Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 665
Wappen an
Bauten der Weser-Renaissance
Lemgo: Schloß Brake (2. Teil) - Turmportal
Der
Begriff der Weserrenaissance
Hier bei der Besprechung von
Schloß Brake seien ein paar grundsätzliche Anmerkungen zum
Baustil gemacht, weil das Schloß heute das
Weserrenaissancemuseum beherbergt. Der Begriff der
Weserrenaissance bezeichnet einen regional verbreiteten
Kunststil. "Weser-" wird der Stil nach der Häufung der
betreffenden Bauwerke im Weserraum genannt, wobei das eigentliche
Kerngebiet nicht der ganze Lauf der Weser ist, sondern das Gebiet
zwischen Osnabrück im Westen und Wolfsburg im Osten, zwischen
Bremen im Norden und Hann. Münden im Süden. Die wichtigsten und
repräsentativsten Städte für diesen Stil sind Detmold, Lemgo,
Hameln, Paderborn, Minden, Stadthagen u.v.a.m. Aber für diesen
Stil sind nicht nur die Städte repräsentativ, sondern
insbesondere die Schlösser, deren Häufung an der oberen und
mittleren Weser, im Raum zwischen Bielefeld und Hameln, zwischen
Minden und Münden grandios ist und diesen regionalen Begriff
rechtfertigt. Wohl kaum in einem anderen Raum Europas wurden in
der Renaissance so viele repräsentative Bauten errichtet wie
hier. "-Renaissance" wird dieser Stil genannt, weil
sich in ihm die typischen Stilelemente derselben zeigen und die
Bauwerke im zeitlichen Rahmen dieser Stilepoche entstanden, d. h.
zwischen 1520 und 1640, z. B. 1524 Schloß Neuhaus, 1529 Schloß
Hülsede, 1534-38 Schloß Stadthagen als frühe Beispiele,
1610-17 das Hamelner Hochzeitshaus, 1613-15 das Paderborner
Rathaus, 1613-1616 Schloß Wendlinghausen als späte Beispiele.
Damit liegt die Weserrenaissance epochal ganz grob zwischen zwei
wichtigen Ereignissen der politischen Geschichte, zwischen
Reformation und 30jährigem Krieg. Damit haben wir regional und
epochal eine besondere Ausprägung eines Kunststiles, welcher
damals mit einer beispiellosen kulturellen Blüte der Region
einherging und auch heute noch die Kulturlandschaft im
betreffenden Gebiet dominiert. Vor allem ist es eine
kunstgeschichtliche Strömung, die nicht nur von Adel und Klerus
getragen wurde, sondern auch von Bürgern und Bauern;
Bürgerhäuser und Rathäuser, Gutshäuser und Gehöfte nehmen
genauso an der neuen Formensprache teil wie Kirchen und
Schlösser. Interessant, ja paradox ist vor allem auch, daß, je
schwieriger die politische Situation wurde, je mehr der
überregionale Einfluß der Bauherren sank, desto bereitwilliger
repräsentative architektonische Großprojekte in Angriff
genommen wurden.
Abb.: Blick von der steinernen Brücke auf den Schloßturm von Schloß Brake mit den Privatgemächern von Graf Simon VI und den angrenzenden Nordflügel. Auf der Rückseite des Schloßturmes befindet sich das hier besprochene Allianzwappen.
Baumeister
der Weserrenaissance
Die Weserrenaissance ist
mitnichten eine lokale Bautradition. Wie ein kultureller Sog zog
die rege Bautätigkeit, der Wohlstand der Bauherren und die Lust
am Kunstschaffen überregional Künstler und Handwerker aus
anderen deutschen Gebieten an. Über 20 verschiedene
Bauhandwerker und Baumeister sind namentlich und durch ihre
Steinmetzzeichen zuzuordnen. So kommt es im Weserraum zu einer
Akkumulation von Know-how und zu einer Fülle von Einflüssen,
die gemeinsam diesen Stil prägen. Hier trafen sich die
baugeschichtlichen Ideen jener Zeit und formten etwas
Einzigartiges. Beispiele:
Dies nur als grober Überblick - sämtliche namhaften Baumeister und Werke aufzuführen würde hier jeden Rahmen sprengen.
Abb.: Blick auf die Nordwestecke des Innenhofes von Schloß Brake. Rechts der Flügel von 1584-1592, links die Rückseite des Schloßturmes mit dem hier besprochenen Allianzwappen
Die
Formensprache der Weserrenaissance
Im Weserraum treten bestimmte
Gestaltungselemente stärker auf als in anderen Regionen und
prägen das Bild der typischen Bauten in jenem Stil.
Dabei ist diese Form der Renaissance nicht direkt von Italien
abhängig, sondern mittelbar, was insbesondere an der
Orientierung an gedruckten Vorlagen deutlich wird.
