Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2325
Oberuhldingen (zu Uhldingen-Mühlhofen, Bodenseekreis)
Oberuhldingen, Bahnhofstraße 1
Im Norden des Ortszentrums von Oberuhldingen befindet sich gegenüber dem heutigen Rathaus ein historisches Gebäude, das von der Präsenz des Klosters Salem im Ort zeugt. Ersten Besitz erwarb die Zisterzienserabtei um die Wende vom 12. zum 13. Jh., als es mit Konrad von Foramine einen Gütertausch vornahm. Im 13. Jh. vergrößerte sich der Klosterbesitz in Oberuhldingen, als Salem von den Herren von Vaz, von Swigger von Gundelfingen und von Konrad von Markdorf weitere Immobilien erhielt. Noch mehr Besitz kam im Laufe des 14. und 15. Jh. hinzu, so daß es dem Kloster Salem schließlich möglich wurde, die gesamte Ortsherrschaft an sich zu bringen, wodurch es neben Maurach einen weiteren selbstkontrollierten Bodenseezugang hatte, über den man abgabenfrei Waren verschiffen und Baustoffe importieren konnte. Der Weg zwischen Kloster und See war sogar hier noch günstiger als über das nahe Maurach.
Das einzige profane Haus mit Wappenschmuck ist dasjenige in der Bahnhofstraße 1. Auch wenn das seit der Errichtung mehrfach umgestaltete Gebäude mit Walmdach massiv aussieht, ist in Wahrheit nur das Erdgeschoß aus Steinen aufgemauert; das Obergeschoß besteht aus verputztem Fachwerk. Im rechten (östlichen) Teil befinden sich die Wohnräume, im linken (westlichen) Teil die Scheune. Insgesamt ist beides sehr klein dimensioniert, so daß das Gebäude unbekannter Ursprungsfunktion wohl weniger ein selbständig überlebensfähiger landwirtschaftlicher Betriebshof, sondern möglicherweise ein Rebmannhaus mit angeschlossenem Torkel war. Prägend ist auf der Südseite eine große Zufahrt zur Tenne, die ihre heutigen Dimensionen wohl erst im 19. Jh. bekam. An der fensterlosen, westlichen Schmalseite des Gebäudes befindet sich der hier interessierende Wappenstein, der vermutlich von einer ehemaligen, 1604-1605 durch Johann Hiltensperger im Ort erbauten Torkelscheuer stammt und hier sekundär vermauert wurde. Neben der Torkelscheuer erbauten die Salemer Äbte in Oberuhldingen noch eine Schießhütte und zwei Mühlen (Reißmühle und Bruckmühle).
Der Wappenstein ist auf dem unteren Rand auf das Jahr 1605 datiert und besitzt einen unten rechteckigen, oben bogenförmigen Umriß. Zwei Wappenschilde werden kombiniert, wovon der heraldisch rechte lediglich den Zisterzienserbalken zeigt (in Schwarz ein in zwei Reihen rot-silbern geschachter Schrägbalken), der heraldisch linke das persönliche Wappensymbol des Salemer Abtes Petrus II. Miller (oder Peter II. Müller) trägt. Der Vergleich mit der Äbtewappentafel liefert die Tinkturen wie folgt: In Silber ein schwarzer, mit drei roten, nach der Figur gelegten Lilien belegter Schrägbalken, begleitet von zwei roten, vierspeichigen Mühlrädern. Es gibt noch weitere Fundstellen für dieses Wappen über dem Eingang des Gasthofs Adler in Bermatingen (Bodenseekreis), datiert 1596, an der ehemaligen Grangie Tiefenhülen bei Frankenhofen, auf der Altarspitze der St.-Nikolaus-Kapelle, und an einer Scheune in Ostrach. An der Salemer Mühle in Schemmerberg ist das Wappen in wenig plausiblen Farben wiedergegeben. Zwischen beiden Schilden ragt vertikal der Abtsstab empor mit einer in ein dreilappiges Blatt auslaufenden Krümme, dessen Sudarium erst nach links und dann in einem schwungvollen Bogen nach rechts weht. Dieser Abtsstab durchsteckt die Inful, deren Bänder zu beiden Seiten eine nach oben geschlagene Bucht bilden.
