Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2277
Dürnstein (Bezirk Krems-Land, Niederösterreich)

Die Kuenringertaverne

Im Zentrum der Altstadt von Dürnstein befindet sich in der Hauptstraße, grob zwischen Stiftshof im Westen und Stadtgemeindeamt im Osten gelegen, die sog. Kuenringertaverne (Dürnstein 4), die auch als "Schwarzer Adler" bezeichnet wird. Es handelt sich um ein historisches Freihaus. Der repräsentative Renaissancebau mit Runderker stammt aus der zweiten Hälfte des 16. Jh. und wurde von Stephan Purgstaller und seiner Ehefrau, Barbara geb. Thurzo von Bethlenfalva, erbaut. Das zweigeschossige Haus hat zur Straße hin zwei Schopfwalmdächer mit Zinnenbekrönung über durchlaufendem Giebelfußgesims. Der besondere Schmuck des Hauses ist die aus der Zeit um 1600 stammende Portal-Fenster-Gruppe zur Hauptstraße hin mit einem großen Wappenrelief des Bauherrenpaares zwischen ionischen Zwergpilastern, oben über dem Rundbogenportal mit reliefierter Archivolte und Arkanthusreliefs in den Zwickeln. Nach den von Purgstaller kam die purgstallerische Behausung an Hektor von Habervogt, dann an Christoph Wilhelm II. von Zelking, welcher 1609 die Herrschaft und die Stadt "Thiernstain" (Dürnstein) "sambt dem Schloß auf dem Perg und dem neuerpauten Freihaus" und das Tal Wachau gekauft hatte. (Anna) Apollonia von Zelking heiratete Otto Heinrich von Zinzendorf, Erblandjägermeister in Österreich, und so kam Dürnstein 1634 durch diese Heirat an die von Zinzendorf, dann 1663 an Konrad Balthasar Graf von Starhemberg, und Dürnstein blieb Eigentum dieser Familie bis 1848 und der Aufhebung der Erbuntertänigkeit.

Heraldisch rechts ist das Wappen von Stephan Purgstaller; es zeigt in Rot auf einem Dreiberg einen silbernen Zinnenturm, auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein silberner Zinnenturm zwischen zwei rot-silbern übereck geteilten Büffelhörnern. Das Wappen ist nicht im neuen Siebmacher enthalten, sondern wird im alten Siebmacher "Ritter und Adeliche", Folio 14, unter "v. Purgstall" aufgeführt.

 

Das Wappen für Barbara Thurzo von Bethlenfalva ist in der hier vorliegenden Form geviert, Feld 1 und 4: rot-golden geteilt, oben einwärts ein aus der Teilung wachsender, goldener, in der Literatur als doppelschwänzig beschriebener Löwe, unten drei (2:1) rote Rosen, Feld 2 und 3: in Blau drei (2:1) auffliegende, goldene, gekrönte Lerchen. Dazu werden zwei gekrönte Helme geführt, Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit rot-goldenen Decken wachsend ein goldener, als doppelschwänzig beschriebener Löwe, Helm 2 (links): auf dem Helm mit blau-goldenen Decken eine auffliegende, goldene, golden gekrönte Lerche.

