Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2716
Grünsfeld (Main-Tauber-Kreis)

Die katholische Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul: Innenausstattung, Teil 3

Weitere heraldische Denkmäler
Der Stifter dieses 1673 entstandenen Epitaphs war, wie die Inschrift erzählt, der Bronnbacher Abt Franz Wundert (7.5.1637-10.9.1699), der aus Grünsfeld stammte und das Kunstwerk für seine Eltern in Auftrag gab, den Ratsherrn und Bürgermeister Georg Wundert (-4.3.1650) und dessen Frau Margaretha Lesch (-26.7.1662). Franz Wundert hieß mit Taufnamen Johann Georg Wundert. Seine Eltern waren große Wohltäter des Klosters, die es finanziell mit Schenkungen unterstützten. Im Gegenzug gab es im Kloster am 4. März jeden Jahres einen Gedenktag für Georg und Margaretha Wundert, mit einer Pitanz (eine Art Extra-Ration bzw. Draufgabe bei den Mahlzeiten) für den Konvent. Der Vater starb früh, ein Jahr, bevor Franz Wundert zum Studium nach Würzburg ging. Franz Wundert amtierte als 48. Abt 1670-1699 und läutete eine zweite Blütezeit des Klosters ein; er ließ u. a. 1673-1674 den Konventbau mit Dormitorium größtenteils neu errichten und leitete damit die barocke Umgestaltung des Klosters ein. Aufgrund seiner Bautätigkeit, des Wiederaufbaus der von den Schweden zerstörten Bibliothek, der Ausstattung des Klosters mit Paramenten und Altargeräten, der Anschaffung neuer Chorbücher etc. und auch wegen der von ihm konsequent durchgesetzten Klosterdisziplin wird dieser unermüdlich die Lage des Klosters verbessernde Abt als zweiter Gründer Bronnbachs bezeichnet.

 

Das Epitaph ist mehrstufig aufgebaut: Das Zentralfeld zeigt im Hintergrund eine Kreuzigungsszene, im Vordergrund vier Personen, Vater und Mutter außen und deren zwei Kinder innen, nämlich der stiftende Abt mit seiner Inful links und seine Schwester rechts, die ebenfalls in ein Kloster eingetreten ist, in das Prämonstratenserinnenstift in Zell am Main. Zwei Säulen mit korinthischen Kapitellen rahmen die Szene und tragen ein kräftiges Gebälk, an dem das Ehewappen der Eltern mittig befestigt ist. Seitlich stehen außerhalb der Rahmenarchitektur auf Postamenten zwei Statuen, die linke den hl. Georg darstellend, der mit einer Lanze den unter seinen Füßen sich krümmenden Drachen tötet. Die Lanze ist verloren gegangen, doch die Pose der Arme ist eindeutig. Georg steht hier als Namenspatron des Vaters. Auf der anderen Seite steht die Namenspatronin der Mutter, Margaretha von Antiochia, in der einen Hand ein Kreuz haltend, mit der anderen Satan in Gestalt eines Blendwerks in Drachenform bezwingend. Meist hält sie den Drachen an einer Kette, die fehlt hier. Unter dieser Hauptzone befindet sich eine Sockel- oder Inschriftenzone.

