Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 2259
Steyr (Oberösterreich)
Der Stadtpfarrhof
In unmittelbarer Nachbarschaft zur Stadtpfarrkirche steht der Stadtpfarrhof (Brucknerplatz 4), angelehnt an die Margaretenkapelle. Ein erster Stadtpfarrhof wurde bereits 1360 erwähnt und 1399 von der Stadt Steyr erworben, das ist das heutige Mesnerhaus am Brucknerplatz Nr. 6. In diesem wurde damals die Stadtschule untergebracht, während der neue Pfarrhof erbaut wurde, der aber 1522 bei einem Brand schwer beschädigt wurde. Die Reformation und finanzielle Engpässe verzögerten den Wiederaufbau. Erst 1684-1687 wurde nach Plänen von Baumeister Marx Martin Spaz der zweigiebelige Stadtpfarrhof, der eigentlich schon 1630 begonnen worden war, unter dem Stadtbaumeister Georg Aigner in seiner heutigen Gestalt errichtet. In der Zwischenzeit diente erst der Plütlhof in der Vorstadt Ort und ab 1638 der Schwarzhof (Tomitzstraße 1) als Behelfspfarrhof. Berühmt ist dieses Haus weniger wegen der darin logierenden Pfarrer, sondern weil der Komponist Anton Bruckner 1886-1894 in einem Zimmer des zweiten Stockwerkes an seinen symphonischen Werken arbeitete. Rückwärtig stößt das Anwesen an die teilweise erhaltene Stadtmauer mit einem Wehrturm. Ein Garten zieht sich hinunter bis zum Innerberger Stadel.
Garsten war für die Stadt Steyr in gewisser Weise das für die Pfarrseelsorge zuständige Mutterkloster, weil ihm die Stadtpfarre bis in die Zeit Kaiser Josefs II. und der Aufhebung des Klosters unterstand. Der Stadtrichter und die "Gemein der Ritter zu Steyr" hatten im Jahre 1305 bestätigt, daß der jeweilige Garstener Abt ihr zuständiger Pfarrer sein soll. Über dem ins Eck an die Westwand der Margaretenkapelle gerückten Portal befindet sich das auf 1687 datierte Wappen von Anselm Angerer (31.3.1647-29.4.1715), der 1683-1715 als Abt des Benediktinerklosters Garsten amtierte. Die Buchstaben "A.A.Z.G" auf dem Stein bedeuten "Anselm Abbas zu Garsten". Die Buchstaben darunter "S.S.P.H" könnten für "Stadt Steyr Pfarr-Hof" stehen. Anselm Angerer stammte selbst aus Steyr und war der Sohn eines Messerschmiedes. Er legte am 1.11.1665 in Garsten die Profeß ab und wurde am 13.11.1672 zum Priester geweiht. Im Jahr 1681 bestimmte man ihn zum Subprior, und am 7.11.1683 wählte man ihn zum Abt. 1691 und 1703 war er Verordneter des Prälatenstandes. Außerdem war er Rektor der Universität Salzburg. Er ließ den 1677 begonnenen Bau der Stiftskirche Garsten vollenden; 1685 wurde die neue Kirche feierlich eröffnet; die Innenausstattung dauerte freilich noch ein wenig länger. Gänzlich vollendet war die Stiftskirche 1693. Abt Anselm Angerer ließ 1702 den Bau der Wallfahrtskirche Christkindl beginnen. 1703 gab es einen Baustopp durch den Passauer Bischof, und erst 1708 konnte weitergebaut werden. Die Vollendung fand ein Jahr später statt. Auch der daneben stehende Pfarrhof wurde unter diesem baufreudigen Abt errichtet, unter dem das Kloster wirtschaftlich, wissenschaftlich und architektonisch erblühte. Das aufgelöste Kloster Garsten ist übrigens heute eine Justizvollzugsanstalt.
Mit der Inful auf dem Engelskopf und dem dahinter aufragenden Krummstab ist die optisch linke Kartusche als Abtswappen kenntlich gemacht worden. Das Wappen des Garstener Abtes Anselm Angerer ist geviert mit Herzschild, wobei ersterer die persönlichen Elemente enthält und letzterer das Klosterwappen darstellt. Es ist wie folgt aufgebaut: Feld 1 und 4: in Rot ein silberner Wellenschrägbalken, belegt mit einem natürlichen, nach der Figur gelegten Fisch, zur Schildmitte hin schwimmend, Feld 2: in Schwarz ein goldener, sechszackiger Stern, Feld 3: in Schwarz ein rechtshalbes, goldenes Wagenrad mit drei sichtbaren Speichen, gespaltener Herzschild (Kloster Garsten), rechts in Rot ein silberner Balken (Erzherzogtum Österreich), links in Grün ein silbernes Pantier, aus dessen Körperöffnungen rote Flammen hervorkommen (Steyr). Ein farbig gemaltes Vergleichswappen dieses Abtes befindet sich unter der Orgelempore an der Nordwand der jetzigen katholischen Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt, der früheren Garstener Klosterkirche. Auf der anderen Seite ist in der zweiten Kartusche das Steyrer Stadtwappen mit dem Pantier zu sehen, das silbern auf grünem Schild geführt wird.
Liste der Garstener Äbte (Auszug) unter Hervorhebung des Wappenträgers:
Literatur,
Quellen und Links:
Franz Xaver Pritz:
Beschreibung und Geschichte der Stadt Steyer und ihrer nächsten
Umgebungen. Linz, Haslinger, 1837. S. 439-439 https://books.google.de/books?id=4KwAAAAAcAAJ
Franz Xaver Pritz: Geschichte der ehemaligen
Benediktiner-Klöster Garsten und Gleink, Linz 1841 https://books.google.de/books?id=7aYDAAAAcAAJ - https://books.google.de/books?id=v6JYAAAAcAAJ
Stadtpfarrhof: http://www.steyr.at/system/web/zusatzseite.aspx?detailonr=219045962
Hinweistafel am Gebäude
Dr. Josef Ofner, Kunstchronik der Stadt Steyr, 1969, 1970.
Dehio, Handbuch, Oberösterreich, 1958.
Amtsblatt der Stadt Steyr Nr. 10/1970
Artikel über Anselm Angerer, in: Biographia Benedictina http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Angerer,_Anselm
Garstener Äbte: http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Garsten/Äbte
Gottfried Edmund Friess: Geschichte des Benedictiner-Stiftes
Garsten in Ober-Oesterreich. StMBO III/2, 1882, S. 241-248.
Artikel über Maurus Gordon, in: Biographia Benedictina http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Gordon,_Maurus
Artikel über Paul Meyer, in: Biographia Benedictina http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Meyer,_Paul
Artikel über Leopold Till, in: Biographia Benedictina http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Till,_Leopold
Artikel über Konstantin Muttersgleich, in: Biographia
Benedictina http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Muttersgleich,_Konstantin
Artikel über Ambros Freudenpichl, in: Biographia Benedictina http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Freudenpichl,_Ambros
Artikel über Roman Rauscher, in: Biographia Benedictina http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Rauscher,_Roman
Vergleichswappen in Garsten: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Garsten_Stiftskirche18.jpg
Kloster Garsten: https://de.wikipedia.org/wiki/Stift_Garsten
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