Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2027
Sommerhausen (Landkreis Würzburg, Unterfranken)

Das Schloß in Sommerhausen

Der malerische Weinort Sommerhausen war einst eine Enklave in fürstbischöflichem Gebiet: Er gehörte nicht zum Hochstift Würzburg, sondern zu der limpurgischen Herrschaft Speckfeld (Markt Einersheim), und er war protestantisch, genau wie Winterhausen auf der anderen Seite des Maines. Deshalb suchen wir in Sommerhausen fürstbischöfliche Wappen vergebens, eine Seltenheit entlang des Mains. Dafür können wir ein schönes Renaissance-Schloß der Linie der Schenken von Limpurg-Speckfeld in der Hauptstraße 25 sehen, unweit des südlichen Stadttores (Ochsenfurter Tor) und rücklings an die südöstliche Stadtmauer grenzend. Das Hauptschloß ist ein aus dem 16. Jh. stammender, dreigeschossiger Satteldachbau mit zwei gewaltigen, steilen, das Ortsbild beherrschenden Treppengiebeln an den Stirnseiten nach Westen zur Hauptstraße hin und nach Osten, ersterer mit fialenartigen Zieraufsätzen. Im Süden ist ein polygonaler Treppenturm angebaut. Durch lange Vernachlässigung waren die Gebäude im 20. Jh. einerseits stark renovierungsbedürftig, andererseits hat sich der Charakter des unverbauten Renaissance-Ensembles gut erhalten. Im Osten ist ein mehrteiliges, L-förmiges Rückgebäude angebaut, so daß ein kleiner Hof entsteht. Der zweiflügelige Trakt stammt im Kern aus dem 15. Jh.

Über dem im Scheitelstein auf 1569 datierten Torbogen des Treppenturmes ist ein älterer, im Rundbogenfeld auf 1575 datierter Wappenstein eingelassen. Der heraldisch rechte der beiden Renaissance-Tartschenschilde steht für Karl I. Schenk v. Limpurg-Speckfeld (17.3.1498-2.9.1558), Sohn von Gottfried II. Schenk v. Limpurg-Obersontheim (1.6.1474-9.4.1530) und dessen Frau Margarethe Schlik zu Bassano u. Weißkirchen. Karl I. Schenk v. Limpurg-Speckfeld, Herr zu Speckfeld, machte erst eine kirchliche Karriere, wurde 1505 Domherr in Bamberg und 1506-1523 Domherr in Würzburg. Nach seiner Resignation gründete er eine Familie, heiratete sogar zweimal. Gestorben ist er in Obersontheim. Sein Wappen ist geviert, Feld 1 und 4: mit vier Spitzen von Rot und Silber geteilt, Feld 2 und 3: in Blau 5 (3:2) aufrechte silberne Heerkolben.

 

Der heraldisch linke Schild steht für Karls zweite Gemahlin, Adelheid Wild- und Rheingräfin (-12.10.1580). In erster Ehe hatte Karl Ottilie v. Schwarzburg-Blankenburg (1.9.1495-1541) geheiratet, nach deren Tod ehelichte er in 2. Ehe Adelheid Wild- und Rheingräfin in Kyrburg, Tochter von Johann VII. Wild- und Rheingraf v. Salm-Kyrburg (1493-11.12.1531) und Anna v. Isenburg-Büdingen-Kelsterbach. Ihr Wappen ist geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Schwarz ein silberner Löwe, rot bewehrt, Stammwappen der Rheingrafen zum Stein, Feld 2 und 3: in Gold ein roter Löwe, Stammwappen der Wildgrafen von D(h)aun, Herzschild: gespalten und halbgeteilt, rechts in Rot 3 (2:1) aufgerichtete, goldene Löwen (Kyrburg), links geteilt, oben in Rot zwei pfahlweise gestellte, gekrümmte, mit dem Rücken einander zugewandte Salme, bewinkelt von vier (1:2:1) silbernen Kreuzchen (Alt-Salm), unten in Blau ein silberner Balken (Vinstingen). Die Lebensdaten zeigen, daß das Schloß von Adelheid vollendet wurde, als sie schon Witwe war, wie auch dieses Schloß in den Urkunden oft als Witwensitz auftaucht.

