Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2607
Kleinholbach (zu Girod, Westerwaldkreis)

Die Eisenbrücke über den Eisenbach

Das hier dürfte der wohl versteckteste Wappenstein von Rheinland-Pfalz überhaupt sein. Man findet ihn wirklich nur, wenn man die Stelle kennt oder - wie bei mir - von einem netten und hilfsbereiten Ortskundigen darauf hingewiesen wird. Sonst hat man wirklich keine Chance, diese versteckte Stelle zu finden, auch wenn man hundertmal in unmittelbarer Nähe über die nahe Aurtobahn oder die noch nähere Landstraße fährt: Im Süden von Girod verläuft die Autobahn A3, unter der die K154 in Ost-West-Richtung hindurchführt. Diese trifft in einer T-Kreuzung nördlich der Kläranlage auf die L318 südöstlich von Kleinholbach. Genau nördlich dieser Einmündung befindet sich in der Senke mitten im Wald eine historische Brücke über den Eisenbach mit zwei Brückenbögen, die sogenannte Eisenbrücke.

Das Brückenbauwerk ist ein Relikt des kurfürstlichen Straßenbaus von Montabaur in südöstlicher Richtung. Denn das Gebiet im ehemaligen Niederlahngau war früher Herrschaftsgebiet der Grafen von Nassau und Diez, aber durch die Diezer Verträge fielen Girod und Kleinholbach 1564 an das Kurfürstentum Trier,  wo sie bis 1802 bzw. 1815 verblieben und dann erst wieder an Nassau zurückfielen. Die sogenannte Frankfurter Landstraße verlief zwischen Limburg und Montabaur. Heute ist sie nur ein Feldweg parallel zur gut ausgebauten Landstraße L318. Wir haben hier den Glücksfall, daß nicht die alte Brücke verbreitert und umbaut oder abgerissen und ersetzt wurde, sondern daß die neue Straßenbrücke einfach wenige Schritte südlich erbaut wurde, während die kurfürstliche Wegeführung nach wie vor im Wald erhalten ist. Der auf das Jahr 1761 datierte Wappenstein befindet sich auf der Nordseite der doppelbogigen Brücke über dem dreieckigen Wellenbrecher des Mittelpfeilers. Die Bedeutung der Abkürzung am oberen Rand "GJ-BO" ist unklar. Hinter der Kartusche ragen Votragekreuz, gestürztes Schwert und Krummstab heraus.

Das Wappen gehört zum Trierer Fürstbischof Johann Philipp von Walderdorff (reg. 1756-1768); der Hauptschild ist geviert: Feld 1 und 4: in Silber ein rotes, durchgehendes Kreuz, Kurtrier, Feld 2: in Rot auf grünem Grund ein silbernes, zurückschauendes, golden nimbiertes Lamm, das ein silbernes Fähnchen mit rotem Kreuz trägt, sog. Prümer Lamm der Fürstabtei Prüm, Feld 3: in Silber zwei rote Balken, Niederisenburg, gekrönter Herzschild: in Schwarz ein rot-silbern geteilter doppelschwänziger Löwe, golden gekrönt, Stammwappen der Familie von Walderdorff. Wie die Graphik zeigt, kann diese Form nur im Zeitraum zwischen 1756 und 1763 geführt worden sein, was mit der angegebenen Datierung übereinstimmt. Johann Philipp Freiherr von Walderdorff (24.5.1701-12.1.1768) war der Sohn von Carl Lothar Freiherr von Walderdorff (-1722) und Anna Catharina Elisabeth von Kesselstatt (1671-1.8.1733). 1717 wurde er Domizellar in Trier, danach studierte der 1720-1722 in Mainz. Er war Kapitular und Propst des Trierer Simeonstiftes. Dann wurde er 1739-1742 Generalvikar für das Obererzstift und Präsident des Konsistoriums, danach 1742 Domdechant und Statthalter, schließlich 1754 Koadjutor und designierter Nachfolger auf dem Trierer Bischofsstuhl, ehe er 1756 Erzbischof und Kurfürst von Trier vor, und zu diesen Würden kam 1763 noch die Bischofswürde von Worms hinzu.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@50.4415492,7.9123987,16.5z - https://www.google.de/maps/@50.4409715,7.9119412,162m/data=!3m1!1e3
Ortsgeschichte:
https://www.vg-montabaur.de/vg_montabaur/Ortsgemeinden%20&%20Stadt/Girod/Kultur%20&%20Freizeit/Geschichte/
Dem Hinweisegeber, Herrn Winfried Röther, ein herzliches Dankeschön! Hätte ich sonst nie entdeckt.
Johann Philipp von Walderdorff auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_IX._Philipp_von_Walderdorff
Johann Philipp von Walderdorff in den Hessischen Biographien:
https://www.lagis-hessen.de/pnd/118712403
Johann Philipp von Walderdorff auf catholic hirarchy:
http://www.catholic-hierarchy.org/bishop/bwaldj.html
Johann Philipp von Walderdorff im Portal Rheinische Geschichte:
http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/johann-philipp-von-walderdorff/DE-2086/lido/57c8315e115828.62860247
Emmanuel Graf von Walderdorff, 800 Jahre Familie Walderdorff, ein Rückblick, Molsberg 2013, ISBN 978-3-9811909-6-0

Die Wappen der Fürstbischöfe und Bischöfe von Trier - Teil (1) - Teil (2)
Die Wappen der Herren, Freiherren und Grafen von Walderdorff

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