Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 2331
Sipplingen (Bodenseekreis)
Konstanzer Spitalhof
Der ehemalige Konstanzer Spitalhof, ein zweigeschossiges, giebelständiges Gebäude mit Satteldach, befindet sich in Sipplingen in städtebaulich markanter Lage direkt an der Uferstraße (Seestraße 52) am südlichen Ortsrand in unmittelbarer Nachbarschaft zur Pfarrkirche. Zum See hin zeigt das Gebäude seine Schmalseite mit Eckquaderung und mit einem hohen, massiv gebauten und verputzten Treppengiebel und sandsteinernen Fenstergewänden; zur linken Seite hin besteht nur das Erdgeschoß, das zwei Eingänge und zwei große Rundbogentore mit sandsteinernen Gewänden enthält, aus Stein, während das Obergeschoß aus später wieder freigelegtem Fachwerk errichtet wurde.
Das Dorf Sipplingen gehörte zur Landgrafschaft Nellenburg. Die Grafschaft und die hohe Gerichtsbarkeit hatten die Grafen von Nellenburg bis 1422 und nach deren Aussterben die Herren von Tengen inne. Graf Hans von Tengen war notorisch klamm und mußte 1465 die Landgrafschaft Nellenburg samt der Hochgerichtsbarkeit an Erzherzog Siegmund von Österreich verkaufen. Die Landeshoheit lag nun bei Vorderösterreich. Österreich errichtete in Stockach das zuständige Oberamt.
Die Grundherrschaft in Sipplingen und die niedere Gerichtsbarkeit hatten zunächst die erstmals 1148 erwähnten Herren von Hohenfels inne, Ministerialen des Konstanzer Fürstbischofs, die die unweit des Dorfes gelegene Burg Hohenfels errichteten und die den größten Grundbesitz im Ort hatten, sowohl als Eigenbesitz als auch als Lehen des Hochstifts Konstanz. Von dieser Familie gibt es einen in der Manessischen Liederhandschrift vorkommenden Minnesänger, Burkhard von Hohenfels. Die im Hegau reich begüterten Herren von Hohenfels verkauften zunächst um 1294 das betreffende Sipplinger Hochstiftslehen, darunter auch den Vorgänger dieses Kelnhofes, an das Spital Konstanz, wenig später ebenso ihren Eigenbesitz in Sipplingen; und die an den alten Kelnhof gebundene Niedergerichtsbarkeit übertrug Kaiser Friedrich III. 1478 dem Spital in Form einer Schenkung. Das Spital hatte damit de facto die komplette Ortsherrschaft übernommen. Das Konstanzer Spital war bis 1577 Grund- und Gerichtsherr in Sipplingen und verwendete diesen Kelnhof als grundherrlichen Hof zur Regelung von Abgaben und Gerichtsfragen und auch als Versammlungsort. Das Spital baute das Gebäude nach dem Erwerb neu; das war der Vorgängerbau des heutigen, aus dem Jahre 1601 stammenden Hofes.
Im Jahr 1577 verkaufte das Spital Konstanz die Niedergerichtsbarkeitsrechte über das Dorf Sipplingen und damit die Ortsherrschaft mit den dort lebenden und in der Verkaufsurkunde erwähnten 138 Untertanen an Erzherzog Ferdinand II. von Österreich (1529-1595) für 6500 fl., so daß nun in der Landgrafschaft Nellenburg die hohe und die niedere Gerichtsbarkeit erstmals in einer Hand vereint waren. Die Immobilien behielt das Konstanzer Spital freilich. Wie die Datierung auf das Jahr 1601 zeigt, entstanden die Wappensteine an der Süd- und an der Westseite erst nach diesem Verkauf, zeigen also, daß der Hof danach noch vom Spital als Wirtschaftshof betrieben und sogar erneuert wurde. Das Haus ist damit eines der ältesten Gebäude im Ort und hat sogar den Dreißigjährigen Krieg überstanden. Insgesamt hatten im Jahre 1609 dreizehn Klöster, drei Pfarreien, drei Pflegschaften und Heiligenpflegschaften und neun sonstige kirchliche Einrichtungen (Franziskanerinnerkloster St. Ulrich, Spital Konstanz, Domkapitel Konstanz, Spital Überlingen, Reichskloster Salem, Deutschordenskommende Mainau, Maria-Coronata-Bruderschaft u.v.a.m.) Grundbesitz in dem als Weinbauort interessanten Sipplingen, der rund zwei Drittel der Wirtschaftsfläche ausmachte. Nur ein Drittel besaßen die ortsansässigen Bauern. Im Jahre 1805 kam die Gemeinde Sipplingen zusammen mit der Landgrafschaft Nellenburg an das Königreich Württemberg, 1810 an das Großherzogtum Baden.
Beide Wappensteine sind gleich aufgebaut: Unter einer schwebenden Taube (Spital zum Heiligen Geist!) sind zwei Wappenschilde zusammengestellt. Der Stein auf der Südseite des Gebäudes ist farbig gefaßt (Abb. oben), der an der Westseite nicht (Abb. unten). Der heraldisch rechte Schild trägt das Stadtwappen von Konstanz, unter einem roten Schildhaupt in Silber ein durchgehendes schwarzes Kreuz. Seit dem 14. Jh. ist das städtische Wappen mit dem Kreuz überliefert, wobei das schwarze Kreuz sich farblich von dem des Hochstifts absetzt, welches rot geführt wird. Die Tinkturen des Stadtwappens sind seit 1405 überliefert. Im Jahr 1417 wurde von König Sigismund das rote Schildhaupt als Dank für die Durchführung des Konzils 1414-1418 hinzugefügt, um erweiterten Freiheiten und Rechten für die Stadt Rechnung zu tragen (Blutgerichtsbarkeit über Petershausen). In der Chronik des Ulrich Richental taucht schon das Wappen mit Schildhaupt auf. Seitdem wurde das Wappen unverändert geführt.