Unter den beiden tragenden Säulen sind die Konsolen mit geflügelten Engelsköpfen geschmückt. Unter den beiden Figurenpostamenten bilden eingerollte Schnecken den ornamentalen Abschluß. Und in der Mitte wird die große ovale Stifterinschrift von Ornamenten und Fruchtgebinden eingefaßt. Es ist zu lesen: "EPITAPHIUM / Des Edlen Ehrnvesten und Wolweisen Herrn / Georg Wundert Seeliger des Raths und Burgermeister / alhi(e)r und seiner Ehelichen hausfraw Margaretha gebo/hr(e)ne Leschin So zwey Kinder mehr Gott als der Welt / gebohren und Fröm(m)lich erzogen das(s) der Sohn mit / Nahmen FRANCISCUS im Closter Brumbach des H. / CISTERCIENSERordens zum PRAELATEN und ABT / Einhelliglich erwohlt (= erwählt) worden die Tochter aber mit Nahme(n) / MARIA VICTORIA in dem adelichen Closter under Zell / Chorgelübt und PROFESSION gethan gott geb(e) ihre(n) / verstorbene(n) Eltern die Ewige Ruhe Amen". Nach oben trägt das Gebälk über dem Hauptfeld einen gesprengten Dreiecksgiebel, in dessen Auszug eine Auferstehungsszene von zwei ionischen Säulen flankiert wird. Auf den schrägen Seitenteilen des Sprenggiebels liegen zwei Engel mit ausladenden Posen. Darüber folgt als Abschluß ein Segmentbogengiebel mit einem geflügelten Engelskopf im Giebelfeld, alles überhöht von einem Erzengel Michael, der die nur zur Hälfte erhaltene Lanze in den sich unter ihm krümmenden Teufel stößt. Das gesamte Epitaph in den üppigsten Hochbarock-Formen ist aus Alabaster angefertigt worden.

Das Wappen der Familie Wundert zeigt eine Melusine, welche mit der rechten Hand nach oben deutet und mit der linken Hand einen der beiden Fischschwänze ergreift, über ihrem Kopf drei (1:2) sechszackige Sterne (Tinkturen unbekannt). Abt Franz Wundert führte das gleiche Wappen, ergänzt um die zwei Symbole des Klosters, den Zisterzienserbalken und den Brunnen mit drei Schalen (Siebmacher Band: Klö Seite: 93 Tafel: 106); ein solches Wappen ist z. B. aus dem Jahr 1674 im Kloster Bronnbach am Dormitorium zu sehen, ein weiteres an einem Bildstock am Klosterweinberg auf dem terrassenförmigen Satzenberg in der Nähe von Bronnbach. Ein barbusiges Weib, wenn auch nur in oberhalber Verwendung, ist schon ein sehr delikates Wappen für einen Abt. Während man bei den Abtswappen die Kartusche meist mit Inful und Insignien sieht, wird hier beim bürgerlichen Wappen die Helmzier verwendet, die Melusine aus dem Schild in gleicher Pose. Das Wappen für die Mutter des Abtes, Margaretha Lesch, zeigt ein Hifthorn (Jagdhorn) mit Beschlägen und überkreuztem Band, auf dem Helm das Schildbild.

Abt Franz Wundert hatte von seinen Eltern gut geerbt und daher ein großes Privatvermögen, das er zur Finanzierung seiner Neubauten im Kloster einsetzte. Übrigens war Franz Wundert nicht der einzige Abt des Klosters Bronnbach, der aus Grünsfeld stammte, auch Abt Joseph Hartmann (amtierte 1699-1724) und Abt Engelbert Schäffner (amtierte 1724-1752) stammen hierher.


Die umlaufende Inschrift datiert diese spätgotische Grabplatte auf "anno d(o)m(ini) m / cccc xxxvii" = 1437. Im "me(n)sis may" ist dieser Herr "de totte(n)heim" verstorben. Jedenfalls ruhe er (in Frieden), mit "requiescat" endet die schwer lesbare Inschrift. Der Verstorbene trägt Kettenhemd und Kettenhaube, einen oben spitz zulaufenden Helm, Brustharnisch, Kettenhandschuhe und Platten-Beinschienen mit spitz zulaufenden Panzerschuhen. Die Rechte legt er an die Brust, die Linke hält das Schwert pfahlweise. Der geneigte Schild ist in der optisch rechten unteren Ecke des Zentralfeldes zu sehen; der Helm mit Kleinod ist über der linken Schulter des Ritters positioniert. Das Wappen der von Dottenheim zeigt in Rot einen silbernen, golden gehörnten Widder, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken auf einem niedrigen roten, silbern gestulpten Hut ein sitzender oder wie hier stehender silberner, golden gehörnter Widder (Siebmacher Band: BayA1 Seite: 133 Tafel: 138, Scheiblersches Wappenbuch Folio 313, Lehentafel des Stifts Würzburg, Grünenberg, Wolfert Tafel 47 Seite 222).

