Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1599
Altenburg (Thüringen, Landkreis Altenburger Land)

Das Altenburger Residenzschloß

Die Bebauung des Schloßareals von Altenburg spiegelt eine tausendjährige Geschichte der Anlage wider. Die Wettiner kamen 1307 nach der Schlacht bei Lucka in den Besitz von Altenburg. Das Schloß war Schauplatz einer berühmten Entführung: Die jugendlichen Prinzen Ernst und Albrecht, Stifter der beiden Hauptlinien der Wettiner, wurden hier 1455 aus dem Schloß von Kunz von Kauffungen und Konsorten entführt, um politischen Druck auf den regierenden Herzog auszuüben (sächsischer Prinzenraub) und territoriale Zugeständnisse zu erwirken, eine Idee, die ihn schließlich den Kopf kostete. Aus einer Burg wurde im Laufe der Zeit ein Renaissanceschloß, und schließlich ein teilweise barock umgestalteter Regierungssitz einer eigenen Unterlinie der Ernestiner, genauer von dreien: 1603-1672 bestand eine erste Linie Sachsen-Altenburg als eigenständiges Herzogtum (sog. Ältere Altenburger Linie), das Territorium fiel nach deren Aussterben an Sachsen-Gotha, und 1680/81 entstand daraus die Linie Sachsen-Gotha-Altenburg als eine Linie von insgesamt sieben und hatte bis 1825/1826 Bestand. Als 1826 alles neu geordnet wurde, entstand die Jüngere Altenburger Linie, die bis 1918 und der Abdankung von Herzog Ernst II. von Sachsen-Altenburg bestand. Danach ging das Schloß in kommunalen Besitz über. Ganz grob gliedert sich die randständige Bebauung in zwei Areale, einen kleinen Hof im Südwesten mit dreieinhalbseitiger Bebauung und einen großen, nach Osten hin ansteigenden Hof mit im Süden gerader und an den anderen Seiten halbrund angeordneter Randbebauung und freistehendem, 32 m hohen gotischem Bergfried (Hausmannsturm, Abb. rechts) im östlichen Teil. Um den kleineren Hof gruppieren sich die Repräsentativbauten mit Corps de Logis, Arkadengalerie und Fouriergebäude, um den größeren Hof Festsaalflügel, Junkerei, Flasche (romanischer Bergfried), Waschhaus, Wirtschaftsbauten, Hofmarschallgebäude, das Prinzenpalais und das Torgebäude (im Uhrzeigersinn). An der Verbindungsstelle befindet sich im Süden die gotische Stifts- und Schloßkirche. Durch einen kleinen Versatz ergibt sich südlich des großen Hofes ein Zwinger, an dessen östlichem Ende ein äußerer Torbau steht. Im Bereich des großen Schloßhofes gibt es an einem Höhenversatz eine barocke Pferdeschwemme mit Neptunbrunnen und angrenzend auf einer höhergelegenen Terrasse den sog. Agnesgarten.

Älteren Wappendarstellungen begegnen wir an der zweijochigen, dreistöckigen, offenen Arkadengalerie im Stil der Renaissance, die den kleineren Hof nach Osten teilweise vom größeren Hof abtrennt. Bei diesem Bauteil handelt es sich nur um einen Rest eines einst größeren Traktes, den kleineren Hof umschließend, bevor die Barockzeit einschneidende Veränderungen vornahm. Der Rest ist auch nicht original erhalten, sondern wurde im 20. Jh. zwar originalgetreu, doch neu aufgebaut. Hier sind zwei ältere Wappensteine aus der Gotik sekundär eingemauert, aus einer Zeit, als Altenburg zwar eine wichtige Burg der Wettiner, aber noch nicht Sitz einer eigenständigen Regierung war.

Die beiden Wappensteine verweisen auf die beiden wettinischen Reichslehen und stehen damit für die wettinischen Hauptlande, die trotz separater Verwaltung eine Einheit bilden. Der Wappenstein in der linken Abb. steht für die Markgrafschaft von Meißen, in Gold ein schwarzer Löwe, rot bewehrt, auf dem Helm auf einem wachsenden Mannesrumpf ein hoher Hut, dessen konischer Schaft oben mit einem Abschlußschmuck versehen ist, aus diesem ein Pfauenstoß hervorkommend. Die Helmzier der Markgrafschaft Meißen wäre gemäß späteren Darstellungen eigentlich nur ein rot-silbern gestreifter Mannesrumpf mit bärtigem Haupte und mit rot-silbern gestreifter Mütze (Judenmütze, Heidenmütze), an der eine natürliche Pfauenquaste hängt, und so wird sie ansonsten auch immer dargestellt, mit nach hinten überhängendem Mützenzipfel. Dies hier ist jedoch eine frühe Form von besonderer Höhe, wie man sie auch an der Burg Mildenstein in Leisnig finden kann. Der Wappenstein der rechten Abb. steht für die Landgrafschaft von Thüringen, in Blau ein golden gekrönter und bewehrter Löwe, von Silber und Rot siebenmal geteilt (hier nicht mehr zu erkennen). Die Helmzier zeigt zwei silberne Büffelhörner, die hier mit je fünf vermutlich goldenen Lindenzweigen besteckt sind, der jeweils letzte aus der Hornspitze ausgeformt. Helmdecken rot-silbern oder auch blau-silbern.

