Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 2019
Hofstetten (zu Hitzhofen, Landkreis Eichstätt, Oberbayern)
Das ehem. fürstbischöfliche Jagdschloß in Hofstetten
Im Hitzhofener Ortsteil Hofstetten gibt es in der Schloßstraße 28 ein hinter dichten Bäumen verborgenes, liebevoll restauriertes Kleinod, das ehemalige Jagdschloß der Fürstbischöfe von Eichstätt. Die Anlage, eine ehemalige Weiherhausanlage, steht auf einer mit einer teilweise rekonstruierten Futtermauer ummauerten Terrasse mit drei kleinen rechteckigen Bastionen an drei der vier Ecken. Das Hauptgebäude besteht aus zwei Flügeln, einem längeren Nord- und einem kürzeren Ostflügel (ehem. Palas). Dem westlichen Ende des Nordflügels ist südlich ein Turm angebaut, in dem der mittelalterliche, 16 m hohe Bergfried steckt, so daß sich ein kleiner, von drei Seiten umbauter Hof ergibt. Schloß Hofstetten geht auf eine mittelalterliche Niederungsburg der Herren von Hofstetten zurück, einer Ministerialenfamilie der Eichstätter Landesherren, die sich nach Erwerb der Burg Geyern bei Weißenburg Schenken von Geyern nannten, denn sie erhielten 1272 bei den Grafen von Hirschberg das Hofamt des Mundschenks. Nach den Herren von Hofstetten besaßen ab 1423 die Hemberger die Stammburg in Hofstetten, und 1466 verkaufte Ulrich Hemberger Hofstetten samt seiner Burg an den Eichstätter Fürstbischof Wilhelm von Reichenau (lebte 1426-18.11.1496, regierte 1464-1496), welcher die Wasserburg zeitgemäß ausbauen und verstärken ließ. In dieser Zeit wurde vermutlich die Ringmauer angelegt, und die bestehende Bebauung wurde zu dem System aus Bergfried im Südwesten, Schildmauer im Süden und Palas im Osten verschmolzen, der sich heute noch erkennen läßt.
Diese Burg verfiel im Laufe der Zeit, und eine Plünderung durch schwedische Truppen im Dreißigjährigen Krieg tat ihr Übriges, bis sie im Barock wiederentdeckt wurde und nun zu einem ganz anderen Zweck umgebaut wurde: Die barocke Eichstätter Hofgesellschaft brauchte den Landsitz als Jagdschloß, und so ließ um 1690-1694 Fürstbischof Johann Euchar Schenk von Castell die heruntergekommene Burg zum Jagdsitz umbauen. Dazu wurde der bestehende Bau, soweit noch vorhanden und nutzbar, völlig entkernt und mit einer gänzlich neuen Raumaufteilung versehen. Im Prinzip wurde mit überschaubarem Aufwand innerhalb der mittelalterlichen Außenhülle etwas völlig Neues geschaffen, außen aber der Burgcharakter bewahrt und nur durch Architekturmalerei stilistisch angepaßt. Der Architekt war der Hofbaumeister Jakob Engel (auch Jacomo Angelini genannt, lebte 1632-30.12.1714). Viel hatte der Bauherr nicht mehr von seinem neuen Jagdsitz, denn er starb drei Jahre nach Vollendung, aber immerhin ist die Anwesenheit seines Nachfolgers Johann Martin von Eyb (1697-1704) zur Hirschjagd im Jahr 1702 bezeugt. In der Folgezeit wurde hingegen das Schloß Hirschberg über Beilngries als Jagdsitz der Fürstbischöfe ausgebaut und lief Hofstetten den Rang ab, denn es war ungleich aufwendiger und repräsentativer. Größer kann der Unterschied zwischen beiden Jagdschlössern nicht sein: Hier in Hofstetten wurde so viel wie möglich bewahrt, und die Außenhülle ist alt, in Hirschberg wurde hingegen mit der vollen Wucht barocker Repräsentation ein viel zu großes Schloß auf viel zu engem Raum hingeklotzt. Seit 1722 diente das Schloß in Hofstetten als fürstbischöfliches Forstamt.
