Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 2377
Schmalkalden (Landkreis Schmalkalden-Meiningen, Thüringen)
Der ehemalige Gasthof "Zur Goldenen Krone"
In diesem Anwesen (Altmarkt 9) befand sich früher der Gasthof "Zur Goldenen Krone", das älteste und stattlichste Gasthaus in Schmalkalden. In den Jahren 1531-1543 war er eine der Tagungsstätten des Schmalkaldischen Bundes, und hier fanden einige der Zusammenkünfte und Beratungen statt. Neben dem Gasthaus wurden das Rathaus am Altmarkt, die Burg, das Haus des Vizebürgermeisters Herz und das Brocksche Haus (Auergasse 3) als Tagungsstätten genutzt. Das ursprüngliche Gebäude an der Ecke des Altmarktes, ein Fachwerkbau mit Erker, wurde am 12.4.1880 mitsamt der "Lutherstube" abgerissen und durch den jetzigen Bau ersetzt. Heute wird das Gebäude gemischt genutzt; das Erdgeschoß als Imbißstube "Zur Krone". In dem Gebäude ist 2016 u. a. die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag vertreten mit dem Wahlkreisbüro von Mark Hauptmann, die MWD-Hausverwaltung, die Wüstenrot-Bezirksleitung und die Yoga-Praxis "Prana" - bunter kann die Mischung kaum sein.
An der Fassade befindet sich zwischen den Fenstern des zweiten Obergeschosses eine Gedenktafel aus dem Jahre 1695 mit dem landgräflich-hessischen Wappen, einzig erhalten gebliebener Rest des ursprünglichen Gebäudes. Als Gedenktafel orientiert sich die Darstellung an dem 1531-1543 üblichen Aufbau des landgräflichen Schildes. Es handelt sich also um ein Erinnerungswappen, das nicht die Form zur Zeit der Anfertigung wiedergibt. Weil hier schwerwiegende Abweichungen zur Idealform zu erkennen sind, wird hier zunächst angegeben, wie der Schild des Hauses Hessen-Kassel korrekt in der 1479-1642/1659 gültigen Fassung aufgebaut wäre, nämlich geviert mit Herzschild: Feld 1: in Gold ein roter Löwe, blau bewehrt und blau gekrönt, Grafschaft Katzenelnbogen, Feld 2: schwarz-golden geteilt, oben ein silberner sechsstrahliger Stern, Grafschaft Ziegenhain, Feld 3: schwarz-golden geteilt, oben zwei achtstrahlige silberne Sterne, Grafschaft Nidda, Feld 4: in Rot zwei goldene, blau bewehrte schreitende hersehende Löwen übereinander, Grafschaft Diez, Herzschild: in Blau ein silbern-rot mehrfach geteilter aufrechter Löwe, golden gekrönt und golden bewehrt, Landgrafschaft Hessen (Stammwappen). Auf der ovalen Kartusche ruht eine Krone; seitlich sind zwei hersehende, braun gestrichene Löwen als Schildhalter angebracht. Oben sieht man einen geflügelten Engelskopf zwischen dem vegetabilen Schmuckwerk als oberen gestalterischen Abschluß.
Der Stein ist von großem Detailreichtum mit üppigem Dekor aus Rankenwerk, Fruchtgebinden und um die Kartusche gelegten Lorbeerzweigen, weist aber im heraldischen Bereich etliche Defizite auf: Jede Spalthälfte des Schildes weist ein Feld zuviel auf, weil sich der Künstler durch die damaszierten Zonen hat verwirren lassen. Scheinbar sehen wir im Hauptschild acht Felder, davon vier damasziert. Das erste und vierte damaszierte Feld ist zuviel, während das zweite und das dritte damaszierte Feld zu den Feldern 2 und 3 eines gevierten Schildes gehören und eigentlich ledig und golden sein müßten. Weil der Künstler offensichtlich nicht zwischen der Teilung übergeordneter Bedeutung, der Vierung, und der Teilung nachgeordneter Bedeutung, der jeweiligen Teilung der Felder 2 und 3, unterschieden hat, entstand das Verlangen, auch die Felder 1 und 4 zu teilen, mit dem heraldisch falschen Ergebnis zweiter zusätzlicher, nutz- und inhaltsloser Felder. Denn von den vier damaszierten Feldern sind nur das zweite und das dritte bedeutungstragend, während das erste und das vierte sinnfrei sind, auch wenn hier alle gestalterisch gleichbehandelt worden sind. Daneben ist es "Kleinkram", daß die Sterne alle eine unangemessene Anzahl von Zacken haben und daß Krone, Zunge und Bewehrung der Löwen in den Feldern für Katzenelnbogen und Diez nicht farblich korrekt abgesetzt sind. Dennoch ist diese Steintafel das einzige Zeugnis, was noch an die geschichtliche Bedeutung dieses total veränderten Hauses erinnert.
Literatur, Links
und Quellen:
Hinweistafeln am Objekt
Stadtrundgang: http://www.peterheckert.org/index.php?option=com_content&view=article&id=103&Itemid=109
Paul Weber (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmäler im
Regierungsbezirk Cassel (Band 5): Kreis Herrschaft Schmalkalden:
Textband, Marburg, 1913, S. 256 http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bkrcbd5text/0276
Liste der Kulturdenkmäler: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kulturdenkmale_in_Schmalkalden
Die Entwicklung des Hessischen Wappens
Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
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