Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2455
Neckarsulm (Landkreis Heilbronn)
Die Große Kelter am Neckarsulmer Markt
Die Große Kelter steht in der Kelterngasse, im Nordosteck des Neckarsulmer Wochenmarktes, dem Rathaus diagonal gegenüber. Das zweigeschossige Gebäude, ein mächtiger Sandsteinbau mit hohem Satteldach, das noch bis 1930 als Weinkelter benutzt wurde, ist heute Bestandteil des größtenteils modernen Komplexes der Kreissparkasse Heilbronn, die das Gebäude seit 1984 nutzt. Das Gebäude wurde zum Teil aus den Steinen der Burgruine Scheuerberg erbaut und war nur eines von insgesamt vier Keltergebäuden der Stadt. Ein zweites Keltergebäude befand sich auf dem Schloßgelände. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kelter beschädigt. Im Jahr 1969 wurde die Große Kelter durch den Architekten Heinz Rall umgebaut und mit einem rückwärtigen Anbau ergänzt.
Das figürliche Wappenrelief im Stil der Renaissance befindet sich auf der südlichen Traufseite über dem auf 1561 datierten Portal (sehr gute moderne Kopie). Innerhalb einer quadratischen Umrahmung (Steinmetzzeichen links) befindet sich eine Rollwerkkartusche zwischen zwei Hermen, optisch links ein männlicher Hermenpilaster, rechts ein weiblicher. Der unten von einem kleinen Affen gestützte und oben von einer grotesken Maske begleitete Schild dazwischen ist der von Georg Hund (Hundt) von Wenkheim (Wenckheim), geb. 1520, gest. 17.3.1572, der von 1566 bis 1572 als Hochmeister des Deutschen Ordens in Bad Mergentheim im Amt war. Georg Hund von Wenkheim trat spätestens 1544 in den Deutschen Orden ein und begann seine Karriere in Heilbronn, dann wurde er 1553 Komtur in Weißenburg und 1558 Komtur in Sachsenhausen, schließlich für kurze Zeit Landkomtur der Ballei Franken; aber dieses Amt übte er wegen seiner Wahl zum Hochmeister nur kurz aus. Die kaiserliche Belehnung als Hochmeister und Administrator von Preußen erhielt er 1566 auf dem Reichstag zu Augsburg.
Der Schild ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein durchgehendes schwarzes Kreuz (Deutscher Ritterorden), Feld 2 und 3: in Rot ein silberner, schwarz gezäumter Pferdekopf (Hund von Wenkheim). Über allem ein schwarzes durchgehendes Kreuz, belegt mit einem goldenen Lilienkreuz, darauf ein goldener Herzschild mit einem schwarzen Adler (Hochmeisterkreuz).
Das Stammwappen der Hund von Wenkheim wird im Aschaffenburger Wappenbuch auf Tafel 44 Seite 31, 216, 225 beschrieben, ferner im Alberti S. 363. Im Alten Siebmacher von 1605 wird es ebenfalls abgebildet. Die fränkische Familie war im Ritterkanton Odenwald organisiert und hatte Besitz in Wenkheim (Werbach, Main-Tauber-Kreis), Atterode (zu Steinbach, Bad Liebenstein, Wartburgkreis) und Schweina (Bad Liebenstein, Wartburgkreis). Ihr gehörte Burg Altenstein bei Bad Liebenstein. Seit der Übernahme der thüringischen Güter sind die Mitglieder der Familie eifrige Anhänger der Reformation. In der Geschichte taucht diese Familie 1521 auf, als Burghard II. Hund von Wenkheim Martin Luther auf dem Rückweg vom Wormser Reichstag entführte, um ihn auf der Wartburg zu verstecken. Mitglieder der Familie standen in Diensten der sächsischen Kurfürsten und der Ernestinischen Herzogtümer. Nur dieser Hochmeister fällt aus diesem protestantisch-sächsischen Umfeld heraus. Als die Familie 1722 mit Eberhard Friedrich Hund von Wenkheim erlosch, einem Kammerjunker in Diensten von Sachsen-Meiningen, fiel Altenstein als erledigtes Lehen an ebendieses Herzogtum zurück.
