Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 2462
Groß-Umstadt (Landkreis Darmstadt-Dieburg)
Darmstädter Schloß
Das Darmstädter Schloß ist einer der einst sieben Adelssitze in Groß-Umstadt. Das Anwesen nimmt die nordöstliche Ecke innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauer ein, deren von Pflanzen überwucherte Reste im Norden hinter dem Schloß noch zu sehen sind. Der Anfang war eine vor 1350 entstandene Wasserburg, deren Gräben vom Pferdsbach (Mühlbach) gespeist wurden. Durch die Lage sicherte dieser Adelssitz den östlichen Zugang in die Stadt, wodurch er einer der wichtigsten war. Alternative Namen für das Gebäude sind Unterschloß und Hanauer Schloß. Alle Bezeichnungen sind richtig, denn a) unterschied man es vom Oberen Schloß = Pfälzer Schloß und b) gehörte das Anwesen zuerst den Grafen von Hanau, später den Landgrafen von Hessen-Darmstadt.
Aber selbst das ist nur die Kurzform, denn seit dem 8. Jh. gehörte ganz Umstadt dem Kloster Fulda, das eine Hälfte an die Grafen von Katzenelnbogen zu Lehen gab, die andere Hälfte an die Herren von Münzenberg. Die Lehensträger nutzten die Burg als Amtssitz. Die Herren von Münzenberg blühten jedoch nur in drei Generationen, und nach ihrem Erlöschen im Mannesstamm mit dem kinderlosen Ulrich II. von Münzenberg im Jahre 1255 wurde das Erbe über seine Schwestern an deren jeweilige Ehemänner aufgeteilt. Adelheid von Münzenberg, Erbin von Babenhausen und 1/6 Münzenberg, war vermählt mit Reinhard I. Herr von Hanau. Bei der Erbaufteilung kam die Hälfte von Umstadt als Lehen an die Herren von Hanau, die 1429 in den Reichsgrafenstand erhoben wurden. Die Burg der Herren von Hanau in Umstadt wird 1376 erstmals erwähnt. 1390-1427 hatte Hanau die Herrschaft vom Kloster Fulda zeitweise gänzlich übernommen, weil Fulda 1374 einerseits die andere Hälfte von Umstadt an Hanau verpfändet hatte, 1390 aber andererseits beide Hälften an die Kurpfalz verkauft hatte. Da aber weder Fulda für sein Pfand an Hanau bezahlte, um es wieder zu auszulösen, noch die Kurpfalz an Fulda den Kaufpreis bezahlte, war Hanau de facto Herr der Stadt. Erst mit der Einlösung des Pfandes 1427 geht die Stadtherrschaft an die Kurpfalz über, und Hanau wird wieder für die Hälfte von Umstadt Lehensnehmer, diesmal von der Kurpfalz. Ab 1460 bauten die Grafen von Hanau die Burg weiter aus. Mit der Besetzung Groß-Umstadts durch Hessen in Folge des Landshuter Erbfolgekrieges endete die Hanauer Zeit in der Stadt: Die Grafen von Hanau scheiden 1521 (Eroberung von Umstadt durch den hessischen Landgrafen Wilhelm II.) bzw. 1524 (Vergleich) aus dem Kondominium aus und werden mit Geld und ein paar Ortschaften im Umland abgefunden. Die Burg geht in den Besitz der Landgrafen über, die dort einen Amtmann einziehen lassen.
Der hessische Teil von Umstadt nahm komplizierte Wege durch die verschiedenen Linien, was im Detail beim Rathaus erklärt wird. In der für das weitere Schicksal der Burg entscheidenden Phase gehörte die Hälfte von Umstadt zur Landgrafschaft Hessen-Darmstadt: 1727-1747 wurde die Burg, von welcher der vierstöckige, an die Stadtmauer angesetzte Bergfried und der Palas 1640 wegen Baufälligkeit abgetragen wurden, in ein repräsentatives Stadtschloß im barocken Stil umgebaut und erweitert, daher auch der Name Darmstädter Schloß. Von der einstigen Dreiflügelanlage sind noch zwei rechtwinklig zueinander stehende Flügel mit einer Tordurchfahrt erhalten. Der nördliche, bis zur Stadtmauer reichende Teil ist eingeschossig auf hohem Sockel (erstes Bild ganz oben); der größere südliche Teil (oben im Bild) ist zweigeschossig. Der dritte Flügel ist 1952 abgerissen worden; er setzte einst Z-förmig linkerhand an den Südflügel an und sprang nach Süden vor. Alle ehemaligen Wirtschaftsgebäude sind ebenso abgebrochen worden.
