Bernhard
Peter
Vogelgrippe
beim Menschen und bei Säugetieren
Eine
seltene Zoonose beim Menschen
Trotz der
prinzipiellen
Möglichkeit ist die Infektiosität für den
Menschen extrem
gering. Wir rufen uns in Erinnerung, daß Influenza-Viren
ihren
Wirt über die Zuckerketten der Zelloberfläche
erkennen und
normalerweise spezifisch sind. Nur selten kommt es zu einer
speziesübergreifenden Übertragung. Von den vielen
Vogelgrippe-Influenza-Viren haben seit 1959 nur vier den Sprung
auf den Menschen geschafft: H5N1, H7N3, H7N7 (Niederlande 2003)
und H9N2 (Hongkong 1999). Infektionen mit den letztgenannten drei
Viren waren weniger schwer als die mit H5N1. Sie tauchten auch
nur kurz auf, wohingegen das H5N1 kontinuierlich für Aufregung
sorgt. Weltweit sind zwischen 2003 und dem Januar 2006 nur 152
bestätigte H5N1-Erkrankungen beim Menschen aufgetreten,
hauptsächlich in Vietnam, aber auch in Kambodscha, Thailand
und
Indonesien, davon sind 79 verstorben. In Asien haben Millionen
Menschen täglich Kontakt zu Geflügel – die
Zahl der
tatsächlich Erkrankten ist verschwindend gering (und das vor
dem
Hintergrund, daß alleine in Deutschland jedes Jahr die ganz
normale Grippe mehrere Tausend Todesopfer fordert!). H5N1 ist
derzeit eine Tierseuche. Wenn Menschen daran erkranken, handelt
es sich derzeit um eine seltene Zoonose, und noch nicht um eine
Pandemie.
Wie
kann
sich der Mensch an Geflügelgrippe anstecken?
Nur bei
sehr intensivem
Kontakt mit befallenen Tieren und insbesondere mit deren
Exkrementen ist die Möglichkeit einer Ansteckung gegeben.
Durch
Inhalation verseuchter Staubpartikel oder mangelnde
Händehygiene
erfolgt die Übertragung. Das Risiko einer Ansteckung ist am
größten beim Schlachten und Entfedern von
infiziertem Geflügel
sowie bei der Herstellung von Geflügelspeisen. Beim Umgang mit
rohem oder gefrorenem Geflügel sollten die allgemeinen
Hygienerichtlinien eingehalten werden. Das Virus kann in allen
Teilen des Geflügels enthalten sein, auch im Fleisch. Von
ausreichend gekochtem oder gebratenem Geflügelfleisch geht
aber
kein Risiko aus (10 Minuten bei 70° reichen schon aus, um das
Virus abzutöten). Auch von anderen Geflügelprodukten
wie Eiern
geht keine Gefahr aus, wenn sie gut durchgegart sind. Das
Vogelgrippe-Virus ist hitzelabil und geht beim Kochen oder Braten
kaputt. Einfrieren zerstört den Virus aber nicht.
Vogelgrippe
H5N1 beim Menschen: Wie sind die Symptome?
2-5 Tage
nach der Infektion
kommt es zu starken grippeähnlichen Beschwerden wie hohes
Fieber, Husten, Atemnot, Halsschmerzen, Gliederschmerzen,
Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Pharyngitis. Ca. die Hälfte
der
Infizierten leidet auch an Durchfall, z. T. tritt auch
Übelkeit
bis hin zum Erbrechen auf. Konjunktivitis begleitet die
Erkrankung. Die Patienten bekommen im Laufe der Infektion
häufig
eine Lungenentzündung, primär viral oder
sekundär bakteriell,
die letztendlich über Schädigung der Alveolen zu
Lungenversagen
und damit zum Tode führt. Andere Organe können
beteiligt sein,
z. B. kann es zu Nekrosen (Gewebsuntergang) in der Leber und in
den Nieren kommen. Die Letalität der H5N1-Vogelgrippe beim
Menschen beträgt ca. 55%. 90% der bis zum Frühjahr
2006 an
H5N1-Vogelgrippe Erkrankten ist jünger als 40 Jahre.
Virulenz-Faktoren:
Gewebs-Tropismus
Häufig
nutzen Viren
zelluläre Proteasen (eiweiß-spaltende Enzyme) des
Wirtes, um
virale Eiweiße in ihre aktive Form zu bringen. Der Virus baut
ein Vorläufer-Eiweiß, das Enzym der Wirtszelle
spaltet ein
Stück ab – und los geht’s! Unter normalen
Umständen
ist die Vermehrung von Influenza-Viren beim Menschen auf die
Epithelzellen des oberen und unteren Respirationstraktes
beschränkt. Der Grund hierfür liegt darin,
daß genau diese
Zellen eine Serin-Protease haben, die durch eine bestimmte
Spaltung das Hämagglutinin extrazellulär aktiviert.
