Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1744
Kleinheubach (Landkreis Miltenberg, Unterfranken)
Kleinheubach,
ev.-luth. Pfarrkirche St. Martin
Kleinheubach gehörte seit
1559 den Schenken von Erbach. 1559 - das ist das Jahr, in dem die
Grafen von Rieneck mit Graf Philipp III. (14.6.1504-3.9.1559),
Sohn von Reinhard Graf v. Rieneck (1463-1518) und Agnes v.
Gleichen (-20.1.1554), als dem letzten männlichen Mitglied der
Familie ausstarben. Die Ehe des letzten Grafen blieb kinderlos.
Die Lehen der Rienecker fielen heim an den Lehnsherrn, das
Kurfürstentum Mainz. Ein Stückchen von dem großen Kuchen
bekamen jedoch die Grafen von Erbach, denn der letzte Rienecker
war verheiratet mit Margareta v. Erbach (27.10.1507-8.8.1574),
Tochter von Eberhard XI. Graf v. Erbach (22.4.1475-1539) und
dessen Frau Maria v. Wertheim (23.2.1485-26.9.1536). So kam
Kleinheubach an die Grafen von Erbach, bei denen es bis 1721
verblieb. Dann wechselte der Ort wiederum den Besitzer, diesmal
aber nicht durch Erbschaft, sondern durch Verkauf: 108.000 Gulden
zahlte Fürst Dominik Marquard zu Löwenstein-Wertheim für die
Herrschaftsrechte über Kleinheubach.
162 Jahre unter Erbachscher
Herrschaft - am Kirchenportal der 1706-1710 erbauten
evangelisch-lutherischen Pfarrkirche St. Martin findet sich mit
dem Allianzwappen von Philipp Ludwig Graf v. Erbach-Erbach
(10.6.1669 - 17.6.1720) und seiner Frau Albertine Elisabeth
Gräfin zu Waldeck-Eisenberg (9.2.1664 - 1.11.1727) über dem
Hauptportal ein heraldisches Zeugnis dieser Herrschaft. Vom 1455
errichteten Vorgängerbau stammt neben dem wiederverwendeten Turm
dieser Inschriftenstein:
Genealogie der Grafen
von Erbach:
- Georg Albrecht I. Graf zu Erbach, Herr
zu Breuberg (16.12.1597 - 25.11.1647), aus vierter Ehe,
1606 zu Schönberg und Seeheim, 1623 zu Reichenberg, 1627
zu Fürstenau, 1643 Alleinherrscher der Erbachischen
Lande, vermählt in erster Ehe mit Magdalena v. Nassau
(13.11.1595 - 1633), in zweiter Ehe mit Anna Dorothea v.
Limpurg-Gaildorf (1612 - 23.6.1634) und in dritter Ehe
mit Elisabeth Dorothea zu Hohenlohe-Schillingsfürst
(1617 - 12.11.1655)
- Georg Ernst Graf v.
Erbach-Wildenstein (7.10.1629 - 25.8.1669), aus
erster Ehe, vermählt mit Charlotte Christiana v.
Hohenlohe-Schillingsfürst (6.11.1625 -
13.8.1677)
- Georg Friedrich Graf v.
Erbach-Breuberg (6.10.1636 - 23.4.1653), aus
dritter Ehe
- Georg Ludwig I. Graf v.
Erbach-Erbach (1643 - 5.4.1693), aus dritter Ehe,
zu Erbach, Freienstein, Wildenstein, Michelstadt
und 1/2 Breuberg, vermählt mit Amalia Catharina
Gräfin v. Waldeck-Eisenberg (18.8.1640 -
4.1.1697)
- Philipp Ludwig
Graf v. Erbach-Erbach (10.6.1669 -
17.6.1720), Generalleutnant der
Generalstaaten, vermählt mit Albertine
Elisabeth Gräfin zu Waldeck-Eisenberg
(9.2.1664 - 1.11.1727)
- Karl Albrecht (Ludwig)
v. Erbach (16.6.1670 - 18.8.1704)
- Friedrich Carl Graf v.
Erbach u. Limpurg (21.5.1680 -
20.2.1731), Letzter der Linie
Erbach-Erbach, mit ihm stirbt
Erbach-Erbach aus und kommt an
Erbach-Fürstenau, vermählt mit Sophia
Eleonora Gräfin zu Limpurg (10.6.1695 -
28.1.1738)
- Georg IV. Graf v. Erbach
(12.5.1646 - 20.6.1678), aus dritter Ehe
- Georg Albrecht II. Graf v.
