Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1928
Degmarn (zu Oedheim, Landkreis Heilbronn)

ehem. Schulhaus / Pfarrhaus in Degmarn

Das zweite historisch und heraldisch interessante Gebäude im Dorf Degmarn liegt unmittelbar rechts neben der Kirche. Auch dieses ist ein Zeugnis der dreihundertjährigen Herrschaft des Deutschen Ordens über das Dorf. Im Jahre 1764 wurde das zweistöckige Gebäude als Schulhaus im Stil des Rokoko errichtet, wie der verspielte Schlußstein mit Rocaille-Kartusche und dahinter hervorwachsendem Putto über dem rückwärtigen, einem kleinen Garten und dem Kochertal dahinter zugewandten Portal verkündet. Unten waren einst die Schulräume, oben die Wohnung des Dorflehrers. Seit 1792 dient die ehemalige Schule als Pfarrhaus, nachdem die Pfarrei bisher in Oedheim war und nun eine selbständige Pfarrei in Degmarn eingerichtet wurde. Eine grundlegende Renovierung des Gebäudes erfolgte 1877. Das für ein Dorfschulhaus äußerst prunkvoll gestaltete Eingangsportal in der Mitte der fünfachsigen Fassade ist mit den Wappen des zuständigen Komturs und des Landkomturs geschmückt.

 

Über dem Eingang sehen wir inmitten eines aus zwei S-förmig geschwungenen Elementen bestehenden gesprengten Giebels nebeneinander die Wappen der Amtsträger des Deutschen Ordens zur Bauzeit 1764: Auf dem höherrangigen Platz heraldisch rechts befindet sich das Wappen des Landkomturs der Ballei Franken, Friedrich Carl Freiherr von Eyb (reg. 1749-1764, gest. 1778). Als Ordensritter darf er seinen Schild mit dem Ordensschild unterlegen, und als Landkomtur darf er sein Familienwappen mit dem des Ordens in geviertem Schild führen, so daß sein Wappen wie folgt aufgebaut ist: Geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein durchgehendes schwarzes Kreuz (Deutschordenskreuz), Felder 2 und 3: in Silber drei (2:1) rote Pilgermuscheln (Familienwappen Eyb). Dieser Schild ist zusätzlich von einem zweiten Schild mit dem schwarzen Deutschordenskreuz in Silber unterlegt. Auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein wachsender grüner oder blauer Pfau mit goldenem Halsband und typischem Krönchen mit silbernen Flügeln.

Das Wappen dieses Landkomturs (Baliviae Franconiae Archicommendator) begegnet uns in der ehemaligen Ballei Franken an mehreren Orten, z. B. an Schloß Lierheim, an der Ellinger Reithalle, am nördlichen Querriegel (Scheune) des westlich des Ellinger Hauptschlosses gelegenen Ökonomiehofes, am Mühltor und am Tor gegen das Rosental in Ellingen, an der Kirche von Meßbach bei Dörzbach etc. Bevor er 1749 Landkomtur wurde, war er Komtur in Fritzlar (ab 1743), Sachsenhausen (1740-1749) und Kloppenheim (ab 1748).

Wie bei den Kapiteln zu Schloß Ellingen ausgeführt, war Landkomtur Friedrich Carl Freiherr von Eyb einer der zwielichtigsten Charaktere auf dem Posten des Landkomturs, der schließlich wegen Eigenmächtigkeit und Veruntreuung von Geldern gestürzt wurde und 1764 Hals über Kopf mit dem Geld des Ordens in die Schweiz abhaute. So heißt es in einer lesenswerten Anklageschrift: "Es ist eine allbereits gemein bekannte, und nicht ohne grosses Aufsehen in das Publikum ausgebrochene Vorfallenheit, welche sich mit des Hohen Teutschen Ordens Ritter und ehemaligen Land-Commenthur der Balley Francken, Friederich Carl von Eyb ereignet hat, da nemlich dieser gegen das hohe Teutschmeisterthum besonderer Vorzüglichkeiten und vermeintlicher Befügnussen sich angemasset; als aber wieder solche von denen übrigen des hohen Ordens Groß-Capitularen die behörigen Entschliessungen gefasset, auch von des Herrn Herzogs Carl zu Lothringen Königl. Hoheit, als Hoch- und Teutschmeister genehmiget, so fort an gedachten Freyherrn von Eyb die gemessene Verfügungen und wiederhohlte Befehle erlassen worden, derselbe sich nicht nur beharrlich widersetzet, sondern auch hiernächst in seiner Widerspänstigkeit so weit vergangen hat, daß er in der geheim aus dem Teutschen Ordens Gebieth, und endlich gar ausser den Gränzen des Teutschen Reichs entwichen, zu letzt aber an den Römischen Hof recurrirt ist....."

Auf dem niederrangigen Platz heraldisch links befindet sich das Wappen des Komturs zu Heilbronn, Karl Friedrich von Eltz-Rodendorf (22.9.1698-3.3.1784), Sohn von Friedrich Ernst Herr zu Eltz und dessen Frau Anna Maria von Breidbach. Er durchlief erst eine militärische Karriere und wurde 1723 in den Deutschen Orden aufgenommen. Er begegnet uns als Komtur in Münnerstadt 1732-1735 (dort auch ein Wappenstein), als Komtur in Frankfurt 1735-1740, als Komtur zu Blumenthal 1739-1743 und danach als Komtur zu Heilbronn 1743-1784. 1736 wurde er Ratsgebietiger der Ballei Franken. Da er nicht Landkomtur war, darf er das Ordenskreuz nur unter seinen Schild mit dem Familienwappen legen, nicht aber es mit letzterem kombinieren, so daß sein Wappen wie folgt aufgebaut ist: Rot-silbern geteilt, oben wachsend ein goldener Löwe (hier abgewandt), alles mit dem Deutschordensschild unterlegt, auf dem Helm mit rot-goldenen (resp. rot-silbernen) Decken ein mit Hermelin gestulpter roter Turnierhut, darauf ein goldener Löwe wachsend (hier ebenfalls abgewandt) zwischen einem mit silbernen (auch als golden beschrieben), gestürzten Lindenblättern bestreuten roten Flug. Da die Linie Rodendorf zu den Eltz-Kempenich gehört, führt sie den Löwen golden.

Literatur, Links und Quellen:
Degmarn: http://de.wikipedia.org/wiki/Degmarn
Struktur der Deutschordenskommenden:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kommenden_des_Deutschen_Ordens
Oberamtsbeschreibung:
http://de.wikisource.org/wiki/Beschreibung_des_Oberamts_Neckarsulm/Kapitel_B_10
Kommenden des Deutschen Ordens:
http://www.damian-hungs.de/Kommenden%20des%20Deutschen%20Ordens.pdf
Über den entwichenen Landkomtur:
http://www.bsb-muenchen-digital.de/~web/web1062/bsb10627973/images/index.html?digID=bsb10627973 und https://download.digitale-sammlungen.de/pdf/1368959736bsb10627973.pdf
Jörg Seiler, Der Deutsche Orden in Frankfurt, Marburg 2003
Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens, hrsg. von Prof. Dr. Udo Arnold, Band 45: Ekhard Schöffler, Die Deutschordenskommende Münnerstadt: Untersuchungen zur Besitz-, Wirtschafts- und Personalgeschichte, Elwert Verlag Marburg, 1991, ISBN 3-7708-0969-6

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