurchfahrt gibt es eine kleine Fußgängerpforte, früher mit separat zu bedienender Zugbrücke. Der Wehrgang kragt auf einem Kehlgesims vor und hat an den westlichen, äußeren Ecken zwei diagonal gestellte Erker. Ähnliche, aber undatierte Vortore gibt es auch in Rothenburg ob der Tauber und in Dinkelsbühl.

Über dem Scheitelpunkt des Vortores ist eine Wappentafel angebracht mit insgesamt sechs Schilden auf Maßwerkhintergrund, zwei aufrechte in der Mittelachse übereinander und jeweils zwei nach innen geneigte an den Seiten. In der Mitte sieht man oben das Deutschordenskreuz alleine und darunter einen Schild für das Hochmeistertum, in Silber ein schwarzes durchgehendes Kreuz, belegt mit einem goldenen Glevenkreuz (Lilienkreuz), das Ganze in der Mitte belegt mit einem Herzschild, der in Gold den schwarzen Reichsadler zeigt. Heraldisch rechts oben sieht man das Wappen von Ulrich von Lentersheim, der 1444-1448 Komtur von Nürnberg war, 1448-1454 die Ballei Franken als Landkomtur führte und 1454-1479 als Deutschmeister amtierte, und in dieser Rolle taucht er an wichtigster Position auf der Tafel auf. Sein Wappen ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein durchgehendes schwarzes Kreuz (Deutscher Orden), Feld 2 und 3: schräggeteilt, oben silbern-rot geschacht, unten ledig und schwarz (von Lentersheim). Heraldisch links oben steht das Wappen für Melchior von Neuneck, der 1476-1491 Komtur in Nürnberg war und später als Landkomtur der Ballei Franken amtierte, sein Schild zeigt in Rot einen goldenen Balken, oben begleitet von einem silbernen, sechsstrahligen Stern. Rechts unten folgt der Schild des Martin von Eyb (-1472), der 1462-1463 Statthalter der Kommende Nürnberg war. Sein Schild zeigt in Silber drei (2:1) rote Pilgermuscheln. Martin von Eyb war Komtur auf der Deutschordensburg Virnsberg und Verwalter des Deutschen Hauses zu Nürnberg; sein Totenschild hängt in der Kirche St. Jakob in Nürnberg. Links unten folgt als letztes der Schild für Konrad von Seinsheim, Hauskomtur von Nürnberg. Der Schild ist silbern-blau fünfmal gespalten. Ganz unten, außerhalb der eigentlichen Wappentafel, ist das Wappen der Stadt Eschenbach angebracht, in Grün ein silberner schrägrechter Wellenbalken. Früher verlief dieser Wellenbalken schrägrechts, später wechselte er nach schräglinks, und so wird er heute geführt. Das Motiv ist seit 1398 durch Siegelführung belegt.

Das Untere Tor (ohne Abb.) ist ganz ähnlich aufgebaut. Der ältere Teil ist der Rechteckturm mit spitzbogiger Durchfahrt und Zeltdach. In der Tordurchfahrt sind Fallgatterführungen zu erkennen. Auf der Feldseite sind auf halber Höhe am Turm gleichfalls zwei Wappenschilde angebracht, die andere Inhalte als beim oberen Tor tragen. Der heraldisch rechte Schild steht für Ludwig von Wertheim, der 1393-1419 Komtur des Deutschen Hauses zu Nürnberg und 1407-1419 Pfleger der Ballei zu Franken war, der Schild ist geteilt, oben in Gold ein schwarzer, aus der Teilung hervorkommender Adler, unten in Blau drei (2:1) silberne Rosen mit goldenem Butzen. Der andere Schild steht für Konrad von Egloffstein (-2.10.1416), Sohn von Otto von Egloffstein und Osanna von Hirschberg, welcher 1390-1392 Komtur in Nürnberg und dann bis 1396 Landkomtur der Ballei Franken und 1396-1416 Deutschmeister mit Sitz auf Burg Horneck war. Konrad von Egloffstein besitzt in St. Jakob in Nürnberg ein Epitaph. Sein Schild zeigt in Silber einen schwarzen Bärenkopf. Diese Wappenkombination erlaubt die Datierung auf das Zeitfenster von 1407-1416; da wurde wohl der im Kern aus dem 13. Jh. stammende Turm umgebaut bzw. aufgestockt. Auch das Untere Tor besitzt eine später angebaute, rechteckige Barbekane.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.2268114,10.7234071,21z - https://www.google.de/maps/@49.2268114,10.7234071,41m/data=!3m1!1e3
Thomas Biller: Die mittelalterlichen Stadtbefestigungen - ein Handbuch, Verlag Philipp von Zabern, WBG Darmstadt 2016, ISBN: 978-3-8053-4975-8, Bd. 2, S. 100-114
Erwin Seitz, Oskar Geidner: Wolframs-Eschenbach. Der Deutsche Orden baut eine Stadt. Wolframs-Eschenbach 1997, ISBN 3-87707-510-X, insbesondere S. 61 ff, S. 80, S.  91
Baudenkmäler in Wolframs-Eschenbach:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkmäler_in_Wolframs-Eschenbach
Philipp von Bickenbach:
https://de.wikipedia.org/wiki/Philipp_von_Bickenbach
Wappen von Wolframs-Eschenbach:
https://www.hdbg.eu/gemeinden/index.php/detail?rschl=9571229
Konrad von Egloffstein:
https://de.wikipedia.org/wiki/Konrad_von_Egloffstein
Damian Hungs: Kommende Nürnberg:
http://www.damian-hungs.de/geschichte/kommenden-des-deutschen-ordens/kommende-nuernberg/

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