Petrus II. Miller (oder Peter II. Müller) stammte aus Schellenberg bei Bad Waldsee im Landkreis Ravensburg. Nach dem Tod von Abt Christian II. Fürst wurde Petrus II. Miller unter dem Vorsitz des Abtes Beatus Bapst aus der Zisterzienserabtei Lützel (Lucelle, Département Haut-Rhin, Frankreich) am 10.12.1593 zum Nachfolger gewählt. Es war die letzte Wahl unter diesem Vorsitz, denn bei einer Visitation im Jahre 1595 gab der Generalabt die Erlaubnis, daß bei zukünftigen Abtswahlen die Anwesenheit des Abtes von Kaisheim genüge.
Die ordentliche Bestätigung seiner Wahl in allen Instanzen, also einerseits durch den Generalabt im Mutterkloster Cîteaux und andererseits durch den Papst, gestaltete sich etwas schwierig: Nicht nur der Brief an den Papst, sondern auch die an mehrere Kardinäle und den Ordensprokurator gerichteten Unterstützungsbittgesuche glaubte man bei der Fuggerpost in sicheren Händen - doch alles, was nach Rom sollte, ging erst einmal verloren. So sehr verloren, daß die nassen und beschädigten, teils ihrer Siegel beraubten Briefe schließlich von einem Fischer aus Trient gefunden wurden und erst gewaschen und gereinigt werden mußten, ehe sie wieder eine Form hatte, daß beim Empfänger wieder Hoffnung auf wohlwollende Lektüre bestand.
Das späte Eintreffen in Rom war aber nur das eine Problem, das andere Problem waren die Verhandlungen über die Gebühren für die päpstliche Bestätigung. Einen teilweisen Erlaß der Gebühren, quasi ein päpstliches Sonderangebot herauszuhandeln, war üblich und bei den geforderten Sätzen auch sinnvoll. Selbst bei allerhöchstem Entgegenkommen zahlte der Salemer Abt noch "1748 Ducatos 148 julios". Dann konnte endlich nach dem Erhalt der entsprechenden Bullen aus Rom die Benediktion am 30.4.1595 stattfinden. Die Veranstaltung, zu der der Generalabt anreiste, kostete nur etwas weniger als die päpstliche Bulle, nämlich 6986 Gulden inclusive aller Verehrungen und Gastfreiheiten. Petrus II. Miller erhielt im Jahre 1596 vom Generalabt die Erlaubnis, selbst Äbte zu weihen. Außerdem wurde er zum Generalvikar der Ordensprovinz Oberdeutschland eingesetzt, auch wenn die Gründung einer Oberdeutschen Zisterzienserkongregation erst unter seinem Amtsnachfolger im Januar 1619 vonstatten ging. Petrus Miller amtierte als Abt bis zu seinem Tod am 29.12.1614.
Zur Übersicht ein Ausschnitt aus der Salemer Äbteliste unter Hervorhebung des mit einem bauplastischen Wappen vertretenen Abtes:
Literatur,
Links und Quellen:
Reinhard Schneider: Die
Geschichte Salems, in: Salem, 850 Jahre Reichsabtei und Schloß,
Konstanz 1984.
Lebensdaten der Äbte: http://www.leo-bw.de/web/guest/ergebnisliste-gross/-/Suchergebnis/liste/GROSS?_LEOBWSearchResult_WAR_sucheportlet_searchId=1459108115829&cur=1 ff.
Tafel mit allen Abtswappen: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/75/Bodenseeraum_2012_ii_16.jpg
Liste der Äbte von Salem: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Äbte_von_Salem
Liste der Äbte von Salem: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Salem/Äbteliste
Alberich Siwek, Fridolin Schmid, Schw. Dr. Marcella Kugler O.
Cist.: Die Zisterzienserabtei Salem: Der Orden, das Kloster,
seine Äbte, hrsg. anläßlich der Gründung des Klosters vor 850
Jahren, hrsg. vom Erzb. Münsterpfarramt Salem, Jan Thorbecke
Verlag Sigmaringen, 1984, S. 218-222
Ulrich Knapp: Auf den Spuren der Mönche - bauliche Zeugen der
Zisterzienserabtei Salem zwischen Neckar und Bodensee, Schnell
& Steiner Verlag, 1. Auflage 2009, 336 Seiten, ISBN-10:
3795422477, ISBN-13: 978-3795422479, S. 211-213
Salemer Wappenbüchlein, im 18. Jh. entstanden und 1826 ergänzt:
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/wappenliste_aebte_salem/0001 - https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/wappenliste_aebte_salem/0001/image - http://digi.ub.uni-heidelberg.de/cgi-bin/digi-downloadPdf.fcgi?projectname=wappenliste_aebte_salem&zoom=1, der hier vorkommende Abt: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/wappenliste_aebte_salem/0067/image
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