Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1817
Jagsthausen (Landkreis Heilbronn)

Das Alte Schloß in Jagsthausen

Das Alte Schloß (Schloß Jagsthausen, Burg Jagsthausen, sog. Götzenburg) ist das älteste der drei Berlichingen-Schlösser in Jagsthausen. Es liegt am nördlichen Ortsausgang zwischen Schloßstraße auf der westlichen und dem Fluß Jagst auf der östlichen Seite. Die Anlage ist ganz grob gesehen rechteckig mit zwei dicken, polygonalen Türmen an der Nordost- (achteckig) und an der Nordwestecke (siebeneckig, im Bild unten), wobei eine Brücke über den ehemaligen Wassergraben zu letzterem führt, und zwischen den beiden Türmen erstreckt sich ein niedrigerer Bau (sog. Marstall) mit einem auf einem Galeriegang ruhenden Fachwerkobergeschoß. Weiterhin hat die Burg als Wohnbau einen etwas schräggestellten Palas im Osten, der zur Jagst hin zwei kleine Seitenflügel mit dazwischen liegender Terrasse hat, und einen Neubau aus dem 19. Jh. mit aus der selben Zeit stammendem Torturm im Süden. Zwischen Palas und Neubau befindet sich ein winkelständiger, vierstöckiger Treppenturm mit welscher Haube. Die Westseite der Burg wird von einer Wehrmauer mit Wehrgang eingenommen, der auf der Südseite abknickt und bis zum neuen Torturm reicht. Unter diesem Wehrgang sind an der Westseite viele alte Grabplatten mit Wappendarstellungen aufgestellt, zum Großteil aber von schlechter Erhaltung. Im Norden des Palas befinden sich noch Anbauten, welche die Lücke bis zum Nordflügel schließen. Südlich des Schlosses ist eine weitläufige Vorburg mit einem langgestreckten Wirtschaftgebäude mit Fachwerkobergeschoß.

Das Alte Schloß, das aus einer Wasserburg der ortsansässigen Herren von Husen hervorging, ist seit dem 14. Jh. der Stammsitz der mit ersteren verwandten Herren von Berlichingen. Es ist vor allem bekannt wegen der Burgfestspiele, die hier seit 1950 im Burghof jährlich zwischen Juni und August veranstaltet werden.

Die Burg wird heute nicht zuletzt durch die Bezeichnung "Götzenburg" sehr eng mit der historischen Person des Ritters mit der eisernen Hand in Verbindung gebracht. Tatsächlich hat der bekannte Götz von Berlichingen, geb. um 1480, hier nur wenige Jahre seiner Kindheit verbracht, und nach dem Tod seines Vaters erbte nicht er, sondern sein Bruder Hans als der Erstgeborene die Burg. Götz, der also die sog. Götzenburg nie besessen hat, selbst kaufte sich in Hornberg an und lebte dort bis zu seinem Tod. Die echte Götzenburg ist also eigentlich Hornberg am Neckar. Dennoch wird hier die Erinnerung an Götz aufrechterhalten, nicht zuletzt durch die im 1980 eröffneten Turmmuseum gezeigte eiserne Hand des berühmten Ritters, die ihm als Prothese für die 1504 im Landshuter Erbfolgekrieg verlorene rechte Hand von einem Nürnberger Kunstschmied angefertigt worden war. Die Burgfestspiele führen regelmäßig Goethes "Götz von Berlichingen" neben anderen Stücken auf.

Der Palas (im Bild oben rechts) ist dreigeschossig und hat zur Nordseite hin einen Treppengiebel. Wie der auf 1772 datierte Wappenstein mit dem Berlichingen-Vollwappen über der von einem flachen Bogen überspannten Toreinfahrt zeigt, wurde der Bau im 18. Jh. umgebaut. Zwei Rocaille-Kartuschen, die stilistisch ganz anders sind als das eher klassisch gehaltene Wappen selbst, geben die Initialen der Bauherren, E.V(ON).B(ERLICHINGEN). und G.V(ON).B(ERLICHINGEN).

Wappen der Familie von Berlichingen: In Schwarz ein silbernes fünfspeichiges Rad, auf dem gekrönten Helm mit schwarz-silbernen Decken ein sitzender Wolf von natürlicher, hier schwarzer Farbe, der ein silbernes Lamm in seinem Maul hält. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Bad Seite: 5 Tafel: 4, Band: Bay Seite: 27 Tafel: 22, Band: ThüA Seite: 50 Tafel: 39, Band: Wü Seite: 5 Tafel: 6, im Alberti S. 48, ferner findet es sich im Scheiblerschen Wappenbuch (Bayerische Staatsbibliothek Cod. icon. 312 c), Folio 312.