Der Sohn von Karl und Adelheid war Gottfried IV. Schenk zu Limpurg-Speckfeld (1548-16.6.1581). Er heiratete Agnes v. Wied (-1.5.1581) und verstarb in Sommerhausen. Ihr einziger Sohn verstarb früh, das war Joachim v. Limpurg (1577-7.10.1580). Nach dem Aussterben der Linie zu Speckfeld 1705 mit Georg Eberhard v. Limpurg bzw. des Geschlechtes insgesamt 1713 und komplizierten Erbauseinandersetzungen kam Sommerhausen schließlich an die Grafen von Rechteren. Die Genealogie soll diesen Übergang erklären:

Die Grafen von Rechteren nannten sich fortan Grafen von Rechteren-Limpurg. Ihr Stammwappen war ein rotes Kreuz auf goldenem Feld (Heerkeren v. d. Eese zu Rechteren), dieses wurde jetzt 1706 mit dem vierteiligen Limpurger Wappen geviert, und dann kam noch ein Herzschild Almelo hinzu. Die Herrschaft Speckfeld wurde im frühen 19. Jh. mediatisiert. Sommerhausen kam nach Gebietsbereinigungen 1810 an das Großherzogtum Würzburg, und mit diesem kam es 1814 an das Königreich Bayern. Die Letzte der Familie, die in Schloß Sommerhausen wohnte, war die 1973 verstorbene Hildegard Gräfin v. Rechteren:

Noch vor dem Tod von Hildegard Gräfin v. Rechteren kam das Anwesen im Jahr 1968 durch Verkauf in bürgerlichen Besitz, seitdem gehörte es zum Weingut Schloß Sommerhausen Martin Steinmann e.K. mit Weinverkauf im Schloß. Die Familie Steinmann besitzt eine lange Winzertradition in der Region, die bereits 1537 urkundlich bezeugt ist. Ihre Mitglieder waren seit 1797 Bevollmächtigte der Grafen von Rechteren-Limpurg-Speckfeld. Das eigentliche Weingut befindet sich in der Ochsenfurter Straße südlich der Altstadt; das Schloß wurde schrittweise renoviert und wurde für verschiedene Veranstaltungen wie Kunstausstellungen genutzt. Im Jahr 2016 wurden das Schloß und der "Gelbe Bau" von der Familie der Grafen von Rechteren-Limpurg-Speckfeld zurückerworben. Nach den erforderlichen Renovierungsarbeiten wird die junge Generation nach Sommerhausen zurückkehren und die seit 1413 bestehende Tradition der Familie im Ort fortführen. Im Besitz der Famile Steinmann verbleiben das zum Schloßensemble gehörende Amtmannsgebäude und die Nutzung des Weingutes.

Literatur, Links und Quellen:
Sommerhausen: http://de.wikipedia.org/wiki/Sommerhausen
Geschichte von Sommerhausen und Ortsrundgang:
http://www.sommerhausen.de/historie.html
Liste der Baudenkmäler:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkmäler_in_Sommerhausen
Weingut Schloß Sommerhausen:
http://www.weingut-schloss-sommerhausen.de/website/ und http://www.sommerhausen.com/website/
Rechteren-Limpurg:
http://www.almanachdegotha.org/id96.html und http://de.wikipedia.org/wiki/Rechteren-Limpurg
Schlösser und Burgen in Unterfranken, von Anton Rahrbach, Jörg Schöffl, Otto Schramm. Hofmann Verlag Nürnberg 2002, ISBN 3-87191-309-X, S. 210
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Ursula Düring, Sommerhausen: Erinnerungen an eine Kindheit im Schloß, Artikel in der Mainpost
http://www.mainpost.de/freizeit/burgenschloesser/burgen/Sommerhausen-Erinnerungen-an-eine-Kindheit-im-Schloss;art29157,5773660
Rückerwerb durch die Familie:
http://www.sommerhausen.de/rueckerwerb-des-schloss-sommerhausen.html
Ein herzliches Dankeschön für wertvolle Hinweise an Friedrich Graf von Rechteren Limpurg
Jane A. Baum, Hans-Peter Baum, Jesko Graf zu Dohna (Hrsg.): Die Abenteuer des Grafen Friedrich Reinhard von Rechteren-Limpurg im Mittelmeer und im Amerikanischen Unabhängogkeitskrieg 1770-1782, Mainfränkische Hefte, Heft 115, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. Würzburg, Bezirk Unterfranken, Gemeinde Sommerhausen, 1. Auflage 2016, ISBN 978-3-88778-484-3, 148 S. -
http://www.spurbuch.de/en/product-reader/product/die-abenteuer-des-grafen-friedrich-reinhard-von-rechteren-limpurg-im-mittelmeer-und-im-amerikanischen-unabhaengigkeitskrieg-1770.html

Die Entwicklung des Wappens der Rhein- und Wildgrafen und Fürsten zu Salm
Ein Erbstreit und die heraldischen Folgen: das Schicksal des Limpurger Territoriums

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