Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2592
Saffig (Landkreis Mayen-Koblenz)

Pfarrkirche St. Cäcilia

Im Ortskern von Saffig steht die barocke Pfarrkirche St. Cäcilia im Westen der Hauptstraße am Hang. Sie richtet die Turmfassade mit der markanten Zwiebelhaube auf dem dreigeschossigen, mit halber Seitenlänge aus der Fassade hervortretenden Turm nach Nordosten, und den dreiseitig abgeschlossenen, nur wenig über den Querbau hinausragenden Chor nach Südwesten, dorthin, wo früher das Schloß der von der Leyen stand und wo sich heute ein weitläufiger Park befindet. Das Langhaus ist dreijochig. Im Südosten befinden sich überdimensionierte moderne Erweiterungsbauten, 1958-1960 entstanden, mit einer verglasten Halle als Zwischentrakt. Die beiden Herrschaftsoratorien befinden sich im Querhaus; davon war einst das linke (südöstliche) Oratorium mit einer hölzernen Brücke mit dem nicht mehr existenten Schloß verbunden. Unter den beiden Oratorien liegen im Erdgeschoß Sakristei und Ornatkammer. Unter dem Chor der Kirche befindet sich die Gruft der von der Leyen. Die Ausstattung ist teilweise original bzw. mit Originalteilen wiederhergestellt, teilweise passend zusammengesammelt. Das Cäcilienpatrozinium ist eine Seltenheit im Bereich des Bistums Trier, aber das lag daran, daß die Patronatsrechte der Kirche bis 1725 beim adligen Cäcilienstift in Köln lagen, weil es sich bei Saffig um ein kurkölnisches Lehen handelt.

Die Hauptlinie der von der Leyen hatte Saffig seit 1476 in ihrem Besitz, und sei erbten es 1481 als Folge einer 1456 geschaffenen Heiratsverbindung zwischen Georg I. von der Leyen (1434-30.4.1509) und Eva von Mauchenheim zu Zweibrücken (-27.2.1512). Belehnt wurde ihr Sohn, Bartholomäus von der Leyen. Saffig wurde Sitz einer eigenen Linie, die drei Generationen lang bestand und 1703 erlosch. Die alte gotische Kirche wurde im Barock durch einen Neubau ersetzt, der 1739-1742 entstand. Vorangegangen war ein Besitzwechsel innerhalb der Linien der Familie, so daß die kleine Residenz mit neuem Elan durch die neuen Besitzer modernisiert wurde. Die Pläne erstellte Balthasar Neumann (1686-1753); die Ausführung übernahmen Georg Seitz und sein Sohn Johannes. Damit sind drei der berühmtesten Namen der barocken Architektur hier vereint, in einem Ort, dem man das gar nicht zutraut. Die Urheberschaft der Pläne erklärt aber, wieso sich hier in die Vulkaneifel eine Kirche vom dem Typus der mainfränkischen Landkirchen eingeschlichen hat. Balthasar Neumann sah die Kirche jedoch erst zwei Jahre nach Fertigstellung persönlich, als er am 11.5.1744 anläßlich einer Reise hier vorbeikam. Johann Carl Caspar Franz Graf von der Leyen, der die erloschene Saffiger Linie beerbt hatte, verlegte zudem die Residenz von Blieskastel wieder nach Koblenz, sodaß man auch näher am Ort des Geschehens war. Er starb jedoch im selben Jahr, als die neue Kirche begonnen wurde. Ausgeführt wurde der Neubau im wesentlichen von seiner Witwe und seinem Sohn.

Und besagte Witwe ist der Schlüssel dafür, warum man überhaupt Balthasar Neumann als Entwerfer und die Seitz-Familie als ausführende Baumeister bekam: Maria Sophia von Schönborn (11.9.1670-16.9.1742) war die Schwester von gleich vier Schönborn-Fürstbischöfen! Ihre vier berühmten fürstbischöflichen Brüder waren Johann Philipp Franz von Schönborn in Würzburg (zur Bauzeit schon verstorben), Friedrich Carl von Schönborn in Bamberg und Würzburg, Damian Hugo Philipp Anton von Schönborn in Speyer und Konstanz und Franz Georg von Schönborn in Trier. Und so reichte man sich die Baumeister unter den äußerst baufreudigen Geschwistern weiter, wobei auch die Schwester etwas vom Glanz abbekam. Ein Allianzwappen von der Leyen und Schönborn ist an den Herrschaftsemporen im "Querhaus" angebracht (ohne Abb., nicht vom Eingang aus sichtbar). Aber die Witwe verstarb im Jahr der Fertigstellung, so daß der Sohn die bauplastische Heraldik am Chorbogen (Triumphbogen) bestimmt.

