Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 1244
Maikammer (Pfalz)
Die Oberstein-Grabmäler an der Pfarrkirche St. Kosmas und Damian in Maikammer
An der Südwand der Pfarrkirche St. Kosmas und Damian zu Maikammer ist das sog. Obersteingrabmal eingelassen, ein Komposit-Monument, das an die ehemaligen Amtleute auf Schloß Kredenburg in Alsterweiler erinnert. Von der 1525 zerstörten und um 1548 wiederaufgebauten Burg selbst existieren nur noch in einem privaten Anwesen verbaute Reste. Die ehemaligen Herren vom Oberstein zu Kredenburg aber haben hier ihr Denkmal, das einst an der Kirchgartenmauer stand und später an die Südwand der Kirche versetzt wurde:
Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich das Grabmonument als eine Zusammenstellung von mehreren einzelnen Teilen verschiedener Zeiten für verschiedene Personen. In der Mitte befindet sich das Doppelgrabmal des Ehepaares Hans Friedrich vom Oberstein und Margarethe von Franckenstein. Zu diesen beiden gehört das Ehewappen im rechteckigen Aufsatz, zur Genealogie des Ehemannes passen die vier Wappenschilde auf der optisch linken Seite des Mittelteiles, und zur Genealogie seiner Frau passen die vier Wappenschilde auf der optisch rechten Seite des Mittelteiles. Das Doppelmonument wird flankiert von zwei Platten für die Eltern des Ehemannes, Viax vom Oberstein und Margarethe von Talheim (Dalheim), wobei die Tatsache etwas verwirrend ist, daß beide Platten so sehr zusammengehören, daß die Wappenabbildungen als eine Einheit zu sehen sind, aber durch das Monument für Sohn und Schwiegertochter auseinandergerissen sind. Der rundbogige oberste Aufsatz hingegen gehört überhaupt nicht dazu, sondern zu einem anderen und stilistisch späteren Monument, und wurde nur hier sekundär verbaut.
Der halbrunde Aufsatz der obersten Ebene hat im oberen Teil eine Muschelrosette, die von einem einwärts gewendeten Vollwappen auf der optisch linken Seite teilweise überdeckt wird. Drei weitere Wappenschilde sind im unteren Teil angeordnet. Die Zuordnung ist mir nicht bekannt, vermutlich handelt es sich um bürgerliche Wappen. Es besteht keinerlei genealogischer Zusammenhang mit den Oberstein-Personendenkmälern.
Der rechteckige Aufsatz über den mittleren Personendenkmälern trägt das Ehewappen der Verstorbenen, zwei einander zugewandte Vollwappen für Hans Friedrich vom Oberstein (gewendetes Wappen der Edlen Herren vom Oberstein: In Silber ein golden gekrönter roter Löwe. Helmzier ein roter, golden gekrönter Löwenrumpf wachsend zwischen zwei silbernen Federstößen, Helmdecken rot-silbern) und Margarethe von Franckenstein (Wappen der von Franckenstein: In Gold ein schräggestelltes rotes Axteisen (Beileisen) mit quergestellter rechteckiger Stielöffnung. Helmzier ist ein Flug, beiderseits mit dem Schildbild belegt, die Axteisen schräggestellt und mit den Klingen einander zugeneigt. Die Helmdecken sind rot-golden.). Die Stammlinie Oberstein: Hans Friedrich vom Oberstein (gest. 26.7.1570), Viax vom Oberstein (gest. 1553), Heinrich vom Oberstein, Friedrich vom Oberstein. Die Stammlinie Franckenstein: Margarethe von Franckenstein (gest. 4.4.1614), Jörg Oswald von Franckenstein (gest. 1538), Johann von Franckenstein (gest. 1558), Conrad von Franckenstein (gest. 1504).
Die über den Köpfen der Personendarstellungen angebrachten; stark verwitterten und beschädigten Inschriften lauten: "ANNO DOMINI ......SAMPSTAG DEN 29 IVLY ZWISCHEN IX VND X VHRN NACHMITTAG IST IN CHRISTO SELINGLICH ENTSCHLAFEN DER EDEL VND ERNVEST HANS FRIDERICH VOM OBERSTEIN SEIN(E)S ALTERS 36 DEM GOTT EIN FRO(EH)LICHE (A)VFFERSTANDTNVS GN(A)EDIGLICH VERLEIHEN WOL(L)E AMEN" sowie "AN(N)O DOMINI ............ FREITAG DEN 4 APRILIS MORGEN(S) VM 4 V(H)R IST IN GOT(T) SELIGLICH ENTSCHLAFEN DIE WO(H)LEDELE FR(AW) VND TVGENDTSAME FRAW MARG(A)RETA VOM OBERSTEIN WITWE GEBOR(E)NE ZU FRANCKENSTEIN I(H)RES ALTERS 74 IA(H)R DER VND AL(L)E(N) CHRISTGLAVBIG(EN) GOT(T) GNAD VND BARMHERTZIG SEIN VND EIN FR(O)E(H)LICHE (A)VFERSTEHVNG VERLEIHEN WOLLE AMEN". Ursprünglich waren das einmal zwei Rollwerk-Kartuschen, sie sind aber insbesondere am Rand sehr stark beschädigt.
