Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2262
Ebersheim (zur Landeshauptstadt Mainz)

Denkmalzone Töngeshof

Im Osten des nach Mainz eingemeindeten Dorfes Ebersheim befindet sich der ehemalige Töngeshof. Das um einen viereckigen Platz gruppierte Ensemble besitzt im Südwesten noch einen Torbogen, der auf die ehemals gegebene Geschlossenheit der Baugruppe hinweist. Die ehemalige Umfassungsmauer ist nur noch teilweise erhalten. Der Töngeshof war einst ein außerhalb des Ortes Ebersheim gelegenes Hofgut, das mit zunehmender Expansion des Ortes von neueren Gebäuden umstellt wurde. Da die Bausubstanz im 19. und 20. Jh. stark verändert wurde, erinnern nur noch wenige Steine an den alten Baubestand. Klar zu erkennen ist das einstige Haupthaus aus der Mitte des 17. Jh., der Sitz des kurmainzischen Amtskellers des Amtes Nieder-Olm, an der Ostseite des Platzes zu finden.

Das Ensemble hatte im Lauf seiner Geschichte viele unterschiedliche Besitzer. Im 14. Jh. gehörte der Ort dem Kloster St. Alban in Mainz, weshalb sein Fronhof, der "Dinghof" auch "Abthof von St. Alban" oder "Mönchshof" genannt wurde. St. Alban hatte es geschafft, daß der außerhalb des Dorfes gelegene Hof aus der Gerichtsbarkeit desselben herausgelöst und juristisch eigenständig behandelt wurde. Weiterhin schaffte es das Kloster, daß die Herrschaft und Gerichtsbarkeit über das Dorf Ebersheim als ein vom Fronhof ausgehendes Lehen angesehen wurde. Dies war eine zweifache, erfolgreiche Emanzipation des Klosterhofs gegenüber dem Vogt in Ebersheim. Das Kloster verpfändete die Ortsherrschaft mehrfach, darunter auch an die Herren von Bolanden, die sie ihrerseits, jeweils mit Zustimmung des Klosters, weiterverpfändeten. Im Jahre 1367 kaufte St. Alban die Gerichtsbarkeit über den Ort von den Herren von Bolanden zurück. Auch andere Pfandrechte wurden wieder aufgekauft, bis das Kloster wieder alleiniger Gerichtsherr in Ebersheim war.

St. Alban verpfändete jedoch im Jahre 1383 den Ort zusammen mit dem Fronhof an das Antoniterkloster in Alzey, das ersteren bis 1420 besaß und letzteren zum Töngeshof ausbaute. Der heute gebräuchliche Name "Töngeshof" ist von dem Schutzpatron des Ordens und damit auch des Hofes, dem auch die Kapelle des Hofgutes geweiht war, abgeleitet, denn "Tönges" ist eine verballhornte Form von "Antonius". Ebenso leiten sich davon die Bezeichnungen des Alzeyer Töngestor und der bei Alzey gelegenen Töngesmühle ab, auch diese ein Besitz des Alzeyer Antoniterklosters. Dann kam der Ort Ebersheim 1420 an Kurmainz und blieb Eigentum des geistlichen Fürstentums bis zur Abschaffung desselben durch die einfallenden französischen Revolutionstruppen. Der Töngeshof folgte später, zunächst ging er an die Rüdt von Collenberg, und erst 1546 kam er an das Erzstift Mainz und verblieb dort bis zum Ende des alten Reiches. Nach der Säkularisierung wurde die Einheit des Hofes durch Versteigerung an Privateigentümer aufgelöst, und seitdem entwickelten sich die einzelnen Parzellen und Hofstellen unabhängig voneinander.

An der dreiachsigen Frontseite des zweistöckigen Verwalterhauses befindet sich in der Mitte des Obergeschosses der Wappenstein des Mainzer Kurfürsten Reichsfreiherr Johann Philipp von Schönborn. Er war in drei Bistümern bzw. Hochstiften Fürstbischof, in Würzburg ab 1642, in Mainz ab 1647 und in Worms ab 1663. Dieses Wappen stammt also aus der Zeit zwischen 1663 und seinem Tod 1673, denn wir sehen alle drei Fürstbistümer vertreten. Die Spolie wurde später mit einer neuen Einrahmung versehen.

Das Wappen ist wie folgt aufgebaut: Hauptschild: geteilt und zweimal gespalten, Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 5: in Rot ein silbernes, achtspeichiges Rad (Erzstift Mainz), Feld 3 und 6: in Schwarz ein schräg aufwärts gerichteter und schräggestellter silberner Schlüssel, begleitet von 4:3 goldenen Schindeln, Hochstift Worms, Feld 6: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte und an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräglinksgestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg, Herzschild: in Rot auf drei silbernen Spitzen ein schreitender goldener Löwe mit blauer Krone, Stammwappen der Grafen von Schönborn. Als Oberwappen findet man den hermelingestulpten Kurhut, das gestürzte Schwert schrägrechts sowie den Krummstab schräglinks hinter dem Schild.

In einer Garteneinfriedung der Denkmalzone Töngeshof ist ein weiterer, sehr verwitterter Wappenstein als Spolie eingelassen (Abb. unten). Oben ist eine teilweise lesbare Inschrift vorhanden, die nicht wesentlich mehr als "(E)RTZBISCHOFF..." erkennen läßt. Klar zu sehen sind der obere Bogen eines Mainzer Rades und eine Krone im oberen Bereich. Damit läßt sich der Stein Johann Schweikhard von Kronberg zuordnen, Erzbischof von Mainz und Kurfürst (regierte 1604-1626). Sein Schild ist geviert, Feld 1 und 4: in Rot ein silbernes Rad, Erzstift Mainz, Feld 2 und 3: Familienwappen Kronberg, geviert, Feld 1: in Rot eine goldene Krone, Feld 2 und 3: in Silber vier (2:2) blaue Eisenhütlein, Feld 4: ledig und rot.

Literatur, Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Band Bistümer
Töngeshof: http://www.regionalgeschichte.net/rheinhessen/ebersheim/kulturdenkmaeler/toengeshof.html
Ebersheim:
https://de.wikipedia.org/wiki/Mainz-Ebersheim
Töngeshof:
http://www.ebersheim.de/geschichte/geschichte-des-tongeshofes/
Landesamt Denkmalpflege (Hrsg.): Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 2.3: Stadt Mainz. Bearb. v. Dieter Krienke. Worms 1997.
Reinhard Schmid: Alzey - Antoniterkloster, in: Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz,
http://www.klosterlexikon-rlp.de/rheinhessen/alzey-antoniterkloster.html
Die Wappen der Hochstifte, Bistümer und Diözesanbischöfe im Heiligen Römischen Reich 1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, erstellt von Clemens Brodkorb, Reinhard Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell & Steiner Verlag 2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Sigrid Schmitt: Ländliche Rechtsquellen aus den kurmainzischen Ämtern Olm und Algesheim (Geschichtliche Landeskunde Band 44, hrsg. von Michael Matheus), Franz Steiner Verlag 1996, 671 S., ISBN-10: 3515067868, ISBN-13: 978-3515067867, Vorschau: https://books.google.de/books?id=AQVA6fO3p9sC S. 286-289

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