Architekturtraktate über die Baukunst jenseits der Alpen und
Musterbücher wurden zur Gestaltung herangezogen, während im
Prinzip keine revolutionäre Abkehr von bisher üblichen
Baukörpern (Giebelhaus) vollzogen wurde. Baumaterial ist der
helle, warmtonige Wesersandstein (Obernkirchener Stein,
Bückeburger Stein, Bremer Sandstein genannt), als Bruchstein
für die Mauern und Haustein für Eckquader, Portal- und
Fenstergewände sowie Wasserschlaggesimse, Wappensteine und
Giebel verarbeitet, im Gegensatz zur nördlich anschließenden
Backsteinrenaissance. Typische gestalterische Merkmale sind:
Aber es sind nicht nur die Elemente der Fassadengliederung, die ein verbindendes Element der steinernen Zeitzeugen dieser Epoche sind, sondern auch die Baustruktur, die Aufteilung der Bauten im Innern, und auch Strukturelemente, die typisch und auch wegweisend wurden. Interessant ist auch, daß man bei vielen Bauwerken findet, daß Symmetrie des Gesamtkonzepts in der Frühzeit eher eine untergeordnete Rolle spielt, Axialisierung der Fenster erst nicht stattfindet, dafür aber die Rhythmisierungselemente wie Zwerchgiebel und Ausluchten das eigentlich Wichtige sind. Typische konzeptionelle Merkmale sind:
Abb.: Detail der hofwärtigen Schauseite des Renaissance-Flügels von 1584-1592
Allianzwappen
am hofseitigen Eingang in den Westflügel:
Es sind die beiden
Wappen der Eheleute Graf Simon VI zur
Lippe, geb. 1554, reg. 1563-1613, vermählt in zweiter Ehe mit
Elisabeth von Holstein-Schaumburg, des damaligen Landesherren, zu
dessen Territorium die in Sichtweite liegende, blühende Handels-
und Hansestadt Lemgo gehörte, und seiner Frau.
Abb.: Schloß Brake, Turmportal
Die Inschriften unter den Wappen sind lakonisch kurz: "LIPPE 1591" und "SCHOWENBVRCH"
Wappen
des Graf Simon VI zur Lippe
Der Wappenträger ist der
damalige Landesherr Graf Simon VI, geb. 1554, reg. 1563-1613.
Graf Simon war eine bedeutende Herrscherpersönlichkeit der
Renaissance. Er war kaiserlicher Kammerherr, Reichshofrat und
Obrist des Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreises. Er
residierte auf Schloß Brake, im Osten der Stadt Lemgo gelegen.
Unter seiner Herrschaft erlebte Lippe eine Blüte, wirtschaftlich
und kulturell.
Ab 1528 nannten sich die Herren zur Lippe Grafen zur Lippe. Der Anspruch gründet sich auf den 1323 getätigten Erwerb von Teilen der Grafschaft Schwalenberg sowie die im Jahre 1405 erhaltene Grafschaft Sternberg (die Linie der Grafen von Sternberg erlosch 1418, die Besitztümer fielen an Lippe), die Schwalenberger Besitztümer wurden 1356 komplettiert, bis auf ein Viertel des Besitzes, das an Paderborn kam. Die Linie Neu-Schwalenberg ist 1362 erloschen. Im gräflichen Wappen erscheint das Schildbild von Schwalenberg, nicht aber das von Sternberg, und Schwalenberg auch vorerst nicht als Helmzier, das kam erst später gleichzeitig mit der Sternberger Helmzier.
Das gräfliche Wappen ist geviert:
Dazu wird bei dem 1528-1687 gebräuchlichen Wappen nur der Lippesche Helm geführt: Zwischen einem offenen, silbernen oder später auch roten oder rechts silbernen und links roten Flug eine rote Rose mit goldenem Samen und Kelchblättern (Stammkleinod zur Lippe), Helmdecken rot-silbern.
Das Wappen
der Elisabeth von Holstein-Schaumburg-Sternberg
Aufbau des Wappens der Grafen
von Holstein-Schauenburg:
Dazu gehören folgende 3 Helme:
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
G. Ulrich Großmann, Renaissance entlang der Weser, Du Mont
Buchverlag Köln, 1989, ISBN 3-7701-2226-7
Hartmut Platte: Das Haus Lippe in Vergangenheit und Gegenwart,
Börde-Verlag Werl 2006, ISBN 3-980-6221-4-2
Hugo Gerard Ströhl, Deutsche Wappenrolle, Reprint von 1897,
Komet Verlag Köln, ISBN 3-89836-545-X
Informationstafeln im Weserrenaissancemuseum Schloß Brake
Meiner Mutter Ursula Peter große Anerkennung exquisiter
Vorarbeit
Weserrenaissance-Museum Schloß Brake: http://www.wrm.lemgo.de/
Brake: http://www.lemgo-brake.de/
Schloß Brake, Ostflügel - Schloß Brake, Turmportal
Die Entwicklung des Wappens der
Grafen von Schauenburg in Westfalen
Die Entwicklung des Wappens der
Herren, Grafen und Fürsten zur Lippe
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