Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1798
Saarbrücken (Landeshauptstadt des Saarlandes)
Die Saarbrücker Ludwigskirche
Die
Ludwigskirche als Teil der barocken Stadtplanung
Das
ehemalige
Regierungszentrum der Grafen und Fürsten von
Nassau-Saarbrücken
befindet sich in Alt-Saarbrücken südlich der Saar.
Hier
entstand im späten Barock eine Platzanlage nach
französischen
Vorbildern im Stile eines "Place Royale", ein
städtebauliches Gesamtkunstwerk aus religiösen und
weltlichen
Gebäuden, etwas abseits vom Schloß. Der rechteckige
Platz mit
der Kirche im Zentrum hatte an den Schmalseiten je ein
langgestrecktes öffentliches Gebäude, auf der einen
Seite das
Armen-, Zucht-, Waisen- und Arbeitshaus (eine für heutige
Begriffe äußerst seltsame Zusammenlegung von
Funktionen, damals
durchaus üblich, heute Hochschule für Bildende
Künste) und auf
der anderen Seite das 1944 zerstörte ehemalige Gymnasium, das
übrigens schon während der Bauzeit durch eine
Sichtachse bis
hin zu St. Johann jenseits des Flusses unterbrochen wurde. Die
Längsseiten des Architekturplatzes wurden gebildet von
Palaisbauten ähnlicher Gestaltung (es gab vier Grundtypen)
für
verschiedene Adelsfamilien, darunter die von Doeben, die von
Lüder und die von Freithal. Von diesen 14 Positionen, die mit
13
Palais bebaut werden sollten (die Mitte der Nordseite wurde
bewußt als Sichtachse freigelassen), wurden nur 9
verwirklicht
(die vier Eckpalais wurden nie errichtet, und ihr Wegfall
ermöglichte Querstraßen), und davon sind noch acht
erhalten,
die u. a. als Polizeibezirksinspektion (Südwestbau) und als
Staatskanzlei (Nordwesten) genutzt werden. Inmitten dieses
großartig angelegten städtebaulichen Ensembles steht
die
1762-1775 von Barockbaumeister Friedrich Joachim Stengel
(29.9.1694-10-1-1787) erbaute Ludwigskirche, die lutherische
Pfarr- und Hofkirche. Vom selben Baumeister stammt übrigens
auch
das unweit gelegene Saarbrücker Schloß, das heute
durch seinen
modernen Mittelrisalit schrecklich verunstaltet ist, ferner das
Erbprinzenpalais, die in der Nähe stehende Friedenskirche und
die Kirche St. Johann jenseits der Saar.
Ein
Meisterwerk des Spätbarocks
Dieses
Meisterwerk einer
protestantischen Breitsaalkirche auf dem Grundriß eines
griechischen Kreuzes wurde unter Wilhelm Heinrich Fürst v.
Nassau-Saarbrücken (6.3.1718 - 24.7.1768) im Jahr 1661
begonnen,
aber wegen Geldnot mußte ihre Fertigstellung vertagt werden,
bis
des Erstgenannten Sohn, Ludwig Fürst v.
Nassau-Saarbrücken
(3.1.1745 - 2.3.1794), den Bau ab 1773 fertigstellen ließ,
und
nach letzterem ist die Kirche auch benannt. Die beiden Bauherren
waren der vorletzte und der letzte Herrscher von
Saarbrücken-Nassau, denn 1793 mußten sie den
Franzosen weichen.
Die mit ionischen Kolossalpilastern gegliederte Fassade ist
reihum gleich gestaltet mit je einem langen Fenster zwischen zwei
Ovalen verschiedener Form, in der Sockelzone queroval, oben
hochoval oder als Vierpaß geformt. Zwischen den Fenstern
einer
Achse ist sparsame Rokokodekoration zu sehen. Um die ganze Kirche
herum läuft am Dachansatz eine Balustrade mit insgesamt 28
Sandsteinfiguren biblischer Gestalten von Francuß Bingh. Im
Bild
sind von links nach rechts: Spes, Hesekiel, Moses, Aaron,
Jacobus, Andreas, Petrus, Paulus, Thomas, Bartholomäus,
Abraham,
David, Daniel und Fides. Weitere Statuen von der selben Hand
befinden sich in den Nischen der abgeschrägten Seitenteile des
westlich und östlich vorspringenden Kreuzarmes, diese stellen
die vier Evangelisten dar. Auf der im Photo sichtbaren Ostseite
sind dies links Matthäus und rechts Markus. Nord- und
Südarm
des Kreuzes weisen keine Abschrägungen auf. Über dem
kreuzförmigen Dach erhebt sich ein erhöhter
Mittelteil genau in
der Platzmitte. Der im Grundriß quadratische Turm ist vor den
westlichen Kreuzarm gebaut und wird im obersten Geschoß
achteckig. Der Turm wird wie die Kirche selbst oben ebenfalls mit
einer Balustrade abgeschlossen. Die Ludwigskirche hat 1944
erheblichen Schaden genommen, genau genommen wurde sie sogar
größtenteils zerstört. Der heutige Bau ist
der Wiederaufbau
1947 ff, wobei erst 1966-1982 das spätbarocke Innere
rekonstruiert wurde, und 2009 wurde als Letztes auch der
Fürstenstuhl rekonstruiert.