 

Zunächst widmen wir uns den heraldischen Zeugnissen der alten Saffiger Linie: Im Eingangsbereich der Kirche ist rechterhand gleich neben der Tür eine Grabplatte aus schwarzem Marmor für Karl Kaspar Freiherr von der Leyen zu Saffig (8.2.1652-19.2.1703) angebracht. Das zentrale Vollwappen stallt dasjenige der von der Leyen dar, in Blau ein silberner Pfahl, auf dem blau-silbern bewulsteten Helm mit blau-silbernen Decken ein wachsender silberner Rüdenrumpf mit rotem Halsband zwischen einem blauen, mit silbernen gestürzten Lindenblättchen bestreuten Flug (Gruber, Zobel, Wolfert Tafel 9 Seite 48, 124, Siebmacher Band: FstC Seite: 146 Tafel: 219). Er war der Letzte der Saffiger Linie, denn sein einziger Sohn starb vor ihm.

Die Inschrift im unteren Drittel der Platte in golden gefaßter Kapitalis lautet: "P(IAE) M(EMORIAE) / ILLUST(ISSIMI) D(OMINI) D(OMINI) CAROLI CASPARI A PETRA D(OMI)NI IN / SAFFIGH EFFEREN ET WESLINGEN EMI(NENTISSIMI) / ARCHIEPISCOPI ET ELECTORIS TREVIR(ENSIS) / CONSILIARII INTIMI SVPREMI AVLAE / MARESCHALLI ET SATRAPAE IN MVNS/TER COBEREN ET ALCKEN / QVI A VARIIS AD REGES ET PRIN/CIPES LEGATIONIBVS FAMAM ET / GLORIAM AB VLTIMA AVTEM AD / JOSEPHVM ROMANORVM REGEM / IN CASTRIS ANTE LANDAVIVM / DIVTVRNVM NORBVM REPORTAVIT / ET OBIIT PRAE MORTVIS LIBERIS / XIX FEBR(VARII) CONDOLETE FAMILIAE PETRINAE / VIXIT ANN LI DIES XI VIDVA MARIA / FRANCISCA L(IBERA) B(ARONA) A PETRA EX ADENDORFP / R(EQUIESCAT) I(N) P(ACEM)". - Zum frommen Angedenken an den vornehmen Herrn, Herrn Karl Kaspar von der Leyen, Herr in Saffig, Efferen und Wesseling, des erlauchten Bischofs und Kurfürsten von Trier geheimer Rat, Oberhofmarschall und Amtmann in Münstermaifeld, Kobern und Alken, der Ruhm und Ehre bei zahlreichen diplomatischen Missionen zu Königen und Fürsten erwarb, der von seiner letzten Mission, die ihn zum Römischen Kaiser Joseph im Lager zu Landau führte, eine langwierige Erkrankung mitbrachte, und verstarb am 19. Februar 1703, nachdem seine Nachkommen schon vor ihm gestorben waren, betrauert von der Familie von der Leyen, nachdem er 51 Jahre und 11 Tage gelebt hatte; seine Witwe Maria Franziska Freifrau von der Leyen zu Adendorf, möge er in Frieden ruhen. Die Jahreszahl 1703 ist in einem Chronogramm der entsprechenden Zeile verschlüsselt: CONDOLETE FAMILIAE PETRINAE -> C + D + L + M + I + L + I + I = 100 + 500 + 50 + 1000 + 1 + 50 + 1 + 1 = 1703.

 

In den vier Ecken rings um das zentrale Vollwappen befinden sich die vier Ahnenwappen. Heraldisch oben rechts ist der Wappenschild der von der Leyen wiederholt, in Blau ein silberner Pfahl. Der Schild steht für den Vater, Hans Georg II. Freiherr von der Leyen zu Saffig, und den Großvater väterlicherseits, Hans Georg I. von der Leyen zu Saffig (-1633), den Begründer der Saffiger Linie, die nur drei Generationen bestand. Denn durch die Heirat mit Maria Franziska von der Leyen und zu Hohengeroldseck (21.8.1661-1715), ging das Erbe zu Saffig an die Linie Hohengeroldseck. Der Schild heraldisch links oben trägt das gevierte Wappen der Raitz von Frentz zu Kendenich, Feld 1 und 4: in Schwarz ein goldenes durchgehendes Kreuz, Feld 2 und 3: in Silber zwei rote Sparren. Er steht für die Mutter, Maria Anna Raitz von Frentz, und den Großvater mütterlicherseits, Adolf Sigismund Raitz von Frentz-Kendenich.

 

Heraldisch rechts unten befindet sich der Schild der von Orsbeck, in Gold ein von vier grünen, nierenförmigen Seeblättern bewinkelter roter Schragen (Andreaskreuz). Das Wappen steht für die Großmutter väterlicherseits, Elisabeth von Orsbeck (-1627), die erste Ehefrau von Hans Georg I. von der Leyen zu Saffig (-1633). Das vierte und letzte Wappen der Ahnenprobe, heraldisch links unten auf dem schlechtesten Platz positioniert, trägt das Schildbild der von Aldenbrück gen. Velbrück, in Gold ein blauer Balken. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu blau-goldenen Decken wachsend ein blauer Brackenkopf mit goldenem Halsband (Westfälisches Wappenbuch). Hier steht es für die Großmutter mütterlicherseits, Catharina von Aldenbrück gen. Velbrück zu Beffort, die Adolf Sigismund Raitz von Frentz-Kendenich geheiratet hatte.

