Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1159
Eichtersheim
(Angelbachtal)
Eichtersheim (3), Wasserschloß
Schloß
Eichtersheim
Das Eichtersheimer Schloß ist
eines der lohnenswertesten Ziele im Kraichgau. Nicht nur ist es
eines der am besten restaurierten Anwesen, sondern es ist durch
seine Lage auf der Insel im Schloßgraben inmitten eines
idyllischen, artenreichen Landschaftsparks von 6,75 ha Fläche
eine Oase der Einheit von idealisierter Landschaft und schöner
Architektur. Dazu ist das Schloß Sitz von Gemeindeverwaltung und
Polizei, ist also außen offen zugänglich. Ferner beherbergt das
Schloß heute ein Restaurant. Eichtersheim ist heute Teil der
Doppelgemeinde Angelbachtal, entstanden als Zusammenschluß der
früher selbständigen Gemeinden Eichtersheim und Michelfeld. Die
Gemeinde besitzt das Schloß Eichtersheim erst seit 1969, vom 16.
Jh. bis 1963 war es in Besitz der Freiherren von Venningen, den
letzten privaten Besitzern. Danach ging das Schloß in das
Eigentum der Gemeinde Angelbachtal über. Jahrelanger Leerstand
folgte; die Fensterscheiben wurden eingeworfen, mutwillige
Beschädigungen ruinierten die Substanz weiter. Zwischenzeitlich
wollte die Gemeinde das Schloß verkaufen und nur den Park
behalten, aber es fand sich kein Käufer. Man zierte sich anfangs
mit der Verwirklichung der Ideallösung, es zum Rathaus zu
machen, weil man aus ideologischer Sicht keinen Ortsteil der
neuen Gemeinde präferieren wollte und lieber einen Neubau
zwischen den Ortsteilen gehabt hätte. Daß wir das Schloß heute
als eines der Kleinode des Kraichgaus erleben dürfen, verdanken
wir einer vorzüglichen Restaurierung in den Jahren 1978-1980,
denn in der Mitte des 20. Jh. war das Schloß in
beklagenswertestem Zustand und es hätte nicht viel gefehlt, daß
das heruntergekommene Gebäude ganz verfallen wäre.
Architektonisch ist das Schloß eine auf einer rechteckigen Insel stehende, durchgehend dreigeschossige Dreiflügelanlage, wovon der östliche Flügel verkürzt ist (Winkelhakenbau). Einen einzigen Eckturm besitzt das Schloß an der Südecke, unten rund, oben achteckig, mit gleicher Traufhöhe wie das ganze Schloß. Er ist datiert auf 1596. Auch wenn das Schloß in seinem Aufbau und in seiner Gestaltung der Renaissance verwurzelt ist, ist sein Ausbau barock. Das den Ort nachhaltig prägende Bauherrenpaar war Karl Philipp von Venningen und seine Frau Anna Maria von Hutten. Karl Philipp übernahm 1750 die Herrschaft über den Ort und tat alles, um ihn in eine barocke Residenz zu verwandeln. Aus der Zeit seiner Herrschaft stammen die wesentlichen Gebäude des Ortes, die auch das Allianzwappen Venningen/Hutten tragen: Rentamt, altes Rathaus, Hofgut, evangelische Kirche etc. Das Renaissanceschloß modernisierte er um 1767, u. a. durch den Einbau eines barocken hölzernen Treppenhauses innen und durch den Anbau einer barocken Freitreppe im Schloßhof.
Barockes
Allianzwappen Venningen-Hutten
Über dem auf 1767 datierten
Haupeingang oberhalb der barocken Freitreppe befindet sich das
Allianzwappen von Venningen (in Silber 2 rote,
schräggekreuzte Lilienstäbe (Glevenstäbe). Helmzier wäre eine
silberne Bischofsmütze, oft rot eingefaßt, die Mütze mit den
gekreuzten zwei roten Lilienstäben (Glevenstäben) belegt, oben
mit schwarzen Hahnenfedern besteckt. Die Helmdecken wären
rot-silbern.) und von Hutten (in Rot zwei
goldene Schrägbalken. Helmzier wäre auf ungekröntem Helm ein
wachsender bärtiger Männerrumpf, rot gekleidet mit goldenen
Aufschlägen, auf dem Kopf eine mit drei schwarzen
Hahnenfederbüschen an der Spitze und im Stulp geschmückte rote
Spitzmütze mit goldenem Aufschlag. Die Helmdecken wären
rot-golden).