Erbach-Fürstenau (26.2.1648 - 23.3.1717), aus
dritter Ehe, vermählt mit Anna Dorothea
Christina v. Hohenlohe-Waldenburg (22.2.1656 -
28.10.1724)
Wie wir sehen, ist die Wappenkombination
Erbach/Waldeck in dieser Stammfolge ohne Abgleich mit der Bauzeit
theoretisch zweimal möglich, denn auch die Eltern des Bauherrn
hätten dieses Allianzwappen führen können.
Was jedoch nicht auf den Vater
des Bauherrn, Georg Ludwig I. Graf v. Erbach-Erbach (1643 -
5.4.1693), zutreffen kann, sondern nur auf den Bauherrn selber,
des Letztgenannten Sohn, ist ein seltenes Detail: Das Wappen von
Erbach ist mit einem Johanniter-Ordensschild
unterlegt, rot mit einem silbernen, achtspitzigen Kreuz. Das ist
sogar so selten, daß es genau einmal in der Familie der Grafen
von Erbach vorkommt, nämlich nur bei Philipp Ludwig Graf
v. Erbach-Erbach (10.6.1669 - 17.6.1720), dem Bauherrn.
Er war 1689 vom Großmeister des Johanniterordens in Sonnenburg
(Preußen) zum Ordensritter geschlagen worden, und er wurde
Komtur der Ordenskommende Schievelbein, die er 1713 erhalten
hatte. Und - die Welt ist klein - der betreffende Großmeister
(Herrenmeister zu Sonnenberg) des Johanniterordens war 1689-1692
Georg Friedrich Fürst von Waldeck (31.1.1620-19.11.1692). Und
dieser war niemand anderes als sein Schwiegervater! Denn Philipp
Ludwigs Frau, Albertine Elisabeth Gräfin zu Waldeck-Eisenberg
(9.2.1664 - 1.11.1727), war die Tochter von eben jenem Georg
Friedrich Fürst v. Waldeck-Eisenberg und dessen Frau Elisabeth
Charlotte Gräfin v. Nassau-Siegen (11.3.1626-16.11.1694).
Das dem Ordensschild
aufgelegte Erbach-Wappen selbst folgt dem
gewohnten Bild: Das Wappen ist geviert, Feld 1 und 4: rot-silbern
geteilt mit drei (2:1) sechsstrahligen Sternen in verwechselten
Farben (Grafen von Erbach), Feld 2 und 3: in Silber zwei rote
Balken (Herrschaft Breuberg), auf dem Helm mit rot-silbernen
Decken ein Paar Büffelhörner, silbern-rot übereck geteilt
(Stammkleinod), bereichert um zwei schräggekreuzte Fähnchen,
silbern und mit zwei roten Balken (Breuberg).
Auf der heraldisch linken
Seite sehen wir das Wappen seiner Frau, Albertine
Elisabeth Gräfin zu Waldeck (9.2.1664 - 1.11.1727) aus
der Linie Waldeck-Eisenberg
(auch Waldeck-Kulenburg bzw. Waldeck-Culemborg
genannt). Der Schild ist einmal geteilt
und zweimal
gespalten mit Herzschild:
- Hauptschild: einmal geteilt und
zweimal gespalten
- Feld 1: in Silber ein rotes
Ankerkreuz (Grafschaft Pyrmont)
- Feld 2: in Gold drei (2:1)
rote Säulen (Kulenburg, niederländisch
Culemborg)
- Feld 3: in Blau ein golden
gekrönter, silberner Löwe mit Doppelschweif
(Gleichen für die Herrschaft Tonna)
- Feld 4: in Silber ein
gekrönter, schwarzer Löwe (Pallandtsche
Herrschaft Werth)
- Feld 5: in Blau ein
"gefaltetes" silbernes Kreuz
(Pallandtsche Herrschaft Wittem)
- Feld 6: von Gold und Schwarz
fünfmal geteilt (Pallandt).
- Herzschild: in Gold ein achtstrahliger
schwarzer Stern (Grafschaft Waldeck)
Ein ähnliches Wappen ist im Siebmacher,
Band Souveräne 1, S. 47, T. 108 aufgeführt, allerdings mit noch
zwei Feldern mehr, wobei bei einigen Bestandteilen die Zuordnung
nicht abschließend geklärt zu sein scheint.
