Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1909
Vellberg (Landkreis Schwäbisch Hall)
Burg und Stadt Vellberg
Das aufgrund seiner vielen Türme und Fachwerkhäuser äußerst malerische altfränkische Bilderbuchstädtchen Vellberg entwickelte sich aus einer am 3.5.1102 erstmals urkundlich erwähnten Siedlung in staufischem Besitz, wurde dann zum Sitz der Ministerialen und späteren Ritter von Vellberg und bekam am 24.8.1500 von Kaiser Maximilian die Marktrechte für jährlich 4 Märkte und erhielt im Jahre 1506 die Stadtrechte. Die Spornlage über einer Talschlinge der Bühler ergibt einen gestaffelten Aufbau der dreieckigen Bebauung, ganz an der Spitze des Spornes die Burganlage, wie der Bug eines Schiffes ins Tal vorstoßend, anschließend landseitig jenseits eines Halsgrabens die befestigte innere Stadt, und getrennt durch einen weiteren, sehr breiten und tiefen Graben die äußere, unbefestigte Stadt. Die Burg bestand aus mehreren Häusern und wurde als Ganerbschaft geführt; ein Burgfrieden von 1481 regelt die Beziehungen zwischen insgesamt 6 Parteien innerhalb der Mauern. Nachdem die Herren von Vellberg mit Conrad am 15.6.1592 (gestorben in Bad Boll, Epitaph in der Stöckenburg, St. Martin, Conrads Frau Elisabeth von Rinderbach hatte ihren Mann um 7 Jahre überlebt) ausstarben, kam die Stadt durch Verkauf seitens der Hohenloher 1595 gegen Zahlung von 180000 Gulden an die Stadt Schwäbisch Hall, die 1600 auch das Schloß von den Grafen von Hohenlohe erwarb, und in der Haller Zeit wurde das Burgstädtchen mit modernen Festungswerken zusätzlich gesichert. Als die Reichsstädte als solche ihren Status verloren, kam Vellberg 1802 zum Herzogtum Württemberg.
Abb. links: Stadtmauer mit dem 1489 erbauten Pulverturm (Im Städtle 13), dahinter fast vollständig verdeckt der Kraftturm (Im Städtle 18), ebenfalls aus dem 15. Jh. Der Fachwerkaufsatz des Pulverturmes ist relativ neu, in seiner ersten Version stammt er aus dem 18. Jh., die heutige Version ist noch neuer, denn der Aufsatz wurde nach einem Brand am 21.10.1901 erneuert. Der Turm ist bewohnt und gehört heute zu einem Hotel. Abb. rechts: Der fünfgeschossige Stadttorturm (Im Städtle 9) wurde zusammen mit der Wehranlage, die das innere Stadtgebiet auf der Bergnase (das Städtle) jenseits eines breiten Graben befestigt und vom davor liegenden Vellberg abgrenzt, um 1466-1489 durch die Herren von Vellberg erbaut. Er ist das höchste Gebäude der Stadt Vellberg. Wo heute die steinerne Brücke auf das spitzbogige Tor zuführt, war früher eine Zugbrücke. Seitlich ist ein hölzerner, gedeckter Treppenaufgang, der zum ersten Obergeschoß führt. Innen in der Tordurchfahrt ist das nachgebildete, aber fixierte Fallgatter zu sehen. Der oberste Teil brannte 1902 ab und wurde 1905 erneuert. Nach unten steigt man herab zu einem unterirdischen Wehrgang und zum ehemaligen Verlies. Der heute bewohnte Stadttorturm wird auch Hochzeitsturm genannt, weil 1970 bis ca. 1990 in der ehemaligen Türmerwohnung ein Hochzeitszimmer eingerichtet war.
Im Lot der spitzbogigen Tordurchfahrt befindet sich ein Wappenstein der Herren von Vellberg, in Blau ein silberner Adlerflügel, im rechten Obereck ein goldenes Freiviertel, auf dem Helm ein Flug. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: WüA Seite: 16 Tafel: 8, Band: WüA Seite: 264 Tafel: 152, ferner abgebildet im Scheiblerschen Wappenbuch auf Folio 241 und im Alberti S. 905. Die Helmzier im Siebmacher Band: WüA Seite: 16 Tafel: 8 ist ein silberner Flug, Helmdecken blau-silbern. Nach dem Wappenbuch des Hans Ingeram und nach dem Scheiblerschen Wappenbuch ist der Flug der Helmzier rechts schwarz, links silbern, die Helmdecken sind jeweils schwarz und silbern. Im Alberti werden blau-silberne Decken und ein rechts schwarzer, links silberner Flug abgebildet. Das Geschlecht starb 1592 mit Konrad von Vellberg aus. Der Wappenschild der Herren von Vellberg wird heute von der Stadt Vellberg unverändert geführt. Unter diesem Wappen befindet sich eine Inschriftentafel mit folgendem Text: "Anno d(o)m(ini) MCCCCLXVI am Mittwoch vor Pfingste(n) habe(n) die von Vel(l)berg i(h)re(n) Vorhoff bevestiget." Das Datum dieser Tafel ist damit der 28.5.1466. Ganz unten ist eine Schlüssellochscharte mit zwei seitlichen Verbreiterungen.
