Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 785
Im Banne der Weser-Renaissance: Barntrup

Schloß Barntrup (1), Portal des Treppenturmes

Das Schloß Barntrup im gleichnamigen Ort wurde ab 1584 errichtet. Baumeister ist Eberhard Wilkening aus Hameln. Der Rohbau wurde 1588 vollendet. Nach Wilkening übernahm 1590 Hans Rade aus Blomberg die Fortführung des Baus, der ca. 1592 fertiggestellt wurde. Es handelt sich um einen einflügeligen, verputzten Bruchsteinbau mit Werksandsteinelementen an Kanten, Fenstern, Postal und Auslucht auf der Südseite. Im Norden sind an den Ecken zwei Rundtürme angebaut, im Süden an der Südwestecke ein den beiden nördlichen entsprechender, aber polygonaler Turm und ein in die Fassade asymmetrisch eingerückter polygonaler Treppenturm, schlanker als die anderen drei Türme. Dies zeigt, daß der Bau wohl größer geplant war, einst sollte sich hier wohl ein zweiter Flügel in Nord-Süd-Richtung erstrecken, so daß der Treppenturm genau in den Winkel gekommen wäre, aber dieser Flügel wurde nie vollendet. Die Türme sind mit Schiefer gedeckt, das Dach ursprünglich 1588 mit Höxterplatten (Sandstein aus dem Solling). 1879-1880 wurde das Schloß Im Innern umgebaut und neu ausgestattet, während das Äußere noch weitgehend dem Zustand des ausgehenden 16. Jh. entspricht, bis auf das in Ziegel erneuerte Dach.

Bauherrin war Anna von Canstein, Witwe von Franz von Kerssenbrock (1520-1576), des Söldnerführers während der französischen Hugenottenkriege. Anna hatte ihn 1567 im Alter von 31 Jahren geheiratet; ihre Büste befindet sich über dem Portal des Treppenturmes, ein Werk von Heinrich Overkotte. Beim Blick auf die Südfront fallen neben dem winkelständigen polygonalen Treppenturm - jedenfalls nach der ursprünglichen Planung - weitere Gestaltungselemente auf, die prägend für die Weserrenaissance wurden, nämlich die Auslucht und die Verwendung von Kerbschnitt-Bossensteinen in den Werksteinkanten, die vermutlich ihren Ausgang in Rustika-Quadern der irtalienischen Renaissance haben und hier im Weserraum eine ganz eigenständige Entwicklung vollzogen. Aufgrund seiner Bauzeit ist Schloß Barntrup eines der frühesten Schlösser, an dem diese Merkmale, die später bestimmend wurden, zur Ausprägung kamen. Das Schloß ist heute noch in Privatbesitz (Familie von Kerssenbrock-Krosigk).

Blick auf das Treppenturm-Portal: Über dem Gebälk der Umrahmung haben wir ein prächtiges Allianzwappen aus der Renaissance.

Zur optisch Linken befindet sich das Wappen Kerssenbrock: In Gold ein blauer Schrägrechtsbalken, hier aus Courtoisie gewendet, mit drei roten, golden besamten Rosen belegt. Helmzier ein offener Flug, beiderseits wie der Schild tingiert. Die Helmdecken werden in verschiedenen Bänden des Siebmachers als rot-golden (Ost), blau-golden (Preußen) sowie auch gold/blau/rot beschrieben (Hannover). Die von Kerssenbrock sind westfälischer Uradel, aus dem Ravensbergischen. Bereits 1298 werden sie als Burgmannen der Burg Ravensberg bei Minden erwähnt. Der älteste Sitz ist Gröneburg. Sie gehörten auch zur eingewanderten Lüneburgischen Ritterschaft und sind im Raum Hannover begütert. Ein berühmtes Familienmitglied ist Rembert von Kerssenbrock, Bischof von Paderborn 1547-1568, geb. 1474, gest. 1568, verantwortlich für die nachreformatorische katholische Erneuerung im Bistum. Es gibt eine livländische Linie, für die im Siebmacher (Ost) neben der oben beschriebenen Helmzier noch eine abweichende beschrieben wird: Zwischen einer blauen und einer roten Straußenfeder eine rote, golden besamte Rose. In Lemgo finden wir weitere Beispiele des Wappens, am Kerssenbrock-Epitaph in der Nikolaikirche und an einem Haus in der Papenstraße, dem früheren Kerssenbrock'schen Hof.

