Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 603
Engers bei
Neuwied am Rhein
Schloß Engers am Rhein
Lust-
und Jagdschloß
Schloß Engers am
Rhein liegt landschaftlich einmalig: Die breite Dreiflügelanlage
hat zur Stadt hin einen großen gitterumsäumten Vorhof, der die
Häuser buchstäblich auf Abstand hält, zum Rhein hin steht es
fast unmittelbar am Wasser, zum Uferweg eine Freitreppenanlage
mit zwei mal drei Stufenzügen zur Rheinterrasse hin. Es war nie
als permanent bewohntes Residenzschloß konzipiert, sondern als
Jagdschloß und Lustschloß, als Maison de plaisance. Hier konnte
der Trierer Erzbischof und Kurfürst Johann Philipp von
Walderdorff seinen Lieblingsbeschäftigungen nachgehen:
Jagdausflüge in die umliegenden Wälder an den Hängen des
Westerwaldes, vorzugsweise während der herbstlichen Jagdsaison
im September, aber natürlich auch barocke Sinnesfreuden wie
Tanz, Musik, Theater genießen, unbeschwerte gesellschaftliche
Anlässe aller Art fern seiner Amtspflichten feiern, Ausfahrten
auf dem Rhein etc. unternehmen. Den Rest des Jahres stand Schloß
Engers aber leer. Denn er hatte nicht nur seine dienstlichen
Schlösser als Fürstbischof in Ehrenbreitstein, Koblenz und
Prüm, sondern auch noch ein privates Schloß in Molsberg im
Westerwald.
Abb.: Schloß Engers, vom gegenüberliegenden Rheinufer in Kaltenengers gesehen, während eine Juli-Regenfront durchzieht und Rheinwasser in meine Schuhe läuft. Eigentlich kann man das Wappen im Giebel nur vernünftig vom Schiff aus photographieren, so nahe ist das Schloß ans Wasser gebaut. Architektur und Lage machen es zum schönsten noch erhaltenen Barockschloß zwischen Brühl und Würzburg.
Große
Künstler
Auch wenn es eher ein
beschauliches, kleines und zudem selten bewohntes Schloß war,
kunsthistorisch ist es bedeutungsvoll, weil an ihm einige der
größten Künstler der Barockzeit tätig waren:
Nur drei Jahre brauchten die Künstler im Auftrag des Trierer Erzbischofs zur Fertigstellung: 1759-1762. Die hochrangigen Künstler schufen ein Juwel des späten Barocks, das vom Bautypus her eine der letzten typisch barocken Ehrenhof-Anlagen ist, wie sie in viel größeren Dimensionen auch die Residenzen von Würzburg u.ä. darstellen. Die Künstler knüpfen an den sinnesfrohen mainfränkischen Barock an.
Vorgänger:
Eine Burg Kunos
1371 erwarben die
Trierer Erzbischöfe die Stadt Engers. Bischof Kuno II von
Falkenstein (reg. 13621388) ließ am Rheinufer eine Burg errichten,
die nach ihm Kunostein hieß und später eine wichtige Rolle als
Zollstation am Rhein spielte, als sein Nachfolger im Amte Werner
von Falkenstein (Bruder seines Vorgängers Kuno, reg. 13881418)
die Rhein-Zollstation von Stolzenfels hierher verlegte. Diese
Burg war eigentlich im 18. Jh. noch relativ gut erhalten, nur war
das düstere Gemäuer natürlich völlig unbrauchbar als
Lustschloß, weshalb Johann Philipp von Walderdorff auch schnell
die anfänglichen Pläne von 1757 fallen ließ, die Burg nur
umzubauen: Zu substanziell wären die Umbauten gewesen, da war
ein kompletter Neubau wesentlich sinnvoller, zumal der Bauplatz
dann durch den 1758 erfolgten Abriß der Zollburg frei war für
den großen architektonischen Wurf, der das Schloß dann auch
wurde. Nur der sog. "Graue Turm" ist noch von der alten
Zollstation erhalten, ein rechter Fremdkörper neben der
sinnenfrohen spätbarocken Architektur.