Hier wird das Wappen ohne Helme dargestellt; ein Vollwappen dieses Hochmeisters mit allen Helmen ist in Bad Mergentheim am Archivbau des Deutschordensschlosses zu sehen: Helm 1 (Mitte): zu schwarz-silbernen Decken ein silbernes Schirmbrett, belegt mit dem Hochmeisterkreuz, besteckt mit 7 goldenen hahnenfederbesteckten Kugeln (Hochmeistertum), Helm 2 (rechts); zu schwarz-silbernen Decken ein silberner Flug, belegt mit einem durchgehenden schwarzen Kreuz (Deutscher Ritterorden), Helm 3 (links): zu rot-silbernen Decken ein silberner, schwarz gezäumter Pferdekopf (Hund von Wenkheim). Da er in der Mergentheimer Deutschordenskirche begraben ist, befindet sich dort im Untergeschoß sein Epitaph mit vier Ahnenwappen. Das Wappen dieses Hochmeisters befindet sich auch am Deutschen Haus in Heilbronn.
Die Erinnerung an den Deutschen Orden und das Hochmeistertum hält das Kommunalwappen der Stadt Neckarsulm wach: In Silber ein durchgehendes schwarzes Deutschordenskreuz, belegt mit einem goldenen Lilienkreuz, das Ordenskreuz oben begleitet von zwei roten Ringen, das Lilienkreuz unten beheftet mit einem roten Ring - also das Hochmeisterkreuz ohne den Herzschild, dafür mit den drei Ringen. Erstmals 1528 ist das Deutschordenskreuz in den Siegeln der Stadt feststellbar; vorher war das Mainzer Rad im Siegelmotiv. Deutschmeister Reinhard von Neipperg hatte Neckarsulm 1484 vom Erzstift Mainz für den Deutschen Orden erworben. Deshalb ist anzunehmen, daß er diese Änderung in der Siegelführung vor seinem Rücktritt 1489 veranlaßt hat. Die drei Ringe im Stadtwappen sind eine Erinnerung an das Familienwappen von Reinhard von Neipperg, wenngleich er die Ringe silbern in Rot führte. Im Jahre 1955 wurde das Wappen der Stadt in der heute üblichen Form mit zusätzlichem Lilienkreuz festgelegt.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf google maps:
https://www.google.de/maps/@49.1917935,9.225617,19.56z - https://www.google.de/maps/@49.1918021,9.2256296,50m/data=!3m1!1e3
Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, Veröffentlichung
des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e. V.,
Aschaffenburg 1983, Tafel 44 Seite 31, 216, 225
Kommunalwappen Neckarsulm: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Wappen_in_Stadt_und_Landkreis_Heilbronn
Kommunalwappen Neckarsulm: http://de.wikipedia.org/wiki/Neckarsulm#Wappen_und_Flagge
Heinz Bardua: Die Kreis- und Gemeindewappen im Regierungsbezirk
Stuttgart. Theiss, Stuttgart 1987, ISBN 3-8062-0801-8 (Kreis- und
Gemeindewappen in Baden-Württemberg, 1). S. 102
Eberhard Gönner: Wappenbuch des Stadt- und des Landkreises
Heilbronn mit einer Territorialgeschichte dieses Raumes.
Archivdirektion Stuttgart, Stuttgart 1965 (Veröffentlichungen
der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg, 9). S. 117
f.
Georg Hund von Wenkheim: https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Hund_von_Wenkheim
Hund von Wenkheim: https://de.wikipedia.org/wiki/Hund_von_Wenkheim
Stadt Neckarsulm und der Deutsche Orden: http://www.neckarsulm.de/news-archiv-einzelansicht/browse/227/article/vor-530-jahren-kam-neckarsulm-zum-deutschen-orden.html
Christoph Bittel: Neckarsulm und der Deutsche Orden, in:
Historische Blätter, Heft 71 (2013)
Stadtgeschichte Neckarsulm: http://www.neckarsulm.de/main/unser-neckarsulm/geschichte.html
Beschreibung des Oberamtes Neckarsulm: https://de.wikisource.org/wiki/Beschreibung_des_Oberamts_Neckarsulm/Kapitel_B_1
Architektur in Neckarsulm: http://www.architektur-in-neckarsulm.de/images/download/Wirtschaft_und_Industriearchitektur_Neckarsulm.pdf
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und
Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag -
Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher
Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4, S.
129-130
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