Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2322
Stockach (Landkreis Konstanz)
Salmansweiler Hof (Salmannsweiler Hof, Salemer Pfleghof)
Der Salmansweiler Hof (Salmannsweiler Straße 10) befindet sich in der Südecke der dreiecksförmigen Stockacher Altstadt. Mit seiner Südfront sitzt das Gebäude der Stadtmauer auf und überragt den Stadtwall. Es handelt sich um einen Pfleghof des Klosters Salem, welches seit 1317 ein Haus in Stockach besaß, das 1329 von Graf Eberhard von Nellenburg von allen Abgaben befreit wurde. Salem und Salmansweiler (auch: Salmannsweiler) sind parallel benutzte Namen, wobei Salmansweiler die Bezeichnung für die bereits in fränkischer Zeit bestehende Siedlung ist, also der weltliche Name, während Salem eine sich daran anlehnende, typisch zisterziensisch-programmatische Bezeichnung für das Kloster ist. Beide Namen wurden bis ins 18. Jh. parallel verwendet. Mit der Säkularisation verschwand paradoxerweise der weltliche Name, während der geistliche Name für das Kloster und den Ort desselben blieb. Der Stockacher Stadtbesitz wurde durch Zukäufe vergrößert, bis 1610 ein dreigeschossiger Neubau mit Satteldach und mit weiteren Nebengebäuden errichtet werden konnte. Innen enthielt das Gebäude die Wohnung und Diensträume des Verwalters, eine Kapelle und ein Quartier für den Abt, wenn er geschäftlich hier Quartier nahm. Nach der Säkularisation wurde das Gebäude als Spital und Kaserne genutzt, danach war es ein Verlagsgebäude, schließlich bis 1972 Sitz des örtlichen Finanzamtes. Heute befindet sich im Erdgeschoß ein Elektronik-Fachgeschäft.
Über dem in der mittleren Fensterachse von insgesamt sieben Achsen der stadtseitigen Nordfassade angeordneten Portal ist das Wappen des Salemer Abtes Stephan I. Jung angebracht, der 1698-1725 amtierte. Sein Wappen kennen wir von vielen anderen Orten, an denen während seiner Amtszeit gebaut wurde, so z. B. ist es an Schloß Maurach zu finden, an der Südfassade des Schlosses Salem, als Deckengemälde des Kaisersaals in der Prälatur Salem, an der Kirche St. Wolfgang in Oberuhldingen und am Pfarrhaus in Ostrach. Doch hier am Stockacher Klosterhof ist die Darstellung insofern eine besondere, als sie nicht nur die persönlichen Wappenmotive zeigt, sondern auch die des Klosters Salem selbst.
Der Herzschild mit den persönlichen Symbolen wird durch eine eingebogene Spitze in drei Felder aufgeteilt, Feld 1: in Schwarz ein silberner, mit einem nach links schwimmenden goldenen Fisch belegter Balken, Feld 2: in Blau ein aufspringendes silbernes Einhorn, Feld 3: in Rot ein silberner Pelikan mit Jungen auf seinem Nest. Der Hauptschild zeigt die Felder mit heraldischen Symbolen für das Kloster Salem selbst und ist geviert: Feld 1: in Schwarz ein rot-silbern in zwei Reihen geschachter Balken (Zisterzienserorden, Wappen für Bernhard von Clairvaux), Feld 2: hier in Blau, normalerweise in Gold (so nach der Äbtewappentafel, Deckengemälde in der Abtei: in Rot) auf einem hier silbernen, normalerweise grünen Dreiberg oder Boden ein hier silberner, normalerweise schwarzer Widder (oft auch als Lamm dargestellt wie hier, Wappen für den Klosterstifter Guntram von Adelsreute), Feld 3: gespalten, rechts in Rot ein silberner Balken, links in Gold ein schwarzer Löwe (Erzstift Salzburg, weil Bischof Eberhard II. von Salzburg Mitstifter war, das Kloster dem Schutz des Erzbistums unterstellt wurde und damit den Rücken gegen das Hochstift Konstanz und dessen Interessen gestärkt bekam, normalerweise andersherum angeordnet), Feld 4: hier in Blau, normalerweise in Schwarz ein goldener Löwe, der einen goldenen, von einem normalerweise auch goldenen S umschlungenen Krummstab in den Vorderpranken hält (Abtei Salem).
Es ist also eine der vollständigsten und besten Wappendarstellungen, die wir für diesen Abt finden können, mit einigen farblichen Defiziten. Ein weiteres Beispiel für eine so vollständige Wiedergabe ist auf einem Kupferstich aus dem Jahr 1708 von Andreas Friedrich nach einer Zeichnung von Christoph Lienhardt mit dem Prospekt der Zisterzienserabtei Salem (Idealansicht mit den weiteren Planungen Franz Beers) für diesen Abt zu finden. Größere Leerbereiche sind hier am Salmansweiler Hof üppig mit Ranken damasziert. Oben ist auf dem Kartuschenrand eine reichverzierte Inful mit seitlich abflatternden Bändern plaziert; Krummstab und gestürztes Schwert sind seitlich daneben zu sehen.
Da das Gebäude von 1610 stammt, wurde der Wappenstein deutlich später angebracht, nämlich nachdem der Pfleghof bei der Brandschatzung Stockachs 1704 stark beschädigt worden war und wiederhergestellt werden mußte.
