Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2920
Marktbreit
(Landkreis Kitzingen, Unterfranken)
Das Haus "Zur Groe" in Marktbreit
Dieses 1725 errichtete Haus steht an der Ostseite der Marktstraße im nördlichen Teil der Altstadt (Marktstraße 5), schräg gegenüber dem Rathaus und gegenüber der Adler-Apotheke. Die Südfassade des eckständigen Anwesens geht zur Schustergasse, so daß dieses Haus mit zwei Seiten auf die beiden wichtigsten Durchgangsstraßen der Altstadt ausgerichtet ist. Jede Seite hat im Obergeschoß sieben Fensterachsen; das Erdgeschoß ist unregelmäßig gestaltet mit Durchfahrt, Eingängen, tief ausgeschnittenen Rundbogenfenstern an der Westseite und rechteckigen Fenstern an der Südseite. Nach hinten gelangt man in einen kleinen Innenhof mit hölzernem Laubengang, unten auf Stützen, oben aus Fachwerk mit weit ausgeschnittenen Bogenstellungen. Im Innenhof befindet sich ein Brunnen zur Wasserversorgung.
Das Anwesen gehört zu den historischen Handelshäusern, die den Marktplatz einfaßten. Das Haus fällt auf durch seine reich gestaltete und dekorierte Fassade im Stil des Würzburger Barocks und das elegant verzierte Portal. Der zweistöckige Erker an der Südwestecke mit je drei Fenstern in jedem Geschoß erhebt sich bis auf die Ebene des Mansarddachs mit je vier Gauben an jeder Straßenseite. Oben schließt der Erker mit einer welschen Haube ab. Der Erker ist die baulich symmetrische Antwort auf das zuvor entstandene, noch prächtigere Haus Wertheimer auf der anderen Straßenseite, so wie das ganze Haus ein mit jenem konkurrierendes Bauprojekt war: Einander direkt gegenüber standen nun die beiden Handelshäuser, im Süden das des reichsten jüdischen Handelsherrn, Simon Wertheimer, im Norden das des reichsten christlichen Handelsherrn, Georg Günther.
Der Bauherr war Georg Günther, erfolgreicher Handelsherr und Konsistorial des Rats bzw. 1688 Bürgermeister von Marktbreit. Seine Familie gestaltete über 200 Jahre die Handelsgeschicke Marktbreits mit. In diesem Haus wurde mit Spezereien und Kolonialwaren gehandelt. Über dem Portal zur Marktstraße befindet sich zwischen den beiden S-förmig geschwungenen Teilstücken eines weit auseinandergezogenen Sprenggiebels eine Kartusche mit einer Hausmarke, die sich aus den gespiegelten und miteinander verschränkten Initialen GG des Bauherrn erhebt. Das plastisch erhabene Spiegelmonogramm wird von einem zweiten, aber eingeritzten Spiegelmonogramm wie von einem Innenschatten begleitet. Die Kartusche ist eingebettet in wild wuchernde Akanthusblätter, die von zwei geflügelten Putten gehalten werden.
Über der Kartusche erhebt sich zwischen den Fenstern des Obergeschosses eine allegorische Skulptur der Spes (Hoffnung), unten am Sockel mit der Inschrift "Ein Gott ergeb(e)ner Christ / hofft, was unsichtbar ist." versehen. Zwei Vasen oder Urnen, aus denen oben Flammen hervorkommen, stehen seitlich der Giebelsegmente auf Wandvorlagen, die eine Fortführung der das Portal einfassenden Pilaster sind. Im Gebälk des Portals ist zu lesen: "EN. MEA. SPES. AEDES. CERTAE. / AC. PAX. ARXQVE. BEATA" (in meiner Hoffnung ein sicheres Gebäude sowie Frieden und eine glückliche Burg). Das stellt ein Chronogramm dar und datiert den Bau auf M + D + C + C + X + X + V = 1000 + 500 + 100 + 100 + 10 + 10 + 5 = 1725. Der Keilstein des flach gespannten Portalbogens trägt eine sorgfältig modellierte bärtige Maske mit weit aufgerissenen Augen und mit dicken Lippen.
