Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 1573
Prettin (Annaburg, Sachsen-Anhalt, Landkreis Wittenberg)
Schloß Lichtenburg in Prettin, südlicher Schloßhof
Die helle Seite der Geschichte - vom Kloster zum Witwensitz, und immer wieder Dänemark: Die Wurzeln des Schlosses liegen in einem bereits 1315 erwähnten Antoniterkloster "Lichtenbergk". Die Antoniter engagierten sich hier in der Krankenpflege. Johann Friedrich Kurfürst v. Sachsen (30.6.1503 - 3.3.1554, aus der ernestinischen Linie) hob das Kloster vor dem Hintergrund der Reformation auf, nachdem die letzten Mönche der Niederlassung sich ebenfalls der Reformation zugewandt hatten. Übrigens war es in diesem Haus der Antoniter, wo sich 1518 Luther erstmals mit Georg Spalatin traf und wo dieser ihm die Unterstützung durch Friedrich den Weisen zusicherte. Ebenfalls hier war es, wo sich 1520 Martin Luther mit dem päpstlichen Abgesandten von Miltitz traf.
In den Jahren 1536-1545 bekam Markgräfin Elisabeth von Brandenburg (24.6.1485 - 10.6.1555), geborene Prinzessin von Dänemark, Ehefrau von Kurfürst Joachim I. v. Brandenburg (21.2.1484 - 11.7.1535), das Haus "Lichtenbergk" als Wohnhaus, denn sie war seit geraumer Zeit lutherisch und mußte deshalb aus ihrer katholischen Heimat und vor ihrem katholisch gebliebenen Mann fliehen, hier bekam sie nach einer Zwischenstation in Torgau Asyl. Mütterlicherseits bestand eine verwandtschaftliche Beziehung zu Sachsen, denn ihre Eltern waren Johann König von Dänemark (8.7.1455 - 1513) und Christina von Sachsen (25.12.1461 - 8.12.1521, Tochter von Kurfürst Ernst I. von Sachsen). Unter Kurfürst I. August v. Sachsen (13.7.1526 - 12.2.1586) und seiner Frau Anna von Dänemark (1532 - 1.10.1585) wurde das Renaissance-Schloß 1565-1582 erbaut und bis 1585 genutzt. Insbesondere Anna von Dänemark war die treibende Kraft hinter dem Ausbau, wie sich an den mehrfach präsenten Wappensteinen dieses Paares nachvollziehen läßt.
Das Schloß diente auch später noch kurfürstlichen Frauen und Witwen als Wohnsitz. 1611-1641 war Schloß Lichtenburg (oder Lichtenberg) Residenz der Hedwig von Dänemark (5.8.1581 - 26.11.1641), der verwitweten Gemahlin von Kurfürst Christian II. v. Sachsen (23.9.1583 - 1611). Während ihrer Zeit in Prettin entstanden 1613 im Zuge einer neuen Innengestaltung ein neuer Altar für die Schloßkirche und 1631 der entzückende Neptunbrunnen im südlichen Schloßhof. Sie ließ die Gebäude des Komplexes renovieren. In den Jahren 1685-1706 wohnte hier die verwitwete Kurfürstin Wilhelmine Ernestine von der Pfalz, geborene Prinzessin von Dänemark (20.6.1650 - 1706), ehemalige Gemahlin des Kurfürsten Karl II. v. der Pfalz (31.3.1651 - 26.5.1685), überlappend residierte hier 1691-1717 Anna Sophia Prinzessin von Dänemark (1.9.1647 - 1.7.1717), die Witwe von Kurfürst Johann Georg III. v. Sachsen (20.6.1647 - 12.9.1691) und Mutter Augusts des Starken. Diese beiden Frauen hatten erheblichen Einfluß auf die wirtschaftliche und kulturelle Blüte der Region zu dieser Zeit. Sie waren Schwestern, denn ihrer beider Eltern waren König Frederik III. von Dänemark (18.3.1609 - 9.2.1670) und Sophia Amalia Herzogin v. Braunschweig-Lüneburg (24.3.1628 - 20.2.1685).
Obige Abbildung zeigt den Blick auf den Haupttrakt, der südlichen und nördlichen Schloßhof trennt. Hinter dem Baugerüst verborgen ist das in den die Dachflächen weit überragenden Treppenturm führende Prunkportal aus der Renaissance, welches genau wie an der Schloßkirche ein Ehewappen für August Kurfürst v. Sachsen (13.7.1526 - 12.2.1586) und Anna von Dänemark (1532 - 1.10.1585) trägt.
