Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 3069
Bad
Waldsee (Landkreis Ravensburg)
Das Schloß von Bad Waldsee
Das Schloß Bad Waldsee befindet sich im Westen der historischen Altstadt und des Stiftsbezirks, am südöstlichen Ufer des Schloßsees. Die unregelmäßig langgestreckt achteckige Schloßinsel, auf die eine Brücke von Nordwesten her führt, wird von einem von der Steinach gespeisten Wassergraben umgeben. Das Schloß ist ein in von NW nach SO aufgestellter einflügeliger und dreistöckiger Rechteckbau von ca. 60 m Breite und 16 m Tiefe. Die mittleren Fensterachsen der Nordostseite sind mit einem Giebel akzentuiert. Insgesamt vier regelmäßig angeordnete, runde Treppentürme mit Kegeldach ragen jeweils halb aus der Fassade hervor, zwei an der Nordost-Fassade, die anderen beiden symmetrisch zum Park hin auf der Rückseite. Sie sind nicht an den Gebäudeecken positioniert, sondern mit ca. 13 m Abstand von der Ecke nach innen gerückt. Sie überragen die Fassade um jeweils ein Geschoß. Die Fassade ist damit in zwei dreiachsige Seitenteile und einen neunachsigen Mittelteil gegliedert, wovon wiederum drei Achsen vom Giebel überhöht sind. Die jeweils mittlere Achse der vier verbleibenden Dreiachsen-Einheiten wird durch je eine Dachgaube mit einem einzigen Fenster akzentuiert. Im Bereich des Mittelrisalits gliedern flache Kolossalpilaster die Wandfläche. Die Dekoration mit Festons an den Kapitellen ist klassizistisch. Diese hohe Symmetrie wird nur durch das exzentrisch verschobene Zugangsportal durchbrochen. Rückwärtig gibt es mehrere Anbauten mit einer barocken Kapelle, einem kuppelgewölbtem Zentralbau. Der rückwärtig angelegte Lustgarten wurde im 19. Jh. in einen Landschaftsgarten englischen Stils umgewandelt.
Vermutlich befand sich schon die Burg der 1171 erstmals genannten Niederadeligen von Waldsee, wahrscheinlich welfische und staufische Ministerialen, an der Stelle des heutigen Schlosses, denn 1386 wird sie als "Burg im Ried" bezeichnet. Auch die Burghalde nahe der evangelischen Kirche wird als Burgstall bezeichnet. Unter den Herren von Waldsee entstand die Marktsiedlung. Die Herren von Waldsee orientierten sich Ende des 13. Jh. nach Österreich und verließen ihre Heimat, um in habsburgische Dienste zu treten. Sie verkauften 1331 Burg Stadt und Herrschaft Waldsee an Österreich, das die Herrschaft der Landvogtei Schwaben unterstellte. 1483 erloschen die Herren von Waldsee. Die Herrschaft Waldsee wurde von Österreich zunächst 1352-1375 an die Grafen von Hohenberg und von Lupfen verpfändet und erneut 1386 an Johann II. Truchseß von Waldburg (-1424), den Stammvater aller drei Hauptlinien. Als die Familie sich 1429 in drei Hauptlinien unterteilte, fiel Waldsee an die Georgische Linie der Truchsesse von Waldburg. Bis 1454 war es eine Pfandschaft, danach eine mannserbliche Inhabung, also ein Lehen, das im Mannesstamm weitervererbt wurde. Die alte Wasserburg wurde 1525 im Bauernkrieg belagert, hielt aber stand.
