Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2389
Mansbach (zu Hohenroda, Landkreis Hersfeld-Rotenburg)

Das Geyso-Schloß in Mansbach

Der historische Ortskern von Mansbach besitzt eine ganze Gruppe historischer herrschaftlicher Bauten. In enger Nachbarschaft stehen dort das Schloß Oberhof (Oberes Schloß, Sonnenuhrgebäude), das Geyso-Schloß (Wilhelmsburg), das Blaue Schloß (Schloß Unterhof) und die mit einer neuzeitlichen Gestütsanlage (Wohlfahrtsgebäude) überbaute Eulenburg. Das lag daran, daß sich neben den von Mansbach die von Geyso hier ankauften und sich dann die Familien noch in mehrere Zweige mit eigenen herrschaftlichen Bauten spalteten; so entstand im Ort durch Teilung eine typische Cluster-Bebauung mit mehreren Herrensitzen. Bis zur Mediatisierung bestand Mansbach praktisch aus drei unabhängigen, jeweils reichsfreien Rittergütern. Das südwestlichste Schloß der Gruppe ist das in einem weitläufigen Gartengelände mit angrenzendem Park an einem Geländevorsprung stehende Geyso-Schloß, welches ein langgestreckter, in West-Ost-Richtung aufgestellter Bau ist und in seiner Erscheinung ein typisches Beispiel eines kleinen Landschlosses der Renaissance mit zentralen Hallen darstellt, dessen stilistische Vorbilder eher in Nordhessen und im Weserraum liegen. Ein hohes Untergeschoß gleicht den Geländeversatz zwischen Nord- und Südseite aus; an der östlichen Schmalseite verbindet eine Treppen- und Terrassenanlage beide Ebenen.

Das Schloß ist auf dem Sockelgeschoß zweistöckig aus Bruchsteinen massiv gemauert; nur die drei Aufsätze im Dachbereich sind aus Fachwerk, das oberste Geschoß des mittig der Südseite vorgebauten, über dem Sockel dreigeschossigen, polygonalen Treppenturmes, das oberste Geschoß und der Giebel des östlich des Treppenturmes befindlichen Standerkers (über Sockelgeschoß dreigeschossige Auslucht) sowie der westlich des Treppenturmes angebrachte Zwerchgiebel. An der westlichen Schmalseite ist an das Hauptgebäude ein schmälerer Bau aus dem 17. Jh. angesetzt, der mit seinen zwei Geschossen niedriger als das Herrenhaus ist. Sein Sockel ist aus Stein; die Obergeschosse sind aus Sichtfachwerk. Das Hauptgebäude besitzt an allen vier Ecken farblich abgesetzte Eckquaderung, deren sorgfältig gehauene Quadersteine sich vom Bruchsteinmauerwerk dazwischen abheben.

Das Schloß besitzt mit seinem Zwerchgiebel, den seitlichen Giebeln mit stufenweise gesetzten Bögen und Kugeln, dem Schmuckportal und der Auslucht charakteristische Gestaltungs- und Zierformen der Renaissance. Die Geschoßtrennung erfolgt durch farblich abgesetzte, mit Karnies profilierte und mit Konsölchenfriesen versehene Gesimse. Das Nordportal ist eine spätere, vermutlich klassizistische oder noch spätere Zutat. Das spannendere Portal ist das auf der Südseite, welches in den achteckigen Treppenturm führt. In einem Rechteckrahmen mit Konsölchenfries ist das Rundbogenportal mit Karniesprofilen und Fries eingepaßt. Auf der Stirnseite des Gewändes ist ein feiner Blumenfries eingehauen. Zwei breite Kämpfer werden von der seitlichen Rahmung nach innen gezogen. Oberhalb der Kämpfer sind am Bogenansatz zwei Büsten angebracht, die linke gabelbärtig mit Helm, die rechte bärtig mit vorne federgeschmücktem Hut. Unter dem Kämpfer ist das Gewände beiderseits nischenförmig gekehlt; direkt unter dem Kämpfer sind geflügelte Engelsköpfchen angebracht. An den Sockeln sind zwei große, rund vorspringende Sitzkonsolen angebracht. Die Holztür ist später und mit der Jahreszahl 1878 bezeichnet.