Seitlich sind die Ahnenproben der Verstorbenen untergebracht, jeweils vier Schilde. Ahnenproben werden normalerweise als Zweierpotenz angegeben, also 2, 4, 8, 16 oder 32. Hier sind es, da das Wappen des Ehewappens nicht noch einmal extra abgebildet wird, fünf Wappen für jeden Ehepartner, das des Mannesstammes, zu dem sie gehören, und dazu vier weitere Ahnen. Diese asymmetrische Auswahl (rot umrandete Personen in der Ahnentafel) kommt zustande, indem zu den vier Großeltern noch die "wichtigste" Urgroßmutter hinzugenommen wird, im Falle des Ehemannes ist das Gertrud von Dalbingen (?), die, die am nächsten am durchgehenden Mannesstamm "dran ist".
Seite des Ehemannes, Hans Friedrich vom Oberstein: Das oberste Schildchen der linken Seite (Abb. unten ganz links) zeigt das Wappen der von Talheim (Dalheim, Thalheim): Silbern-schwarz gespalten mit einer Spitze in verwechselten Farben. Die zugehörige Helmzier wäre nach der Literatur: Auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein silbern-schwarz übereck geteiltes Paar Büffelhörner. Im Rietstap wird das Wappen unter Talheim, im Siebmacher Württemberg unter Thalheim beschrieben. Margarethe von Talheim starb am 26.1.1557, ihr Vater war Johannes von Dalheim.
Das zweitoberste Schildchen der linken Seite (Abb. unten Mitte links) zeigt das Wappen der von Schweinheim, eine Fiedel. Vom Motiv her ist das das gleiche wie bei den von Alzey, von denen ihre Herkunft abgeleitet wird; der Minnesänger Volker von Alzey gilt als Ahnherr. Farben (lt. Lit. abgewandelt) und Oberwappen sind mir unbekannt, Hinweise willkommen.
Das zweitunterste Schildchen der linken Seite (Abb. oben Mitte rechts) zeigt nach der Literatur das Wappen der von Dalbingen (?), ein Zickzackbalken, darüber ein Turnierkragen. Farben und Oberwappen sind mir unbekannt, Hinweise und Quellen willkommen.
Das unterste Schildchen der linken Seite (Abb. oben ganz rechts) zeigt das Wappen der von Randeck: In Silber ein roter Balken, begleitet von 3 (2:1) roten Lilien. Die zugehörige Helmzier bestünde nach der Literatur aus zwei silbernen Büffelhörnern, abweichend auch die Hörner im Stulp eines Hutes, weitere Varianten werden beschrieben.
Seite der Ehefrau, Margarethe von Franckenstein: Wie bei ihrem Ehemann finden wir seitlich vier Schilde, also zusammen mit dem im Ehewappen enthaltenen Symbol für ihren eigenen Mannesstamm fünf Wappen, also für vier weitere Ahnen neben ihrem Mannesstamm. Diese asymmetrische Auswahl (rot umrandete Personen in der Ahnentafel) kommt zustande, indem auch hier wie oben zu den vier Großeltern noch die "wichtigste" Urgroßmutter hinzugenommen wird, im diesem Falle Apollonia von Cronberg (gest. 28.12.1503, Tochter von Hartmut XI von Cronberg und Elisabeth von Sickingen), die, die am nächsten am durchgehenden Mannesstamm "dran ist".
Das oberste Schildchen der rechten Seite (Abb. unten ganz links) zeigt das Wappen der von Flersheim: Blau-silber-rot geteilt. Die zugehörige Helmzier wäre nach der Literatur eine wachsende Jungfrau mit rotem Gewand und rotem Stirnband, statt der Arme zwei blau-silbern-rot geteilte Flügel. Helmdecke blau-silbern/rot-silbern.
Das zweitoberste Schildchen der rechten Seite (Abb. unten Mitte links) zeigt das Wappen der von Cleen: in Gold drei mit den Stielen dreipaßförmig zusammengestellte rote Blätter bzw. ein Kleeblatt. Die zugehörige Helmzier wäre nach der Literatur ein wie der Schild bez. Flug. Helmdecken rot-golden.
Das zweitunterste Schildchen der rechten Seite (Abb. oben Mitte rechts) zeigt das Wappen der von Cronberg: Geviert. Feld 1: In Rot eine goldene Krone. Feld 2 und 3 in Silber 4 (2:2) blaue Eisenhütlein (silbern-blauer pfahlförmig angeordneter Eisenhutfeh), Feld 4: Rot. Die zugehörige Helmzier wäre ein schwarzer Federbusch, auch als eine schwarze Zirbelnuß interpretiert. Helmdecken rot-silbern.