Das jetzige Schloß entstand in mehreren Ausbauphasen. Georg IV. Truchseß von Waldburg zu Wolfegg und Zeil (1523-1652), vermählt mit Johanna von Rappoltstein (29.5.1525-30.10.1569), ließ um 1550 ein neues Renaissance-Schloß errichten, das sogenannte Alte Schloß. Es war ringsum von Wasser umgeben und besaß ein zeittypisch regelmäßiges Aussehen mit vier runden Ecktürmen. Erbtruchseß Maximilian Maria Graf von Waldburg zu Wolfegg (28.11.1684-3.4.1748), der Sohn von Johann Maria Franz Eusebius Erbtruchseß Graf von Waldburg zu Wolfegg (13.10.1661-1724), dem Begründer der Linie Waldburg-Wolfegg-Waldsee, und dessen zweiter Ehefrau, Marianna Josepha Gräfin Fugger von Kirchberg und zu Weißenhorn (19.3.1659-12.7.1726), baute ab 1745 das Schloß barock um. Die umgebenden Nebengebäude wurden abgerissen, der Hauptbau wurde rechts und links jenseits der Ecktürme um drei Achsen verlängert. Und die Hauptfassade des Neuen Schlosses bekam den Giebelaufbau, der die gesamte Höhe des Daches einnimmt. Deshalb ist das im Giebel angebrachte Wappen besagtem Maximilian Maria Graf von Waldburg zu Wolfegg zuzuordnen, dessen Wappen uns auch an der Pfarrkirche St. Martin in Unteressendorf begegnet. Dieser Bauherr ließ auch rückwärtig den Kapellenflügel an das Schloß anbauen.
Das unterhalb der Uhr und zwischen zwei schräggestellten, ovalen und einander zugeneigten Fenstern im zentralen Giebel angebrachte Wappen ist ein typisch gräfliches Waldburg-Wappen der Wolfegger Linie vom Aufbau her, geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Gold drei schwarze, rotgezungte, schreitende Löwen übereinander (Stammwappen von Waldburg, in Feld 1 nicht einwärts), Feld 2: in Blau drei (2:1) aufrechte goldene Tannenzapfen (Anspielung auf den früheren Geschlechtsnamen von Tanne), Feld 3: in Blau über einem schwarzen Dreiberg eine goldene, gesichtete Strahlensonne (Grafschaft Sonnenberg), Herzschild: in Rot ein goldener Reichsapfel (Reichserbtruchsessenamt). Dazu werden vier Helme geführt: Helm 1 (innen rechts): auf dem ungekrönten Helm auf einem roten Kissen mit goldenen Quasten ein goldener Reichsapfel (Truchsessenamt), Helm 2 (innen links): auf dem gekrönten Helm eine grüne Tanne mit goldenen Tannenzapfen daran (von Tanne), Helm 3 (außen rechts): auf dem gekrönten Helm ein grüner Pfauenfederstoß, seitlich auf der Innenseite schräggestellt ein goldenes Fähnchen mit einem roten, mit dem goldenen Reichspfel belegten Haupt und darunter den drei schreitenden, schwarzen Löwen übereinander (Stammkleinod, von Waldburg), wobei das Fähnchen hier nach links weht und den Freiraum über dem kleinen Reichsapfel zu seiner Entfaltung ausnutzt, Helm 4 (außen links): auf dem gekrönten Helm ein blauer Flug, beiderseits belegt mit einer gesichteten, goldenen Strahlensonne (Grafschaft Sonnenberg). Die Decken werden hier alle schwarz-golden geführt, die individuell passenden Decken wären hingegen bei Helm 1 rot-golden, bei Helm 2 blau-golden, bei Helm 3 schwarz-golden und bei Helm 4 blau-golden, aber bei den gräflichen Linien sind meistens alle Decken gleich, entweder schwarz-golden (an den Stammhelm angelehnt) oder rot-golden (zum Erbtruchsessenamt passend). Insgesamt ist das Wappen von der Witterung mitgenommen und könnte eine farbliche Auffrischung vertragen. Über der ovalen Wappennische ist eine aus Metall gefertigte Krone angebracht, deren realisierte vordere Hälfte frei aus der Fassade ragt. Festons verbinden die Wappennische und die Fenster mit der Uhreinfassung darüber.