Die beiden Einzelwappen befinden sich in ovalen Kartuschen, die nicht einander zugeneigt sind, sondern im Gegenteil beide nach außen weggekippt sind, ein Spiel mit Richtung und Bezug innerhalb der reich durchmodellierten Rocaille-Arbeit mit vielen zungenförmig nach außen strebenden Ausläufern.
Der barocke Ausbau sollte noch weiter gehen, ein Entwurf zur Umgestaltung des Schloßareals von ca. 1760/1770 zeigt einen dritten Flügel vollständiger Länge mit symmetrischem Ehrenhof, einen weiteren Eckturm an der Nordecke als gegenüberliegende Entsprechung zum vorhandenen Südturm, ferner in Verlängerung der Schloßbrücke nach Norden zwei parallele Nebengebäude mit dazwischen aufgespanntem, geschwungenem Entree, rings um den rechteckigen Schloßteich formale Gartenanlagen. Tatsächlich blieb die Vollendung aus, und das Ausgeführte ist doch bescheidener geworden als die phantasievolle Idee. Diese Anlage und auch andere, ähnliche, sind Zeichen der herausgehobenen Stellung der von Venningen am pfälzischen Hof im 18. Jh. speziell und allgemein der der katholischen Reichsritterschaft des Kraichgaus in der Verwaltung am württembergischen und pfälzischen Hof, korrelierend mit entsprechenden Bauprojekten.
Ein
bißchen Genealogie
Karl Philipp von Venningen
(15.12.1728-27.8.1797, Herr auf Eichtersheim, Grombach,
Zuzenhausen, kurpfälzischer Geheimrat, Kammer-, Regierungs- und
Oberhofgerichtspräsident zu Mannheim, Sohn von Carl Ferdinand
von Venningen und Elisabeth Claudia Gräfin von Reichenstein) und
seine Frau Anna Maria Freiin von Hutten zu Stolzenberg (gest.
1761) waren ein sehr aktives Bauherrenpaar. Ihr Allianzwappen
findet man im Ort Eichtersheim sechsmal, daneben noch in den
Orten Weiler am Steinsberg, Eschelbronn, Zuzenhausen (Schloß
Agnestal, 1773 gekauft, 1780 vollendet) und Grombach.
Karl Philipp von Venningen und seine Frau Anna Maria Freiin von Hutten zu Stolzenberg hatten folgende Kinder:
Venningen-Wappen
aus dem 19. Jh.
Ein Wappen aus späterer Zeit
findet man am Ende des Westflügels, mit den Initialen C.V.
versehen und datiert auf 1856. Das Produkt aus der Verfallszeit
hält keinem Vergleich mit den barocken Prunkwappen stand.
Allianzwappen
Venningen-Frundsberg
Weitaus älter und
interessanter ist ein auf 1510 oder eher 1570 datiertes
Doppelwappen über dem Eingang des Ostflügels, am besten von der
vor dem Südflügel liegenden Galerie aus zu betrachten. Dieser
Wappenstein gehört nicht zu dem später errichteten
Renaissancebau, sondern stammt von einem älteren Bau. Der
optisch links Wappenschild zeigt das bekannte Wappen der
Freiherren von Venningen, in Silber 2 rote,
schräggekreuzte Lilienstäbe (Glevenstäbe).
Auf der Seite der Ehefrau jedoch haben wir das Wappen der von Frundsberg (Freundsberg, Fronsberg, Frunsperg). Das Stammwappen zeigt nach dem Siebmacher in Schwarz einen goldenen Schwan, später zuweilen einen goldenen Strauß mit silbernem Hufeisen mit Schnabel. Auf dem Helm wachsend ein goldener Schwan, auch mit silbernen Flügeln beschrieben. Decken schwarz-golden. Bei Konrad Grünenberg finden wir in Gold einen schwarzen Sechsberg, auf dem Helm ein goldener Schwan mit schwarzem Schnabel und roter Zunge, Decken schwarz-golden. Das vermehrte Wappen ist geviert: Feld 1 und 4: in Schwarz ein goldener Schwan, später zuweilen ein goldener Strauß mit silbernem Hufeisen mit Schnabel (wie hier). Feld 2 und 3: In Gold ein schwarzer, unten rund ausgeschlagener, schwebender Fünfberg oder Sechsberg. Zwei Helme: Helm 1: wachsend ein goldener Schwan, auch mit silbernen Flügeln beschrieben. Helm 2: zwei goldene, außen mit silbernen Lindenblättern (Lindenzweigen) besteckte Büffelhörner, mit roten Schnüren verbunden. Decken schwarz-golden.
Diskussion
der Wappendarstellungen Frundsberg
Die Darstellung in der
Literatur und in der Praxis unterliegt einer gewissen
Variabilität:
Der Schwan der Helmzier wird im Siebmacher als ganz golden oder golden mit silbernen Flügeln beschrieben, je nach Band. Bei Konrad Grünenberg ist der Schwan gänzlich golden.