Das unterste Schildchen der rechten Seite (Abb. oben ganz rechts) zeigt das Wappen der von Helmstatt: In Silber ein schwarzer auffliegender Rabe. Die zugehörige Helmzier wäre ein schwarzes und ein silbernes Büffelhorn. Helmdecken schwarz-silbern.
Links der beiden mittleren Personendenkmäler befindet sich die Platte für Viax vom Oberstein (gest. 1553), Ehemann von Margarethe von Dalheim und Vater von Hans Friedrich vom Oberstein. Auf seiner Platte befinden sich vier Wappenschildchen, wovon allerdings nur die beiden oberen noch erkennbar erhalten sind; die unteren sind bis zur Unkenntlichkeit verwittert. Im zentralen Rechteckfeld sehen wir Viax, den Herrn der Kredenburg, in Rüstung kniend, hinter sich den Helm mit darübergelegten Handschuhen.
Optisch links oben sieht man das Wappen der Edlen Herren vom Oberstein: In Silber ein roter Löwe. Die Schreibweise "vom" Oberstein ist in den hiesigen Inschriften zwar verwittert, kann aber ganz klar der Inschrift an einem Wappenstein der ehemaligen Kredenburg entnommen werden, der, auf 1550 datiert, heute im Stadtteil Alsterweiler eingemauert zu sehen ist. Optisch rechts oben sehen wir das Wappen der von Talheim (Dalheim, Thalheim): Silbern-schwarz gespalten mit einer Spitze in verwechselten Farben. Das Thalheim-Wappen gehört zu seiner Ehefrau, nicht zu seinen Ahnen. Da die beiden äußeren Platten eigentlich zusammengehören und nur künstlich getrennt sind, sind beide Platten als Projektionsfläche der Ahnenwappen beider Verstorbenen zu sehen.
Die Inschrift rings um die graubeige Sandsteinplatte lautet: "Anno d(omi)ni M ccccc l iii Montags nach oculi Ist verschiden der Edel unnd Ernvest Viax vom Oberstein Zu Kredenburg Deß(en) se(e)le got(t) gnad amen" Das Jahr ist 1553, "oculi" ist der dritte Fastensonntag, abgeleitet vom Ps 25,15: "Oculi mei semper ad Dominum, meine Augen sind immer auf den Herrn gerichtet".
Übrigens - an der Kredenburg oder vielmehr an den wenigen Resten der einstigen Wasserburg waren Wappensteine mit eben dieser Wappenkombination Oberstein/Talheim, einer mit der Inschrift "ICH VIAX V. OBERSTEIN MACHT DEN BAW" und der Jahreszahl 1548 (heute Alsterweiler, Friedhofstraße 104). Ein anderer Wappenstein von 1550, gleichen, wenn auch vorzeitig beendeten Textes, aber unterschiedlicher Schreibweise nennt die latinisierte Form "VIACVS" und schreibt "VOM" aus. Die Kredenburg wurde Sitz einer eigenen Linie der Obersteiner, als sie diese 1399 von ihrem Onkel Syfrid von Sankt Alban erbten, die andere Linie war die Gundheimer Linie.
Rechts der beiden mittleren Personendenkmäler befindet sich die Platte für Margarethe von Dalheim (gest. 26.1.1557), Ehefrau von Viax vom Oberstein und Mutter von Hans Friedrich vom Oberstein. Auf ihrer Platte sind vier Wappenschilde zu sehen:
Die umlaufende Inschrift lautet: "ANNO DOMINI 1557 DEN 26 (JANVAR STARB) DIE EDEL VND TVGEN(D)SAM FRAW MARG(ARETA) GEBOREN(E) VON DALHEIM WEILAND VIAX VOM OBERSTEINS VERLAS(S)ENE WITWE DER(EN) SE(E)L(E)N GOT(T) GNAD AMEN"
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Rietstap/Rolland
K. H. Armknecht: Die Wappen der Oberstein-Grabmäler in
Maikammer, in: Pfälzische Familien- und Wappenkunde, Z 539, Bd.
6, herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft für pfälzische
Familien- und Wappenkunde e.V. Ludwigshafen, 1967-1969, Band VI,
S. 208-209
Die Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz, Stadt und Bezirksamt
Landau, bearbeitet von Anton Eckhardt, Nachdruck 1974, S.
259-261. Auf diesem Artikel beruht auch die Lesung der
Inschriften.
J. Leonhardt, Das Grabmal der Grafen von Oberstein zu Maikammer,
Pf. M. 1909, S. 9 ff.
Otto Gruber: Wappen des
mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl.
Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen
Jahrgängen der "landeskundlichen
Vierteljahresblätter".
Rolf Zobel: Wappen an Mittelrhein und Mosel, Books on Demands
GmbH, Norderstedt 2009, ISBN 978-3-8370-5292-3, 527 S.
Frau A. Zangl ein herzliches Dankeschön für wertvolle Hinweise.
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