Das Schloß Waldsee war Besitz und Wohnsitz der Linie Waldburg-Wolfegg-Waldsee, bis zum Ende des 18. Jh. sogar der Hauptsitz. Innen wie außen erfuhr das Schloß noch eine klassizistische Umgestaltung. Als die Linie Waldburg-Wolfegg 1798 mit dem unvermählt und kinderlos gebliebenen Generalmajor Carl Eberhard Wunibald Xaver Eusebius Didacus Erbtruchseß Graf von Waldburg zu Wolfegg (13.11.1717-5.3.1798) erlosch, fiel der Besitz von Wolfegg-Wolfegg an Wolfegg-Waldsee, und die Linie Wolfegg-Waldsee nutzte fortan Schloß Wolfegg als Hauptwohnsitz. 1806 kam das Herrschaftsgebiet durch die Mediatisierung an Württemberg; das Schloß verblieb im Privatbesitz der Familie. Gleichwohl blieben Familienmitglieder im Waldseer Nebensitz wohnen, bis zum Tod von Fürst Franz Ludwig von Waldburg zu Wolfegg und Waldsee (25.8.1892-1.5.1989) im Alter von 96 Jahren. Dieser letzte Bewohner war der Sohn von Fürst Maximilian von Waldburg-Wolfegg-Waldsee (1863-1950) und Sidonie Prinzessin von Lobkowitz (1869-1941). Seit 1950 war er das Oberhaupt der fürstlichen Familie, und 1953-1954 wurde das Schloß renoviert. Nach seinem Tod 1989 in Florenz und dem Auszug der Nachkommen folgte Leerstand und nach einer zweijährigen Sanierungsphase eine gewerbliche Nutzung der Räume. Von 1991 bis 2002 war das Schloß Sitz der privaten Hochschule International School of General Management (ISGM) bis zu deren Umzug nach Friedrichshafen (2003 Gesellschaft für Bildung und Wissenschaft, danach Umfirmierung als Zeppelin-Universität bzw. Zeppelin University GmbH). Dann folgte wieder Leerstand bis zur Findung einer neuen Nutzung. Das Schloß wird heute von der Fürstlichen Liegenschaftsverwaltung Waldburg-Wolfegg-Waldsee verwaltet. Die repräsentativen, im klassizistischen Stil eingerichteten Räume im Piano nobile, also Teile der ehemaligen Wohnräume der fürstlichen Familie, und die Flächen im Außenbereich des Schlosses können für Veranstaltungen wie Hochzeiten, Familien- und Firmenfeiern angemietet werden. Dazu gehört auch der im Zentrum der Raumflucht liegende Festsaal (Maximiliansaal), der mit Motiven des niederländischen Malers Adriaen Brouwer ausgemalt ist. Auch die Eingangshalle und die Bibliothek im Erdgeschoß können angemietet werden. Das zweite Obergeschoß und das Dachgeschoß wurden zu eigenständigen Einheiten umgebaut und gewerblich vermietet; das Spektrum reicht von einer Unternehmensberatung über eine Anwaltskanzlei bis zu homöopathischen und psychotherapeutischen Praxen.
Fürstenhaus
Waldburg-Wolfegg-Waldsee:
Die Linie
Waldburg-Wolfegg-Waldsee ging 1803 über in das Fürstenhaus
Waldburg-Wolfegg-Waldsee, das heute noch blüht. Der
Fürstentitel wird in der Primogenitur vererbt, alle anderen
Familienmitglieder sind im Grafenstand.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf
Google Maps: https://www.google.de/maps/@47.9200246,9.7504196,19z - https://www.google.de/maps/@47.9200366,9.7505666,116m/data=!3m1!1e3
Webseite des Schlosses: https://www.schloss-waldsee.de/ - Geschichte: https://www.schloss-waldsee.de/geschichte.html - Nutzung: https://www.schloss-waldsee.de/geschaeftsraeume.html
Wasserschloß Waldsee auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserschloss_Waldsee
Haus Waldburg auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Haus_Waldburg
Truchsesse von Waldburg auf
LeoBW: https://www.leo-bw.de/en/themen/landesgeschichte/reichserbtruchsessen-von-waldburg
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan,
Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag
ISBN 978-3-7686-2515-9
Fürst Franz Ludwig von Waldburg-Wolfegg-Waldsee: https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Ludwig_von_Waldburg-Wolfegg-Waldsee
Genealogie des Hauses Waldburg: https://www.angelfire.com/realm/gotha/gotha/waldburg.html
Bad Waldsee auf LeoBW: https://www.leo-bw.de/en/detail-gis/-/Detail/details/ORT/labw_ortslexikon/18837/Bad+Waldsee - https://www.leo-bw.de/en/detail-gis/-/Detail/details/ORT/labw_ortslexikon/18832/Bad+Waldsee
Die Wappen der Truchsesse von Waldburg und der gräflichen und fürstlichen Linien
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