Deshalb
muß unter normalen Umständen die primäre
Replikation in Zellen
stattfinden, die diese Protease besitzen.
Nun gibt es aber einige hochvirulente Vogelgrippe-Viren mit einem besonderen Virulenz-Faktor: Ihr Hämagglutinin-Vorläufer ist etwas anders gebaut, so daß jede beliebige Protease jeder beliebigen Zelle die Aktivierung vornehmen kann, nicht nur die Epithelzellen des Atmungstraktes. Dies vergrößert die Anzahl der Gewebe, in denen sich das Virus vermehren kann, und die Anzahl der möglichen Wirte. Diese Eigenschaft ist typisch für die hochpathogenen Vogelgrippeviren HPAIV.
Was hat das nun für Konsequenzen? Die „normale“ Grippe spielt sich weitgehend in den Atemwegen ab. Durch die Virusvermehrung bricht die Produktion wichtiger Zelleiweiße in den betroffenen Zellen zusammen, die Zellen sterben ab, es entstehen Nekrosen im Epithelgewebe. Die hochvirulenten Stämme, die „mehr“ können, wie z. B. das Hongkong H5N1-Virus, verursachen neben den Atemwegsprobleme auch Beschwerden im Gastrointestinaltrakt, in der Leber, in der Niere etc. Durch den veränderten Gewebs-Tropismus haben wir auch eine andere Pathogenese der Erkrankung! Neben der Erkrankung der Atemwege kommt es zu einer starken extrapulmonalen Disseminierung unter Einbezug anderer lebenswichtiger Organe. Tod tritt ein durch Multiorganversagen.
Vogelgrippe
bei anderen Tieren, insbesondere Haustieren
Pflanzenfressende
Tiere
(Kühe, Pferde, Schafe) sind generell weniger
gefährdet, sich
mit dem Vogelgrippe-Virus H5N1 zu infizieren.
Fleischfressende Säugetiere können sich theoretisch
über die
Nahrung infizieren. Trotz der prinzipiellen Möglichkeit ist
die
Infektiosität der Vogelgrippe für Säugetiere
aber extrem
gering. Sie ist nur gegeben, wenn sie große Mengen des
Erregers
mit ihrer Beute verzehren, wie z. B. im Jahre 2004 30 Tiger in
Thailand oder andere Raubkatzen in asiatischen Zoos. Dabei wurde
sogar eine Übertragung von Tiger zu Tiger beobachtet.
Auch Hauskatzen können sich prinzipiell infizieren.
Für die
Weiterverbreitung spielen sie aber keine Rolle. Sie können
weder
weitere Katzen noch Menschen anstecken.
Erkrankungen bei Hunden sind nicht bekannt.
Influenza-Viren
und Schweine
Schweine
sind besonders
häufig in Influenza-Geschehen involviert, auch als Wirt, der
als
„Mischgefäß“ verschiedener Viren
dient. Bei
europäischen Schweinebeständen spielen die
Vogel-Variante H1N1
und die Reassortante H2N1 eine wichtige Rolle. In den USA ist die
Tripel-Reassortante H3N2 besonders von Bedeutung, im Osten Chinas
eine H9N2-Variante der Vogelgrippe. Insofern sind Schweine eine
feste Größe bei Influenza-Epidemien.
Aber welche Rolle spielen sie bei der Vogelgrippe H5N1? Bei einer Untersuchung im Jahre 2005 waren bei frei laufenden Schweinen in Vietnam 0.25% seropositiv auf H5N1. In Experimenten konnten Schweine sowohl mit H5N1 infiziert werden, die von Menschen stammen, als auch mit solchen, die von Vögeln stammen. Sie erkrankten aber nicht schwer, ein paar Tage Husten und erhöhte Temperatur waren die einzigen Beschwerden. Aus den Daten kann gefolgert werden, daß Schweine zwar prinzipiell mit dem gefährlichen Vogelgrippe-Virus H5N1 infiziert werden können, aber keine wichtige Rolle in der Epidemiologie von H5N1 spielen.
Influenza, Grippe, grippaler Infekt, Parainfluenza - Die Vielfalt der Grippe-Viren - Vogelgrippe bei Vögeln - Grippe-Pandemien - eine stete Gefahr? - Literatur, Quellen und Links
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