Der Ursprungsname war Thurzo; ab 1430 nannte sich Georg I. Thurzo nach seinem Sitz Herr von Bethelsdorf = ungarisch Bethlenfalva = slowenisch Betlanoviec. Die Wurzeln liegen in Niederösterreich. Von da ging die Familie nach Ungarn in die Zips, womit die Brücke nach Polen geschlagen war, wo sich die Familie 1464 auch in Krakau ansiedelte, zu deren Patriziat sie bald gehörte und wo sie Bürgermeister stellte. Die Familie war eine Kaufmannsfamilie und kam durch Bergbau und durch internationalen Rohstoff-, Erz- und Metallhandel zu außerordentlichem Wohlstand. Mit den Fuggern verband sie nicht nur eine rege wirtschaftliche Zusammenarbeit (1495 Gründung des "ungarischen Handels" mit Jakob Fugger), sondern es bestanden auch Heiratsbeziehungen. Ein wichtiger Hauptsitz der Familie war Leutschau = ungarisch Löcse = slowakisch Levoca. Die wirtschaftlichen Aktivitäten lagen hauptsächlich in Oberschlesien, Niederschlesien, Böhmen, Siebenbürgen und in der heutigen Slowakei. In der Zips lagen wichtige Bergwerke. Den Freiherrenstand erlangte die Familie 1505 mit dem Prädikat "von Bethlenfalva". Zeitweise gehörte der Familie das Fürstentum Wohlau in Schlesien, das aber 1524 wieder verkauft wurde, um dafür die Standesherrschaft Pless in Oberschlesien zu erwerben, die aber 1542 wieder an den Fürstbischof von Breslau veräußert wurde. Im 16. Jh. zog sich die Familie aus Polen zurück nach Ungarn. Die Geschäfte liefen deutlich schlechter, vor allem litt die Wirtschaftsmacht der Familie durch den Osmaneneinfall in Ungarn. Die Familie gliederte sich in eine ältere, eine mittlere und eine jüngere Linie. Die mittlere Linie untergliederte sich in einen älteren Ast mit dem älteren Zweig zu Grafenegg und dem jüngeren Zweig zu Bajmocz und in einen jüngeren Ast. Der Grafenstand wurde durch Rudolph II. verliehen mit dem Titel "Grafen von Arva" und der Würde des Erb-Obergespans des Arvaer Komitats (heute Slowakei). Die Hauptlinien erloschen in der ersten Hälfte des 17. Jh., und kurz nach 1650 ist die Familie gänzlich erloschen.

Die Entwicklung des Wappens und seine Varianten werden beschrieben im Siebmacher Band: NÖ2 Seite: 358 Tafel: 165, Band: SchlA1 Seite: 111 Tafel: 80. Das Stammwappen der Thurzo war ein aus dem wachsenden Löwen und den drei Lerchen geteilter Schild, Feld 1 und 4 des vermehrten Wappens entsprechend, mit dem rechten Helm alleine geführt. Dieses Wappen führen übrigens auch die stammesverwandten Henckel von Donnersmarck (preußische Fürsten, Stammwappen andere Farben, aber gleiches Motiv). Die im Siebmacher NÖ2 kommentarlos beschriebene Variante von 1520 ist zweimal geteilt, oben gespalten, rechts sechs (3:2:1) Lilien, links ein Adler, in der Mitte der wachsende Löwe, unten die drei Rosen - das ist nichts anderes als das Wappen des Johann V. Thurzo als Fürstbischof von Breslau und oberster Hauptmann in Schlesien. Ab 1550 taucht die gevierte Form wie zuvor beschrieben auf. Eine weitere, im Siebmacher angegebene Variante von 1606 ist geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: Stammwappen, Feld 2 und 3: in Blau einwärts ein silbernes Einhorn, Herzschild: in Gold ein schwarzer Doppeladler, zwischen den Häuptern die Kaiserkrone. Dieses Wappen wird mit zwei gekrönten Helmen geführt, Helm 1 (rechts): Stammhelm, Helm 2 (links): auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ein wachsendes, silbernes Einhorn.

Literatur, Quellen und Links:
Liste der Baudenkmäler: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_denkmalgeschützten_Objekte_in_Dürnstein
Thurzo:
https://de.wikipedia.org/wiki/Thurzo - https://hu.wikipedia.org/wiki/Thurzó_család
Betlenfalva:
https://de.wikipedia.org/wiki/Betlanovce
Thurzo auf Grafenegg:
http://hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/noe-3-teil3.xml - http://hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/pdf/noe-3-teil3.pdf
Zelkinger:
http://www.zelking.com/geschichte/50-burgstaelle-und-wallanlagen/142-die-wachau-und-die-zelkinger.html
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben

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