Abt Stephan I. Jung stammte aus Koblenz und wurde am 8.2.1664 geboren und am 10.2.1664 getauft. Er wuchs unter dem Namen Christian Jung auf. Seine Eltern waren der aus Nußdorf bei Überlingen kommende Zimmermann Johann Jakob Jung und dessen Frau Anna Gertrud Fischer. Christian Jung besuchte die Schulen in Koblenz und Mainz und studierte danach an den Universitäten Wien und Freiburg. Am Bodensee hatte er Verwandte, und bei einem Besuch derselben kam er mit dem damals amtierenden Salemer Abt ins Gespräch, an dessen Ende der Eintritt in das Noviziat stand. Christian Jung wurde am 3.8.1683 in Salem eingekleidet, und am 6.8.1684 legte er die endgültigen Gelübde ab und wählte als Klosternamen Stephan nach Stephan Harding, dem dritten Abt des Mutterklosters Cîteaux. Ex-Christian, nun Stephan Jung, setzte seine Studien in Konstanz fort und wurde 1690 zum Priester geweiht. Er wurde fortan geistlicher Leiter der Laienbrüder und Pfarrer im Dorf Salem. 1697 wurde Stephan Jung Leiter der Salemer Ökonomieverwaltung, nach der Brandkatastrophe 1697 Subprior und bald danach Prior. Im Jahre 1698 wurde er zum Abt gewählt und startete seine Amtszeit unter denkbar schlechten Bedingungen: Das Feuer hatte das Kloster verwüstet, unter den Untertanen herrschte große Armut, Kriegskosten hatten die Abtei ruiniert, und der Amtsvorgänger hatte ihm 47000 fl. Schulden hinterlassen. Am 23.6.1698 erhielt er die Bestätigung seiner Wahl vom Generalabt in Cîteaux, und zugleich wurde er zum Generalvikar der Oberdeutschen Zisterzienserkongregation ernannt. Am 10.5.1700 bekam Stephan Jung die päpstliche Bestätigung, die ihn aber 12000 fl. (= 6000 römische Scudi) kostete, eine übliche "Lizenzgebühr". Am 1.8.1700, mehr als zwei Jahre nach Übernahme der Aufgaben, konnte dann endlich die Abtsweihe durch den Konstanzer Fürstbischof, Marquard Rudolf Freiherr von Rodt, stattfinden. Stephan Jung wurde entsprechend der beim Amtsantritt vorgefundenen Lage zum Abt des Wiederaufbaus: Er gilt als Erneuerer des Klosters Salem, als Wiederhersteller der klösterlichen Zucht und Ordnung und als gewandter und wirtschaftlich erfolgreicher Geschäftsmann, so daß Salem unter ihm nach der 1697er-Katastrophe wieder erstarken konnte. Er starb am 15.4.1725, nachdem er 27 Jahre lang die Abtei Salem geleitet hatte.
Zur Übersicht ein Ausschnitt aus der Salemer Äbteliste unter Hervorhebung des mit einem bauplastischen Wappen vertretenen Abtes:
Literatur,
Links und Quellen:
Reinhard Schneider: Die
Geschichte Salems, in: Salem, 850 Jahre Reichsabtei und Schloß,
Konstanz 1984.
Lebensdaten der Äbte: http://www.leo-bw.de/web/guest/ergebnisliste-gross/-/Suchergebnis/liste/GROSS?_LEOBWSearchResult_WAR_sucheportlet_searchId=1459108115829&cur=1 ff.
Tafel mit allen Abtswappen: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/75/Bodenseeraum_2012_ii_16.jpg
Liste der Äbte von Salem: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Äbte_von_Salem
Liste der Äbte von Salem: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Salem/Äbteliste
Alberich Siwek, Fridolin Schmid, Schw. Dr. Marcella Kugler O.
Cist.: Die Zisterzienserabtei Salem: Der Orden, das Kloster,
seine Äbte, hrsg. anläßlich der Gründung des Klosters vor 850
Jahren, hrsg. vom Erzb. Münsterpfarramt Salem, Jan Thorbecke
Verlag Sigmaringen, 1984, S. 259-274
Ulrich Knapp: Auf den Spuren der Mönche - bauliche Zeugen der
Zisterzienserabtei Salem zwischen Neckar und Bodensee, Schnell
& Steiner Verlag, 1. Auflage 2009, 336 Seiten, ISBN-10:
3795422477, ISBN-13: 978-3795422479, S. 289
Hinweistafel am Objekt
Rundgang durch Stockach: http://www.stockach.de/fileadmin/Dateien/Dateien/Prospekte/Endgueltige_VersionHistorischer_Stadtfuehrer_2014_240114_1.pdf
Salemer Wappenbüchlein, im 18. Jh. entstanden und 1826 ergänzt:
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/wappenliste_aebte_salem/0001 - https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/wappenliste_aebte_salem/0001/image - http://digi.ub.uni-heidelberg.de/cgi-bin/digi-downloadPdf.fcgi?projectname=wappenliste_aebte_salem&zoom=1, der hier vorkommende Abt: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/wappenliste_aebte_salem/0077/image
Das Schloß und ehemalige Zisterzienserkloster Salem - Fohlenhof (Stuterei) in Salem-Stefansfeld - Gasthaus Adler in Bermatingen - Pfarrhaus Ostrach - Salemer Zehntscheune in Ostrach - Kapelle St. Wolfgang, Oberuhldingen - Oberuhldingen, Bahnhofstraße 1 - Schloß Maurach - Schemmerberg, Salemer Pfleghof - Schemmerberg, Salemer Mühle - Priorat und Wallfahrtskirche Birnau - Pfarrhaus Levertsweiler
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