Walderdorff-Wappen Nr. 1: Am schmiedeeisernen Balkon
Aufbau des Wappens von Johann Philipp von Walderdorff (reg. 1756-1768)
Das Wappen hat zwei Ebenen, die untere ist der Hauptschild mit den Kirchenämtern, die obere ist der Herzschild mit dem Familienwappen. Beide sind aus je zwei Komponenten geviert, was das Wappen insgesamt sehr symmetrisch wirken läßt. Es ist im Detail wie folgt aufgebaut:
Der Zeit entsprechend fehlen bei der Darstellung die Helmzieren. Stattdessen ist das Wappen in eine prächtige Kartusche eingearbeitet, über dem Herzschild eine Krone, über dem Hauptschild der Fürstenhut und dahinter Kreuz, Schwert und Krummstab.
Walderdorff-Wappen Nr. 2: Über dem Mittelrisalit
Johann Philipp Freiherr / Reichsgraf von Walderdorff - Erzbischof und Kurfürst von Trier
geb. 24.5.1701 auf Schloss
Molsberg bei Montabaur
1739-1742 Generalvikar für das Obererzstift Trier
7.10.1742 als Statthalter von Trier erhielt er die Priesterweihe
11.7.1754 Wahl zum Koadjutor seines Vorgängers Franz Georg von
Schönborn
16.9.1754 Bestätigung als solcher
15.6.1755 Bischofsweihe
18.1.1756 Nachfolge als Erzbischof von Trier und Kurfürst
20.7.1763 Wahl zum Fürstbischof von Worms.
26.9.1763 Bestätigung als solcher
gest. 12.1.1768 im Alter von 66 Jahren
Die Familie gehört zum rheinischen Uradel und stammt aus Wallendorf bei Herborn. Sie waren stets Nassauer Vasallen; ihr Besitz Molsdorf war ein nassauisches Lehen. Die Familie wurde 1767 in den Reichsgrafenstand erhoben.
Walderdorff-Wappen Nr. 3: Pfeiler des Eingangsportales
Schicksal
des Schlosses nach der Säkularisierung
Die Nachfolger von
Johann Philipp von Walderdorff nutzten das Schloß kaum, und die
Sorgen der Zeit waren später angesichts der französischen
Revolution und ihren Auswirkungen auf das Rheinland andere als
die Jagd. Mit dem Ende der geistlichen Fürstentümer waren viele
ehemalige Schlösser der Kurfürsten zur neuen Nutzung frei: 1803
wurde das Schloß durch den Reichsdeputationshauptschluß
dem Fürsten Friedrich-Wilhelm von
Nassau-Weilburg als Sommerresidenz gegeben. Mit der Neuordnung
Zentraleuropas auf dem Wiener Kongreß kam das Gebiet 1815 zu
Preußen. 1862-1914 wurde Schloß Engers als Militärschule
genutzt und diente zudem 1870/71er Krieg und im ersten
Weltkrieg als Reservelazarett. 1928 wurde das Gelände an die
Josefs-Gesellschaft für Behindertenfürsorge verkauft,
deren orthopädische Klinik bis 1988 bestand.
Heutige
Nutzung:
1990 wurde das
Schloßgebäude vom Land Rheinland-Pfalz übernommen. Das Schloß
beherbergt heute die rheinland-pfälzische Landesstiftung Villa
Musica, eine Akademie für Kammermusik mit reichem
Konzertangebot. Somit wird heute wieder an die Tradition
exzellenten künstlerischen Genusses in den heiter-sinnenfrohen
Räumen angeknüpft. Weiterhin sind im Gebäude museal
eingerichtete Räume mit alten Musikinstrumenten und Bildern und
Gegenständen aus der Zeit der Kurfürsten, ein Restaurant im
Schloßkeller und die Geschäftsstelle der Landesmusik-Stiftung.
Literatur
und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
http://www.engers.de/Schloss_Engers/schloss_engers.html
http://www.schloss-engers.de/
Jörg Restorff und Jan Meissner, Schloß Engers, Führungsheft 21
aus der Edition "Burgen, Schlösser, Altertümer
Rheinland-Pfalz", ISBN 3-7954-1459-8
Schloß Engers - Spee-Haus
in Engers
Die Wappen der
Herren, Freiherren und Grafen von Walderdorff
Ortsregister Photos von Wappen - Namensregister
Zurück zur Übersicht Heraldik
©
Copyright Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2007
Impressum