Ein weiterer Wappenstein befindet sich an dem polygonalen Treppenturm im Winkel zwischen Palas und ehemaligen Kemenaten über dem ebenerdigen Eingang. Der halb hinter einem Busch verborgene und nicht datierte Wappenstein zeigt heraldisch rechts das gewendete Berlichingen-Wappen und gegenüber das Wappen der von Crailsheim. Es gibt nur eine wenige Personen-Kombination zwischen beiden Familien:

1.) Hans Reinhard von Berlichingen aus der Rossacher Hauptlinie, geb. 1610, gest. 15.10.1654 in Jagsthausen, hatte am 15.2.1637 Catharina Ursula von Crailsheim geheiratet, eine verwitwete von Seckendorff, die am 10.5.1600 auf Burg Hornberg geboren wurde und am 15.2.1661 in Jagsthausen starb. Hans Reinhard von Berlichingen war der Sohn von Hans Conrad von Berlichingen, ein Enkel von Hans Reinhard von Berlichingen (der das Rote Schloß erbaute), und letzterer war der Enkel des berühmten Götz von Berlichingen.

2.) Eine weitere Ehe zwischen den beiden Familien gab es zwischen Hans Georg von Berlichingen zu Schrozberg-Dörzbach-Michelfeld-Jagsthausen und Olnhausen aus der Schrozberg-Jagsthäuser Hauptlinie, gest. 6.5.1605, Sohn von Hans von Berlichingen und Ursula von Westerstetten, damit ein Neffe des berühmten Götz von Berlichingen, und Barbara von Crailsheim, gest. 27.8.1599, Tochter von Wolf von Crailsheim und Ursula von Vestenberg. Hans Georg hatte Barbara am 29.10.1554 geheiratet. Auf Hans Georg gehen letztendlich alle nachfolgenden Linien zu Jagsthausen zurück, seine Nachkommen gliederten sich auf in ein Inneres Haus und ein Äußeres Haus, wobei letzteres die Rote-Schloß-Linie und die Neues-Schloß-Linie hervorbrachte.

Sowohl von der Besitzverteilung innerhalb der Familie her als auch aus stilistischen Gründen ist das zweite Paar das wahrscheinlichere für die Personenzuordnung für diesen Wappenstein, denn Turm und Wappenstein sind im Stil der Renaissance.

 
Wappen der Familie von Crailsheim, in Schwarz ein goldener Balken, auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken zwischen zwei schwarzen, je mit einem goldenen Balken belegten Büffelhörnern ein auf die Spitze gestelltes, quadratisches, rotes Kissen mit goldenen Troddeln an den freien Enden (Siebmacher Band: Bad Seite: 18 Tafel: 12, Band: Bay Seite: 30 Tafel: 26, Band: Bay Seite: 73 Tafel: 81, Band: Pr Seite: 39 Tafel: 47, Band: ThüA Seite: 53 Tafel: 41, Band: Wü Seite: 6 Tafel: 7, Scheiblersches Wappenbuch).

Abb.: Das gleiche Wappen, per EDV entzerrt. Hier blickt übrigens die Helmzier korrekt in die gleiche Richtung wie der Helm, was bei den beiden anderen hier vorgestellten, später entstandenen Wappensteinen nicht mehr eingehalten wird.

Im obigen Bild ist der 1876 bis 1878 erbaute neugotische Südteil zu sehen, mit dem neuen Torturm und dem neuen Wohngebäude. Verantwortlicher Architekt war der Ulmer Münsterbaumeister August von Bayer. Zum Glück betraf der Umbau nur den Südbereich, so daß noch reichlich Bausubstanz aus dem 15. und 16. Jh. in der Burg zu finden ist. An dem Torturm befindet sich der unten abgebildete Wappenstein aus der Bauzeit mit dem Berlichingen-Wappen. Aktuelle Besitzerin des Schlosses ist Alexandra Freifrau von Berlichingen, geb. am 12.2.1941 als Alexandra von Vultejus (ursprünglich hessisches Geschlecht, Wappen: in Silber ein wachsender, schwarzer Brackenrumpf (Kopf und Hals) mit goldenem Halsband, auf dem gekrönten Helm mit schwarz-silbernen Decken der wachsende Brackenrumpf, Siebmacher Band: Sa Seite: 51 Tafel: 59, Band: Pr Seite: 430 Tafel: 473), vermählt am 4.9.2001 mit dem ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog (geb. 5.4.1934), welche beide den Südflügel bewohnen. Das Alte Schloß wird als Kulisse für die erwähnten Festspiele verwendet, wobei die Bühne im Rücken dieses Torturmes steht und der ganze Innenhof mit ansteigenden Tribünen vollgestellt ist, und es wird seit 1966 als Burghotel mit 17 Zimmern und zahlreichen Veranstaltungsräumen geführt.