Zur optisch Rechten befindet sich das Wappen von Canstein bzw. Rabe von Canstein. Der Schild zeigt in Silber einen golden gekrönten Raben. Auf gekröntem Helm ein schwarzer, golden gekrönter Rabe vor einer silbernen, oben mit schwarzen Hahnenfedern besteckten Säule (auch als Köcher oder Schaft angesprochen). Ursprünglich war der Rabe wohl auf den Köcher gemalt, der dann später zur Säule wurde, während der Rabe vor diese gestellt wurde. Helmdecken schwarz-silbern. Die von Canstein sind westfälischer Uradel, aus Canstein im Kreis Brilon stammend und mit den Rabe (Rave) von Papenheim stammesverwandt. 1342 erlaubte ihnen der Erzbischof von Köln Walram von Jülich, auf dem Felsen Canstein die dort bereits vorhandene Burg auf eigenen Kosten auszubauen und neu zu befestigen (mit Öffnungsrecht), die heute im Privatbesitz der Freiherren von Elverfeldt ist. Diese Burg diente der Sicherung der Landesgrenzen von Kurköln gegen die Grafen von Waldeck und das Bistum Paderborn. Nach dieser benannten sie sich und ließen im Gegensatz zu anderen Familienzweigen (Rabe von Coglenberg/Kugelsburg, Rabe von Papenheim, Rabe von Calenberg) das "Rabe" weg und nannten sich nur noch "von Canstein". Ein Zweig gehörte auch zur althessischen Ritterschaft, dieser Zweig ist aber erloschen. 1657 erlangten die von Canstein die Freiherrenwürde. Die freiherrliche Linie führte auch ein vermehrtes Wappen, Hauptschild: Feld 1 und 4: In Blau schräggelegt ein goldbeschlagener schwarzer Marschallstab, Feld 2 und 3: In Silber ein schwarzer Flügel. Herzschild das Stammwappen. Helm 1: ein schwarzer Flügel. Helm 2: Stammkleinod. Decken beiderseits schwarz-silbern. Bekannt wurden die Ritter von Canstein auch als Mitgründer des sog. Benglerbundes 1391, ein Ritterbund des westfälischen Adels, dessen Aktivitäten sich gegen den Paderborner Bischof richteten; Mitgründer waren Friedrich vom alten Haus Padberg sowie Kurt Spiegel zum Desenberg.

Literatur, Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher (Lippe, Hannover, Braunschweig, Anhalt, Mecklenburg, Thüringen, Preußen etc. )
G. Ulrich Großmann, Renaissance entlang der Weser, Du Mont Buchverlag Köln, 1989, ISBN 3-7701-2226-7
Kerßenbrock-Krosingk, Dedo von: Die Höfe des Franz von Kerssenbrock und der Anna von Canstein in Lemgo und Barntrup, in: Zweckverband Weserrenaissance-Museum Schloß Brake (Hrsg.): Der Adel in der Stadt des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Beiträge zum VII. Symposion des Weserrenaissance-Museum Schloß Brake vom 9. bis zum 11. Oktober 1995. Marburg 1996; S. 169-178;
Stöwer, Herbert: Heraldisch-genealogische Denkmäler der Familie von Kerssenbrock in Lippe, Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde, Band 25, Detmold 1959.
Stöwer, Herbert: Die Familie von Kerssenbrock. Mit besonderer Berücksichtigung der lippischen Linien, Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde, Band 27, Detmold 1958, S. 162-185.
Meiner Mutter Ursula Peter ein herzliches Dankeschön für umfangreiche Vorarbeit
Geschichte von Barntrup
http://www.gymnasium-barntrup.de/stadt/history.htm und http://www.barntrup.de/informieren/index.asp?show=geschichte
Westfälische Geschichte:
http://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal/Internet/
Schloßpark Barntrup:
http://www.lwl.org/ParkUndGartenanlagen/owl/Dokumente/146.pdf
http://www.burgen-und-schloesser.net/063/geschichte.htm

Barntrup (Lippe): Schloß, Treppenturmportal - Schloß, Auslucht

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