Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 949
Oppenheim am Rhein

Oppenheim, Katharinenkirche (2)
Epitaph der Anna Kämmerer von Worms gt. von Dalberg

Dieses Epitaph aus grauem Sandstein von 2,23 m Höhe und 1,14 m Breite befindet sich in der nördlichen Seitenkapelle des Chorabschlusses der Katharinenkirche unterhalb der Fenster mit der Darstellung der Reformatoren Calvin, Zwingli, Luther und Melanchthon von 1889. Das Epitaph mit drei dreiviertelrund gearbeiteten Figur ist ein Meisterwerk der Spätgotik. Eine Inschrift in gotischer Minuskel lautet: "Anno d(omi)ni m cccc x off den son(n)tag vor allerheiligen dag da starp jungfrauen anna dochter (des) her(r)n Johan(n) Kemmerers ritters go(t)t der se(e)le genedig s(e)y". Bei der Inschrift fällt auf, daß hier bereits Abstand von den lateinischen Inschriften genommen wird und deutsche Sprache verwendet wird. Sie läuft so auf den abgeschrägten Rändern um, daß sie bei liegender Platte auf dem Kopf stünde, folglich ist diese Platte von vornherein für eine senkrechte Anbringung konzipiert worden.

Epitaph für Anna von Dalberg, gest. 30.10.1410 im zarten Alter von nur 11 Jahren, Tochter von Johann Kämmerer von Worms genannt von Dalberg und Anna von Bickenbach. Das Epitaphium ihrer Eltern steht im südlichen Querschiff. Die Figur der Verstorbenen steht mit zum Gebet zusammengelegten Händen, in ein langes, fließendes Gewand gekleidet, zwischen zwei Fialpfeilern, die jeder unterhalb der Verjüngungsabsatzes einen nach innen geneigten Wappenschild tragen, optisch links Kämmerer, optisch rechts Bickenbach. Unten schließt die Figur mit dem Gewandsaum ab, ein Kissen oder eine Tierbasis fehlt, hier wurde allerdings verändert, so daß der ursprüngliche Abschluß nicht mehr gegeben ist. Über dem Kopf ist ein mit drei Wimpergen verzierter polygonaler Baldachin, beiderseits beseitet von Blendwimpergen, alle mit reichlich Krabben und abschließender Kreuzblume. Das Grabmal ist mit seinen fließenden Formen, den sanften Übergängen ein Vertreter des sog. "Weichen Stils".

Die Platte gilt als Werk von Madern Gerthener, geb. ca. 1360, gest. ca. 1430. Er stammte aus Frankfurt, war Steinmetz und Frankfurter Dombaumeister, und seine Arbeit galt zu Beginn des 15. Jh. im Mittelrheintal als führend. Seine Tätigkeit in Oppenheim ist belegt, denn 1414-1415 leitete er den Bau des Westchores der Katharinenkirche.

Die beiden Wappenschilde stehen für Annas Eltern, Johann (Hennichin) Kämmerer von Worms gt. von Dalberg (1374 Ritter, Hofmeister in Heidelberg im Dienste der Pfalzgrafen, 1377 Schultheiß, Burgamtmann und Burgmann in Oppenheim, gest. 9.10.1415) und Anna von Bickenbach (gest. 22.5.1415), seiner zweiten Gemahlin. Zur weiteren Genealogie siehe dort.

Das Wappen der Kämmerer von Worms, genannt von Dalberg zeigt unter einem mit drei Spitzen abgeteilten goldenen Schildhaupt in Blau 6 (3:2:1) silberne Lilien (Kämmerer von Worms). Helmzier: Ein wie der Schild bez. Flug. Helmdecken blau-golden. Hier steht der Schild für Johann (Hennichin) Kämmerer von Worms gt. von Dalberg (gest. 9.10.1415). Später wurde das Wappen mit dem schwarzen Ankerkreuz in Gold geviert (Dalberg).
Die von Bickenbach führen einen roten Schild mit zwei aus silbernen Rauten gebildeten Schrägbalken bzw. zwei schrägrechts gestellte Reihen silberner Rauten, wobei sich die Rauten an den Spitzen berühren. Ursprünglich finden wir aber auf ältesten Abbildungen zwei schrägrechte Zickzackbalken (Gottfried von Bickenbach 1211-1244). Helmzier wäre ein wie der Schild bez. Adlerflug, dazwischen ein silbernes sitzendes Pferd oder ein ebensolcher Hund, das Ganze sowohl auf einem Hut als auch ohne vorkommend. Helmdecken wären rot-silbern. Hier steht der Schild fürAnna von Bickenbach (gest. 22.5.1415).

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen Jahrgängen der "landeskundlichen Vierteljahresblätter".
Evangelische Kirchengemeinde, Katharinenkirche Oppenheim
http://www.katharinen-kirche.de
Dr. Dagmar Gilcher: Ein Denkmal und seine Pflege: Die Katharinenkirche in Oppenheim, aus: Die Rheinpfalz vom 08.09.07,
http://www.katharinen-kirche.de/pdf/katharinenkirche.pdf
Oppenheim am Rhein, Rheinische Kunststätten Heft 3-4 / 1972, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (Hrsg.).
Martin Held, Die Katharinenkirche in Oppenheim:
http://www.katharinen-kirche.de/pdf/diekatharinenkircheinoppenheimmitbildern.pdf
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Förderverein Katharinenkirche:
http://www.foerderverein-sankt-katharinen.de/
Oppenheimer Geschichtsverein:
http://www.oppenheimer-geschichtsverein.de/
Ursula B. Thiel, Figürliche Epitaphien des Adels und der Geistlichkeit - Wege in die frühe Neuzeit. In: Traditionen, Zäsuren, Umbrüche, Beiträge zur 11. Internationalen Fachtagung für Epigraphik 2007 in Greifswald, Hrsg. von Christine Magin, Ulrich Schindel, Christine Wulf, Reichert Verlag Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-89500-597-8
Martin Held: Oppenheimer Wappenbuch, Eigenverlag, Oppenheim 2011
Rolf Zobel: Wappen an Mittelrhein und Mosel, Books on Demands GmbH, Norderstedt 2009, ISBN 978-3-8370-5292-3, 527 S.

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Verwendung der Aufnahmen aus der Katharinenkirche zu Oppenheim mit freundlicher Erlaubnis von Frau Pfarrerin Manuela Rimbach-Sator vom 19.06.2008 (http://www.katharinen-kirche.de)

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