Dazu werden fünf Helme geführt. Das
ergibt einen ziemlichen Kontrast, denn links daneben führt der
Ehemann nur einen einzigen Helm, und hier drängeln sich gleich
fünf. Deshalb werden oft beim Waldecker Wappen drei auf den
Schildrand gesetzt und zwei seitlich neben den Schild gestellt
(vgl. Münzen). Hier jedoch werden alle fünf Helme auf dem
Schildrand sitzend präsentiert:
- Helm 1 (Mitte): Kombinationshelmzier
aus Waldeck und Pyrmont:
- Zwischen einem goldenen und
beiderseits mit einem achtstrahligen schwarzen
Stern belegten offenen Flug (Grafschaft Waldeck)
- eine oben mit einem
Pfauenstoß besteckte goldene Säule (oder hoher
Hut), die in der Mitte von einem zugespitzten
roten Arm des Pyrmonter Kreuzes (auch:
Lilienzepter) schräg durchstochen ist
(Grafschaft Pyrmont),
- Helmdecke rechts
schwarz-golden, links rot-silbern
- Helm 2 (her. rechts innen): Kopf und
Hals eines blauen Esels, Decken rot-golden (Herrschaft
Kulenburg, niederländisch Culemborg)
- Helm 3 (her. links innen): Ein aus der
Helmkrone wachsender, golden gekrönter, silberner Löwe
mit Doppelschweif (Gleichen für die Herrschaft Tonna),
Helmdecken blau-silbern.
- Helm 4 (rechts außen): aus der
Helmkrone wachsend ein gekrönter, schwarzer Löwe
(Pallandtsche Herrschaft Werth), Helmdecken
schwarz-silbern
- Helm 5 (links außen): zwischen einem
offenen schwarzen Flug ein Schildchen, dieses von Gold
und Schwarz fünfmal geteilt (Pallandt), Helmdecken
schwarz-golden
Genealogie des Hauses
Waldeck: Eisenberger Linie
- Volrad I.
Graf v. Waldeck, vermählt mit Barbara v. Wertheim. Unter
den Söhnen Aufteilung in die beiden Hauptlinien:
- Philipp
I. Graf v. Waldeck-Wildungen (1445 - 1475), Begründer
der Linie zu Wildungen, vermählt mit
Johanna v. Nassau (1444 - 1468)
- Philipp
II. Graf v. Waldeck-Eisenberg (3.3.1453 -
26.10.1524), Begründer der Linie zu
Eisenberg, vermählt in erster Ehe mit
Katharina zu Solms-Lich (- 12.12.1492)
- Philipp III. Graf v.
Waldeck-Eisenberg (9.12.1486 -
20.6.1539), vermählt in erster Ehe mit
Adelheid v. Hoya (- 11.4.1513) und in
zweiter Ehe mit Anna v. Cleve (21.5.1495
- 24.5.1567)
- Wolrad II. Graf v.
Waldeck (27.3.1509 - 15.4.1578),
aus 1. Ehe, vermählt mit
Anastasia Günthera v.
Schwarzburg
- Josias
Graf v. Waldeck-Eisenberg
(18.3.1554 - 6.8.1588),
vermählt mit Maria v.
Barby-Mühlingen
(8.4.1563 - 1619)
- Christian
Graf zu
Waldeck-Wildungen, Begründer
der jüngeren Linie zu
Wildungen,
vermählt mit Elisabeth
Gräfin v. Nassau-Siegen
(8.11.1584 - 26.7.1661)
- Philipp
VII. Graf v.
Waldeck-Wildungen
(25.11.1613 - 24.2.1645),
vermählt mit Anna
Katharina Gräfin v. Sayn
und Wittgenstein
(2.7.1610 - 3.9.1690)
- Christian
Ludwig Graf zu Waldeck,
Pyrmont u. Rappoltstein
(29.7.1635 - 12.12.1706),
vereinte
die gesamte Grafschaft
wieder in einer Hand,
Stammvater aller heute
lebenden Fürsten und
Grafen von Waldeck
- Volrad
IV. Graf v.
Waldeck-Eisenberg
(7.7.1588 - 6.10.1640),
Eisenberger Linie,
vermählt mit Anna v.
Baden-Durlach (13.6.1587
- 11.3.1649)
- Philipp
Theodor Graf v.
Waldeck-Eisenberg
(2.11.1614 - 1645), 1640
Graf, mit Tonna
belehnt, Graf v.
Culemberg
(Kulenburg), vermählt am
25.8.1639 in Kulenburg
mit Maria Magdalena
Gräfin v. Nassau-Siegen
(21.10.1622-1647)
- Amalia
Catharina Gräfin v.