Der Schwan der Helmzier kann wachsen oder zur Gänze dargestellt werden. Drei Darstellungen im Siebmacher zeigen ihn wachsend, eine stehend. Wir finden: Eichtersheim: ohne Helmzier. Neidenstein: aus einer Krone wachsend. Königsbach: aus einer Krone wachsend. Bei Konrad Grünenberg: wachsend aus einer Krone.
Es handelt sich nach den Angaben im Siebmacher entweder um einen Schwan oder um einen Straußen. Bei einem Schwan wären die Flügel das repräsentative Gestaltungselement, bei einem Straußen die langen Schwanzfedern und die langen Beine. Mit diesen Kriterien finden wir: Eichtersheim: Strauß mit Hufeisen. Neidenstein: Strauß mit Hufeisen. Königsbach: Strauß mit Hufeisen.
Es handelt sich nach Literaturangeben um einen Fünfberg oder um einen Sechsberg. Ein Fünfberg ist eine geschlossene Umrißlinie mit fünf Bögen. Ein Sechsberg dagegen wären zwei sich überlappende Dreiberge übereinander. Mit diesen Kriterien finden wir: Eichtersheim: Fünfberg mit zwei horizontalen Trennlinien. Neidenstein: Fünfberg. Königsbach: Fünfberg. Immer ist dieser Berg unten mit einer aufwärts gebogenen Linie begrenzt. Bei Konrad Grünenberg finden wir einen Sechsberg ohne den Straußen. Ein Siegel des Thoman von Freundsberg aus dem Jahre 1350 zeigt einen Fünfberg.
Der Berg ist entweder in den Feldern 2 und 3 oder in den Feldern 1 und 4. Wir finden: Eichtersheim: Berg in 2/3. Neidenstein: Berg in 2/3. Königsbach: Berg in 2/3.
Die beiden Straußen können einwärtsgewendet sein oder beide nach heraldisch rechts schauen. Wir finden: Eichtersheim: beide blicken nach rechts. Neidenstein: einwärtsgewendet. Königsbach: einwärtsgewendet.
Die Position der Helme wird im Siebmacher beidesmal mit dem Schwan rechts und den Büffelhörnern links angegeben. Wir finden: Eichtersheim: ohne Helmzier. Neidenstein: Schwan links und Büffelhörner rechts. Königsbach: Schwan links und Büffelhörner rechts.
Aufgrund der Funde vor Ort also folgende Blasonierung für das vermehrte Wappen: Feld 1 und 4: in Schwarz ein goldener Strauß mit Hufeisen mit Schnabel, kann einwärtsgewendet sein. Feld 2 und 3: In Gold ein schwarzer, unten rund ausgeschlagener, schwebender Fünfberg. Zwei Helme: Helm 1: zwei goldene, außen mit silbernen Lindenblättern (Lindenzweigen) besteckte Büffelhörner, mit roten Schnüren verbunden. Helm 2: wachsend ein goldener Schwan. Decken bei beiden Helmen schwarz-golden.
Eine
kurze Geschichte der Familie Frundsberg
Die Familie stammt
ursprünglich aus Tirol und verbreitete sich von dort nach Bayern
und Schwaben. Namengebend ist die Herrschaft Freundsberg im
Inntal. 1467 kauften Ulrich und Johannes von Frundsberg den von
Rechberg die schwäbische Herrschaft Mindelheim ab. Beide
Familien waren durch Heirat miteinander verbunden. 1467 bis 1586
war die Mindelburg in den Händen der Frundsberger, in dieser
Zeit wurde sie zur modernen Festung mit Rondellen und Rundtürmen
ausgebaut und erhielt den Westflügel zwischen Palas und Turm.
Berühmte Vertreter der Familie sind Ulrich von Frundsberg,
Hauptmann des Schwäbischen Bundes, und sein Sohn Georg von
Frundsberg (24.9.1473-20.8.1528, 1504 Ritterstand), ein
Landsknecht- und Heerführer in kaiserlichen Diensten,
Feldhauptmann von Tirol, sog. "Vater der Landsknechte",
der für Kaiser Karl V in Norditalien um dessen Vorherrschaft
kämpfte. 1500 heiratete Georg von Frundsberg Katharina von
Schrofenstein, aus dieser Ehe gingen Anna von Frundsberg (gest.