Erst Ministerialenburg, dann Jagdschloß, und nach der Säkularisierung wird die Liste der Besitzer richtig bunt: Eugène Rose Vicomte de Beauharnais, seit dem 5.10.1817 Herzog von Leuchtenberg, Fürst von Eichstätt (3.9.1781-21.2.1824) wird der nächste Besitzer. Er war der Sohn von Alexandre François Marie Vicomte de Beauharnais (.1760-23.7.1794) und Marie Rose Josephine Tascher de la Pagerie (23.6.1763-29.5.1814) und damit der Stiefsohn Napoléons, denn seine Mutter hatte am 9.3.1796 in Paris in zweiter Ehe Napoléon I Bonaparte (15.8.1769-5.5.1821) geheiratet; die Ehe wurde aber am 16.12.1809 geschieden. Und Eugène de Beauharnais war gleichzeitig Schwiegersohn des bayerischen Königs Maximilian I. Joseph (27.5.1756-13.10.1825), denn er hatte Auguste Amalia Ludovika Prinzessin v. Bayern (21.6.1788-13.5.1851) geheiratet, des bayerischen Königs Tochter. Eugène de Beauharnais profitierte vom neugegründeten Fürstentum Eichstätt, zu dem auch Schloß Hofstetten gehörte und das von 1817-1833 bestand. Nach Eugène de Beauharnais folgt ihm sein ältester Sohn August Carl Eugen Napoléon Herzog von Leuchtenberg Fürst von Eichstätt Duque de la Cruz (9.12.1810-28.3.1835) nach, und nach dessen frühen Tod sein jüngerer Bruder Maximilian Josephe Eugène Auguste Napoléon Herzog von Leuchtenberg Fürst von Eichstätt (2.10.1817-1.11.1852), der sich am 2.7.1839 mit der Zarentochter Marija Nikolaewna Welikaja Knjasna Romanowa (6.8.1819-9.2.1876) vermählte. Nachdem das politische Fürstentum mit den Herrschaftsrechten schon 1832/1833 an den bayerischen Staat gefallen war, verkaufte diese Zarentochter 1855 als Witwe die restlichen bayerischen Besitzungen, darunter auch Schloß Hofstetten, an das bayerische Königreich, weil sie wollte, daß ihre Söhne ihren Lebensmittelpunkt in Rußland fänden. Nur der älteste Sohn ließ sich trotzdem in Bayern nieder und kaufte Kloster Seeon.
Dann folgte 1861-1959 eine Nutzung des nun in bayerischem Staatsbesitz befindlichen Schlosses Hofstetten als Forstamt, 1962 kauften die Maria-Ward-Schwestern das Anwesen, und 1974 kauften es die heutigen Besitzer Helga und Peter Leuschner, die das mittlerweile ziemlich heruntergekommene und sanierungsbedürftige Schloß aus dem Dornröschenschlaf weckten und seitdem in mehreren Etappen bis 2009 tatkräftig renovierten. So schön wiederhergestellt wie jetzt dürfte es zuletzt 1694 gewesen sein, und für ihr hohes persönliches Engagement bei der Bewahrung dieses Kulturdenkmals wurde die Besitzerfamilie mit der Bezirksmedaille Oberbayern geehrt, außerdem gab es 2013 die Denkmalschutzmedaille des Bayerischen Landesamtes für Denkmalschutz. Das Schloß mit ca. 600 Quadratmetern Wohnfläche ist Privatbesitz, es gibt aber im Schloß selbst zwei Ferienwohnungen im ersten Obergeschoß, davon die eine mit Turmzimmer, und die einstigen fürstbischöflichen Repräsentationsräume im zweiten Obergeschoß können für gesellschaftliche Veranstaltungen angemietet werden, ebenso das um 1750 errichtete Schloß-Stadel im Einfahrtsbereich.
Die Inschrift des über dem Rundbogenportal befindlichen Wappensteines an der Westseite des Schlosses lautet: "Io(h)annes Eucharius D(ei) G(ratia) Episcopus Eystettensis S(acri) R(omani) I(mperii) Princeps has aedes ex Ruderibus antiquisque Ruinis Praesenti Formae ac decori reddidit A(nn)o 1694" - Johann Euchar, von Gottes Gnaden Bischof von Eichstätt und des Heiligen Römischen Reiches Fürst, hat dieses Gebäude aus Trümmern und alten Ruinen in gegenwärtiger Gestalt wieder hergestellt. Dieses Wappen ist der einzige plastische Bauschmuck des Schlosses. Im Gegensatz zu anderen fürstbischöflichen Repräsentationsbauten insbesondere in der Residenzstadt wurde ansonsten zur kostengünstigeren Architekturmalerei auf den Außenwänden gegriffen.