Großer zeitlicher Sprung zu den nächsten Wappendarstellungen: Das oben abgebildete Wappen befindet sich am barocken Residenzbau des Altenburger Schlosses. Hufeisenförmig umgibt die Baugruppe aus dem 16.-18. Jh. den kleinen Schloßhof. Die letzte bauliche Überarbeitung zur heutigen Gestalt fand 1706-1712 und 1724-1744 unter Friedrich II. Herzog v. Sachsen-Gotha-Altenburg (28.7.1676 - 23.3.1732) und Friedrich III. Herzog v. Sachsen-Gotha-Altenburg (14.4.1699 - 10.3.1772) statt. Der Baumeister ist Gottfried Samuel Vater. Die ehemaligen Wohn- und Repräsentationsräume des regierenden Herzogs befanden sich im Corps de logis mit Kolossalpilastern, welche die beiden Obergeschosse optisch verbinden. Im Dreiecksgiebel über dem ganz leicht nur vorspringenden Mittelrisalit befindet sich ein einfaches sächsisches Herzogswappen in aufwendig gestalteter Begleitplastik. Von allen Repräsentativgebäuden des Schloßareales hat dieses die aufwendigste Fassadengestaltung.

Direkt neben der gotischen Schloßkirche befindet sich über dem gewundenen Hauptzugangsweg zum Schloßareal der barocke, 1727 unter Friedrich II. Herzog v. Sachsen-Gotha-Altenburg (28.7.1676 - 23.3.1732) erbaute Triumphbogen. Der Bogen ist von großer Klarheit, wobei der gesamte Unterbau bis zum Hauptgesims nur durch den Radialfugenschnitt strukturiert wird. Stadtseitig ist oben in der Attikazone ein goldenes Monogramm auf hermelingefüttertem rotem Mantel angebracht. Oben auf der Attika stehen Trophäen mit Fahnen, antikisierenden Rüstungen und Kanonenrohren und Deckelvasen an den Ecken. Zwingerseitig stehen Allegorien der Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Tapferkeit und Weisheit. Zwingerseitig ist auch das große Staatswappen von Sachsen-Gotha-Altenburg zwischen zwei Löwen auf der hier in der Mitte als Balustrade gestalteten Attikazone angebracht, freistehend über einem wie auf der Stadtseite gestalteten Monogramm, überhöht von einem Herzogshut.

Das Große Staatswappen des Herzogtums Sachsen-Gotha-Altenburg zeigt hier folgenden Aufbau:

Dieses Wappen entspricht in weiten Teilen dem üblichen Bilderteppich der ernestinischen Herzogtümer, aber hier taucht ein selten gesehenes Feld im Schildfuß auf: Der silberne Löwe im blauen Feld für Gleichen-Tonna. Bei der Leipziger Teilung 1485 bekam Ernst (reg. 1464-1486) das Kurland, also Sachsen-Wittenberg, dazu den größten Teil Thüringens mit Weimar, Eisenach, Gotha, ferner die Reichsgrafschaften Reuß, Gleichen, Kirchberg, z. T. Schwarzburg. Weiterhin konnte er sich über den Erhalt von Altenburg, Zwickau, Schwarzenberg, Coburg, Plauen, Grimma, Borna, Leisnig und Eilenburg freuen. 1631 starben die Grafen von Gleichen aus, und die Grafschaft kam in andere Hände. Formal aber beanspruchten die Altenburger Herzöge die Landeshoheit über die gesamte Grafschaft, zudem hatten sie 1677 die Herrschaft Tonna aus dem ehemaligen Besitz der Grafen von Gleichen gekauft, so daß sie sich in doppeltem Sinne berechtigt sahen, den Löwen zu führen.

Dieses letzte Wappen (Herzogtum Sachsen, von Schwarz und Gold neunmal geteilt, darüber ein grüner schrägrechter Rautenkranz) befindet sich am sog. Prinzenpalais, welches 1868-1871 in einem Retro-Stil erbaut wurde und damit einen der jüngsten Trakte des Altenburger Residenzschlosses darstellt. Die Vorgängerbauten waren abgebrannt, und so wurde dieser Trakt unter Verwendung der Reste unter dem Altenburger Baurat Julius-Robert Enger neu erbaut. Der Trakt wurde von Mitgliedern der herzoglichen Familie im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jh. als Wohnraum genutzt.

Übersicht über die Ältere Linie Sachsen-Altenburg:

Abb.: Junkerei und sog. Flasche

Übersicht über die Herzöge von Sachsen-Gotha-Altenburg:

Übersicht über die Jüngere Linie Sachsen-Altenburg:

Literatur, Links und Quellen
Siebmachers Wappenbücher
Hinweistafeln an den Gebäuden
Territorialgeschichte: Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H. Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Schloß Altenburg:
http://www.cms.residenzschloss-altenburg.de/
Schloß Altenburg, bauliche Übersicht:
http://www.cms.residenzschloss-altenburg.de/index.php/burg-schloss.html
Schloß Altenburg, Geschichte:
http://www.cms.residenzschloss-altenburg.de/index.php/geschichte-schloss.html
Prinzenraub:
http://www.cms.residenzschloss-altenburg.de/index.php/prinzenraub.html
Herzog Friedrich II. von Sachsen-Gotha-Altenburg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_II._%28Sachsen-Gotha-Altenburg%29
August Beck, Friedrich II., Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg, in: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB), Bd. 8, Duncker & Humblot, Leipzig 1878, S. 3–5, online
http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Friedrich_II._%28Herzog_von_Sachsen-Gotha-Altenburg%29

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