Abb. links: Das repräsentativste Gebäude von Vellberg, das aufgrund seiner exponierten Lage auf der äußersten Spornspitze über dem Tal der Blickfang der Stadtsilhouette aus östlicher Richtung ist, ist das sog. Untere Schloß (Im Städtle 1). Hierbei handelt es sich um einen 1543-1546 erbauten Neubau im Stil der Renaissance mit asymmetrischem Blend-Staffelgiebel, nachdem der Vorgängerbau 1523 ein Opfer des Krieges geworden war und von den Heeren des Schwäbischen Bundes unter Führung des Georg Truchseß von Waldburg-Zeil zerstört worden war, nachdem der Burgherr Wilhelm von Vellberg gemeinsame Sache mit seinem Schwager, dem Raubritter Hans Thomas von Absberg, gemacht hatte und diesem Zuflucht und Obdach gegeben hatte und so selber Ziel einer Strafexpedition geworden war. Er hatte zudem kurz vorher den Sohn des Bundeshauptmannes Georg von Ehingen gekidnappt und wollte für diesen den von der Gegenseite eingesperrten Götz von Berlichingen freipressen. Das Maß war voll, das konnte vom Schwäbischen Bund keinesfalls hingenommen werden, und die Strafexpedition startete mit dem Ziel, die Raubnester zu vernichten. Genaugenommen war Vellberg militärisch gut gesichert und hätte standgehalten, fiel aber durch Verrat. Nachdem Vellberg an Württemberg gefallen war, wurde das Untere Schloß 1857 an die Stadt Vellberg verkauft und wurde Rathaus. 1969 bis 2004 waren hier ein Hotel und bis 2004 auch noch die Stadtverwaltung untergebracht, heute wird das Schloß privat bewohnt. Die Stadtverwaltung zog 2004 in das sog. Obere Schloß um. Abb. rechts: Wappen der Herren von Vellberg und nun der Stadt Vellberg an einem geöffneten Laden einer ehemaligen Lukenöffnung im Giebel eines Fachwerkhauses (sog. Ganerbenhaus).
Das Neue Schloß mit der Schloßkapelle wurde 1543-1546 von Wolf von Vellberg erbaut. Die kreuzrippengewölbte Schloßkapelle hat Fresken von 1549 und Wappen der von Vellberg, von Buttlar und von Crailsheim auf den Schlußsteinen. Auch der Rittersaal (Hakensaal) im ersten Obergeschoß ist mit Wandmalereien (Jagdszenen der Haller Patrizier) ausgestattet. Die oben abgebildeten Wappen befinden sich über einem Eingang des Unteren Schlosses, getrennt durch die Jahreszahl 1546. Heraldisch rechts ist der gewendete Wappenschild von Wolf von Vellberg, heraldisch links der seiner zweiten Frau Anna Treusch von Buttlar, in Rot eine silberne Butte mit goldenen Reifen und heraldisch links zwei goldenen Tragbändern. Ihrer beider Vollwappen kann man auf dem Epitaph in der Kirche St. Martin auf der Stöckenburg sehen.
Weiterhin wird der Wappenliebhaber am Marktbrunnen von 1720 in der Mitte des Städtles fündig, am Übergangsbereich zwischen Stadtbereich und Burgbereich. Die zentrale Säule ist zwar aus Sandstein, der viereckige Brunnentrog jedoch aus Gußeisen. Neben dem Brunnen ist der ehemalige Feuersee (Löschwasserteich), der freilich glücklicherweise häufiger als Viehtränke benutzt wurde. Der Schmuck des Brunnens verweist auf die Zeit Vellbergs unter Haller Oberherrschaft, denn das mittlere Feld zeigt die Wappen der Reichsstadt Schwäbisch Hall, rechts ist eine Allegorie des Glaubens (Fides) mit dem Kreuz in der Hand, und links ist eine Allegorie der Gerechtigkeit (Justitia) mit Waage und Schwert in den Händen.