Das Wappen des Eichstätter Fürstbischofs Johannes Eucharius Schenk von Castell (lebte 6.11.1625-6.3.1697, regierte 1685-1697) ist normalerweise geviert mit Herzschild, liegt hier aber in einer Sonderform vor, Feld 1 und 4: in Silber ein rotes Hirschgeweih (Stammwappen Schenk von Castell), Feld 2 und 3: in Silber zwei rote, gekrönte Löwen übereinander, meist einwärts schreitend dargestellt (Schenk von Landeck), in der Mitte hier ohne Herzschild aufgelegt ein silberner, aufrechter Krummstab (Bischofsstab), für das Hochstift Eichstätt, hier aus einem geflügelten Engelskopf hervorwachsend, eine hochinteressante Variante, die aber nur in plastischer Darstellung so möglich ist, weil sonst der silberne Krummstab sich nicht hinreichend von den vier silbernen Feldern abhöbe. Das sehr in die Breite gehende Wappenrelief ist von sehr hoher Feinheit mit Damaszierungen im Bereich zwischen den Hirschstangen. Das Wappen wurde hier ohne Kleinode geführt. Trotz Verwitterung im oberen Bereich kann man gut noch das bequastete Kissen erkennen, auf dem einst eine Inful ruhte, von der noch die beiden nach hinten aufgeschlagenen Bänder zu sehen sind. Schrägrechts befindet sich hinter dem Wappen der Krummstab, schräglinks das gestürzte Schwert.
Literatur,
Links und Quellen:
Schloß
Hofstetten: http://www.schloss-hofstetten.de/ - Geschichte: http://www.schloss-hofstetten.de/index.php?page=historie
Zeittafel: http://www.schloss-hofstetten.de/index.php?page=zeittafel
Peter Leuschner, Mein Schloß, meine Familie und ich,
Langen/Müller Verlag, 256 Seiten, 1. Aufl. 2006, ISBN
3-7844-3055-4, ISBN-13: 978-3-7844-3055-3
Renovierung hautnah geschildert: http://www.schloss-hofstetten.de/index.php?page=renovierung
Hitzhofen-Hofstetten: http://de.wikipedia.org/wiki/Hitzhofen#Kultur_und_Sehensw.C3.BCrdigkeiten
Liste der Baudenkmäler: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkmäler_in_Hitzhofen
Die Wappen
der Hochstifte,
Bistümer und Diözesanbischöfe im Heiligen
Römischen Reich
1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von Clemens Brodkorb, Reinhard
Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell & Steiner Verlag
2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Johannes
Eucharius Schenk von
Castell: http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Euchar_Schenk_von_Castell
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf
CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Fürstentum Eichstätt: http://geschichte.digitale-sammlungen.de/hab/kapitel/bsb00008041_chapter_23
Zeitungsartikel über die Renovierung: http://www.donaukurier.de/lokales/ingolstadt/Hofstetten-Treffpunkt-Schloss-Hofstetten;art599,2738632 - http://www.donaukurier.de/lokales/eichstaett/Ueberraschung-bei-Schloss-Renovierung;art575,2001683 - http://www.donaukurier.de/lokales/eichstaett/Hofstetten-Wir-sind-fertig;art575,2747847 - http://www.merkur-online.de/freizeit/reise/reiseziele/bayern/wohnen-reise-schlafen-schloss-982890.html - http://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Ehepaar-verwirklicht-den-Traum-vom-Oekoschloss-id7498031.html
Schloß Hofstetten: http://www.burgen-und-schloesser.net/bayern/schloss-hofstetten/geschichte.html
Schloß Hofstetten: http://www.naturpark-altmuehltal.de/poi/schloss_hofstetten-2009/
Denkmalschutzmedaille: http://www.stmwfk.bayern.de/fileadmin/user_upload/PDF/Kunst/Denkmalschutzmedaille_2013.pdf S. 23 ff.
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