Das Portalgewände trägt über dem kleinen Engelskopf im Scheitel die Jahreszahl 1577; der darüber befindliche Wappenstein ist hingegen auf das darauffolgende Jahr datiert. Die Inschrift zwischen den beiden Teilen des ehelichen Wappenpaares lautet: "HAEC ARX SIT IN MANV DOMINE ET VOCETVR ARX WILHELMIANA ANNO DOMINI 1578" - Diese Burg sei in Gottes Hand und werde Wilhelmsburg genannt 1578. Die Zuordnung der beiden erhabenen Wappen, die qualitativ und stilistisch nicht zum Jahr 1578 passen, später vermutlich durch Aufstuckierung ergänzt wurden und aus dem 17. Jh. stammen, erfolgt auf den hinter den Wappen angebrachten Schriftbändern: "VALENTIN VON GEYSO" und "ADVG VON BOENEBVRG". Der Name Wilhelmsburg bezieht sich auf den Bauherr des Jahres 1578, Wilhelm von Mansbach. Die Herren von Mansbach werden bereits im 13. Jh. genannt. Abt Bertho IV. von Fulda zerstörte 1276 ihre Vorgängerburg. Zunächst war Mansbach ihr Eigengut, dann trugen sie es in der Mitte des 15. Jh. dem Fürstabt von Fulda zu Lehen auf, von dem sie es 1446 als Erblehen erhielten. Aufgrund finanzieller Engpässe wurde ein Teil des Besitzes 1454 an das Stift Fulda versetzt. Die Herren von Mansbach teilten sich in drei Linien, wovon die Linie von Wilhelm von Mansbach ihren Anteil 1652 an die von Geyso verkauft hatte, die seitdem in Mansbach ansässig waren. Eine weitere Linie war die von Karl von Mansbach, die den Oberhof besaß (siehe dort).

Der Käufer war Johann von Geyso (29.1.1593-1.5.1661), Sohn des landgräflich-hessischen Rentmeisters in Borken, Peter Geyso (1555-1613) und dessen Frau Elisabeth Ungefugk. Johann von Geyso schlug eine militärische Karriere ein und kämpfte in schwedischen, polnischen und russischen Diensten. Unter anderem kämpfte er in der Schlacht am Weißen Berg am 8.11.1620 als Hauptmann. Im Dreißigjährigen Krieg kämpfte er zunächst als Rittmeister unter Mansfeld und dem Herzog von Sachsen-Weimar für die protestantische Seite, später als Obrist unter König Christian IV. von Dänemark. Er trat 1628 in hessische Dienste und wurde zunächst Amtmann in Eschwege, dann landgräflich hessen-kasselscher General-Quartiermeister, Kommandant und Generalwachtmeister in Kassel, Generalleutnant und Geheimer Kriegsrat, der an etlichen wichtigen Ereignissen des Dreißigjährigen Krieges beteiligt war. Neben Mansbach besaß er auch noch die Güter Glaam, Völkershausen und den Gilserhof. Aufgrund des Besitzes in Mansbach und in Glaam gehörte er zur fränkischen Reichsritterschaft. Er bediente sich seit dem Ankauf unbeanstandet des Freiherrentitels, obwohl er erst am 3.8.1658 zu Frankfurt die Reichsadelsbestätigung mit dem Prädikat "zu Völkershausen und Mansbach" erhielt.

Das Wappen für Valentin von Geyso (12.8.1668-29.12.1718), Sohn von Johann Christoph von Geyso (2.12.1633-1669) und Anna Sidonie von Boineburg gen. Honstein, Enkel des vorerwähnten Johann von Geyso (29.1.1593-1.5.1661) und dessen Frau Christina Krug, ist gespalten, rechts in Silber ein golden gekrönter, roter Löwe, links in Blau eine mit den Spitzen nach links gekehrte, goldene Mondsichel, einen goldenen Stern umschließend, dazu zwei gekrönte Helme, Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein roter Löwe, Helm 2 (links): auf dem Helm mit blau-goldenen Decken ein goldener, sechszackiger Stern angestemmt zwischen zwei blauen Büffelhörnern. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: He Seite: 10 Tafel: 10, wobei dort die Helme genau andersherum angeordnet sind und der gekrönte Löwe des einen Helmes wachsend dargestellt ist. Weitere Darstellungen im Band Sa Seite 10 Tafel 9, Bad Brau Seite 5 Tafel 3 und Band Pr Seite 44 Tafel 54. Johann Valentin von Geyso hatte Friederike Christine von Boyneburg-Lengsfeld geheiratet. Sein Epitaph ist in der Friedhofskapelle von Mansbach zu sehen.

