Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2332
Sipplingen (Bodenseekreis)

Amtshaus der Deutschordenskommende (Mainauer Amtshaus)

Etwas höher am Hang nördlich der Pfarrkirche und in der Nachbarschaft des Rathauses steht in markanter städtebaulicher Lage in der Rathausstraße 8 frei am abfallenden Gelände das ehemalige Mainauer Amtshaus, ein zweistöckiger, verputzter Massivbau mit Walmdach. Der Bau hebt sich durch farblich abgesetzte Scheinpilaster an den Ecken, umlaufende Traufgesimse sowie abgesetzte Fenster- und Türumrahmungen als repräsentatives Bauwerk eines Grundherrn von der umliegenden bäuerlichen Architektur ab. An der fünfachsigen Rathausfassade befindet sich im Hanggeschoß ein rundbogiger Kellerzugang. Ein wesentlich älteres, in die Spätgotik zu verortendes Portal führt zu einer steinernen Wendeltreppe. Das heutige Gebäude basiert auf einem spätgotischen Kern, wurde aber in seiner jetzigen Gestalt 1764 errichtet und 1956 renoviert. Ein architektonisch unverzeihlicher Fremdkörper ist die an der einst symmetrisch angelegten, dreiachsigen Nordseite nachträglich eingebaute Garage. Nach Osten liegt rückwärtig ein Hausgarten.

Es handelt sich bei dem markanten Gebäude um das ehemalige Amtsgebäude des Deutschen Ordens, der einer der vielen Grundherren in Sipplingen war. Der Deutsche Orden hatte auf mehreren Wegen Bezug zu Sipplingen erhalten. Im letzten Kapitel war bereits von der früheren Grund- und Ortsherrschaft der Herren von Hohenfels die Rede. Deren Burg Hohenfels lag im Nordwesten des Ortes auf einem Sporn des Sipplinger Berges. Neben dieser Burg Alt-Hohenfels (heute Ruine) wurde im 13. Jh. eine zweite, rund 10 km nördlich von Sipplingen liegende Burg namens Neu-Hohenfels (im 16. Jh. durch ein Schloß ersetzt) errichtet. 1292 teilte sich die Familie in zwei Linien, nach den beiden Burgen benannt. 1294 verkaufte Burkhard von Hohenfels seinen Kelnhof und seine bischöflichen Lehensgüter an das Spital zum Heiligen Geist in Konstanz, nicht aber seine Herrschaft. 1352 starb die Linie zu Neu-Hohenfels aus. Über eine Erbin kam der Besitz an die angeheirateten Herren von Jungingen, die über eine weitere Heirat auch Alt-Hohenfels in ihren Besitz bekamen. Im Jahre 1441 wurde die Herrschaft Hohenfels erneut in Jungingen-Althohenfels und Jungingen-Neuhohenfels geteilt. Diese beiden Teile der Herrschaft gingen zukünftig getrennte Wege.

Die Herrschaft Alt-Hohenfels mit der entsprechenden Burg, einigen Dörfern und vor allem wirtschaftlich interessanten Weinbergen bei Sipplingen kam 1437 an die Herren von Landenberg und ab 1479 an das Spital in Überlingen, welches dadurch im Ort erweiterte Rechte bekam. Die Burg wurde in der ersten Hälfte des 17. Jh. zerstört und verfiel seitdem. Die Herrschaft Neu-Hohenfels kam 1506 in den Besitz des Deutschen Ordens, nachdem Ulrich von Jungingen 1501 als letztes männliches Familienmitglied gestorben war und seine Schwester Anna das Erbe verkauft hatte. Die Herrschaft Neu-Jungingen mit den Ortschaften Deutwang, Kalkofen, Liggersdorf, Mindersdorf und Selgetsweiler gehörte nun zur Landkommende Altshausen, Verwaltungssitz der Deutschordensballei Elsaß und Burgund. 1806 kam die Herrschaft an die Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen. Das Schloß Neu-Hohenfels kam schließlich an das Internat Salem, die hier die Unterstufen unterrichtete.

Zurück zum Mainauer Amtsgebäude: In der Ortschaft Sipplingen hatte die 1272 gegründete Kommende Mainau, die auch zur Ballei Elsaß und Burgund gehörte und der Landkommende Altshausen unterstellt war, Grundbesitz, neben anderen institutionellen und vor allem geistlichen Grundherren wie dem Spital Konstanz, dem Domkapitel Konstanz, dem Spital Überlingen, dem Reichskloster Salem etc. Die Kommende Mainau machte eine expansive Wirtschaftspolitik, wozu auch der Grunderwerb in Sipplingen gehörte, und wurde bald zur wohlhabendsten Kommende der ganzen Ballei.