Inschriften
und Wappen an der Ostseite
Die
zentrale Achse der
Ostseite enthält den Haupteingang zum nach Westen
ausgerichteten
Innenraum. Hier befindet sich übereinander angeordnet auch die
gesamte ikonographische und epigraphische Repräsentation der
Bauherren. In der reich ornamentierten und
unregelmäßig
begrenzten Kartusche in Fassadenmitte befindet sich die
Bauinschrift von Wilhelm Heinrich Fürst v.
Nassau-Saarbrücken
(6.3.1718 - 24.7.1768), der den Bau begonnen hat: "TEMPLVM
EVANGELICVM SACRA SP: SANCTI SEDES FIDEI SPEI CHARITATIS OFFICINA
AVGVSTA AD LAVDEM DEI PVBLICAM A WILHELMO HENRICO PRINC: NASS:
PATR: PATRE COETVI EVANG: LVTHER: LIBERALITER PIE MAGNIFICE
EXSTRVCTVM MDCCLXV (1765)". Im Bogenfeld über der Tür
finden wir die Bauinschrift seines Sohnes Ludwig Fürst v.
Nassau-Saarbrücken (3.1.1745 - 2.3.1794): "INCHOATUM A
PATRE EXEGIT HOC RELIGIONIS MONIMENTUM ET IN PRINSECUS DECORE
EXORNATUM DIVINIS DENIQUE REBUS FACIUNDIS DICAVIT FILIUS PATERNAE
VIRTUTIS AE MULUS AC HAERES LUDOVICUS PRINCEPS NASS. COM. SAARAE
P. REL. ANNO POST NATUM O. R. MDCCLXXIII (1773)". Und ganz
oben auf Höhe der Balustrade befindet sich in der
östlichen
Mittelachse das Wappen der fürstlichen Familie, hier
für Vater
Wilhelm Heinrich und Sohn Ludwig stehend.
Das
Wappen
der Grafen und Fürsten von Nassau-Saarbrücken
Hier sehen wir im Schild einen Entwicklungsstand nach 1660, denn
ab diesem Jahr wurde das Wappen der Nassauer Hauptlinie um das
Element Weilnau vermehrt (Feld 4 mit den beiden Löwen). Das
trägt der Tatsache Rechnung, daß man jetzt Weilnau
ganz an sich
gebracht hatte, auch den an Nassau-Dillenburg gekommenen Anteil
durch Tausch. Weiterhin kommt jetzt wieder Merenberg, das ca. 80
Jahre nicht mehr im Wappen war, erneut hinein, aber diesmal nicht
als Kleeblätter, sondern als Kreuzchen (Feld 6). Der Schild
ist
nach diesen Veränderungen wie folgt aufgebaut:
Dieses Wappen wurde von allen übriggebliebenen Linien des Walramschen Stammes bis 1805 in dieser Form geführt. Zu diesem Wappen gehören theoretisch sieben Helme, die hier aber nicht dargestellt werden:
Genealogie:
Die Grafen und Fürsten von Nassau-Saarbrücken
Die
Söhne Ludwigs II, der
alle Gebiete des Walramschen Stammes wieder in seiner Hand
vereinigt hatte, teilen die Herrschaft wieder in drei Linien auf,
Idstein (mit Idstein, Wiesbaden und Lahr), Saarbrücken (mit
Saarbrücken, Saarwerden und Usingen) und Weilburg (mit
Weilburg,
Merenberg und Kirchheim), wovon Saarbrücken wieder in drei
Linien aufgespalten wird, nämlich Saarbrücken,
Ottweiler
(Saarwerden) und Usingen. Nassau-Usingen beerbt schließlich
die
Linien Idstein, Saarbrücken und Ottweiler. Nach einer kurzen
Aufspaltung in Usingen-Usingen und Usingen-Saarbrücken
erlischt
die gesamte Linie Usingen, alles fällt an die Linie Weilburg,
die letzte überlebende Linie des walramschen Stammes. 1688
wurden die Grafen von Nassau-Saarbrücken zu
Reichsfürsten
erhoben.
Literatur,
Links und Quellen:
Evangelische
Kirchengemeinde
Alt- Saarbrücken: http://www.ludwigskirche.de/
Siebmachers Wappenbücher, Bände Fürsten und
Landesherren
Stammtafel
walramsche Linie: http://www.nassau-info.de/geschichte-sb-walram.htm
Informationen
über Nassauer
Geschichte allgemein: http://www.nassau-info.de/index.htm
Nassauer Genealogien: http://genealogy.euweb.cz/nassau/index.html
Territorialgeschichte:
Gerhard Köbler:
Historisches Lexikon der deutschen Länder - die deutschen
Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H. Beck Verlag
München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf
CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Ludwigskirche: http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwigskirche_Saarbr%C3%BCcken - http://www.iflis.de/index.php/saarland/anker-der-identitaet/kirchen-und-kloester - http://www.uni-saarland.de/sonstige/sprachkurse-daf/fsk_august_06/workshops/geschichte/ludwigskirche.html - http://www.stadtbild-deutschland.org/forum/index.php?page=Thread&threadID=3162
Horst Heydt, Ludwigsplatz und Ludwigskirche zu
Alt-Saarbrücken.
Höhepunkt und Abschluß des evangelischen Kirchenbaus
im
Spätbarock, Saarbrücken-Dudweiler 1993, Verlag:
Freunde d. LPM,
ISBN-10: 3928189107, ISBN-13: 978-3928189101
Fred Oberhauser, das Saarland - Kunst, Kultur und Geschichte im
Dreiländereck zwischen Blies, Saar und Mosel, DuMont
Kunst-Reiseführer, Ostfildern 1999, ISBN-10: 3770116437,
ISBN-13: 978-3770116430
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