Waldeck-Eisenberg
(18.8.1640-4.1.1697)
- Heinrich
Wolrad Graf v.
Waldeck-Eisenberg
(28.3.1642-15.7.1664),
vermählt am 27.1.1660 in
Arolsen mit Juliane
Elisabeth Gräfin v.
Waldeck und Pyrmont
(1.8.1637-20.5.1707),
kinderlos
- Florentinus
Wilhelm Graf v.
Waldeck-Eisenberg
(12.8.1643-30.8.1643)
- Johann
Ludwig Graf v.
Waldeck-Eisenberg (1616 -
1638)
- Georg
Friedrich Fürst v.
Waldeck-Eisenberg
(31.1.1620 - 1692),
kaiserlicher
Generalfeldmarschall,
1677 Verkauf von Tonna, 27.6.1682
Fürst, Letzter
der Eisenberger Linie,
vermählt 1643 in
Kulenburg mit Elisabeth
Charlotte Gräfin v.
Nassau-Siegen
(11.3.1626-16.11.1694)
- Wolrad
Christian Graf v.
Waldeck-Eisenberg
(4.4.164?-1650?)
- Friedrich
Wilhelm Graf v.
Waldeck-Eisenberg
(1649-15.3.1651)
- Karl
Wilhelm Graf v.
Waldeck-Eisenberg
(21.6.1650-17.4.1653)
- Louise
Anna Gräfin zu
Waldeck-Eisenberg
(18.4.1653-30.6.1714)
- Charlotte
Amalia Gräfin v.
Waldeck-Eisenberg
(20.10.1654-1657)
- Friedrich
Wilhelm Graf v.
Waldeck-Eisenberg
(3.11.1657-21.11.1670)
- Karl
Gustav v.
Waldeck-Eisenberg Graf v.
Culemburg
(28.2.1659-24.6.1678)
- Sophia
Henriette Gräfin v.
Waldeck-Eisenberg
(3.8.1662-15.10.1702)
- Albertine
Elisabeth Gräfin zu
Waldeck-Eisenberg
(9.2.1664-1.11.1727)
- Jakob
Graf v. Waldeck-Eisenberg
(2.5.1621 - 3.6.1645)
- Christian
Graf v. Waldeck-Eisenberg
(17.3.1623 - 21.10.1623)
- Wolrad
V. Graf v.
Waldeck-Eisenberg
(25.11.1625 - 29.1.1657)
Und noch mehr Heraldik läßt sich an der
Front der Kirche finden: Wendet man den Blick nach oben in
Richtung der 1707 datierten Turmuhr, so sieht man die außen am
Ziffernblatt befestigten Schilde der ehemaligen Landesherren von
Kleinheubach: 2x Rieneck, 2x Erbach, Löwenstein.
Literatur,
Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher
Peter W. Sattler, Helga Bartmann: Erbach im Odenwald: Wappen
erzählen Geschichte. Aus der Geschichte von Stadt und Grafschaft
Erbach, Band 7, Herausgeber: Magistrat der Kreisstadt Erbach im
Odenwald und Historischer Verein für die Kreisstadt und
ehemalige Grafschaft Erbach e.V., ISBN 3-9801518-2-4
Hartmut Platte: Das Gräfliche Haus Erbach-Erbach, Heft 8 der
Reihe Deutsche Fürstenhäuser, Börde-Verlag Werl, 2004, ISBN
3-9807740-6-6
Hartmut Platte: Waldeck und Pyrmont, Geschichte eines
Fürstenhauses, Heft 3 der Reihe Deutsche Fürstenhäuser,
Börde-Verlag Werl 2006, ISBN 3-980-6221-8-5
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf
CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Kleinheubach: http://de.wikipedia.org/wiki/Kleinheubach#Geschichte
Pfarrkirche St. Martin: http://www.kleinheubach.de/gemeinde/evangkirche/ - http://www.kleinheubach.de/gemeinde/evangkirche/historbarockk/ - http://www.offene-kirchen-bayern.de/st.martin-kleinheubach
Herrn Bert Blommers aus Culemborg ein herzliches Dankeschön für
wertvolle Hinweise zur Linie Waldeck-Eisenberg
Die Wappen der Grafen und Fürsten von
Waldeck-Pyrmont
Wappen der Grafen von Erbach
Das Feld für die
Grafschaft Gleichen und seine Verbreitung in deutschen
Adelswappen
Ortsregister - Namensregister
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