Zwischen den mittleren Fenstern des ersten und zweiten Wohngeschosses befindet sich der Rathausstraße zugewandt ein Wappenstein, auf 1764 datiert. Der Stein ist kein Original, sondern ein qualitativ geringwertiger und zudem falsch angestrichener Abguß der 1950er Jahre. Es handelt sich um das von Trophäen, Kanonenrohren und Fahnen eingerahmte Wappen des Landkomturs der Ballei Elsaß-Burgund, Christian Moritz von Königsegg-Rothenfels (amtierte 1757-1774). Er war der drittletzte Landkomtur in Altshausen. Der Schild ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein silbern gesäumtes, schwarzes Tatzenkreuz (Landkomtur des Deutschen Ordens), Feld 2 und 3: müßte korrekterweise schräglinks rot-golden geweckt sein, ist jedoch falsch angemalt worden (Stammwappen der von Königsegg). Der Schild wird unterlegt mit einem weiteren Deutschordensschild, wie ihn alle Deutschordensritter führen dürfen. Dazu werden zwei völlig unterdimensionierte Helme mit mickrigen Kleinoden geführt: Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit eigentlich schwarz-silbernen Decken ein silberner Flug, belegt mit einem silbern gesäumten, schwarzen Kreuz (Landkomtur des Deutschen Ordens), Helm 2 (links): auf dem Helm mit eigentlich rot-goldenen Decken ein roter Federstoß (Stammkleinod der von Königsegg). Ein wesentlich besseres Wappen dieses Landkomturs kann man jeweils am Rathaus von Altshausen und im Chor der Schloßkirche Altshausen zur Rechten seitlich hinter dem Altar sehen.

Christian Moritz Eugen Franz Graf von Königsegg und Rothenfels (24.11.1705-21.7.1778) war der Sohn von Albrecht Eusebius Franz Graf von Königsegg und Rothenfels (4.1.1669-23.5.1736) und Maria Clara Philippina Felicitas von Manderscheid-Blankenheim (17.9.1667-17.8.1751). Seine älteren Brüder waren Carl Ferdinand Graf von Königsegg-Rothenfels-Erps Marquis von Boischot (1.11.1696-20.12.1759), k. u. k. Wirklicher Geheimer Rat, Obersthofmeister und Hofkammerpräsident, Gouverneur von Brüssel, Gesandter im Haag, Interimsstatthalter der Niederlande, Präsident des k.k. Münz- und Bergwesens-Direktion-Hofkollegiums, Landmarschall in Niederösterreich, Ritter vom Orden vom Goldenen Vließ, und Franz Hugo Graf von Königsegg und Rothenfels, kaiserlicher Wirklicher Geheimrat und Kämmerer. Sein jüngerer Bruder war Maximilian Friedrich von Königsegg und Rothenfels Fürsterzbischof von Köln (13.5.1708-15.4.1784).

Christian Moritz Eugen Franz Graf von Königsegg und Rothenfels machte eine militärische Karriere und stieg im Regiment seines Onkels auf. Das war Christian Joseph Lothar Dominicus von Königsegg und Rothenfels (7.5.1673-8.12.1751), kaiserlicher Wirklicher Geheimer Rat und Kämmerer, 1720 Feldmarschall, 1722 Gouverneur von Siebenbürgen, 1747 Obersthofmeister und Konferenzminister, Ritter des Ordens vom Goldenen Vließ, Obrist über ein Infanterieregiment, Hofkriegsratspräsident, österreichischer Haus- und Landzeugmeister und Kommandant von Wien. Unter diesem Onkel stieg er 1729 zum Hauptmann, 1732 zum Oberstlieutenant und 1733 zum Obersten und Kommandanten des Regiment Nr. 54 auf. Am 28.4.1735 wurde er Generalfeldwachtmeister, am 3.4.1741 Feldmarschall-Lieutenant, 1754 General-Feldzeugmeister und 1758 Feldmarschall. Er kämpfte in der Schlacht bei Guastalla, bei der er am 19.9.1734 verwundet wurde, in den Türkenkriegen, im Österreichischen Erbfolgekrieg und im Siebenjährigen Krieg. Mit der Wahl zum Landkomtur der Ballei Elsaß-Burgund hielt er in der Landkommende Altshausen Einzug, wo er durch seinen verschwenderischen Lebensstil und die aufwendige Hofhaltung die Balleifinanzen ruinierte. Er konnte wohl besser kämpfen als wirtschaften. 1774 wurde er aus dem Amt gedrängt. Die letzten Lebensjahre verbrachte er in Immenstaad und Wurzach.

Literatur, Links und Quellen:
Hinweistafel am Gebäude
Geschichte von Sipplingen:
http://www.sipplingen.de/gemeinde/gemeindeleben/historisches.html
Geschichte von Sipplingen:
http://www.leo-bw.de/web/guest/detail-gis/-/Detail/details/ORT/labw_ortslexikon/18277/Sipplingen+[Altgemeinde-Teilort]
Alexandra Baier: Denkmalpflegerischer Werteplan Gesamtanlage Sipplingen, hrsg. vom Regierungspräsidium Tübingen, Referat 26, Denkmalpflege, 2012 - online:
http://www.denkmalpflege-bw.de/fileadmin/media/denkmale/projekte/bau_kunstdenkmalpflege/02_praxisorient_vertiefung_denkmalwissen/denkmalpflegerische_wertplaene/
Denkmalpflegerischer_Werteplan_Gesamtanlage_Sipplingen.pdf
Graf Christian Moritz Eugen von Königsegg-Rothenfels:
https://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Moritz_von_Königsegg-Rothenfels
Sommeregger: Graf Christian Moritz Eugen von Königsegg-Rothenfels, in: Allgemeine Deutsche Biographie 51 (1906), S. 332-333 -
http://www.deutsche-biographie.de/sfz57372.html
C. A. Schweigerd: Österreichs Helden und Heerführer, Band III, S. 111 -
https://books.google.de/books?id=tLQUAAAAYAAJ&pg=PA111#v=onepage&q&f=false
Landkommende Altshausen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutschordenskommende_Altshausen
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H. Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Herrschaft und Burg Neu-Hohenfels:
https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Hohenfels_(Hohenfels)
Burg und Herrschaft Alt-Hohenfels:
https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Hohenfels_(Sipplingen)

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