Das Wappen der von Boineburg ist silbern-schwarz (je nach Linie auch andersherum) geviert, auf dem gekrönten Helm mit schwarz-silbernen Decken ein silbern-schwarz (je nach Linie auch andersherum) übereck geteiltes Paar Büffelhörner. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: He Seite: 4 Tafel: 3, Band: Sa Seite: 8 Tafel: 7, im Aschaffenburger Wappenbuch Tafel 20 Seite 114, 102 und im Münchener Kalender 1931. Die Stammburg der von Boineburg ist die Reichsburg Bomeneburg; diese liegt in Hessen im Werratal bei Eschwege. Die von Boineburg sind ein bis ins 12. Jh. zurückverfolgbares Burgmannengeschlecht, das die Burg 1460 von den Landgrafen als Erblehen bekam. Viele namensähnliche Geschlechter breiten sich von da aus in ganz Deutschland aus: Bemmelberg, Boemelberg, Boineburg, Boyneburgk etc., eine verwirrende Vielfalt der Linien, von denen man zwei nach ihrer Farbreihenfolge als die von der schwarzen Fahne (schwarz-silbern geviert) bzw. als von der weißen Fahne (silbern-schwarz geviert) bezeichnete, wobei letztere Linie im Besitz der Stammburg blieb und sich in die Linien Stedtfeld und Wichmannshausen teilte. Die von der schwarzen Fahne wurden auch in Thüringen begütert und bildeten u. a. die Linie Weilar (Wartburgkreis); sie wurden 1911 als Freiherren Boineburg-Lengsfeld anerkannt und wurden in einer Unterlinie zu Grafen zu Boineburg und Lengsfeld, seit 1859 aufgrund einer hessischen Genehmigung zur Aufnahme des an Seitenverwandte 1697 verliehenen, aber 1717 wieder erloschenen Grafenstandes. Daneben gibt es noch eine dritte Boineburg-Gruppe, die von der blauen Fahne, da ihre Angehörigen seit ca. 1500 den Schild blau-silbern bzw. blau-golden quadrierten.

 

Neben dem achteckigen Treppenturm ist die rechteckige Auslucht, die zwar gleichzeitig mit dem Herrenhaus entstand, aber dennoch technisch ein selbständig tragendes Gebäude darstellt, ein besonderes Schmuckstück der Südseite, weil die Brüstungsfelder Reliefs tragen. In den Brüstungsfeldern des Hocherdgeschosses (hangseitig das Geschoß über dem Sockel) sind die rechteckigen Felder allseitig mit großen Blüten verziert. Im ersten Obergeschoß sind die Felder mit Reliefbüsten geschmückt, wobei an der Schauseite die seitlichen Büsten einwärts gedreht und der mittleren zugewandt sind. Dazu werden die Fenster seitlich von flachen Figuren-Reliefs begleitet, die links einen Söldner und rechts eine nackte Frau zeigen, wobei letztere sich einen inhaltsleeren Schild vor die Scham hält.

   

Ursprünglich war der Standerker im Sockelbereich reihum geschlossenes Mauerwerk; man konnte nicht in den Garten gelangen. Erst im 18. Jh. wurde die Tür mit dem flachen Bogen nachträglich gebrochen. Somit befinden sich auf der Südseite insgesamt fünf Eingänge ins Sockelgeschoß, das renaissancezeitliche Prunkportal, die barocke Tür der Auslucht, die zu einem Kellerraum führt, und rechts vom Treppenturm ein auf 1576 datiertes, rundbogiges Portal sowie links vom Treppenturm zwei weitere, leicht spitzbogige Portale, das rechte davon mit Wulst zwischen zwei Kehlen profiliert und mit Blütenmedaillon oben, das linke davon friesartig in Kästchen unterteilt und mit Kreisen und Blüten geschmückt.