Dies ist (durch ein 2011 dort befindliches Baugerüst bedingt) nur ein Ausschnitt des kursächsischen Wappens für August I. Kurfürst v. Sachsen. Inhaltlich ist es identisch mit dem Wappen an der Schloßkirche, Hauptschild: zweimal gespalten und dreimal geteilt, mit Schildfuß, den Feldern 1-12 für das Herzogtum Sachsen, die Landgrafschaft Thüringen, die Markgrafschaft Meißen, die Pfalzgrafschaft Sachsen, die Pfalzgrafschaft Thüringen, die Grafschaft Orlamünde, die Herrschaft Landsberg, die Herrschaft Pleissen, die Burggrafschaft Altenburg, die Burggrafschaft Magdeburg, die Grafschaft Brehna, die Regalien und mit einem Herzschild für die Kurschwerter, ferner mit 3 Helmen für Kursachsen, die Landgrafschaft Thüringen und die Markgrafschaft Meißen (siehe ausführliche Beschreibung bei der Schloßkirche). Wie an der Schloßkirche trägt auch hier der Schlußstein des Rundbogens eine ovale Wappenkartusche mit dem einfachen kursächsischen Wappen.
Heraldisch links begegnet uns auch hier das Wappen für Anna von Dänemark. Wie auch an der Schloßkirche fällt auf, daß beide Wappen künstlerisch ganz verschieden konzipiert sind. Das kursächsische Wappen folgt dem konventionellen Aufbau mit einer noch als Schild zu erkennenden Außenform und wird als Vollwappen mit drei Helmen präsentiert, ferner besitzt es Helmdecken. Das Wappen der Frau ist eine ovale, von strahlenförmig nach außen weisendem Renaissance-Beschlagwerk eingefaßte Ovalkartusche unter Aufgabe der konventionellen Formen, die noch an echte Schilde erinnern. Ferner wird das gesamte Oberwappen durch die Krone des dänischen Königshauses ersetzt, Helme und Helmkleinode sowie Helmdecken sind ersatzlos gestrichen. Dadurch rückt der optische Schwerpunkt des Schildes nach oben, was der Symmetrie der Gesamtkomposition zuwiderläuft. In beiden Fällen steht zwischen den beiden Wappen ein Schildhalter, der mit seinen Händen auf verschiedenen Positionen den Höhenversatz des optischen Schwerpunktes ausgleicht. Inhaltlich ist das Wappen identisch mit dem an der Schloßkirche, Hauptschild mit Danebrog, Dänemark, Norwegen, Goten, Wenden, Schweden bzw. Kalmarer Union, Gotland, Schleswig, Island, Holstein, Stormarn, Oldenburg, Delmenhorst, Herzschild Dithmarschen (siehe ausführlich bei der Schloßkirche).
Abb. links: südlicher (vorderer) Schloßhof, Blick nach Westen auf die Schmalseite des von der Bebauung aufgespannten Trapezes mit zwei im unteren Teil achteckigen, oben runden Treppentürmen, die weit über die tatsächlich benötigte Höhe hinaus gebaut worden sind. Das Photo läßt ahnen, welche Sanierungsarbeit hier auf Investoren wartet. Die Nordseite des Schlosses ist in noch weitaus schlimmerem Zustand. Abb. rechts: Blick von der Schloßkirche auf das verwinkelte östliche Ende des West-Ost-Traktes mit einem weiteren Treppenturm.
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Informationstafeln am Gebäude und im Tordurchgang
http://www.prettin.de/Lichtenburg/Lichtenburg.htm
http://www.sachsen-anhalt.de/index.php?id=8917
http://www.freitag.de/politik/0123-einstiges-konzentrationslager-verkauf
Norbert Eisold, Edeltraud Lautsch, DuMont Kunst Reiseführer
Sachsen-Anhalt: zwischen Harz und Fläming, Elbe, Unstrut und
Saale - eine denkmalreiche Kulturlandschaft
Ute Essegern, Fürstinnen am kursächsischen Hof: Lebenskonzepte
und Lebensläufe zwischen Familie, Hof und Politik in der ersten
Hälfte des 17. Jahrhunderts, Leipziger Universitätsverlag,
2007, 524 S., http://books.google.de/books?id=vNvUej1mFvIC
Lichtenburg: http://www.lichtenburg.org/ - Geschichte: http://www.lichtenburg.org/13.0.html
Arbeitskreis Schloß und Gedenkstätte: http://www.lichtenburg.org/uploads/media/Selbstdarstellung.pdf
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf
CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Lichtenburg, Schloßkirche - Lichtenburg, Torbau
Sächsische Wappen (1), Ernestinische Linie - Sächsische Wappen (2), Albertinische Linie
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