Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1340
Oberwesel (Mittelrheintal, Rhein-Hunsrück-Kreis)
Oberwesel,
kath. Pfarrkirche unserer Lieben Frau
Epitaph des Friedrich von Schönburg auf Wesel
Dieses prächtige Renaissance-Epitaph aus Tuffstein (linke Abb.) steht im nördlichen Seitenchor der Pfarrkirche unserer Lieben Frau, und es ist noch am ursprünglichen Ort an dessen Südwand, gegenüber zwei weiteren Epitaphien. Friedrich von Schönburg auf Wesel d. Ä. ist stehend in Rüstung dargestellt, nur den Helm hat er abgenommen, dieser liegt mit hochgeklapptem Visier neben seinem rechten Fuß. Das umgegürtete Schwert ist von feinster Bearbeitung der Oberfläche (siehe rechte Detailaufnahme), aber oberhalb der Kante des Hüftschutzes schon abgebrochen. Der Verstorbene mit eckig beschnittenem Vollbart faltet die in Panzerhandschuhe gekleideten Hände in ewiger Anbetung. Sein Kopf zwischen mächtigem Halsschutz der Rüstung ist leicht nach rechts gewendet in Richtung Altar. Die Rüstung ist zeittypisch für die Mitte des 16. Jh., nur ein Detail ist mutwillig zerstört worden: Die zeittypisch gestaltete Schamkapsel ist später abgemeißelt worden, vermutlich erregte man sich über die in der Herstellungszeit durchaus übliche markante Betonung dieses Details.
Das Epitaph, vermutlich ein Werk des Trierer Meisters Hieronymus Bildhauer, ist oben auf kleinen Schriftbändern jeweils in der Zone über dem Kapitell in Verlängerung der Pilaster auf "Anno" "1555" datiert. Hinter dem Kopf des Verstorbenen befindet sich ein muschelförmiger Abschluß. Die Zwickel sind mit Drachen gefüllt. Die beiden Pilaster rechts und links sind voll der besten Renaissance-Verzierungen. Jeder Pilaster trägt zwei Vollwappen, und dazwischen sieht man jeweils eine männliche bzw. eine weibliche Büste. Die Inschrift in der Zone darüber (nicht mehr im Bild) lautet: "Nobili, singulariq(ue) prudentia, (et) animi magnitudine conspicuo viro Friderico a Schoenburgk, qui vivens arcem Schoenburgka prope Wesaliam partim defunctis, partim cedentib(us) omnib(us) eius possessorib(us), quod multis ab hi(n)c annis nemini contigit, solus possedit adq(ue) posteros transmisit, Filii Fridericus (et) Maynhardus pietate movente F(ieri) F(ecerunt) O(biit) Anno 1550, die Februarii 21, Aetatis 66" - Dem Friedrich von Schönburg, dem durch Klugheit und Seelengröße einzigartigen Mann, der auf der Schönburg über Wesel als einziger Besitzer lebte, was vor ihm viele Jahre niemendem gelungen war, teils weil alle anderen Besitzer verzichtet hatten oder verstorben waren, und der die Burg seinen Nachfahren hinterließ, ließen die Söhne Friedrich und Meinhard aus (kindlicher) Liebe (dieses Epitaph) errichten. Er starb am 21.2.1550 im Alter von 66 Jahren.
Die beiden erwähnten Söhne sind Kinder aus zweiter Ehe mit Elisabeth von Langeln, Tochter von Johann von Langeln und Agnes von Graerodt (Graurod). Seine erste Frau war die 1509 geehelichte und 1518 verstorbene Agnes von Dienheim, Tochter von Wigand von Dienheim und Agnes Forstmeister. Was hier besonders hervorgehoben wird, ist, daß die riesige Burg dem Friedrich von Schönburg auf Wesel d. Ä. allein gehörte. Dies war in der Tat ein seltener Umstand, weil es sich um eine Ganerbenburg handelte, auf der viele Familienzweige gemeinsam lebten, aber er profitierte z. T. vom Aussterben anderer Linien, und seinen jüngeren Bruder Johann hatte er abgefunden. Groß mußten auch seine Investitionen gewesen sein, um die bestehende Pfandschaft auszulösen, um ganz in den Besitz der Burg zu kommen.