Innen ist weiterer Wappenschmuck zu finden: Die zentale Halle des Erdgeschosses besitzt einen Kamin mit den Wappen der von Mansbach und der von Boineburg (ohne Abb.) und eine Datierung auf 1561, was zeigt, daß dieses Schloß unter Wilhelm von Mansbach erbaut und erst nach dem Verkauf an die von Geyso nachträglich mit den Wappen am Treppenturmportal aktualisiert wurde, als das Schloß im dritten Viertel des 17. Jh. erneuert wurde. Weitere Umbauten erfolgten 1878. Gegenüber dem bergseitigen Haupteingang zum Geyso-Schloß befindet sich in einer von Bewuchs halb verborgenen Gartenmauer eine auf das Jahr 1563 datierte Spolie mit einem Allianzwappen (ohne Abb.), welches sich kaum noch erkennen läßt.

Heinrich von Sydow betrieb auf dem Gelände des Geyso-Schlosses 1918-1932 ein Gestüt, das bald eine militärische Bedeutung zur Ausbildung von Pferden für den militärischen Dienst erhalten sollte, weshalb das Anwesen auch bis 1945 von der Wehrmacht als Remonte-Depot unter der Leitung von Karl Böhme genutzt wurde. Die Pferdezucht übernahm 1944 Victor von Békésy. 1945 hielt die amerikanische Armee Einzug. 1947 wurde das Geyso-Schloß Staatsbesitz. Das Schloß ist von der Verwaltung der Fachschule für Pferdezucht und -haltung sowie der Fohlenaufzucht genutzter Bundesbesitz und innen nicht zu besichtigen. Im Fachwerkanbau steht das vom Fremdenverkehrsverein Mansbach-Soislieden aufrechterhaltene Heimatmuseum hingegen dem Besucher offen. Einst gab es auf dem Gelände noch ein barockes Kavaliershaus, das aber 1968 wegen Baufälligkeit abgerissen wurde.

Literatur, Links und Quellen:
Mansbach: https://de.wikipedia.org/wiki/Mansbach
Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, Veröffentlichung des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e. V., Aschaffenburg 1983, Tafel 20 Seite 114, 102
Otto Hupp, Münchener Kalender 1931
von Boineburg:
https://de.wikipedia.org/wiki/Boyneburg_(Adelsgeschlecht)
Die Boyneburg
https://de.wikipedia.org/wiki/Boyneburg
Genealogie:
https://gedbas.genealogy.net/person/ancestors/994899343
Kneschke, Adels-Lexikon, Bd. 6, 1865, S. 115-119
Geyso-Schloß:
http://www.mansbach-soislieden.de/?Die_Ortsteile___Mansbach___Das_Geyso-Schloss
Johann von Geyso:
https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_von_Geyso
Ulrich G. Großmann: Renaissanceschlösser in Hessen - Architektur zwischen Reformation und Dreißigjährigem Krieg, Verlag Schnell & Steiner, 296 S, 2010, ISBN 978-3-7954-2168-7.
Ulrich G. Großmann: Renaissanceschlösser in Hessen:
http://schloesser.gnm.de/wiki/Mansbach-Hohenroda,_Schloss_Geyso
Hinweistafeln am Eingang zur Heimatstube
Sturm, Kreis Hünfeld, 1971, S. 249-251
Geyso-Schloß:
https://de.wikipedia.org/wiki/Geyso-Schloss_Mansbach
Dehio, Hessen, 1982, S. 589
Portrait von Johann von Geyso:
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Anselmus-van-Hulle-Hommes-illustres_MG_0522.tif
Bernhard von Poten: Johann von Geyso, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 9, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 138 f.
https://de.wikisource.org/wiki/ADB:Geyso,_Johann_von
August von Baumbach: Johann Geyse, Landgräflich Hessen-Kassel’scher Generalleutnant, Geheimer Kriegsrat und Gouverneur von Kassel, in: Hessenland, Zeitschrift für die Kulturpflege des Bezirksverbandes Hessen, Nr. 17, Kassel, 1887, S. 234-235
Geyso-Schloß:
http://www.mansbach-soislieden.de/?Die_Ortsteile___Mansbach___Das_Geyso-Schloss

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