Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 3032
Geisenheim
(Rheingau-Taunus-Kreis)
Der Eberbacher Hof in Geisenheim
Der Eberbacher Klosterhof liegt am westlichen Ortsausgang von Geisenheim direkt an der Rüdesheimer Straße (Nr. 32). Es handelt sich um einen ehemaligen Wirtschaftshoff des Klosters Eberbach. Heute ist er Teil der 1894 gegründeten St. Ursula-Schule. Diese erwarb erst den angrenzenden, im Nordwesten gelegenen Cronberger Hof und wurde durch weitere Zukäufe sukzessive erweitert. 1903-1904 wurde links (westlich) des Eberbacher Hofes der historistische Altbau St. Josef errichtet. 1969 wurde der Eberbacher Hof hinzugekauft und schloß die Besitzlücke zwischen Altbau und Osteiner Hof. Der Eberbacher Hof beherbergt heute ein Schülercafé. Es handelt sich um einen zweigeschossigen Putzbau mit einer zur Straße hin symmetrischen Fassade mit fünf Fensterachsen, Ecklisenen, Portal in der mittleren Achse und darüber einem verglasten Holzerker. Die links angrenzende, schiefergedeckte Hofmauer enthält eine korbbogig geschlossene, datierte Tordurchfahrt mit der Bezeichnung "EBERBACHER HOF 1705" und einem Abtswappen auf dem Scheitelstein. An der Nahtstelle zwischen Haus und Mauer ist ein vorkragender Balkon mit sandsteinerner Balustrade integriert.
Das Anwesen war erst ein Adelshof, der nach einer dort vorhandenen Nikolauskapelle Kappel- oder Kapellenhof genannt wurde und Siegfried von Hattenheim gehörte. Dessen Erben stifteten den Hof 1292 dem Kloster, zusammen mit zugehörigen Weinbergen und dem Zehntrecht. Im Barock wurde der Hof, von dem aus der klostereigene Weinbergsbesitz in Geisenheim verwaltet wurde, grundlegend umgestaltet und erhielt 1705-1708 ein völlig neues Haupthaus, das 1757 noch einmal umgestaltet wurde.
Der Scheitelstein trägt das Wappen des Eberbacher Abtes Michael Schnock (amtierte 1702-1727) mit einem schrägrechtsgelegten Palmwedel, der einen schräglinks gelegten Pfeil überkreuzt, alles bewinkelt von vier (1:2:1) sechszackigen, facettierten Sternen und überhöht von einem schwebenden Tatzenkreuz. Die Inful wurde rechts auf den Kartuschenrand gesetzt; der Krummstab ragt etwas schräglinks hinter ihr hervor. Michael Schnock stammte aus Kiedrich und lebte vom 7.12.1652 bis zum 27.11.1727. Getauft wurde der Sohn des Kiedricher Schultheißen und Organisten Johann Anton Schnock (-1676) und dessen Frau, Caritas Schlosser, auf den Namen Peter Schnock. Am 21.2.1672 legte Peter die Profeß ab und nahm den Ordensnamen Michael an. Er diente zehn Jahre lang als Beichtvater im Rheingauer Zisterzienserinnenkloster Marienhausen. Am 29.5.1702 wurde er unter dem Vorsitz eines vom Mainzer Fürstbischof beauftragten Generalvikars zum Nachfolger des am 11.5.1702 verstorbenen Alberich Kraus aus Boxberg zum 54. Abt gewählt. Der Konvent bestand zu dieser Zeit aus 27 Mönchen. In seiner 25jährigen Amtszeit entwickelte er sich zu einem der baufreudigsten Äbte des Klosters, und somit finden wir eine Vielzahl von Wappendarstellungen in Eberbach selbst und auch an den umliegenden Klosterbesitzungen. Er verstarb im 76. Lebensjahr, im 55. Jahr seiner Profeß und im 50. Jahr seines Priestertums (Priesterweihe 1677), auf dem klostereigenen Hof in Dienheim bei Oppenheim.
Der Hof blieb bis zur Säkularisation in Besitz des Klosters Eberbach. 1803 fiel er an Herzog Friedrich August von Nassau-Usingen (23.4.1738-24.3.1816). Die Nassauische Domänenverwaltung hatte jedoch wenig Interesse an dem Hof und verkaufte ihn 1808 zusammen mit dem Weinberg Kapellengarten an Johann Friedrich Karl Maximilian Amor Maria Graf von Ostein (12.4.1735-25.4.1809), dem letzten Sproß dieser Familie, der über seine Mutter an den Cronberger Hof gekommen war und der auf dem angrenzenden Gelände das Palais Ostein hatte erbauen lassen und nun seinen Besitz vergrößerte. Nach seinem Tod ging der Besitz an die von Dalberg. Wenige Jahre später kam das Anwesen an eine bürgerliche Familie Hoffmann (dieser Familie entstammt der Architekt Philipp Hoffmann, der die Kirchtürme des Rheingauer Doms erbaute; er verbrachte in diesem Hause Kindheit und Jugend), dann wurde es 1876 Postamt. Im 19. Jh. erfolgte der Anbau des Holzerkers, des Balkons und der Dachgauben auf dem hohen, schiefergedeckten Dach. Einer der nächsten Besitzer war die Familie Scherer. 1969 erfolgte der Verkauf an die St. Ursula-Schule.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@49.9818714,7.9628401,19.92z - https://www.google.de/maps/@49.9818952,7.9628127,42m/data=!3m1!1e3
Eberbacher Hof: https://de.wikipedia.org/wiki/Eberbacher_Hof_(Geisenheim)
Wolfgang Kotschi: Der Eberbacher Hof, in: 100 Jahre Ursulinen in
Geisenheim 1894-1994, hrsg. vom Ursulinenkloster St. Joseph und
St.-Ursula-Schulgesellschaft m. b.H., Geisenheim 1994
Dagmar Söder: Rheingau-Taunus-Kreis I. Altkreis Rheingau
(Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland - Kulturdenkmäler
in Hessen), hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Verlag
wbg Theiss in Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2014,
1115 S., ISBN-10: 3806229872, ISBN-13: 978-3806229875, S. 395
ff., insbesondere S. 458
der Kronberger Hof - das Palais Ingelheim ("Schloß Kosakenberg") - das Schloß Schönborn (ehem. Stockheimer Hof) - der Zwierleinshof (ehem. Stockheimer Hof)
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