Mehr vom Bauherrn erfährt man, wenn man den Durchgang nach hinten zum Innenhof nimmt und dort vor einem zweiten Portal zum rückwärtigen Teil des Hauses steht. Über demselben steht zu lesen: "In zweyen Jahren bracht man diesen Bau zu wegen. / denn Gott verlieh darzu die Mittel und den Seegen / und der Durchleuchtigste Fürst Adam Franz den Schutz / durch bee(i)de steht er je(t)zt der Handel schafft zu Nu(t)z / dem ganzen Ort zur Zier und zum bequemen wohnen / Gott deck ihn mit der Hand und gebe den Personen / die man darinnen find(e)t Gesundheit, Glück und Freud(e) / Herr Günther und sein Scha(t)z leb(en) lang in Fruchtbarkeit. / Dieses haben S. T. Herrn Georg Günthern, ansehlichen / CONSISTORIALen des Raths und vornehmen Handelsmann, / als Bau Herrn, zum Ehren gedächtnuß, verfertigen und / an seinem Nahmens Tag glückwünschend hierher se(t)zen wollen. // G(ebrüder) Thom(as) Michell / u(nd) Johann Michell / steinh(auer) u(nd) Mau(r)er / Meister // Joh(ann) Veit Wolff / Zim(m)er Meister".
Den Portalbogen ziert wieder die Jahreszahl 1725, in zwei Ziffernpaare aufgetrennt durch das Wappen der Familie Günther, das eine eingebogene, mit einem Stockanker belegte und von zwei schräg einwärts gelegten Fischen begleitete Spitze zeigt, auf dem gekrönten Helm eine wachsende Mannesfigur mit einem unten aufgestützten Stab in der Rechten. In der gegenwärtigen Fassung sind alle Felder blau, die Fische silbern, der Anker schwarz, die Helmdecken grün, vermutlich eine willkürliche Farbwahl. Mangels Siebmacher-Eintrag konnten die Farben nicht verifiziert werden, Hinweise willkommen.
Der Hausname "Zur Groe" bezieht sich auf die schwarze Krähe, die auf der Fassade am Unterbau des runden Eckerkers dargestellt wird, das mehrfach gefaltete Schriftband darüber trägt den Wortlaut: "Das Haus zur Groe genannt". Das ist jedoch am Barockbau von der Funktion her ein Hauszeichen. Dennoch hält diese Krähe die Erinnerung wach an einen Vorgängerbau mit Schankwirtschaft, der im Dreißigjährigen Krieg untergegangen ist, an das Gasthaus "Zur Krähe". Und dieses wiederum gehörte der Familie Groe, eine für Marktbreit sehr wichtige Familie, die auch einen bedeutenden Schultheißen stellte, nämlich Niklaus Groe, der durch seine Bautätigkeit während seiner 1590-1622 währenden Amtszeit den Ort entscheidend mitgestaltete. Diese Familie führte als Wappenbild die Krähe. Wir sehen also den Übergang vom Familiennamen und Familiensymbol zu einem Namen und Zeichen für eine Schenke, von dieser ging die Bezeichnung samt Symbol auf das Haus über, und beim Neubau wurde die Hausbezeichnung als Hauszeichen beibehalten, obwohl das eigentlich einmal das Wappentier der Familie Groe war, hier aber keinerlei Besitzanspruch markiert, sondern lediglich Erinnerung ist: Das Wappen ist zu einem Hauszeichen geworden.
Auch innen hat sich die barocke Ausstattung weitgehend erhalten. Im Treppenhaus befindet sich ein sog. "Heiduck", eine aus Holz geschnitzte, bunt bemalte Figur, welche scheinbar die Last des Hauses trägt. Auf seine Weise ist das ein spielerischer Umgang mit der erfolgreichen Bannung der Türkengefahr.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@49.6676495,10.1439223,21z - https://www.google.de/maps/@49.6676495,10.1439223,42m/data=!3m1!1e3
Hinweistafel am Gebäude
Sehenswürdigkeiten in Marktbreit: https://www.marktbreit.de/freizeit-tourismus/tourist-information/sehenswuerdigkeiten
Haus zur Groe auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Haus_zur_Groe
Barocke Handelshäuser: https://marktbreit.mooo.bi/stadtfuehrung/barocke-handelshaeuser/
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