 

Das Gemeindewappen von Jagsthausen hält übrigens seit 1935 (offizielle Verleihung durch das Innenministerium am 4.3.1963) die Erinnerung an die die Geschichte des Orts prägende Familie und an Götz von Berlichingen im Besonderen wach, denn es ist geteilt, oben in Silber ein liegender, eiserner, schwarzer gerüsteter Rechtsarm mit geballter Faust (Prothese des Götz), unten in Schwarz ein fünfspeichiges silbernes Rad (Stammwappen der von Berlichingen).

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Edmund von der Becke-Klüchtzner, Stamm-Tafeln des Adels des Großherzogthums Baden: ein neu bearbeitetes Adelsbuch Baden-Baden, 1886, darin: Stammtafeln Berlichingen:
http://diglit.ub.uni-heidelberg.de/diglit/beckekluechtzner1886/0054 - insbesondere http://diglit.ub.uni-heidelberg.de/diglit/beckekluechtzner1886/0055 und http://diglit.ub.uni-heidelberg.de/diglit/beckekluechtzner1886/0056 und http://diglit.ub.uni-heidelberg.de/diglit/beckekluechtzner1886/0058
Wolfgang Willig, Landadel-Schlösser in Baden-Württemberg, eine kulturhistorische Spurensuche, 1. Auflage 2010, ISBN 978-3-9813887-0-1, S. 240-241
Carlheinz Gräter, Jörg Lusin, Schlösser in Hohenlohe, Geschichte und Geschichten, Silberburg Verlag Tübingen, 1. Auflage 2005, ISBN 978-3-87407-685-2, S. 117-121
Altes Schloß Jagsthausen:
http://www.historisches-wuerttemberg.de/burgen/goetzbg/goetzbg.htm
von Berlichingen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Berlichingen_%28Adelsgeschlecht%29
Stammtafeln von Berlichingen:
Johann Gottfried Biedermann, Geschlechts-Register Der Reichs Frey unmittelbaren Ritterschafft Landes zu Francken Löblichen Orts Ottenwald http://books.google.de/books?id=g9JDAAAAcAAJ S. 124 ff., http://books.google.de/books?id=jiZRAAAAcAAJ
Stammtafeln Grumbach: Geschlechts-Register der Reichs-Frey unmittelbaren Ritterschafft Landes zu Francken, löblichen Orts Steigerwald
http://books.google.de/books?id=5tJDAAAAcAAJ
Jagsthausen:
http://www.jagsthausen.de/tourismus/sehenswuerdigkeiten/ und http://de.wikipedia.org/wiki/Jagsthausen#Bauwerke
Jagsthausen:
http://www.burgen.strasse-online.de/3-jagsthausen-rothenburg-o-d-tauber/3-03-jagsthausen/index.html und http://www.jagsthausen.de/jagsthausen-2/geschichte/
Altes Schloß Jagsthausen:
http://www.burgen.strasse-online.de/3-jagsthausen-rothenburg-o-d-tauber/3-04-goetzenburg/index.html und http://www.burgenreich.de/burg%20goetzenburg%20info.htm  sowie http://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Jagsthausen
Grundriß Altes Schloß Jagsthausen:
http://www.burgenreich.de/pictures/Burg%20Goetzenburg/Burg%20Goetzenburg%20Grundriss.JPG
Geschichte Altes Schloß Jagsthausen:
http://www.burgenreich.de/burg%20goetzenburg%20geschichte.htm sowie http://www.burgen-und-schloesser.net/baden-wuerttemberg/goetzenburg/geschichte.html
Altes Schloß Jagsthausen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Jagsthausen
Hotel:
http://www.die-goetzenburg.de/ und http://www.goetzenburg.de/
Burgfestspiele Jagsthausen:
http://www.jagsthausen.de/burgfestspiele/
Kulturwanderweg Jagst:
http://www.jagsthausen.de/fileadmin/Downloads/Kulturwanderweg.pdf
Wappennachweis:
http://daten.digitale-sammlungen.de/0000/bsb00001364/images/index.html?fip=193.174.98.30&id=00001364&seite=379
Wappennachweis:
http://daten.digitale-sammlungen.de/0002/bsb00020447/images/index.html?fip=193.174.98.30&id=00020447&seite=574
Wappennachweis:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f8/Ingeram_Codex_157.jpg
Wappennachweis:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/6c/Berlichingen-Scheibler312ps.jpg

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