Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1615
Hildesheim (Niedersachsen)

Hildesheim, Domhof 24

Das hinter einer Mauer mit Gittertor weit zurückgesetzte Gebäude am Domhof 24, im Nordwesten des Domhofes in der Nähe des Durchganges in Richtung Museum (Paulustor), beherbergt heute das bischöfliche Generalvikariat des Bistums Hildesheim, Hauptabteilung Bildung, die bischöfliche Pressestelle und die Hauptabteilung Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit. Ferner ist hier die Stiftung katholische Schule untergebracht. Früher war hier das Konvikt für die Schüler des Josephinums, deswegen findet sich auch das gleiche Wappen an beiden Gebäuden. Das dreistöckige, neunachsige Gebäude mit Walmdach stammt ursprünglich aus der Barockzeit und ist vereinfachend und schmucklos bis auf die Fenstergewände und das asymmetrisch in der sechsten Fensterachse angeordnete Portal mit dem Wappenstein im gesprengten, geschweiften Giebel über der Tür wiederaufgebaut worden.

Wie genau gegenüber am Josephinum am anderen Ende des Domhofes befindet sich über dem Portal das barocke Wappen der Freiherren von Weichs, in Silber eine eingebogene schwarze Spitze. Das Oberwappen besteht aus zwei identischen, spiegelsymmetrischen Helmen, die auf dem ovalen Kartuschenrand sitzen, jeweils auf einem roten, bequasteten Kissen ein einwärtsgewendeter silberner oder naturfarbener Affe sitzend mit goldenem Spiegel in der inneren Hand, jeweils zwischen einem eigentlich insgesamt in Form des Schildbildes von Silber und Schwarz geteilten Adlerfluges, der hier abweichend gänzlich silbern gestrichen ist. Die Helmdecken werden als schwarz-silbern beschrieben, hier wurde dem barocken Zeitgeist entsprechend entgegen den heraldischen Regeln auf sie zugunsten eines ausladenden, oben nach innen mit einer Volute eingedrehten Ornamentes mit schräggitterartiger Füllung verzichtet.

Nachweise des Wappens der von Weichs finden sich außerhalb des Siebmacherschen Wappenwerkes z. B. im Scheiblerschen Wappenbuch, dort ist die Spitze nicht eingebogen, sondern gerade, und genauso gerade sind die beiden nach innen gelegten Schrägteilungen der beiden Adlerflügel im Oberwappen; der Affe ist dort naturfarben und hält einen roten Spiegel; das Kissen fehlt. Im Churbayerischen Wappenbuch ist der Affe ebenfalls naturfarben, hier mit Kissen. Die Spitze ist eingebogen dargestellt. Im Aschaffenburger Wappenbuch wird der Affe golden, das Spiegelglas blau wiedergegeben, im Westfälischen Wappenbuch sind die beiden Affen silbern; der Spiegel ist jeweils blau mit goldener Fassung. Hupp stellt im Münchner Kalender 1925 den Affen golden dar, bei seinem Aufriß ist ein besonders nettes Detail, daß im Spiegel das Spiegelbild des Affenkopfes gezeichnet ist.

Das Geschlecht ist bayerischer Uradel, hat seit 1623 den Freiherrenstand und stammt aus Weichs an der Glonn (Landkreis Dachau). In ihrer Stammheimat hatten die Herren von Weichs jahrhundertelang das Erbkämmereramt im Bistum Freising inne. 1655 starb die Linie auf dem 1853 abgerissenen Stammschloß aus. Von Bayern aus teilte sich das Geschlecht in mehrere Linien, in eine bayerisch-österreichische (ältere Linie, 1623 freiherrlich) mit den vier Unterlinien zu Staingriff (erloschen), Falkenfels (erloschen), Obergriesbach (heute österreichisch) und zu Dasing (erloschen), und in eine rheinisch-kurkölnische (jüngere Linie) mit den drei Unterlinien zu Körtlinghausen (erloschen 1819), zu Rösberg (1636 freiherrlich) und zur Wenne (westfälische Linie). Die bayerische Linie wird auch als Wiguläus-Linie bezeichnet, die im 17. Jh. im Gefolge der Wittelsbacher ins Rheinische ausgewanderte Linie auch als Engelhard-Linie. Wir haben hier mit der Version des freiherrlichen Wappens mit den beiden spiegelbildlichen Helmen mit identischen Kleinoden (Diplom von 1623), das noch so von der jüngeren Linie geführt wird, den Sonderfall, daß eine Wappenverbesserung einfach durch Verdoppelung eines Helmes ohne Änderung der Schildinhalte oder Hinzufügung neuer Symbole vorgenommen wurde. Weitere und spätere, insbesondere auch im Schild vermehrte Wappen der älteren Linie (z. B. um das Wappen Zenger vermehrt) werden im Siebmacherschen Wappenwerk beschrieben.

Übrigens wird das Stammwappen in identischer Form von der Gemeinde Weichs (Oberbayern, Landkreis Dachau) geführt. Es unterscheidet sich im Schildbild nicht von dem der Familie.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Informationstafel am Gebäude
Pressestelle:
http://www.bistum-hildesheim.de/bho/dcms/sites/bistum/medien/pressestelle.html
Medienstelle:
http://www.bistum-hildesheim.de/bho/dcms/sites/bistum/medien/dioezesanmedienstelle/index.html
Max von Spießen (Hrsg.): Wappenbuch des Westfälischen Adels, mit Zeichnungen von Professor Ad. M. Hildebrandt, 1. Band, Görlitz 1901 - 1903.
Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, Veröffentlichung des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e. V., Aschaffenburg 1983
von Weichs: Otto Hupp, Münchener Kalender 1925, Regensburg 1925.
Gemeinde Weichs:
http://www.weichs.de - http://www.weichs.de/index.asp?naviid={7093E0F1-8BD3-4895-9C96-2945668AE081}
Wappen in Hildesheim:
http://wiki-de.genealogy.net/Stadtgebiet_Hildesheim
Wappen im Domhof:
http://wiki-de.genealogy.net/Wappen_in_Hildesheim_-_Domhof
Hans-Peter Dege, ein heraldischer Spaziergang durch Hildesheim, Teil 2: Von St. Michael bis zur Hohen Domkirche St. Marien (Dom), Kleeblatt, Vereinsmitteilungen Nr. 1, 2010, S. 16-25.

Josephinum - ehem. fürstbischöfliche Residenz Domhof 18-21 - Domhof 22 - Domhof 27 - am Landratsamt - historischer Giebel Domhof 30 - Rolandstift - Harlessemhaus

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