Die beiden oberen Wappen sind die der Eltern (und der beiden Großväter) des 1484 geborenen Friedrich von Schönburg auf Wesel d. Ä., Sohn von Adam von Schönburg (1464-1507), Amtmann zu Oberwesel, und dessen Frau Guda von Wallbrunn, Tochter von Hans von Wallbrunn und Agnes von Carben. Adam von Schönburg wiederum war der Sohn von Friedrich VII. von Schönburg auf Wesel (1437-4.8.1463), der dreimal geheiratet hatte, zuerst Hedwig von Schöneck, Tochter von Peter von Schöneck und Hedwig von Kempenich, dann in zweiter Ehe eine Frau von Randeck, schließlich in dritter Ehe Elisabeth von Gerhardstein (Gerolstein). Das Wappen der Schönburg auf Wesel zeigt in Silber einen schwarzen Herzschild, darüber ein goldenes Glevenrad mit blauer Nabe. Die Helmzier ist hier die spätere Form, ein Hund zwischen zwei Büffelhörnern. Helmdecke schwarz-silbern. Das Wappen der von Wallbrunn (Walbrun) zeigt in Blau drei (2:1) silberne Rauten. Auf dem Helm mit blau-silbernen Decken eine aufrechte silberne Raute zwischen zwei blauen, je mit einer silbernen Raute belegten Büffelhörnern. Davon sind hier die mittlere Raute und die rechte Raute auf dem Büffelhorn gut zu sehen, die linke ist zerstört.
Die beiden unteren Wappen sind die der beiden Großmütter des Friedrich von Schönburg auf Wesel d. Ä., Elisabeth von Gerolstein (Gerhartstein, heraldisch rechts, optisch links) und Agnes von Carben (heraldisch links, optisch rechts). Das Wappen der von Gerolstein zeigt In Silber ein rotes Schildchen. Helmzier ein oben mit Hahnenfedern besteckter silberner Gupf, vorne belegt mit dem roten Schildchen, Helmdecken silbern-rot. Das Wappen der von Carben zeigt einen geteilten Schild, oben in Gold ein roter, aus der Teilungslinie wachsender Löwe, unten in Blau eine silberne Lilie. Auf dem Helm mit rot-goldenen (oder schwarz-silbernen) Decken ein silbern gestulpter roter (oder schwarzer) Hut, oben mit einer mit schwarzen Hahnenfedern besetzten silbernen Kugel.
Detail zweier Wappenschilde, links v. Schönburg auf Wesel, rechts v. Carben. Dieses Kunstwerk ist ein Epitaph, keine Grabplatte. Sie erinnert, bedeckt aber nicht seine letzte Ruhestätte. Friedrich dürfte aber in der Familiengruft im nördlichen Seitenchor beigesetzt worden sein, auch wenn sich eine eigene Platte nicht erhalten hat.
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Sabrina Müller, Die Inschriften der katholischen Pfarrkirche
unserer Lieben Frau in Oberwesel, Inschriften
Mittelrhein-Hunsrück, Heft 1, hrsg. v. d. Akademie der
Wissenschaften und der Literatur, Mainz, und dem Institut für
Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V., Mainz
2008
Auf http://www.inschriften-online.de/nc/broschueren.html das Heft http://www.inschriften-online.de/nc/broschueren.html?download=IMH-1_Oberwesel_Liebfrauen_01.pdf
Veröffentlichung der Innenaufnahmen mit freundlicher Genehmigung
von Herrn Pfarrer Bernhard Jakobs vom 5.5.2010, wofür ihm an
dieser Stelle ganz herzlich gedankt sei.
Pfarrei Oberwesel: http://www.pfarrei-oberwesel.de/
Otto Gruber: Wappen des
mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl.
Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen
Jahrgängen der "landeskundlichen
Vierteljahresblätter".
Dr. Jean-Claude Loutsch, Armorial du
pays de Luxembourg, 1974
Rolf Zobel, Wappenbuch für Mittelrhein und Mosel, 2007
Inschriften in Oberwesel: http://www.regionalgeschichte.net/mittelrhein/region/orte/orte-o/oberwesel/inschriften.html
Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises I (Boppard,
Oberwesel, St.Goar), hrsg. von Eberhard Nikitsch, Wiesbaden 2004,
60. Band der Reihe "Die Deutschen Inschriften".
Genealogie der von Schönburg auf Wesel in: Detlev Schwennicke,
Vittorio Klostermann, Europäische Stammtafeln, neue Folge, die
fränkischen Könige und die Könige und Kaiser, Stammesherzoge,
Kurfürsten, Markgrafen und Herzoge des Heiligen Römischen
Reiches Deutscher Nation, 2005, IX, Tafel 26-28, http://books.google.de/books?id=66u6hIPY5cMC
Genealogie der von Schönburg auf Wesel in: Walther Möller:
Stammtafeln Westdeutscher Adels-Geschlechter im Mittelalter, 1. Band
der alten Folge, Darmstadt 1922.
St. Martin, Grabplatte der Katharina Feyst - Pfarrkirche u. L. F., Lamprecht v. Schönburg auf Wesel - Pfarrkirche u. L. F., Simon Rudolph v. Schönburg auf Wesel - Pfarrkirche u. L. F., Heinrich Eberhard v. Schönburg auf Wesel - Pfarrkirche u. L. F., Schlußstein - Pfarrkirche u. L. F., Becker- und Pinter-Grabplatte
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