Am rückwärtigen Anbau des Südflügels befindet sich in die Eckquaderung der Nordseite integriert ein Wappenstein aus Hanauer Zeit. Die Inschrift auf dem Eckquaderstein darunter in gotischen Minuskeln mit Versal lautet: "Anno domini millesimo cccc lxv uf sant gingulfi tag" = im Jahre des Herrn 1465 am Tag des heiligen Gangolf = 13.5., mit Quadrangeln als Worttrenner und neuerdings schwarz nachgefahrenen, nicht immer gut getroffenen Buchstaben. Auf dem nächsten Stein darunter ist eine oberhalbe Neidfigur mit runden Ohren und mit vor der Brust verschränkten Händen aus dem Stein gehauen.
Das Wappen selbst ist das der Grafen von Hanau, in Gold drei rote Sparren, auf dem Helm mit silbern-roten Decken ein wachsender silberner Schwan. Die Helmzier wird hier frontal reliefiert. Darunter befinden sich zwei weitere Wappenschilde als Ehewappen, heraldisch rechts erneut das Hanauer Sparrenwappen, heraldisch links der Lichtenberger Löwe, eigentlich innerhalb eines roten Bordes in Silber ein schwarzer Löwe, Bord fehlt hier (wie auch am Schloß Babenhausen). Der Bezug zur Linie Hanau-Lichtenberg wird dadurch bestätigt, daß der letzte Bewohner vor der hessischen Eroberung Groß-Umstadts Philipp III., 3. Graf von Hanau-Lichtenberg (18.10.1482-15.5.1538), bis 1504 war. Er war der Sohn von Philipp III., 2. Graf von Hanau-Lichtenberg (31.5.1492-22.8.1504), und Anna von Isenburg-Büdingen (-1522), und er war der Enkel von Philipp I., 1. Graf von Hanau-Lichtenberg (8.11.1417-10.5.1480), und Anna von Lichtenberg (25.10.1442-24.1.1474), der Erbin der Herrschaft Lichtenberg. Die Beiden vollzogen 1458 in der Umstadter Burg die Ehe. Von der Datierung her ist der Wappenstein diesen beiden Ehepartnern zuzuordnen, denn Philipp I. bekam bei der Teilung der Grafschaft Hanau 1458 unter anderem die Burg in Umstadt.
1974 wurde das Schloß instandgesetzt und in hessisches Landeseigentum übernommen. 2010 wurde das Schloß an einen Privateigentümer verkauft und erneut restauriert. Für den oben abgebildeten Wappenstein auf der Vorderseite kommt jedoch jede Hilfe zu spät. Das Schloß ist Sitz des evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald, der Dekanatsjugendstelle, des Ökumenischen Hospizvereins Groß-Umstadt und des Diakonischen Werks Darmstadt-Dieburg mit Beratungsstelle, alles Institutionen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf google maps:
https://www.google.de/maps/@49.8697462,8.9295898,19.91z - https://www.google.de/maps/@49.8696597,8.929751,41m/data=!3m1!1e3
Darmstädter Schloß: https://de.wikipedia.org/wiki/Darmstädter_Schloss_(Groß-Umstadt)
Darmstädter Schloß: http://www.burgenwelt.org/deutschland/daschloss/index.htm
Darmstädter Schloß: https://www.vorderer-odenwald-evangelisch.de/index.php/ueber-uns/darmstaedter-schloss
Besitzgeschichte: https://de.wikipedia.org/wiki/Kondominat_Umstadt
Wolfgang Schröck-Schmidt: Darmstädter Schloß, in: 1250 Jahre
Groß-Umstadt 743-1993, hrsg. vom Magistrat der Stadt,
Geiger-Verlag, Horb am Neckar, 378 S., ISBN 3-89264-771-2, S. 188
f.
Siegfried R. C. T. Enders: Landkreis Darmstadt-Dieburg, Reihe:
Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland,
Kulturdenkmäler in Hessen, Braunschweig/Wiesbaden 1988
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf
CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Deutsche Inschriften 49, Darmstadt, Darmstadt-Dieburg,
Groß-Gerau, Nr. 49 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di049mz06k0004908
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