Der heraldisch linke Schild trägt das Symbol des Konstanzer Spitals (Bürgerspital Zum Heiligen Geist), in der momentanen Farbfassung in Silber ein schwarzes Kleeblattkreuz mit zwei Querbalken übereinander. Diese Farbfassung entspricht nicht der von der Spitalstiftung verwendeten Tingierung, die in Gold ein rotes Kleeblattkreuz mit zwei Querbalken übereinander verwendet. In dieser rot-goldenen Farbfassung ist es sowohl an einem der Spitalstiftung gehörenden historischen Gebäude nahe dem Konstanzer Klinikum als auch in der heutigen Verwendung durch die Spitalstiftung verifizierbar (das namentlich, aber nicht institutionell verwandte Heiliggeistspital in Lindau am Bodensee hatte hingegen ein ganz ähnliches Kreuz, aber in den Farben silbern/schwarz, am Spitalgebäude in Lindau zu sehen). Eine üppige Umrahmung mit Laubkranz und zwei Karyatiden zu beiden Seiten unten und je einem Kopf oben und unten faßt die Komposition jeweils ein.
Das zu Anfang des 13. Jh. als Ausdruck erstarkten bürgerlichen Selbstbewußtseins gegründete, 1225 mit Urkunde von Bischof Konrad II. bestätigte Spital, eine der ältesten Bürgerstiftungen Deutschlands, hatte seinen städtischen Spitalhof an der heutigen Marktstätte von Konstanz. Von diesem vom 13. bis frühen 19. Jh. genutzten ehemaligen Hauptgebäude haben sich mittelalterliche Wandmalereien in einem heute dort befindlichen modernen Wohn- und Geschäftskomplex erhalten. Schenkungen und Vermächtnisse vergrößerten im Laufe der Zeit das Stiftungsvermögen und bildeten mit zahlreichen Rebflächen, Gütern und Feldern die wirtschaftliche Grundlage des karitativen Engagements. Im Laufe der Geschichte wandelte sich das Spital von einer mittelalterlichen Kranken- und Pfründner-Einrichtung zu einem hochmodernen, im Verbund mit dem Klinikum Konstanz, der orthopädischen Fachklinik Vincentius-Krankenhaus und dem Krankenhaus Stockach arbeitenden Dienstleistungszentrum mit vier Pflegeeinrichtungen für alte Menschen, einer Tagespflege und einen ambulanten Pflegedienst mit aktuell ca. 300 Mitarbeitern und mehr als 100 ehrenamtlichen Helfern. Die heutige Form des Spitals ist die Spitalstiftung Konstanz, eine gemeinnützige kommunale Stiftung des öffentlichen Rechts. Die Konstanzer Spitalkellerei, die älteste Stiftungskellerei Deutschlands mit Sitz in der Brückengasse 16, führt hingegen die Tradition des Weinbaus fort.
Zurück zu Sipplingen: In dem historischen Gebäude, das ein paar Umbauten im 19./20. Jh. im Rahmen der Umnutzung erfuhr, wurde am 1.1.1880 die örtliche Post- und Telegrafenstation eingerichtet. Bis heute ist das so geblieben, und der jeweilige Eigentümer des Hauses oder zumindest ein naher Verwandter ist der Leiter der heutigen Postagentur.
Literatur,
Links und Quellen:
Hinweistafel am Gebäude
Geschichte von Sipplingen: http://www.sipplingen.de/gemeinde/gemeindeleben/historisches.html
Geschichte von Sipplingen: http://www.leo-bw.de/web/guest/detail-gis/-/Detail/details/ORT/labw_ortslexikon/18277/Sipplingen+[Altgemeinde-Teilort]
Alexandra Baier: Denkmalpflegerischer Werteplan Gesamtanlage
Sipplingen, hrsg. vom Regierungspräsidium Tübingen, Referat 26,
Denkmalpflege, 2012 - online: http://www.denkmalpflege-bw.de/fileadmin/media/denkmale/projekte/bau_kunstdenkmalpflege/02_praxisorient_vertiefung_denkmalwissen/denkmalpflegerische_wertplaene/
Denkmalpflegerischer_Werteplan_Gesamtanlage_Sipplingen.pdf
Spitalstiftung Konstanz: http://www.spitalstiftung-konstanz.de/stiftung/
Geschichte der Spitalstiftung: http://www.spitalstiftung-konstanz.de/stiftung/geschichte.html
Spitalwappen in Konstanz: http://see-online.info/wp-content/uploads/2013/12/Klinikum_Spitalwappen.jpg
Spitalkellerei: http://www.spitalkellerei-konstanz.de/
Zum Vergleich Heiliggeistspital in Lindau: http://www.foerderkreis-heimatkunde.de/images/07-abb-3.jpg
Wappen von Konstanz: http://www.ngw.nl/heraldrywiki/index.php?title=Konstanz
K. Stadler: Deutsche Wappen - Bundesrepublik Deutschland,
Angelsachsen Verlag, 1964-1971, 8 Bände
Wappen und Siegel von Konstanz: http://www.topka.name/blaetz/html/konstanzer_wappen.html
Wappen von Konstanz: http://www.konstanzer-konzil.de/de/augenblick/aktuelles-archiv/48-aktuelles/2011/277-wie-ein-wappen-funktioniert
Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
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