3. Januar 1554) und Kaspar von Frundsberg (gest. 31.8.1536)
hervor, letzterer wurde später ebenfalls Feldherr und vermählte
sich am 2.5.1529 mit Margarete von Firmian (eine gemeinsame
Tochter). Nach dem Tod von Katharina von Schrofenstein am
24.02.1517 oder 1518 vermählte sich Georg am 11.09.1519 mit Anna
von Lodron, dieser Ehe entstammt Siguna von Frundsberg, geb.
1522, verheiratet mit Erasmus von Venningen (gest. 1589,
kurpfälzischer Hofrichter, Sohn von Conrad von Venningen,
badischer Rat und Landhofmeister, und dessen Frau Maria von
Hirschhorn), beide hatten zusammen 5 Kinder (1.) Magdalena,
vermählt mit Raphael von Helmstatt, 2.) Anna Maria, vermählt
mit Franz von Sickingen, 3.) Otto Heinrich, 4.) Margaretha,
vermählt mit Hans Ulrich Landschad von Steinach, 5.) Wolf
Ulrich, vermählt mit Barbara von Flörsheim).
Ein Georg II von Frundsberg wiederum, Freiherr zu Mindelheim, Strassberg-Sterzing in Tirol und St. Petersberg, starb 1586 als der Letzte seines Geschlechts, er hatte keine Kinder. Georg II wurde mit seinen Schwestern 1547 in Nördlingen von Kaiser Karl V in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Das Wappen wurde dabei nicht verändert. Als Georg II 1586 starb, machte er testamentarisch seinen Vetter Wolf Wilhelm Veit von Maxlrain, Freiherr von Waldegg, zu seinem Universalerben, adoptierte ihn quasi und übertrug ihm die Führungsberechtigung seines Wappens. Es gab einen längeren Erbfolgestreit mit Christoph Fugger.
Johann Balthasar Pockh von und zu Arnholz, kaiserlicher Hofkriegsrat, erhielt am 26.2.1687 in Wien den Ritterstand als "Pockh Edler Herr von und zu Freundsberg" mit dem Wappen derer von Freundsberg.
Weitere
Wappensteine am Schloß
Der barocke Türsturz
unterhalb des oben besprochenen Allianzwappens Venningen /
Freundsberg zeigt ebenfalls die schräggekreuzten Glevenstäbe
des Venningen-Wappens.
Ein wesentlich älterer Wappenstein wurde sekundär vermauert, er zeigt ebenfalls die schräggekreuzten Glevenstäbe des Venningen-Wappens.
Das im 16. Jh. erbaute Wasserschloß ist ringsum von einem Schloßteich umgeben. Von Norden her führt am Ende einer Platanenallee eine wunderschön harmonische Sandsteinbrücke auf die Schloßinsel. Der historische Schloßpark ist von ziemlicher Größe und bietet alten Baumbestand mit einigen botanischen Raritäten. Er wurde im Stil eines englischen Gartens von Gartenbaudirektor Friedrich Ries angelegt.
Literatur
und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Hartmut Riehl: Burgen und Schlösser im Kraichgau, Verlag
Regionalkultur 1997, ISBN 3-929366-51-7
Zwischen Fürsten und Bauern - Reichsritterschaft im Kraichgau,
hrsg. von Clemens Rehm und Konrad Krimm, Heimatverein Kraichgau,
Sinsheim 1992, 2. Auflage 1993, ISBN 3-921214-04-1
Frundsberg und Mindelheim: http://www.frundsbergfest-mindelheim.de/ - http://www.frundsbergfest-mindelheim.de/de/geschichte/geschichte-3.html
E. v. d. Becke-Klüchtzner, Stammtafeln des Adels des
Großherzogtums Baden, Baden-Baden 1886.
Gemeinde Angelbachtal: http://www.angelbachtal.de/frameseite.htm
Wolfgang Willig, Landadel-Schlösser in Baden-Württemberg, eine
kulturhistorische Spurensuche, 1. Auflage 2010, ISBN
978-3-9813887-0-1, S. 36
Die Kunstdenkmäler des
Grossherzogthums Baden, hrsg. von Franz Xaver Kraus, Band 8,1: Adolf
von Oechelhäuser: Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Sinsheim,
Eppingen und Wiesloch (Kreis Heidelberg), Tübingen, 1909 - http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kdm8bd1, S. 15 ff.
Peter Schubart: Zwei vom Untergang bedrohte Schlösser in
Angelbachtal, Denkmalpflege in Baden-Württemberg,
Nachrchtenblatt des Denkmalamtes, 3. Jahrgang, Juli-September
1974, S. 28 ff.
Eichtersheim
(Angelbachtal, Kraichgau): 3x Hauptstraße - Kirche und Rentamt
Michelfeld (Angelbachtal, Kraichgau): Altes
Rathaus - Schloß
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