 

Eine spätgotische Arbeit aus dem Jahr 1482 ist diese auf einer Konsole stehende und gekrönte Marienfigur mit dem Christuskind auf dem Arm, in einer Scheinarchitektur unter einem Kielbogen mit Krabben und oben abschließender Kreuzblume angebracht. Seitlich stehen zwei gekrönte Figuren auf etwas tiefer angesetzten Konsolen. Beide werden von Baldachinen überhöht, die zwei Fialen tragen. Und beide Konsolen bilden den oberen Abschluß der Halbsäulen, welche die untere Zone mit den beiden Stiftern seitlich einrahmen. Beide Stifterfiguren knien mit zum Gebet gefalteten Händen auf ihren Schilden, einander zugewandt, barhäuptig und mit wallendem lockigen Haar. Die Inschrift ganz unten nennt die Beiden beim Namen: "Caspar sutzel, Jorge hunt / Anno d(o)m(ini) m cccc lxxxii / in die bonifatii".

 

Es handelt sich einerseits um Caspar Sützel von Mergentheim (gewendetes Wappen der auch zeitweise in Lauda ansässigen Familie, schwarz-silbern schräggeteilt (hier gewendet), die hier fehlende Helmzier wäre zu schwarz-silbernen Decken ein wachsender, schwarz gekleideter Mohrenrumpf, Siebmacher Band: WüA Seite: 112 Tafel: 62, vgl. auch Band: WüA Seite: 99 Tafel: 57, Band: WüA Seite: 104 Tafel: 59, Ingeram-Codex, Aschaffenburger Wappenbuch und Alberti S. 501), andererseits um Jörg Hund von Grünsfeld (anderer Zweig: Hund von Wenckheim, Wappen: In Rot ein silberner, hier schwarz gezäumter Pferdekopf; die hier fehlende Helmzier wäre, wenn gleich mit derjenigen der Hund von Wenckheim, zu rot-silbernen Decken wachsend ein silberner, schwarz gezäumter Pferdekopf, gemäß Darstellung im Alten Siebmacher, im Aschaffenburger Wappenbuch als golden gezäumt angegeben: Tafel 44 Seite 31, 216, 217, 225, vgl. auch Schöler, Familienwappen).


Literatur, Links und Quellen:
Position in Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.6084636,9.744451,19z - https://www.google.de/maps/@49.6084923,9.7444516,69m/data=!3m1!1e3
St. Peter und Paul auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/St._Peter_und_Paul_(Grünsfeld)
Heinrich Niester, Hans Rolli: Pfarrkirche Grünsfeld, St. Achatius Grünsfeldhausen, Kleine Kunstführer Heft Nr. 1076, 3. Auflage 1994, Verlag Schnell und Steiner, Regensburg
Gemeindeseiten zur Kirche:
http://www.gruensfeld.de/gemeinde/sehenswuerdigkeiten/altstadt/katholische-stadtkirche-st-peter-und-paul.html
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Franz Wundert im Zisterzienserlexikon (Biographia Cisterciensis):
http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Wundert,_Franziskus
Geschichte der Stadt Grünsfeld:
http://www.gruensfeld.de/gemeinde/kultur/historisches.html
Carlheinz Grüter: Inspririerte sein Wappen die Sage von der schönen Melusine? -
http://frankenland.franconica.uni-wuerzburg.de/login/data/1999_47.pdf
Wappen Dottenheim: Scheiblersches Wappenbuch (Bayerische Staatsbibliothek Cod.icon. 312 c), Folio 313
Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, Veröffentlichung des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e. V., Aschaffenburg 1983
Sützel von Mergentheim in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Sützel
Hund von Wenckheim auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hund_von_Wenkheim
Seelsorgeeinheit Grünsfeld-Wittighausen:
https://www.kath-gw.de/ - Pastoralteam: https://www.kath-gw.de/pastoralteam/ - St. Peter und Paul in Grünsfeld: https://www.kath-gw.de/seelsorgeeinheit/pfarrgemeinden/st-peter-und-paul-gruensfeld/
Veröffentlichung der Innenaufnahmen aus der Kirche mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Pfarrer Oliver Störr vom 27.12.2020, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei

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