Vellberg gehörte von 1595 bis 1802 zu Schwäbisch Hall. Somit finden wir hier drei Wappen für die Stadt Schwäbisch Hall. Das oberste zeigt den Reichsadler, in Gold ein schwarzer Doppeladler, Symbol für die Reichsstadt. Darunter ist heraldisch rechts der golden-rot geteilte Schild der Stadt Schwäbisch Hall, und daneben ist das sog. Hellerwappen der Stadt, aber in ungewohnter Farbe und Form, geteilt, oben in Rot ein goldenes Kreuz, unten in Blau eine goldene Hand. Das Wappen von Schwäbisch Hall ist jedoch heute tatsächlich geteilt, oben in Gold innerhalb eines roten Kreises ein goldenes Kreuz (wird als Symbol der Verbindung von göttlichem und weltlichem Recht interpretiert), unten in Rot innerhalb eines blauen, silbern gesäumten Kreises eine silberne Hand (wird als Rechtszeichen interpretiert). Beide Motive sind Vorder- und Rückseite eines Hellers, einer typischen, nach Hall benannten mittelalterlichen Münze. Im Gegensatz zur heute verwendeten Form fehlen hier die kreisrunden Begrenzungen der Motive, und die Farbe der Kreise wurde zur Feldfarbe, was den Farbverstoß an der Feldergrenze verursacht.
Abb. oben: Ein besonders herausragendes Gebäude im Städtle ist das alte Amtshaus (Im Städtle 27) von 1528 (lt. Dendrochronologie) unweit des beschriebenen Brunnens. Das Erdgeschoß ist massiv aus Haustein errichtet, die beiden Obergeschosse sind aus Fachwerk, wobei das erste Obergeschoß auf mächtigen Steinkonsolen vorkragt. Die Westseite war die alte Angriffsseite, deshalb ist sie aus Brandschutzgründen komplett bis oben in Stein ausgeführt. Das Gebäude diente nach dem Aussterben der Herren von Vellberg als Kameralamt, als Forstamt und als Stabsamt, danach ab 1824 als privates Wohnhaus, schließlich wurde es 1978 von der Stadt erworben und bis 1983 der Nutzung als zweites Rathausgebäude entsprechend umgebaut. Ein gläserner Gang verbindet das Haus mit dem sog. "Oberen Schloß".(verdeckt). Im Hintergrund ist in der obigen Abb. die sog. "Alte Kaserne" mit Mansarddach zu sehen.
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers
Wappenbücher,
insbesondere Bände Württemberg, Bayern und Baden
Vellberg, Stadtrundgang: http://www.vellberg.de/index.php?id=216&type=98 bzw. http://www.vellberg.de/index.php?id=216
Wappen Hall: http://www.schwaebischhall.de/buergerstadt/geschichte/stadtarchiv/haeufige-fragen.html
Wappen Hall: https://de.wikipedia.org/wiki/Schw%C3%A4bisch_Hall#Wappen
Heller: https://de.wikipedia.org/wiki/Heller_%28M%C3%BCnze%29
Wappen Hall: http://www.ngw.nl/int/dld/s/schw-hal.htm
Wappen Hall: K. Stadler, Deutsche Wappen - Bundesrepublik
Deutschland, Angelsachsen Verlag, 1964-1971, 8 Bände.
Vellberg: http://de.wikipedia.org/wiki/Vellberg und http://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Vellberg
Vellberg: Alois Schneider, Die Burgen im Kreis Schwäbisch
Hall,
eine Bestandsaufnahme, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1995, ISBN
3-8062-1228-7, S. 258 ff.
Vellberg: Carlheinz
Gräter,
Jörg Lusin, Schlösser in Hohenlohe, Geschichte und
Geschichten,
Silberburg Verlag Tübingen, 1. Auflage 2005, ISBN
978-3-87407-685-2, S. 55-62
Wolfgang Willig,
Landadel-Schlösser in
Baden-Württemberg, eine kulturhistorische Spurensuche, 1.
Auflage 2010, ISBN 978-3-9813887-0-1, S. 544-545
Herren von Vellberg: http://de.wikipedia.org/wiki/Vellberg_%28Adelsgeschlecht%29
Geschichte von Vellberg: http://www.vellberg.de/index.php?id=108 - Zeittafel: http://www.vellberg.de/index.php?id=107
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