Am Chorscheitelbogen ist ein Allianzwappen angebracht, bestehend aus zwei unter einer Krone zusammengestellten und einander zugeneigten Ovalkartuschen. Die heraldisch rechte Kartusche trägt das Wappen der von der Leyen, in Blau ein silberner Pfahl. Das andere Wappenbild ist das der Grafen von Hatzfeld und Gleichen, gespalten, zweimal geteilt und mit Herzschild, Feld 1: in Silber ein schwarzer Doppeladler (Gnadenzeichen), Feld 2: in Blau ein silberner Löwe, golden gekrönt (Grafschaft Gleichen), Feld 3: in Silber eine rote Rose mit goldenem Butzen (Herrschaft Crottorf), Feld 4: in Silber 3 (2:1) rote Mispelblüten mit goldenem Butzen und grünen Kelchblättern (Herrschaft Wildenburg), Feld 5: in Gold ein golden gekrönter, schwarzer Adler (hier der schlesische Adler mit silbernem Brustmond), Feld 6: eigentlich rot-silbern geteilt und 5x gespalten mit wechselnden Tinkturen, hier vereinfacht silbern-rot geteilt und nur dreimal gespalten (Herrschaft Rosenberg), Herzschild: in Gold ein schwarzer Maueranker (Hatzfeld).

War die zuvor beschrieben Grabplatte für den letzten der Saffiger Linie und die Vergangenheit, so ist dieses Allianzwappen für die Zukunft, denn hier hatte die Linie zu Hohengeroldseck das Erbe in Saffig übernommen. Es handelt sich um Friedrich Ferdinand Franz Anton Graf von der Leyen und zu Hohengeroldseck (7.1.1709-16.2.1760), kaiserlicher wirklicher Geheimrat, kurtrierischer Oberlandhofmeister, vermählt am 8.10.1733 in Breslau mit Maria Eva Charlotte Augusta Gräfin zu Gleichen und Hatzfeld (6.7.1715-26.7.1774), Tochter von Franz Graf von Gleichen und Hatzfeld (16.4.1676-27.2.1738) und Anna Charlotte Elisabeth von Stadion (22.9.1689-11.8.1763). Friedrich Ferdinand Franz Anton Graf von der Leyen war Herr zu Blieskastel, Adendorf, Münchweiler, Nievern, Saffig, Argenfels, Forbach, Simpelveld und hatte damit fast den gesamten Besitz der Familie in seiner Hand vereint. Außerdem war er Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies. Das Ehewappen seiner Eltern ist am Quellpavillon im Schloßpark angebracht. Der Sohn der beiden hier am Chorscheitelbogen verewigten Eheleute war Franz Georg Carl Anton Graf von der Leyen und zu Hohengeroldseck (26.8.1736-26.9.1775), welcher das Blieskasteler Schloß vollendete und dessen Wappen in der wieder von ihm als Residenz benutzten Stadt Blieskastel zu finden sind.

Überblick über die Genealogie der von der Leyen und Querverbindungen zu anderen Wappenfundstellen:
(fett alle für die Abfolge der Linien relevanten Personen, fett und dunkelrot die hier mit Wappen vertretenen Personen oder Bauherren, hellrot Wappenfundstellen, fett und hellrot hier beschriebene Wappenfundstelle),

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@50.3782797,7.4177512,19.75z - https://www.google.de/maps/@50.3782797,7.4177528,120m/data=!3m1!1e3
Hinweistafel am Baudenkmal
von der Leyen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Leyen_(Adelsgeschlecht)
Humbrachts Stammtafeln
Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen Jahrgängen der 'landeskundlichen Vierteljahresblätter'
Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, Veröffentlichung des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e. V., Aschaffenburg 1983
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Hans Rith, Angela Nachtsheim: Kleiner Kirchenführer durch die Barockkirche St. Cäcilia Saffig, hrsg. von der Pfarrgemeinde Saffig
Pfarrei St. Cäcilia:
https://www.pfarreiengemeinschaft-plaidt.de/unsere-pfarreien/st-cäcilia-saffig/ - https://www.pfarreiengemeinschaft-plaidt.de/unsere-pfarreien/st-cäcilia-saffig/geschichte/
Barockkirche St. Cäcilia:
https://www.eifel.info/a-barockkirche-st-caecilia
Liste der Kulturdenkmäler in Saffig:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kulturdenkmäler_in_Saffig

Schloßpark und Quellpavillon

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